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Erkaufte Präsenz - Wie Special-Interest-Zeitschriften über ihre Anzeigenkunden berichten

AutorFlorian Riedel
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783656319900
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Gesundheit - Sport - Medien und Kommunikation, Note: 2,3, Technische Universität München (Sport, Medien und Kommunikation), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Ich kauf mir eine Zeitung.'(Heiser, 2012) Mit dieser provozierenden Überschrift betitelte Sebastian Heiser im Frühjahr des Jahres 2011 einen Artikel, für den er über Monate hinweg verdeckt recherchiert hatte und in welchem er deutliche Missstände in der deutschen Tageszeitungslandschaft aufdeckt. Als Mitarbeiter einer Werbeagentur getarnt, hatte er sich an Anzeigenabteilungen unterschiedlicher Tageszeitungen gewandt, um herauszufinden ob deren Themenfindung käuflich ist. Weiterhin legt Klaus-Dieter Altmeppen in einem Text zur Beziehung zwischen Journalismus und Wirtschaft dar, dass 'ökonomische Faktoren [...] auf die Veröffentlichungsentscheidungen' (Altmeppen, 2004, S.514) der Medien immer mehr Einfluss gewinnen. Auch der persönliche Eindruck, des Autors dieser Arbeit, gewonnen während der täglichen Arbeit in einer Public-Relations-Abteilung der werbenden Wirtschaft, weist darauf hin, dass sich im Zeitschriftenjournalismus eine gefährliche, durch den Leser nicht erkennbare Vermischung von werbendem und redaktionellem Inhalt etabliert. Der Leser ist also der Leidtragende. Für ihn ist nicht ersichtlich ob über bestimmte Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen mehr oder besser berichtet wird, weil sie sich durch herausragende Qualität auszeichnen oder vielmehr weil herausragend viele Anzeigen geschaltet werden. Was die empirische Erforschung dieser Vermutung angeht gleicht die deutsche Publikumszeitschriften-Landschaft einer weißen Landkarte. [...]

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Leseprobe

4. Zeitschriften in Deutschland


 

4.1 Begriffsabgrenzung


 

„Das Wort Zeitschrift gehört zu jenen publizistischen Begriffen, die trotz ständigen Gebrauchs jede Präzision und jede Verbindung mit ihrem ursprünglichen Wortsinn vermissen lassen. Für Zwecke der Wissenschaft und der Statistik muss man diesen Begriff entweder durch einen anderen ersetzen oder seine Geltung eindeutig definieren.“ (Hagemann, 1957, S.5)

 

So erklärte Hagemann 1957 die Wichtigkeit einer Definition des Begriffs Zeitschrift. Jedoch tut sich die Wissenschaft damit bis heute schwer. Hierfür gibt es zwei bedeutende Gründe. Zum einen die Schwierigkeiten der Abgrenzung zu weiteren Printmedien und zum anderen „die Vielfalt der Erscheinungsformen“ (Wilhelm-Fischer, 2008, S.108) in denen die Zeitschrift im Alltag auftaucht. Groth bemerkt hierzu:

 

„Es ist nur eine Konsequenz der außerordentlichen Verschiedenheit der tatsächlichen Erscheinungen, daß eine allumfassende und dabei doch scharf abzugrenzende Begriffsbestimmung der Zeitschrift nie zu finden ist. Man kann die Zeitung aus der Gattung der periodischen Presse herausheben, nicht aber die Zeitschrift“ (Groth, 1928, S.56)

 

Immer wieder versuchten sich renommierte Forscher der Publizistik, Medien- und Kommunikationswissenschaft an Definitionen. So auch Hagemann (1957, S.8): „Zeitschriften sind periodische Druckwerke, die in höchstens vierteljährlichem Rhythmus erscheinen und deren Schwerpunkt nicht auf der Verbreitung aktuellen und universellen Nachrichtenstoffs liegt.“ Doch fällt es schwer diese Definition in den heutigen Alltag zu überführen.Titel wie Der Spiegel und Stern erscheinen jede Woche neu, sind als aktuell einzustufen und werden allgemein als Zeitschrift bezeichnet. Dennoch würden sie nach Hagemanns Definition nicht als solche gelten (Vgl. Wilhelm-Fischer, 2008, S.109). AuchHaacke definierte die Zeitschrift in Abgrenzung zur Zeitung (Vgl. Haacke, 1961, S.10) und somit in Abgrenzung zu ihren Kerneigenschaften Aktualität und Universalität. (Vgl. Wilhelm-Fischer, 2008, S.110)

