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E-Book

Der Rosenkavalier

Die Opern der Welt

AutorHugo von Hofmannsthal, Richard Strauß
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783849601683
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,49 EUR
Dies ist das Libretto zur Oper Der Rosenkavalier. Genießen Sie zum Klang Ihrer Lieblingsoper die Original-Texte auf Ihrem Bildschirm. Einzelne Akte und, falls mehrsprachig, Sprachen lassen sich über das Inhaltsverzeichnis auswählen.

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Leseprobe

Erster Akt


 

 

Das Schlafzimmer der Feldmarschallin. Links im Alkoven das große zeltförmige Himmelbett. Neben dem Bett ein dreiteiliger chinesischer Wandschirm, hinter dem Kleider liegen. Ferner ein kleines Tischchen und ein paar Sitzmöbel. Auf einem kleinen Sofa links liegt ein Degen in der Scheide. Rechts große Flügeltüren in das Vorzimmer. In der Mitte kaum sichtbare kleine Türe in die Wand eingelassen. Sonst keine Türen. Zwischen dem Alkoven und der kleinen Türe stehen ein Frisiertisch und ein paar Armsessel an der Wand. Die Vorhänge des Bettes sind zurückgeschlagen. Octavian kniet auf einem Schemel vor dem Bett und hält die Feldmarschallin, die im Bett liegt, halb umschlungen. Man sieht ihr Gesicht nicht, sondern nur ihre sehr schöne Hand und den Arm, von dem das Spitzenhemd abfällt.

 

OCTAVIAN.

Wie du warst! Wie du bist!

Das weiß niemand, das ahnt keiner!

MARSCHALLIN richtet sich in den Kissen auf.

Beklagt Er sich über das, Quin-quin?

Möcht Er, daß viele das wüßten?

OCTAVIAN.

Engel! Nein! Selig bin ich,

daß ich der einzige bin, der weiß, wie du bist.

Keiner ahnt es! Niemand weiß es.

Du, du – was heißt das »du«? Was »du und ich«?

Hat denn das einen Sinn?

Das sind Wörter, bloße Wörter, nicht? Du sag!

Aber dennoch: Es ist etwas in ihnen:

ein Schwindeln, ein Ziehen, ein Sehnen, ein Drängen!

Wie jetzt meine Hand zu deiner Hand kommt,

das Zudirwollen, das Dichumklammern,

das bin ich, das will zu dir,

aber das Ich vergeht in dem Du,

ich bin dein Bub – aber wenn mir dann Hören und Sehen vergeht –

wo ist dann dein Bub?

MARSCHALLIN leise.

Du bist mein Bub, du bist mein Schatz!

OCTAVIAN.

Warum ist Tag? Ich will nicht den Tag!

Für was ist der Tag! Da haben dich alle!

 

Marschallin lacht leise.

 

OCTAVIAN.

Lachst du mich aus?

MARSCHALLIN zärtlich.

Lach ich dich aus?

OCTAVIAN.

Engel!

MARSCHALLIN.

Schatz du, mein junger Schatz!

 

Ein feines Klingeln.

 

Horch!

OCTAVIAN.

Ich will nicht.

MARSCHALLIN.

Still, paß auf.

OCTAVIAN.

Ich will nichts hören! Was wirds denn sein?

 

Das Klingeln näher.

 

Sinds leicht Lauffer mit Briefen und Komplimenten?

Vom Saurau, vom Hartig, vom portugiesischen Envoyé?

Hier kommt mir keiner herein! Hier bin ich der Herr!

 

Die kleine Tür in der Mitte geht auf und ein kleiner Neger in Gelb, behängt mit silbernen Schellen, ein Präsentierbrett mit der Schokolade tragend, trippelt über die Schwelle.

 

MARSCHALLIN.

Schnell, da versteck Er sich, das Frühstück ists.

 

Octavian gleitet hinter den Schirm. Die Tür hinter dem Neger wird von unsichtbaren Händen geschlossen.

 

MARSCHALLIN.

Schmeiß Er doch Seinen Degen hinters Bett.

 

Octavian fährt nach dem Degen und versteckt ihn. Marschallin legt sich zurück, nachdem sie die Vorhänge zugezogen hat.

