1.1 Darstellung der Problematik
Erst in den letzten Jahrzehnten hat es sich als Profisportler etabliert, ausschließlich durch die Bezüge aus dem Sport den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Dabei erstreckt sich dieser Standard heutzutage sogar auf semi-professionelle Ligen und hat zu einer Bildung einer neuen Art der Arbeitnehmergruppen geführt (Jaeger, 2000). Alleine im Bereich des Berufsfußballs existieren rund 800 Profis in den vier höchsten Spielklassen, bei denen viele als „gut verdienend" angesehen werden. (Lepold, 2009).
Aktive Berufssportler leben von ihrem Einkommen als Sportler und sind von früh auf mit dem Sport verwachsen. Sie üben in diesem Zeitraum auch auf beruflicher Ebene aus, was sie talentbedingt am besten können. Als limitierender Faktor fungiert dabei jedoch meist die Dauer dieser beruflichen Tätigkeit; altersbedingte Gründe lassen den Leistungssport meist zu einer eher begrenzten beruflichen Tätigkeit werden. Demnach beschränkt sich parallel zum Alterungsprozess auch das mit dem Sport erwirtschaftete Einkommen in der Realität auf einen Zeitraum von 15, 10 und teilweise sogar nur 5 Jahren; ein Neuanfang inkl. beruflicher Neuorientierung wird nach Karriereende erforderlich (Hackfort, 1997).
Dabei scheint die Vorbereitung auf diese Zeit nach der aktiven Sportlerkarriere nahezu unmöglich: Tagesumfassende Trainingseinheiten, Wettkämpfe und das öffentliche Leben lassen wenig Raum für einen vorausschauend eingeleiteten „zweiten Bildungsweg" offen (ebd.), Gehaltseinbußen gegenüber der sportlich aktiven Zeit sind meist unumgänglich (Benner, 1992).
Das wohl prominenteste Beispiel schlechten Wirtschaftens nach Abschluss einer erfolgreichen Sportlerkarriere ist Eike Immel, der seine Tätigkeit als Torwarttrainer aufgrund eines verschlissenen Hüftgelenks nicht länger fortführen konnte und anschließend - in letzter Instanz - seine Geldprobleme durch die Teilnahme am RTL Dschungelcamp mit dem bezeichnenden Titel „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!" öffentlich publik machte (Burkhardt,
2008) . Derartige Fälle des „Selbstverkaufs" an voyeuristisch angehauchte Fernsehshows und des offenen Bekennens zu privaten Geldproblemen sind hier oft der Auslöser für Debatten um ein oft auf dem öffentlichen Parkett verschwiegenes Thema: Der Geldmangel nach der aktiven Karriere (Burkhardt, 2008).
1.2 Darlegung des Handlungsbedarfes
Es existieren zahlreiche Fälle finanziell gescheiterter Berufssportler, auch wenn davon auszugehen ist, dass diese lediglich den öffentlichen Bruchteil aller gescheiterten Existenzen in diesem Bereich darstellen; viele führen unbemerkt und unerkannt ein Nischendasein (Hellmann, 2008).
Das Ausmaß und die Gründe dieser finanziellen Niedergänge im Bereich des Berufssports lassen sich wohl am besten durch einige Beispiele bebildern. Öffentlich wurde - neben dem einleitend erwähnten Eike Immel - zum einen der Fall des Martin Schneiders, welcher in 13 Jahren 379 Fußballbundesligaspiele absolvierte und letztlich durch die Scheidung von seiner Frau und die Investition von 2 Millionen DM in marode Ostimmobilien finanziell scheiterte. Zum anderen kann in diesem Kontext auch Jürgen Wegmann mit 203 Bundesligaspielen angeführt werden: Der ehemalige Fahrer und Lagerist im Fanartikelvertrieb von Borussia Dortmund ist zur Zeit arbeitslos und verlor den Überblick über seine Finanzen. Dieter Eckstein - Absolvent von 289 Bundesligaspielen - ist heute verschuldet durch den Kauf von Immobilien in Höhe von 1,2 Millionen DM. Seine Tilgungsraten von 15.000 Mark pro Monat überstiegen nach Karriereende deutlich sein Einkommen. Ewald Lienen dagegen investierte in den 80er Jahren in ein Bauherrenmodell, das in kurzer Zeit einen Großteil seines Vermögens verschlang (Wallrodt, Flohr & Schwickerath, 2008).
Der bekannte Torjäger der 70er Jahre, Erwin Kostedde, legte ebenfalls sein Geld unbedacht an, was eine weiterführende Berufstätigkeit erforderte, in der sich der Ex-Profisportler jedoch nicht zurechtfand und somit bis heute verarmt ist (Kaiser, 2007). Auch Stan Libuda halfen seine Dribbelkünste im regulären Berufsalltag ohne Ausbildung und Berufspraxis wenig. Nach Hellmann (2008) verspekulierte sich beinahe die halbe Mannschaft des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt in den 80er Jahren mit Bauherrenmodellen - Norbert Nachtweih und Bum Kun Cah waren die bekanntesten Opfer. Andrzej Juskowiak verlor Millionen durch Investitionen in Ostimmobilienfonds, in deren Zuge das Geld veruntreut wurde; der ehemalige HSV-Profi Jimmy Hartwig ließ sich dreimal scheiden und lebte über seine Verhältnisse (ebd.); Ex-Dortmunder Günter Breitzke lebt heute von Sozialhilfe (Schallenberg, 2004).