 

Einen Überblick über Definitionsansätze gibt Gerlach (1988, S.24ff.) und stellt abschließend fest:

 

„All diesen Definitionsansätzen ist gemeinsam, daß sie sehr global gehalten sind […]. Aufgrund der Vielfalt des Zeitschriftenmarktes wird die zukünftige Bestrebung nach einer Zeitschriftendefinition […] stärker individualisiert und limitiert werden müssen.“

 

Das bedeutet, um Zeitschriften trennscharf von anderen Printformen wie der Zeitung und dem Buch abgrenzen zu können, müssen aus der Vielfalt von unterschiedlichen Arten ihrer Erscheinung Untergruppen gebildet werden. Diese können dann deutlich exakter beschrieben werden. Nina Rolf (1995, S.16f.) bezeichnet solch eine „Typenbildung“ als „nicht nur begrüßenswert und nützlich, sondern notwendig“ und nennt vier mögliche „Klassifikations-Kriterien“. Hierzu zählen, neben dem Inhalt und der Funktion der Zeitschrift, auch ihre Wesensmerkmale und die Leserschaft, beziehungsweise Zielgruppe. (Vgl. Rolf, 1995, S.17) Bei der Typologie der Zeitschriften nach Zielgruppe durch Münster (1955, S.162-180) taucht die Publikumszeitschrift neben der Fach- und Berufspresse sowie den Wochenblättern auf. Hierbei wird sie als Zeitschrift beschrieben, die sich „ähnlich wie die Zeitungen an Herrn und Frau Jedermann wenden“, aber „an bestimmte Wünsche und Neigungen des Publikums anknüpfen“ (Rolf, 1995, S.31) und sich an allgemein oder speziell interessierte Leser wenden.

 

Den Begriff der Publikumszeitschriften und eine ähnliche Kategorisierung wurde dann auch durch die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern[14] geprägt. Zur Systematisierung in der Praxis des Anzeigenmarktes sortierte die IVW die Zeitschriften nach ihren Vertriebsmerkmalen. (Vgl. Wilhelm-Fischer, 2008, S.112) Dadurch entstanden die Gruppen Publikumszeitschriften, Supplements, Kundenzeitschriften und Fachzeitschriften.

 

„Letztlich ist auch der Begriff Publikumszeitschrift ein Sammelbegriff für zahlreiche Zeitschriften, die einige Gemeinsamkeiten haben. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist, dass sie sich an eine breite, heterogene Leserschaft wenden.“ (Wilhelm-Fischer, 2008, S.113)

 

Aus diesem Grund geht die Einteilung der IVW weiter. Unter der Gruppe der Publikumszeitschriften mit nationaler Verbreitung[15] werden die Zeitschriften wiederum in Gruppen eingeteilt (Abb. 3).

 

 

Abb. 3: Publikumszeitschriften mit nationaler Verbreitung

 

(Quelle: IVW, 2012a, S.166)

 

Abschließend  zu diesen Ausführungen stellt sich nun noch die Frage, wo und wie der Begriff Special-Interest-Zeitschrift[16] einzuordnen ist.Denn „SI-Zeitschriften [werden] in den öffentlich zugänglichen Pressestatistiken weder definiert, noch als eigenständige Gattung aufgeführt.“ (Rolf, 1995, S.69) Als weiterer Versuch der Strukturierung von Zeitschriften, ist die Gruppe der SI-Zeitschriften das Ergebnis einer wissenschaftlicheren Herangehensweise als das Schema der IVW, welches, wie oben erwähnt, das Ergebnis einer Einteilung unter vertrieblichen und somit kommerziellen Aspekten ist.Sie lassen sich laut Rolf (1995, S.69) in „themenbereichsumfassende“ und „themenspezifischeSI-Zeitschriften“ einteilen und

 

„sind eine Gattung periodisch erscheinender und für jedermann zugänglicher Presseprodukte, welche ein Zeitschriftensegment zwischen den Gattungen Publikumszeitschrift und Fachzeitschrift füllen und im Rahmen einer in jeder Ausgabe durchgängig und ausführlich behandelten Spezialthematik eine aktuelle Berichterstattung liefern.“ (Rolf, 1995, S.100)

 

Alle in dieser Arbeit untersuchten Zeitschriften werden von der IVW unter Publikumszeitschriften mit nationaler Verbreitung gelistet und als Sportzeitschriften deklariert. Genauso lassen sie sich jedoch als themenbereichsumfassende Special-Interest-Zeitschriften bezeichnen.

