Kommunikation ist heute auch in der Wirtschaft eine theoretisch wie praktisch erkannte und anerkannte Größe. Die zunehmende Differenzierung und Komplexität bei der erfolgreichen Gestaltung von Betrieben förderte die Bedeutung der Kommunikation in den funktionalen Bereichen und prozessualen Abläufen. Im Rahmen des vom Lehrbeauftragen Dieter Neumann im Jahr 1994 an der damaligen Fachhochschule Nürtingen durchgeführten Seminars „PR-Arbeit für Unternehmen und Verbände“ entstand die Idee, die Diskussion der Zusammenhänge zwischen Kommunikation und Betriebswirtschaft in einer Studie zu vertiefen. Daraus entstand die Frage, was nicht nur die Kommunikation für die Wirtschaft, sondern umgekehrt, die Betriebswirtschaft und damit auch das Controlling für die (Unternehmens-) Kommunikation und insbesondere für die PR tun kann. Damit war die Idee des PR-Controllings geboren. Denn die primär qualitativen Kommunikationsphänomene müssen sich im Rahmen des dominant ökonomisch orientierten Systems Unternehmung in letzter Instanz auch nach wirtschaftlichen Maßstäben messen und bewerten lassen. Damit könnte über diese Legitimation hinaus durch eine systematische und systemische Planung, Kontrolle und Steuerung (Controlling) eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung der gesamten Kommunikationsarbeit gelingen. Im April 1994 wurde unter Leitung von Prof. Dr. Günter Ebert, damaliger Leiter des betriebswirtschaftlichen Lehrstuhls für Controlling der Fachhochschule Nürtingen, in einem kleinen Team von Wissenschaftlern und Praxisvertretern, zu denen von Unternehmensseite u.a. die Deutsche Messe AG und die Dräger Werke AG sowie von Verbandsseite die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Deutschen Kommunikationsverband (BDW) gehörten, die Initiierung eines Projektes zum Thema „PR-Controlling“ unter Leitung von Prof. Dr. Günter Ebert, beschlossen. Eine weit verbreitete konzeptionelle Entwicklung und eine unternehmensspezifische Gestaltung und Implementierung von operativen und strategischen Controlling-Instrumenten und -Systemen für Public Relations (PR) war das pragmatische Ziel der Projektarbeit, die letztlich in einer wissenschaftlichen Studie zur betriebswirtschaftlichen Evaluation von Öffentlichkeitsarbeit mündete. Die erarbeitete Studie garantierte eine fundierte und legitimierte Ausgangsbasis für die konzeptionelle Entwicklung von PR-Controlling-Instrumenten und —Systemen, die die Basis für das später entwickelte Kommunikations-Controlling bildete.
1. Organisation der Öffentlichkeitsarbeit
In einer schriftlichen Befragung von PR-Verantwortlichen in westdeutschen Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen (repräsentativer Durchschnitt) wurden zunächst die vorhandenen Standortfaktoren „Organisation“ und „Konzeption“ von PR-Arbeit und ihrer Planung und Kontrolle analysiert.
Diese Umfrage führte zu folgenden Ergebnissen: Nur im Rahmen einer funktionierenden organisatorischen Eingliederung kann eine effiziente und effektive Steuerung und Kontrolle der Unternehmens-PR gestaltet und realisiert werden. Der erforderliche Handlungsspielraum und die Informationsvermittlungsfreiheit bedingt eine strukturelle Öffentlichkeit der PR-Abteilung selbst im Sinne des offenen Zu- und Abgangs von Informationen nach „oben“ (Unternehmensleitung) und nach „unten“ (übrige Mitarbeiter). Die Akzeptanz der PR-Vermittlungsleistung auf allen Unternehmensebenen ist damit idealerweise garantiert. PR-Arbeit findet traditionell noch immer vorwiegend im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit statt.
