II. Erkenntnis als Weg
A. Die Integrität der Schöpfung
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Kulturelle Identität und Ethik im Kontext der Integrität der Schöpfung
Im globalen, kosmisch orientierten Zeitalter hin zum Mikro- und Makrokosmos, ist es erforderlich, holistisch zu denken. Der Mensch besitzt als Wesen der Mitte, wie der Philosoph Blaise Pascal erkannte, die singuläre Fähigkeit, die gesamte Existenz zu erfassen, ebenso wie es auch die Religion, insbesondere die christliche schon immer nahegelegt hat, um darin das Panaceum für die Fragen des Lebens zu finden.
Einige wollen alles über einen Kamm scheren und Dinge gleichmachen, die ungleich geschaffen sind: Rassen, Religionen, Kulturen, Völker, Individuen mit ihren diversen geistigen und körperlichen Anlagen. Wieder andere sehen nur Unterschiede und rüsten ethnozentrisch gegen alles auf, was anders ist als sie selbst. Extremer Universalismus einerseits und ebenso extremer Partikularismus anderseits bilden die Pole eines Kontinuums von Optionen und Positionen. Kulturtheoretiker glauben bisweilen, sie könnten diese Sachverhalte intellektuell, idealerweise in der Gestalt eines mittleren Weges der Aussöhnung und sogar der Synergie der Positionen lösen, werden jedoch eines besseren belehrt, wenn sie mit der tiefen emotionalen Verwurzelung der Symbol- und Glaubenssysteme konfrontiert werden, mit denen sich die Menschen identifizieren. Weiter Denkende sehen die Lösung der Diversitätsherausforderungen in einem Weltethos, der jedoch die kreative Dialektik der Weltanschauungen zur Optimierung der geistigen Entwicklung der Menschheit einschränken könnte. Gibt es eine schöpfungskonforme Sichtweise der Dinge, die schöpfungskonforme und somit nachhaltige Lösungen in Aussicht stellt? Ist die Konvergenz, die Quadratur des Kreises von Einheit und Diversität, insbesondere im menschlichen Bereich, gar nicht innerhalb rein menschlicher Möglichkeiten und kann sie nur ein Geschenk der Evolution und des Schöpfers sein, ebenso wie beispielsweise die Einheit der Christen oder der Menschheitsfamilie insgesamt und ist der Mensch deshalb auf die Gnade Gottes und der Weisheit der Schöpfung angewiesen, deren er sich mit allen seinen Kräften mitarbeitend würdig erweisen muss, aber letztendlich nicht der Herr und Gebieter des Prozesses insgesamt ist?
Das hieße, dass der Mensch in dieser fundamentalen Frage seiner Existenz auf eine Grenze stößt, nämlich die seiner Bedingtheit an sich, der wir in anderen grundsätzlichen Fragen des Daseins, die auf eine ihn transzendierende Determiniertheit hinweisen, ebenfalls begegnen. Vielleicht kann gerade die Erkenntnis der Bedingtheit des Menschen auch in dieser Hinsicht jene Selbstrelativierung und Humilität in die Wege leiten, die einen realistischen geistigen Humus in der Gestalt der Erkenntnis und der Anerkennung der diesbezüglichen menschlichen Grenzen zum Schutz vor überheblicher Annahmen der Selbsterlösung mit ihren aus der Geschichte bekannten schwerwiegenden Folgen, bereiten, der ein Meilenstein auf dem Weg zur Lösung dieser drängenden Fragen unserer Zeit bedeuten kann.
Wer ist der Mensch? - ist ein Sachverhalt. Wer möchte der Mensch sein? - ein anderer. Wozu er faktisch wird, ist durch sein authentisches Sein, sein Sein-wollen und sein umstandsbedingtes Werden oder geworden sein bedingt. Die Identität entsteht also in einem komplexen Geflecht von a priori gegebenen Fakten, von umstandsbedingen weiteren Fakten, sowie den Wünschen des Sein- oder auch nicht so Sein-wollens und deren Integration oder Nichtintegration in einer Gesamtidentität.
Die meisten Menschen suchen ihr Leben lang nach ihrer Identität, bei anderen scheint sich die Suche zu erübrigen. Sie sind einfach, was sie sind oder Wenn und Aber und hinterfragen das nicht.
Für viele Menschen ist die Identität ´eine Frage des Werdens und nicht abgeschlossen, besonders wenn die Selbstverständlichkeit des Seins dessen, was sie sind, in ihrer Biographie Diskontinuitäten erfahren hat. Die müssen dann, geistig und körperlich integriert werden, damit eine Selbstverständlichkeit des Seins, wie man ist, entsteht.
Mit der Fluidität der heutigen Biographien über kulturelle Kontexte hinweg gibt es mehr Komponenten in die Persönlichkeit zu integrieren. Ebenso ist die Geschwindigkeit des Übergangs von einem Kontext zum anderen, von einem biographischen Abschnitt zum anderen heutzutage größer und bedingt ebenso eine größere Integrationsfähigkeit von identitätsstiftenden Faktoren, damit die Selbstverständlichkeit des Soseins ohne Wenn und Aber erfolgt.
