II. 4. 2. 1. Verfahrenseinleitung.
Der Zivilprozess zwingt die Verfahrensbeteiligten zur Verfahrensteilnahme. Er folgt einem exakten Verfahrensablauf, bei dem abstrakte Normen einen durchschnittlichen Lebenssachverhalt generalisiert übernehmen. Dabei greifen verfahrensbestimmende Ordnungsregelungen und die, einen Sachverhalt inhaltlich regelnden Normen, ineinander. Wer gesetzte Fristen versäumt, erleidet einen Rechts- und Verfahrensnachteil. Wer eine bestimmte Handlung ausführt, bringt entsprechende rechtliche Folgen hervor 112 .
Die Klage begründet das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien und den Parteien und dem Gericht. Sie enthält das Gesuch an das Gericht, durch Urteil Rechtschutz zu gewähren und legt dessen Art und Umfang fest 114 . Danach läuft ein streng formales Verfahren ab, gegen das sich der Beklagte zur Wehr setzen muss, will er seine Rechtsposition nicht verlieren 115 . Die prozessuale Position jeder Partei ist genauso geregelt, wie der gesamte Verfahrensverlauf. Eine Konfliktbewältigung ist in der, über tausend Paragraphen umfassenden Zivilprozessordnung, nicht ein einziges Mal erwähnt.
II. 4. 2. 2. Die Klagerhebung
Sie verändert die Qualität des bisherigen Streits, der bislang nur zwischen den Parteien bestand und geheim gewirkt hat und alle Gefühle bis hin zum tiefsten Misstrauen in sich trug. Ab dem Moment der Sprachlosigkeit zwischen den Parteien müssen sie fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Die Klage zwingt die Parteien aus ihrem ausschließlich privaten Bezug und übergibt die Lösung ihres Konfliktes einem staatlich eingesetzten neutralen Richter, der das Verfahren fortan alleine leitet und nach den gesetzlichen Regeln führt. Das Verfahren wird einer Lösung zugeführt, die sich aus den geltenden gesetzlichen Bestimmungen und nicht aus der Vorstellung der streitbeteiligten Parteien und deren Emotionen ergibt. Von da ab ist die eigene kreative Lösungsfindung abgeschnitten.
Im Zivilverfahren kann die klagende Partei die jeweils günstigste zeitliche und sachliche Chance zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen nutzen. Das Gesetz lässt solche strategische Überlegungen genauso zu, wie auch eine für sie günstige Antragstellung, die den Gegner in seiner Rechtsposition beeinträchtigen kann. Eine subjektive Einstellung findet nur Beachtung, soweit es auf ein Verschulden und der damit zusammenhängenden Verhaltensmotivation ankommt, Die Beherrschung der Verfahrensregeln ist dabei immer Grundbedingung. Eine weitgehende Gestaltungsfreiheit im laufenden Verfahren haben die Parteien nicht.
Das Zivilverfahren ist ein logisches Schachspiel, bei dem der Gegner möglichst in eine Beweisnot gebracht werden muss, um über Beweislastregeln das Verfahren zu gewinnen, unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage. Bestehende Konflikte schüren bestenfalls den Erfindungseifer der Parteien und lassen den, der schließlich unterliegt an allem verzweifeln. Die negative Wirkung der Justiz, die Konflikte vertiefen kann.
II. 4. 2. 3. Das Mediationsverfahren
Im Vergleich zum Zivilprozess setzt das Mediationsverfahren bereits an diesem entscheidenden Punkt der Verfahrenserhebung einen einvernehmlichen und freiwilligen Konsens voraus. Dies verhindert, dass eine Partei eine momentane Situation nutzen kann, die ihr Vorteile verspricht und den Gegner möglichst präkludiert. Ausnahmen bestehen nur im Rahmen der 116 zwingend erforderlichen Vorverfahren, die Partei wird allerdings nur gezwungen an dem nach dem jeweiligen Landesrecht zwingend vorangestellten Schlichtungsverfahren teilzunehmen, sie muss sich nicht zur Sache einlassen, die
Schlichtung ist dann gescheitert. Schlichtung in diesem Sinne kann auch eine Mediation sein 117 .
II. 4. 2. 4. Die Verfahrensdurchführung
Die staatlichen Gerichtsbarkeit lässt kaum einen Spielraum zur eigenen kreativen Gestaltung des Prozesses, ein bis in jedes Detail geregelter Verfahrensablauf entscheidet den Streit, ohne Ansehung der Personen und ihrer inneren Betroffenheit, auf der Basis feststehender, vergangener und zu beweisender Tatsachen durch autoritativen Spruch, wobei Beweislastregeln das persönliche Verhalten definieren.
Hauptziel eines Gerichtsprozesses bleibt die Gewährleistung des Schutzes subjektiver Rechte, zur Sicherung des objektiven Rechts und zur Herstellung von Rechtsfrieden und allgemeiner Rechtssicherheit 119 . Dem entspricht die grundsätzliche Öffentlichkeit des Verfahrens nach dem Gesetz, 120 weil immer ein Teileffekt der Rechtsbeteiligung öffentlicher Interessen, mit dem Verfahren verbunden bleibt. Es ist zwar mein Anliegen, aber nie mein Verfahren, weil es notgedrungen auch mit Auswirkung auf die Allgemeinheit gestaltet werden muss 121 .