Abbildung 1
Dabei verfügen jedoch nur etwa 60 Prozent der befragten Unternehmen über einen organisatorisch eigenständigen PR-Bereich! Eine ganzheitliche Konzeption des Unternehmensbereichs Kommunikation wird erst an vierter Stelle (nach Marketing und Werbung) genannt. Die partizipative Variante betrieblicher Öffentlichkeitsarbeit als ein für und durch jeden Mitarbeiter zu gestaltender Prozess wird nur von etwa acht Prozent der befragten Unternehmens- Vertreter favorisiert. Entsprechend steht der Klassiker unter den PR-Instrumenten, die Pressearbeit, bei den Unternehmen nach wie vor mit Abstand auf Platz. (90 Prozent = sehr wichtig der Befragten). Beachtenswert ist die hohe Bedeutung, die der internen Kommunikation allgemein (82 Prozent = sehr wichtig) beigemessen wird. Realisiert wird diese schwerpunktmäßig durch Mitarbeiter- Informationen über die Hauszeitung oder - weniger - das altbewährte Schwarze Brett. ö
Abbildung 2
2. Zielplanung und Durchführung von PR
Eine kontinuierliche und systematische Planung, Steuerung und Kontrolle von PR (Controlling) setzt eine genaue Definition der generellen, langfristigen und speziellen, kurz- und mittelfristigen Ziele voraus. - Je dezidierter die Zielformulierung ist, desto maßgerechter und erfolgreicher kann die Realisation (Instrumenteneinsatz) stattfinden und desto aussagekräftiger werden die Kontrollergebnisse der Zielerreichung sein. Der PR-Zielsetzungsprozess ist mit der Bildung und dem Erreichen der Unternehmensgesamtziele insbesondere im langfristigen Bereich eng verbunden. Das „tertium corparationis“ der Ziele des Unternehmens und seiner Öffentlichkeit liegt dabei im Aufbau und der Pflege einer abgestimmten Corporate Identity, die im Wechselspiel mit der inneren und äußeren Unternehmenswirklichkeit gestaltet und gesteuert werden kann. Die Ergebnisse der Befragung zeigen eine grundsätzliche Tendenz in diese Richtung: Ein Drittel der Befragten befürwortet eine Abstimmung der PR- und Unternehmensziele in allgemeinen Fragestellungen mit einem Primat der Unternehmensziele, die den PR-Zielen m ihrer Bedeutung vorgeordnet sind. Auf die Frage nach den speziellen Zielsetzungen unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit wurde seitens der Befragten die ganze Palette der klassischen PR-Maximen (-> traditionell: Aufbau und Pflege von „Vertrauen und Verständnis“) als mehr oder weniger gleich wichtig erachtet. Geringe Abweichungen zwischen der eigenen und der bei der Unternehmensleitung vermuteten Intention zeigen bei letzteren eine etwas höhere Gewichtung des Marketing-Aspekts („Image“, „Markenbekanntheit“ etc.). Dagegen steht bei ersterer die Professionalität des eigenen Metiers („Profilierung“, Segmentierung und gezielte „Ansprache der Teilöffentlichkeiten“, „Feedbacksystem“, „Früherkennungssystem“ etc.) im Vordergrund.
Abbildung 3
Ein erfolgreiches Kontroll-System baut auf kontinuierlichen, systematischen, lang- und mittelfristigen Planungshandlungen mit kurzfristigen (Planungs-) Kontrollprozessen auf. Im kurzfristigen Bereich sind vorwiegend Ergebniskontrollen möglich. Die ergänzenden, in einem komplexeren Kontroll- System erforderlichen „feed- forward-Kontrollen“ greifen demgegenüber nur in einem entsprechend komplexeren, kombinierten Planungssystem. Bei den befragten Unternehmen wird die PR- Planung vorwiegend in mittelfristigen Zeiträumen (mit kurzfristigen milesstones) und ad hoc betrieben. Eine längerfristige Planung - im Sinne eines langfristigen PR-Konzeptes - mit, die Realisierung strukturierenden kurz- und mittelfristigen Etappenzielen findet im Grunde nicht statt.
Abbildung 4
Demgegenüber ist die Aussage, ein umfassendes Kommunikationskonzept sei maßgeblich für die Planung verantwortlich, fast erstaunlich. Relativiert wird dieser Wert jedoch in der Zusammenschau mit den weiterhin genannten wesentlichen Planungsdeterminanten: Budget, Hochrechnung von Vergangenheitswerten sowie (führend) Geschäftsleitungsvorgaben ad hoc. Konzeptionelle Überlegungen (Checklists, externe Berater, Team-Abstimmung mit anderen Kommunikationsbereichen) oder Reaktionen auf empirische Tatbestände und Analysen (Umfeldbeobachtung, Statistiken) spielen eine untergeordnete Rolle.
3. Erfolgskriterien
Um PR-Erfolg bewerten und kontrollieren zu können, müssen a priori die generellen und speziellen Zielsetzungen des Erfolgs definiert sein, das heißt was PR-Erfolg eigentlich ist, worin er sich äußert und durch welche Mittel und Methoden dieser Erfolg bei welchen Zielgruppen am besten realisiert werden kann. Die qualitativen Erfolgsfaktoren Vertrauen und Verständnis im Sinne eines überdauernden positiven Images in der Öffentlichkeit stehen an erster Stelle der unternehmerischen PR. Das primäre Ziel ist eine öffentliche Breitenwirkung, die über eine hohe Medienresonanz am effektivsten zu erreichen (und zu messen) ist. Noch vor dem Zielgruppenlobbying in Wirtschaft und Finanzwelt sowie bei Kunden und Aktionären und Marketingaspekten hinsichtlich des Bekanntheitsgrads von Firma und Marke rangiert der Erfolgswert informierter, integrierter und gegebenenfalls verständnisvoller Mitarbeiter auf dem dritten Platz, was für eine sukzessive Erkenntnis und Aufwertung der internen Kommunikation in der Öffentlichkeitsarbeit spricht. Eine...