Die Frage nach der Identität beschäftigt den Menschen seit er eine Bewusstheit seiner selbst erlangt hat. Er dokumentiert sein Sosein bereits in den Höhlengemälden, die ihn in seiner Wechselwirkung mit der Umwelt – beispielsweise in Tierrepräsentationen oder Jagdszenen – darstellen. Hier definiert sich der Mensch sozusagen über sein Milieu.
Vor über zweitausend Jahren haben die alten Griechen, die die Wiege unserer Zivilisation verkörpern, bereits erkannt, dass die Selbsterkenntnis von höchstem Stellenwert und größter Bedeutung für den Menschen ist und daher die Maxime des „Gnothi Seauton“ „(Mensch erkenne dich selbst…“) formuliert. 2000 Jahre später bringt der spanische Philosoph die Antwort auf die Frage nach der Identität auf einen Punkt, der alle prägenden Faktoren der multifaktorierten, komplexen Identität in dem Dictum „Yo soy yo y mis circunstancias“( „Ich bin ich und meine Umstände“) subsumiert.
Die christliche Zivilisation postuliert, dass der Mensch ein Ebenbild des Schöpfers ist und beantwortet damit alle Identitätsfragen in fundamentaler Art und Weise, die ihre ureigene Art der Selbstverständlichkeit des Soseins mit sich bringt, die sie von der Quelle des Seins an sich ableitet. Dieses hohe Ideal geht, oder sollte in Ergänzung der panaceumhaften Lösung der Identitätsfrage auch mit einer diesem Status entsprechenden Rechenschaftspflichtigkeit und ethischem Bewusstsein einhergehen
Die Biologie systematisiert die Erkenntnisse über die Identität als DNA, als biochemische Information. Man kann den Menschen durch viele wissenschaftliche Optiken der Erkenntnis beschreiben, deren Interdisziplinarität ein informatives Menschenbild entwirft. Die einen beschreiben ihn geistig, die anderen seelisch und wieder andere körperlich.
Die Kulturellsten behaupten, dass der Mensch eine biologische Konditionierung mitbringt, eine kulturelle sich im Wege der Sozialisierung hinzugefügt wird und dass aus der Variation der universellen und soziokulturellen Faktoren die singuläre Persönlichkeit entsteht. So entstehen eine universelle, eine gruppenspezifische und eine persönliche Identität.
Trotz aller menschlicher Bemühungen natur- und sozialwissenschaftlicher, sowie eschatologischer Art, bleibt die Antwort auf die Frage des “wer bin ich?“, i. e. die Frage nach der Identität und fundamentalen Wesenheit des Menschen letztendlich eine geheimnisvolle, die nur annähernd entschlüsselt werden kann, sodass das Verweilen in der Position des Fragenden und Suchenden das Bekannte und noch Unbekannte sinnvoll verbindet und weitere Erkenntnisse inbezug auf die Natur des Ich nicht ausschließt sondern proaktiv ermöglicht. Das Sosein kann dann als ein Sein im Werden betrachtet werden. Dennoch ist ein Quantum an definitiver und verbindlicher Information erforderlich, damit die Struktur und die Funktion des Menschen unverrückbare Kontinuität in der Zeit besitzen und ein normales, vorhersehbares körperlich-geistiges Leben ermöglichen.
Sowohl der Körper, als auch der Geist und ihre Verbindung scheinen aus der genetischen und geistigen Geschichte des Individuums zu resultieren, aus Information und Bewusstsein, die sich als Körper verdichten und ihn prägen. Wieviel Bewusstheit um die geistige und biologische gespeicherte Information der Mensch besitzt ist eine weitere Frage. Wieviel Information der beiden Arten braucht er, um optimal leben zu können? Welche Bestandteile strukturieren ihn, damit die Selbstverständlichkeit des Seins und des Soseins erfolgen kann und dass das Leben ihn optimal in einer optimalen Struktur mit optimalen Möglichkeiten trägt. Wenn er seine optimale Identität hat, braucht er nicht an sie zu denken. Er ist einfach, was er ist.
Wieviel Identität braucht der Mensch? Soviel, wie er für eine gesunde Struktur und Funktionsweise seines integralen Wesens braucht. Alles darüber hinaus ist Identifikation, die antagonisierend wirkt und Konflikte heraufbeschwört. Der Körper muss das Recht auf die ihm unverwechselbar eigene, in seiner singulären genetischen Ausstattung festgelegten Anatomie und Physiologie haben und sie uneingeschränkt realisieren können. Das gilt auch für seine geistigen Attribute. Niemand kann und soll ihm verwehren, der zu sein, zu den ihm sein Schöpfer und die Summe seiner Entwicklung bestimmt hat. Niemand kann an seine einzigartige Stelle und Aufgabe in der Schöpfung treten. Dies ist theoretisch in den Menschen- und Persönlichkeitsrechten der zivilisierten Völker kodifiziert, doch in der Praxis sind die...