Am Ende des zweiten Kapitels wurden auf Basis der zuvor ausgearbeiteten Grundlagen die Zusammenhänge und Überschneidungen des Sportsponsorings und dem Neuromarketing aufgezeigt und die genauen Ansatzpunkte im Sportsponsoring-Managementprozess identifiziert. In den folgenden sechs Abschnitten wird ausgeführt, wie die identifizierten Phasen des SportsponsoringManagementprozesses durch das Neuromarketing optimiert werden können. Dazu wird eine dreiteilige Vorgehensweise gewählt: Zunächst wird die identifizierte Phase konkretisiert und Problembereiche aufgezeigt. Davon ausgehend werden im nächsten Schritt die spezifischen neuroökonomischen Erkenntnisse angeführt, die zur Optimierung dieser Phase beitragen. Ein knappes Fazit schließt die Ausführungen zu den jeweiligen Optimierungsansätzen ab. In Abschnitt 3.7 werden die Ergebnisse der ausgearbeiteten Optimierungsansätze zusammengefasst.
An dieser Stelle gilt es darauf hinzuweisen, dass es sich beim Sportsponso- ring-Managementprozess um einen simultanen Planungsprozess handelt (vgl. 2.1.4). Vor diesem Hintergrund kommt es bei der Zuteilung der Erkenntnisse des Neuromarketings in einzelnen Phasen zu unvermeidbaren Interdependenzen. An diesen Stellen arbeitet der Verfasser mit Kapitelverweisen.
Wie in 2.1.4.1 erläutert, sollten Unternehmen als Grundlage für die weiteren Entscheidungen im Sportsponsoring-Managementprozess eine umfassende Situationsanalyse zur Abbildung der Markt-, Wettbewerbs- und Unternehmenssituation ausführen. Zur Durchführung der Analyse wird auf Analysekonzepte des Marketings zurückgegriffen, die an die Gegebenheiten und Anforderungen der Sportsponsoring-Analyse angepasst werden (Hermanns & Marwitz, 2008, S. 174). Da für die Optimierung durch das Neuromarketing aus Verfassersicht insbesondere die Konkurrenten- und Marktanalyse relevant sind, werden diese im Folgenden knapp skizziert:
(1) Sponsoringspezifische Konkurrentenanalyse
Die Konkurrentenanalyse stellt eine Spezifizierung der Umwelt mit Fokussierung auf die Konkurrenten dar. Neben den Ressourcen und der Kommunikationspolitik der Konkurrenz sind insbesondere deren Sponsoringaktivitäten von Relevanz. Dabei werden Sponsoringstrategie, Sponsoringobjekte, Einzelmaßnahmen und Erfolg der Konkurrenz analysiert und bewertet. Davon ausgehend wird versucht, die zukünftigen Handlungen und Aktivitäten zu prognostizieren (Hermanns & Marwitz, 2008, S. 175f.).
(2) Sponsoringspezifische Marktanalyse
Die Marktanalyse konzentriert sich auf die systematische Erfassung der aktuellen und potenziellen sponsoringspezifischen Marktpartner der Absatzmärkte. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Zielgruppen und Zielgruppensegmente der Marketingkommunikation des Unternehmens. Dabei werden insbesondere Informationen zu folgenden Elementen erfasst:
Interessen, Bedürfnisse und Einstellungen
Informations-, Mediennutzungs- und Kaufverhalten
Bekanntheit und Image des Sponsoringobjekts
Bei der Erfassung und Bewertung werden sowohl qualitative als auch quantitative Daten herangezogen (Hermanns & Marwitz, 2008, S. 179). Die Planung und Durchführung der Situationsanalyse wird entweder vom Unternehmen selbst oder von einem externen Anbieter (z.B. spezialisierte Agentur oder Marktforschungsinstitut) vorgenommen. Dabei werden die relevanten Daten und Informationen mittels qualitativer und quantitativer Marktforschungsmethoden (insbesondere Befragungen und Beobachtungen) erhoben. Allerdings kann in der Praxis festgestellt werden, dass die Situationsanalyse nur selten und oberflächlich durchgeführt wird. Aufgrund häufig unzureichender Informationen und Daten sowie zeitlichen Restriktionen wird dieser Phase des Sportsponsoring-Managementprozesses oftmals zu wenig Bedeutung beigemessen (Bruhn, 2009, S. 126ff.).