Doch auch außerhalb des Fußballsektors sind Karrieren zu finden, deren Abschluss nicht durch Idealcharakter gekennzeichnet sind: Leichtathletik-Weltmeisterin Katrin Krabbe erhielt nach falschen Dopingvorwürfen des Weltverbandes IAAF nach Schätzungen Schadensersatzzahlungen für Einnahmeausfälle in Höhe von 700.000 Euro. Da diese fälschlicherweise nicht versteuert wurden, hat sie nun - nach Aufdeckung knapp acht Jahre später - Nachzahlungen von ca. 200.000 Euro zu leisten, die sie aufgrund schlechten Finanzmanagements nicht länger tragen konnte. Sie war gezwungen, Privat-Insolvenz anzumelden (Simon, 2009).
Dass diese Beispiele lediglich die Spitze eines mit Grauzonen umwobenen Eisbergs bilden, zeigen weitergehend folgende Sachverhalte:
Die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) fand demnach heraus, dass die Hälfte des Bun- desliga-Kaders von Eintracht Brauchschweig aus dem Jahr 1985 inzwischen von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe lebt (Burkhardt, 2008).
Nach einer Studie von Daudert und Daudert in den Jahren 1997 bis 2004 haben nur 9 % der Profisportler nach ihrer Karriere finanziell ausgesorgt, mehr als ein Viertel aller Spieler stehen nach Abschluss der Sportlerdaseins vor dem Ruin. Die restlichen 61 % müssen in jedem Fall zukünftig in einem neuen Beruf Fuß fassen. (Schallenberg, 2004). lediglich 44 % verfügen über ein kleines finanzielles „Reservepolster". (Lepold, 2009).
Unterstrichen wird diese Entwicklung zudem durch eine Äußerung von Uli Hoeneß, dem ehemaligem Spieler, Manager und derzeitigem Präsidenten des Bundesligisten Bayern München, welcher im Interview mit der Zeitung „Die Welt" am 13.01.2004 die Summe der 26 % zum Karriereende verschuldeten Profis folgendermaßen kommentierte: „Ich bin überzeugt, dass die Zahl noch viel zu tief ist. Ich glaube, dass die Hälfte der Spieler mit 40 Jahren weniger Geld haben als mit 25." (Rumpf, 2004, o.S.)
Dabei gehört der Fußball noch zu den in der Masse gut bezahlten Sportarten, die Problematik und vergleichbare Bedingungen erstrecken sich über die gesamte Bandbreite der Sportbranche. Daraus ergibt sich eine hohe Relevanz, die Ursachen zu Ergründen und Lösungen zu finden.
Die Gründe für das finanzielle Scheitern sind dabei vielfältig vermutet: Sie reichen von inkompetenten Beratern, geringen Sparraten und ungeeigneten Finanzprodukten, über durch Sorglosigkeit ausgelöste fehlende Aufklärung, bis hin zu falschen Vorstellungen von der nachsportlichen Karriere und den Risiken in der Planbarkeit des Einkommens; die Ursachenforschung und die daraus resultierende professionelle Lösungsfindung scheinen demzufolge von hoher Relevanz zu sein.
Um diesem absehbaren und gewichtigen Risiko des Einkommens- und Vermögensverlusts entgegen zu wirken, stellen sich bei Berufssportlern ebenso spezielle wie auch anspruchsvolle Anforderungen an die persönliche Finanzplanung.
1.3 Entwicklung der Fragestellung
Im Bereich der Sportlervermittlung und allgemeinen Beratung und Betreuung wich im Laufe der Jahre das „Management in Eigenverantwortung" zunehmend professionellen Konzepten von Spezialisten (Boreatti, 2003).
Bemerkenswerterweise verfügt heutzutage annähernd jeder Berufssportler über einen persönlichen Manager oder Berater (Etzel, 2006), welcher sich auf der einen Seite um die aktive Karriere des Sportlers, zum anderen jedoch gleichermaßen um dessen finanzielle, rechtliche und private Belange kümmert (Jungheim, 2002), er agiert als ein dem Sportler nahestehender Einflussgeber, allerdings meist nur während dessen aktiver Sportlerzeit (Boreatti, 2003). Die Methoden der Durchführung und Dienstleistungsbeschaffung sind dabei sehr ambivalent (Tobschall, 2002). Es ist davon auszugehen, dass weder einheitliche Richtlinien, Anforderungen oder Umsetzungswege vorzufinden sind.
Fraglich ist somit, wieso dieser finanziellen Problematik nach dem aktiven Dasein des Sportlers nicht präventiv intensiver entgegengewirkt wird, und ob es nicht ebenso Aufgabe des Managers oder Beraters sein sollte, den Sportler auch für dessen Zukunft zu rüsten.
Die Beantwortung der Frage einer optimierten Umsetzung der Finanzplanung ist alleinig somit wenig erkenntnisreich ohne Einbezug ihrer Anwendung vom Sportlerberater. Genauso reichen Erkenntnisse zum Verhalten und der Einstellung der Sportlerberater alleinig nicht, um eine Hilfestellung zur Problemlösung zu leisten. Es wird daher...