Der kleine Neger stellt das Servierbrett auf das kleine Tischchen, schiebt dieses nach vorne, rückt das Sofa hinzu, verneigt sich dann tief gegen das Bett, die kleinen Arme über die Brust gekreuzt. Dann tanzt er zierlich nach rückwärts, immer das Gesicht dem Bette zugewandt. An der Tür verneigt er sich nochmals und verschwindet.

Marschallin tritt zwischen den Bettvorhängen hervor. Sie hat einen leichten mit Pelz verbrämten Mantel umgeschlagen. Octavian kommt zwischen der Mauer und dem Wandschirm hervor.

 

MARSCHALLIN.

Er Katzenkopf, Er unvorsichtiger!

Läßt man in einer Dame Schlafzimmer den Degen herumliegen?

Hat Er keine besseren Gepflogenheiten?

OCTAVIAN.

Wenn Ihr zu dumm ist, wie ich mich benehm,

und wenn Ihr abgeht, daß ich kein Geübter nicht in solchen Sachen bin,

dann weiß ich nicht, was Sie überhaupt an mir hat!

MARSCHALLIN zärtlich, auf dem Sofa.

Philosophier Er nicht, Herr Schatz, und komm Er her.

Jetzt wird gefrühstückt. Jedes Ding hat seine Zeit.

OCTAVIAN setzt sich dicht neben sie. Sie frühstücken sehr zärtlich. Octavian legt sein Gesicht auf ihr Knie. Sie streichelt sein Haar. Er blickt zu ihr auf. Leise.

Marie Theres!

MARSCHALLIN.

Octavian!

OCTAVIAN.

Bichette!

MARSCHALLIN.

Quin-quin!

OCTAVIAN.

Mein Schatz!

MARSCHALLIN.

Mein Bub!

 

Sie frühstücken.

 

OCTAVIAN lustig.

Der Feldmarschall sitzt im crowatischen Wald, und jagt auf Bären und Luchsen,

und ich sitz hier, ich junges Blut, und jag auf was?

Ich hab ein Glück, ich hab ein Glück!

MARSCHALLIN indem ein Schatten über ihr Gesicht fliegt.

Laß Er den Feldmarschall mit Ruh!

Mir hat von ihm geträumt.

OCTAVIAN.

Heut nacht hat dir von ihm geträumt? Heut nacht?

MARSCHALLIN.

Ich schaff mir meine Träum nicht an.

OCTAVIAN.

Heute nacht hat dir von deinem Mann geträumt?

MARSCHALLIN.

Mach Er nicht solche Augen. Ich kann nichts dafür.

Er war auf einmal wiederum zu Haus.

OCTAVIAN.

Der Feldmarschall?

MARSCHALLIN.

Es war ein Lärm im Hof von Pferd' und Leut' und er war da.

Vor Schreck war ich auf einmal wach, nein schau nur,

schau nur, wie kindisch ich bin: ich hör noch immer den Rumor im Hof.

Ich brings nicht aus dem Ohr. Hörst du leicht auch was?

OCTAVIAN.

Ja, freilich hör ich was, aber muß es denn dein Mann sein!

Denk dir doch, wo der ist: im Raitzenland,

noch hinterwärts von Esseg.

MARSCHALLIN.

Ist das sicher sehr weit?

Na dann wirds halt was anders sein. Dann is ja gut.

OCTAVIAN.

Du schaust so ängstlich drein, Theres!

MARSCHALLIN.

Weiß Er, Quin-quin – wenn es auch weit ist –

der Herr Feldmarschall is halt sehr geschwind. Einmal –

OCTAVIAN eifersüchtig.

Was war einmal?

 

Marschallin zerstreut, horcht.

 

OCTAVIAN.

Was war einmal? Bichette!

Bichette, was war einmal?

MARSCHALLIN.

Ach sei Er gut, Er muß nicht alles wissen!

OCTAVIAN wirft sich auf das Sofa.

So spielt sie sich mit mir! Ich bin ein unglücklicher Mensch!

MARSCHALLIN horcht.

Jetzt trotz Er nicht. Jetzt gilts. Es is der Feldmarschall.

...
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