In der Situationsanalyse werden Analysekonzepte eingesetzt, die lediglich die explizite Ebene berücksichtigen und daher die Aussagekraft der gewonnenen Informationen und Daten einschränken. Mit Hilfe der Erkenntnisse der Neuro- ökonomie und des Neuromarketings konnte die enorme Bedeutung des impliziten Systems in ökonomisch relevanten Situationen belegt werden (vgl. Kapitel 2). Aus diesem Grund ist es unabdingbar, die bisherige, explizite Sichtweise der Analysekonzepte um die implizite Ebene zu ergänzen. Die Hinweise und Informationen aus den vorgestellten Konzepten können zur Implementierung der impliziten Ebene und damit zur Optimierung der Situationsanalyse herangezogen werden. Der Mehrwert des Neuromarketings für diese Phase wird im Folgenden an der Konkurrenten- und Marktanalyse verdeutlicht:
In der Konkurrentenanalyse werden bisher explizite Kriterien zur Analyse der Aktivitäten der Konkurrenz herangezogen. Auf dieser Ebene ermittelt das Unternehmen zumeist, in welcher Sportart bzw. bei welchem Verein der Konkurrent aktiv ist, welche Einzelmaßnahmen durchgeführt werden und wie hoch die mediale Reichweite des Engagements ist. Durch Berücksichtigung der impliziten Ebene ist das Unternehmen darüber hinaus in der Lage zu erfahren, welche Motive durch eine Sportart oder einen Verein angesprochen werden und dadurch ein deutlich differenzierteres Bild der Aktivitäten der Konkurrenz erhalten. Dazu stehen dem Unternehmen in dieser Phase die impliziten Messverfahren des Brand Code Managements (vgl. 2.2.6.3) zur Verfügung. Aus neuroökonomischer Sicht ist die Analyse folglich nicht damit beendet, den gesponserten Verein der Konkurrenz zu kennen, sondern es muss darüber hinaus ergründet werden, welche impliziten Bedeutungen mit der Sportart und dem Verein verbunden sind. Dadurch kann sich der Sponsor mit seinen Sponsorships deutlicher abgrenzen und verhindern, dass Konkurrenzunternehmen vergleichbare Wirkungen (z.B. Imageeffekte) mit ähnlichen Sportsponsoringstrategien erreichen (vgl. 3.3, 3.4). Auf diese Weise kann das Sportsponsoring zu einem unternehmerischen Erfolgsfaktor ausgebaut werden.
Bei der Marktanalyse werden qualitative und quantitative Informationen und Daten über die Zielgruppen erhoben. Dazu nutzt man klassische Befragungsund Beobachtungsmethoden, mit denen man lediglich explizite, bewusste Angaben der Konsumenten erhält. Der größte und wichtigste Teil, das Implizite, bleibt unberücksichtigt. Zur Optimierung der Marktanalyse sind ebenfalls implizite Messmethoden (vgl. 2.2.6.3) anzuwenden, um aussagekräftige Informationen über die Zielgruppen zu erhalten. So können bspw. durch Reaktionszeitverfahren die Variablen Bekanntheit und Image des Unternehmens bei den Zielgruppen erhoben werden. Darüber hinaus sind in der Marktanalyse die Interessen und Bedürfnisse sowie das Kaufverhalten der Zielgruppen von Relevanz. An dieser Stelle steht dem Unternehmen der Limbic®-Ansatz zur Verfügung, der eine fundierte Basis zu Motiven und Bedürfnissen darstellt und es ermöglicht, tiefergehende Informationen über das Kaufverhalten der Zielgruppe zu erhalten (vgl. 3.2.2).
In der Situationsanalyse werden bislang Methoden aus der Marktforschung eingesetzt, die lediglich die explizite Ebene berücksichtigen und damit den Untersuchungsgegenstand nur unvollständig darstellen können. Insbesondere bei der Analyse der Konkurrenz und des Marktes sind solche Daten unzureichend und können gar irreführend sein. Um die wichtige, implizite Ebene in diese Phase einzubeziehen, kann das Unternehmen auf die beiden vorgestellten Konzepte (vgl. 2.2.6.2, 2.2.6.3) zurückgreifen. Diese bieten wertvolle Informationen und Erkenntnisse für die Situationsanalyse und können bei entsprechender Berücksichtigung zu einer erheblichen Optimierung beitragen.
Ursachen für die seit Jahren zunehmende wirtschaftliche Bedeutung des Sportsponsorings (vgl. 2.1.2.1) sind neben Veränderungen in der Gesellschaft und den Wettbewerbsbedingungen insbesondere auch die instrumentespezifischen Vorteile des Sponsorings gegenüber anderen Kommunikationsinstrumenten (vgl. 2.1.2.2). Im Rahmen der Studie „Sponsoring Trends" gaben 79% der befragten Unternehmen an, dass die Ansprache spezifischer Zielgruppen dabei der größte Vorteil des Sponsorings ist (Hermanns & Riedmüller, 2003, zitiert nach Hermanns & Marwitz, 2008, S. 190). Um diese Besonderheit möglichst effektiv und effizient nutzen zu können, ist im Rahmen des Managementprozesses eine exakte Zielgruppenidentifizierung und -planung notwendig.
Dazu wird die Basiszielgruppe des Unternehmens (vgl. 2.1.4.3) identifiziert sowie anhand verschiedener Merkmale beschrieben, bevor diese anschließend mit jenen Zielgruppen verglichen werden, die durch das Sponsoring erreicht werden können (Zielgruppe des Gesponserten). Auf diese Weise kann der Grad der Überschneidung (Zielgruppenaffinität) ermittelt und...