Im Folgenden wird eine Definition von Social Media gegeben und auf die Social Software, die als Vorläufer von Social Media gesehen werden kann, näher eingegangen. In einem Unterkapitel wird die Veränderung im Kommunikationsverhalten bei Nutzung der einzelnen Medienformen vorgestellt. Das Kapitel wird mit der Begriffserklärung und den Einsatzmöglichkeit von Social Media Marketing abgeschlossen.
Vorangegangen wurde bereits erwähnt, dass Web 2.0 mit seinen zentralen Prinzipien keine grundlegenden Neuerung oder gar völlige Überarbeitung des WWW darstellt. Dies beruht darauf, dass eine Vielzahl der verwendeten Technologien bereits seit Jahren bekannt sind. Web 2.0 ist vor diesem Hintergrund weniger als Begriff für eine „technologische Ära“ zu verstehen, sondern vielmehr ein Ausdruck einer veränderten Kombination und Wahrnehmung altbekannter Module. Web 2.0 geht im Grunde genommen sogar auf den anfänglichen Grundgedanken des Webs zurück. Zentrale Anknüpfungspunkte zu den Grundgedanken des Webs liegen bei Web 2.0 in der Offenheit der Partizipation, der Standardisierung und in der uneingeschränkte Nutzungsfreiheit. Das Web wird somit zu dem globalen Kommunikationsmedium, als das es ursprünglich konzipiert war.[45]
Als Vorläufer von Social Media kann im Allgemeinen die Social Software gesehen werden. Zwischen den Begriffen Social Software und Web 2.0 besteht eine enge Verbindung, diese werden deshalb oft in einem Atemzug genannt. Der Begriff Social Software wurde erstmals 1987 verwendet, damals jedoch noch in einen anderen Kontext. In seiner aktuellen Bedeutung geht die Bezeichnung auf den Internetexperten Clay Shirky zurück, der im November 2002 eine Tagung mit dem Namen „Social Software Summit“ organisierte und seit diesem Zeitpunkt diesen Begriff prägte.[46]
Im Laufe der Zeit war dieser Begriff immer wieder Veränderungen unterworfen. Heute versteht man unter Social Software in der Regel Software-Systeme, „welche die menschliche Kommunikation, Interaktion und Zusammenarbeit unterstützen. Den Systemen ist gemein, dass sie den Aufbau und die Pflege sozialer Netzwerke und Gemeinschaften (sog. Communities) unterstützen und weitgehend mittels Selbstorganisation funktionieren.“[47] Somit wäre jedes Kommunikationssystem, in das mehr als ein Nutzer involviert ist, eine Social Software. Aufgrund der Tatsache, dass diese Sichtweise als zu weit gefasst erscheint, definiert sich der Begriff Social Software über ein weiteres Kriterium. Demnach sollte eine solche Software den Aufbau und das Selbstmanagement einer Community fördern und unterstützen. Darüber hinaus sollte es der Community erlaubt sein, sich selbst zu regulieren.[48]
Ein zusätzliches Abgrenzungsmerkmal zu traditionellen Softwaresystemen ist der Aspekt der Sichtbarkeit von Individual-, sowie Team- oder Gruppeninformationen. Sichtbarkeit ist ein zentrales Element, um den sozialen Aspekt von Wissens- und Informationsteilung wirksam zu machen. Das Öffentlich-Machen von Inhalten und Beziehungen führt dazu, dass die beteiligten Personen am Wissen und an den Erfahrungen der anderen Nutzer teilhaben und diese in einer für sie relevanten Art weiter verwenden können.[49] Ein weiterer positiver Punkt, der in der Sichtbarkeit zu sehen ist, liegt darin, dass man wissen will, mit wem man es zu tun hat. Anhand der Sichtbarkeit wird durch die eingebauten Mechanismen eine soziale Rückkopplung mittels sozialer Ratings erreicht. Dies gestattet es Nutzern, eine personengebundene virtuelle Präsenz zu etablieren und sich in einem virtuellen Sozialgefüge einzusortieren.[50]
Der Begriff Social Software umfasst also wie ausgeführt mehr als ein informationstechnisches Hilfsmittel des sozialen Austausches, wird jedoch in den letzten Jahren seltener verwendet. Heutzutage wird, Social Software zunehmend durch den Begriff Social Media ersetzt. Durch diesen Begriff werden die in sozialen Kommunikations- und Interaktionsbeziehungen eingesetzten Medien in den Vordergrund gerückt.[51] Mit dem Begriff Social Media werden Dienste und Werkzeuge des Webs 2.0 umschrieben. Hierzu zählen persönlich erstellte, auf Interaktion abzielende Beiträge, die in Form von Texten, Bildern, Video oder Audio über Onlinemedien für einen gewählten Adressatenkreis einer virtuellen Gemeinschaft oder für die Allgemeinheit veröffentlicht werden. Erscheinungsformen von Social Media beinhalten somit einmal die Ausdrucksformen des nutzergenerierten Inhalts, zum anderen aber auch die unterstützenden informationstechnischen Werkzeuge und Applikationen.[52] Die nachfolgende Abbildung zeigt das Social Media Spektrum.