II. 4. 2. 4. 1. Klagantrag legt Verfahren fest
Das Verfahren folgt dem Klagantrag, der für die Rechtsfindung ausschließlich maßgeblich bleibt, seinen Rahmen setzt und von dem der Kläger nur mit Folgen für Kosten und einem eventuellen teilweisen Anspruchsverlust im weiteren Verfahrensverlauf abweichen kann. Eine Flexibilität besitzt das Gerichtsverfahren in der Sachbehandlung nicht. Die Parteien sind im Wesentlichen inaktiv, weil der Beweis durch festgelegte Beweismittel erbracht wird. Die Parteivernehmung ist ein nur sekundäres Beweismittel 122 . Parteivernehmung von Amts wegen 123 , ist im Falle einer Beweisnot einer Partei möglich, wenn eine Anfangswahrscheinlichkeit für eine zu beweisende Tatsache besteht 124 . In der Regel sind dann beide Parteien zu vernehmen.
II. 4. 2. 5. Mediation
Im Gegensatz hierzu herrscht im Mediationsverfahren eine strenge Vertraulichkeit, es bleibt das Verfahren der Parteien und sie können ihre Interessen an dem Problem und in Bezug auf die andere Partei vollumfänglich und zukunftsorientiert einbringen, ohne durch Beteiligung des öffentlichen Interesses gestört zu sein, wobei sie auch in der Wahl der Sachthemen nicht gebunden sind. § 1 Abs. 1 MedG. 125 Ihre Einlassung und Position zum Verfahren kann sich in einem gewissen Rahmen ändern, über beizubringende Beweismittel verfügen sie selbst, jede Partei betreibt mit der anderen Seite das Verfahren selbst. Eine vergleichsweise Regelung setzt die gegenseitige Einigkeit voraus. Auch dieses Verfahren ist von objektiven Merkmalen geprägt, Fairness, Eigenverantwortung, zu der auch die Wahrheit gehört, weil sonst eine Einigung nicht zu erreichen ist. Die von der Partei gewollte Lösung entspricht auch ihren Interessen. Das Verfahren beseitigt den Konflikt nachhaltig. § 1 Abs. 1 MedG. 126
II. 4. 2. 6. Großverfahren
Andere Grundsätze gelten wiederum bei mediierten Großverfahren, für die auch die Parteien den Einsatz der Öffentlichkeit benötigen, weil es in der Regel um Anliegen der Gemeinschaft und großer Gruppen geht, die sich in öffentlichen Demonstrationen bereits manifestiert haben. Die Mediation hat sich auch im öffentlichen und nicht nur im vertraulichen Bezug als nützlich erwiesen. Die erfolgreich abgeschlossenen Beispiele, Flughafen Frankfurt, Landwehr Kanal Berlin, beweisen es 127 .
II. 4. 2. 7. Der Verfahrensabschluss
Das Gerichtsverfahren folgt den vorgegebenen, starren und nachvollziehbaren Regeln. Das Urteil ist die Folge von Beweislastbestimmungen, Auslegungsregeln und rechtlicher Würdigung von Beweismitteln und der dafür vorgesehenen Rechtsfolgen, das stets gegen eine der beteiligten Parteien, auch gegen den Kläger, ausgehen kann. Es entscheidet die Rechtsmeinung des Dritten, der ausschließlich nach eigener Überzeugung zu urteilen hat. Die eigene Betroffenheit und Befasstheit mit dem Geschehensablauf ist bedeutungslos. Das Urteil ist ausschließlich rechts- und anspruchsorientiert, das Obsiegen hängt nur davon ab, inwieweit sich der Urteilsspruch mit dem Klagantrag deckt.
II. 4. 2. 8. Mediationsverfahren
In der Mediation entscheiden die Parteien über ihren Lebenssachverhalt und nicht über einen differenzierten und spezialisierten Klagantrag und sind demzufolge auch frei in der Festlegung ihrer konsensual getroffenen Entscheidung, die ihren Interessen, Anliegen und Bedürfnissen folgen kann. Sie sind Herren des Verfahrens und der Entscheidung und sind deshalb auch befähigt zukunftsorientierte Lösungen zu suchen und nicht ausschließlich
nach vergangenen Verläufen zu urteilen 128 . Dabei gilt grundsätzlich das gleiche Niveau gegenseitiger Achtung; Fairness und Sachorientiertheit wie im Gerichtsverfahren. 129
II. 4. 2. 9. Entscheidung durch Vergleich.
Jeder Zivilprozess kann durch Vergleich beendet werden 130 . Ein solcher Vergleich orientiert sich ebenfalls an dem Stand des bisherigen Verfahrens, er wird sich nach dem Klagantrag und dem Ergebnis einer Beweisaufnahme richten und deswegen nur selten mediativen Inhalt bekommen können. Einen Vergleichsinhalt, der...