 

4.2 Allgemeine Marktdaten


 

Wie in Punkt 4.1 ausgeführt sind die Special-Interest-Zeitschriften der Gattung Publikumszeitschriften zuzuordnen. Daher bilden diese auch den Schwerpunkt, auf den bezüglich Daten und Fakten das Hauptaugenmerk gerichtet werden muss.

 

Um die gegenwärtige Situation auf dem Publikumszeitschriftenmarkt darzustellen, bedient man sich am besten der vielen meist im Quartals- oder Jahresrhythmus erhobenen Daten, die die Marktentwicklung beschreiben.

 

Im Vergleich der Marktanteile der unterschiedlichen Massenmedien in Deutschland belegen die Publikumszeitschriften 2010 den dritten Platz. Rang eins und zwei werden erwartungsgemäß von TV und Zeitung belegt. Was jedoch so manches Mitglied der jüngeren Generation von heute überraschen dürfte, ist, dass die Publikumszeitschriften mit ihrem Marktanteil von 14% deutlich vor dem sehr schnellen und in unserer Gesellschaft nahezu überall verfügbaren Medium Internet[17]stehen (Vgl.VDZ, 2011b, S.1). Dies ist zwar ein zu würdigendes Ergebnis, jedoch muss man die Situation kritisch bewerten, berücksichtigt man die Entwicklung der letzten Jahre. Noch im Jahr 2004 erreichten die Publikumszeitschriften einen Marktanteil von 23% der 2005 aber schon auf 20% und 2009 dann auf den noch heute gültigen Wert fiel (Vgl.VDZ, 2005, S.2; VDZ, 2006, S.10; VDZ, 2007, S.2; VDZ, 2008, S.1; VDZ, 2009a, S.1; VDZ, 2011a, S.1).

 

Anders als der Marktanteil liegt die Zeitschriftennutzung in Deutschland seit mehr als einem Jahrzehnt sehr stabil etwa die 90% der Gesamtbevölkerung im Alter zwischen 14 und 69 Jahren. Dies bringt den deutschen Zeitschriftenverlagen 2011 einen Umsatz von insgesamt 7,0 Mrd. Euro und ein Plus von 1,4% im Vergleich zum Vorjahr (Vgl.VDZ, 2011c, S.2ff.). Natürlich haben die Krisenjahre 2008/09 auch nicht vor dem Verlagswesen Halt gemacht. Wenn auch verzögert, lässt sich dies zum Beispiel an den Mitarbeiterzahlen ablesen. Von 2009 auf 2010 sank die Mitarbeiterzahl bei den Zeitschriftenverlagen um 4,9% von 34.000 auf 32.400 und hat bis jetzt den alten Wert noch nicht wieder erreicht (Vgl. VDZ, 2011c, S.7).

 

Weitere wichtige Parameter stellen die Entwicklung der Titelanzahl und die Auflagenentwicklung dar. Erstere zeigt sich in den letzten zehn Jahren als konstant und pendelt mit leichten Schwankungen zwischen 800 und 900 Stück[18], wobei seit dem Jahr 2008 ein leichter aber beständiger Aufwärtstrend stattfindet (Vgl. VDZ, 2011b, S.2). Andere Schätzungen gehen je nach Quelle von „3.000 Zeitschriftentiteln am Durchschnittskiosk und mehr als 20.000 Zeitschriften insgesamt – [jedoch] inklusive Fachzeitschriften“(Kalka, 2009, S.33) aus.Dahingegenmuss man der„Verkaufsauflage der periodischen redaktionellen Publikumspresse“(Wissenschaftliches Institut für Presseforschung und Medienberatung, 2012) eine schlechtere Entwicklung konstatieren. Seit dem letzten Höhepunkt im Jahr 2002[19]gab es einen steten Rückgang der Auflage (Abb. 4). Auch zum Jahresende 2011[20] verlor die Gattung im direkten Vergleich zum Vorjahr 1,61% ihrer Gesamtverkäufe (Vgl. (IVW &Letzsch, 2012). „Eine...

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