Abb. 3 Das Social Media Spektrum[53]
Social Media ermöglicht demnach das öffentlichkeitswirksame Verfassen von nutzerspezifischen Beiträgen in bestimmten Onlinemedien oder -kanälen. Beispiele hierfür sind textbasierte Informationen, Meinungsäußerungen in Booking-Diensten, Weblogs, Wikis und Foren, Fotos in Foto-Plattformen oder in sozialen Netzwerken, Blogs, Hörbeiträge im Rahmen eines Podcasts oder in Musik-Portalen und Applikationen in sozialen Netzwerken oder auf Webseiten. Die einzelnen Beiträge bieten gleichzeitig die Möglichkeit einer spontanen Reaktion der Rezipienten und eröffnen somit den Einstieg in eine Interaktion.[54] Unternehmen sollten sich vor Augen halten, dass Social Media ein integraler Bestanteil ihrer Marketingbestrebung sein kann, jedoch sollten die Aktivitäten, die sie in sozialen Netzwerken unternehmen, zu ihrem Firmen-Image passen.[55]
Die Intention, sich mit der Kommunikationsbeziehung zwischen Sender und Empfänger im Rahmen von Social Media zu befassen, liegt darin, dass Social Media anders strukturiert ist als alles, was bisher bekannt war. Die Zeit vor Social Media war geprägt von zwei grundsätzlichen Medienformen: Die 1:1 Medien sowie die 1:n Medien.[56]
1:1 Medien haben das Ziel, eine beidseitige zwischenmenschliche Beziehung zu ermöglichen. Die dabei verwendeten Informationsinhalte sind nur für die auszutauschenden Personen bestimmt. Grundsätzlich weist diese Art der Kommunikation einen nicht öffentlichen Charakter auf, dabei ist es unerheblich, ob diese Kommunikation mittels Worten oder via moderner Telekommunikation, wie E-Mail oder Telefon, praktiziert wird. Der nicht öffentliche Charakter dieser Art der Kommunikation wird zusätzlich durch geltendes Recht geschützt. Dies geht u.a. aus der Verfassung Art. 10 GG sowie aus dem Post- und Telefoniegesetz hervor. Diese Rechtsnormen enthalten u.a. Vorkehrungen zum Schutz der Vertraulichkeit eines Gesprächs. Man muss demnach nicht damit rechnen, dass Dritte Inhalte mitbekommen oder gar beeinflussen können.[57] Die folgende Abbildung zeigt die Kommunikationsbeziehung von 1:1 Medien.
Abb. 4 Kommunikationsbeziehung von 1:1 Medien[58]
Die 1:n Medien stellen die zweite Möglichkeit der ursprünglichen Form von Kommunikationsbeziehungen dar. Diese Art der Kommunikation ermöglicht es einem Sender, die Inhalte an viele Empfänger zu übermitteln.[59] Im Fokus dieser Kommunikationsbeziehung stehen Massenmedien wie Zeitungen, Fernseh- oder Radiosendungen sowie klassische Webseiten. Die Empfänger der Inhalte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht direkt auf die empfangen Informationen reagieren können.[60] Als Nutzer dieser Kommunikation ist man in der
Rolle des Rezipienten. Der direkte und unmittelbare Zugang zum Senden von eigenen Informationen ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen und dann auch nur über dem Redakteur oder Programmverantwortlichen, der entsprechende Beiträge der Rezipienten autorisieren muss. 1:n Medien eignen sich besonders gut für das Publizieren von Werbebotschaften. Durch die einfache Abwicklung einer zentralen Platzierung bei gleichzeitiger Erreichbarkeit eines großen Adressatenkreises erlauben sie eine möglichst breite Streuung von Werbebotschaften.[61] Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Kommunikationsbeziehung von 1:n Medien.
Abb. 5 Kommunikationsverhalten von 1:n Medien[62]
Die neue Medienform, die sich durch Social Media herauskristallisiert, ist die n:n Kommunikation im Internet. Grundsätzlich ist diese Art des Kommunikationsverhaltens keine gänzlich neue Kommunikationsmethode, jedoch war es erstmals mit der technologischen Entwicklung von Web 2.0 möglich, diese Art der Kommunikation mit dem Internet in einem virtuellen Medium zu integrieren. Dass diese Art der Kommunikationsbeziehung nicht neu ist, sieht man daran, dass dies in der realen Welt beispielsweise eine ganz normale Diskussion am familiären Esstisch darstellt. Hierbei wird die Funktionsweise von n:n Kommunikation grundsätzlich intuitiv verstanden. Das besondere an dieser Medienform, die durch das Internet erst möglich wurde, ist ihre Eigenschaft, viele Sender mit Empfängern verbinden zu können und das auf eine weitgehend offene Art. Es handelt sich somit um ein offenes n:n Medium.[63] Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht das Kommunikationsverhalten von n:n Medien. Demnach sind...