Offen möchte ich an dieser Stelle bekennen - die in diesem Buch ausführlich dargestellte Hundegruppe ist seit dem Jahre 1960 ein fester Bestandteil meines Lebens. Über 55 Jahre halte ich nunmehr eigene Hunde verschiedener Rassen - immer wieder bin ich zu den Kampfhunden zurückgekehrt. Wer einen Sinn für wahrhafte Hundepersönlichkeit besitzt, kann sich der Faszination dieser Hunderassen nicht entziehen - ich selbst werde wohl nie von ihnen loskommen!
Mein nachhaltiges Bekenntnis zu diesen Hunderassen hat es mit sich gebracht, daß ich über viele Jahre in meiner Freizeit die Entstehungsgeschichte dieser Hunde gründlich erforscht habe. Die Entwicklung von Hunderassen wird man immer nur dann wirklich begreifen, wenn man sich sehr genau das soziale Umfeld ansieht, die daraus erwachsenen Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen. In meinem Buch Kampfhunde I habe ich die teilweise pervertierten Aufgabenstellungen eingehend geschildert, für die Menschen diese alten Rassen mißbraucht haben. Dies ist aber nicht den Hunden anzukreiden, sondern den jeweiligen zwischenmenschlichen Beziehungen, den sozialen Umständen, unter denen die Menschen lebten.
Alle Hunderassen sind entstanden, weil die Menschen glaubten, der neuen Rasse ganz gezielte Aufgaben stellen zu müssen. Dies führte letztendlich auch zu einer Zusammenfassung bestimmter Gruppen von Hunderassen entsprechend der menschlichen Zweckbestimmung. Niemand nimmt heute an Sammelbegriffen wie Schoßhunde, Jagdhunde, Hütehunde, Herdenschutzhunde, Gebrauchshunde, Windhunde Anstoß. Solche Sammelbegriffe haben keine andere Aufgabe, als den Zweck der Rasse und ihre Entstehungsgeschichte zu dokumentieren.
Unsere Kampfhunde haben es sehr viel schwerer. Aufgrund einer beispielslosen Medienhetze, begleitet von wissenschaftlich unhaltbaren Fehlinterpretationen von Politikern, Justiz und Polizei, gerieten diese Hunde völlig unverdient ins Abseits. Seriöse wissenschaftliche Darstellungen, beispielsweise die Veröffentlichung des Deutschen Städtetages Der Stadthund aus dem Jahre 1997, Erfahrungsberichte des Innenministeriums aus dem Land Nordrhein-Westfalen über die Jahre 1989 bis 1997 vermochten es nicht, Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen.
Irgendwie hat sich unverändert die Vorstellung gehalten, daß die ursprünglich zum Schutz der Menschen und zum Mißbrauch in Tierkämpfen gezüchteten Kampfhunde noch heute ihren alten Aufgaben nachgingen. Dabei waren doch wir Menschen alle einmal auf dieser Erde darauf angewiesen, uns bei Bedarf zu wehren. Wir alle haben Krieger, Raubritter, kämpferische Naturen unter unseren Vorfahren. Rings um uns betreiben Mitmenschen Kampfsportarten, begeistert verfolgen wir die Spektakel von Autorennen - ohne daß man daraus ableitet, uns sei nicht länger zu vertrauen. Wenn man das aktuelle Kriegsgeschehen des Jahres 1998 in allen Teilen unserer Erde betrachtet - wie viele triftige Gründe gäbe es, unseren Mitmenschen mit allergrößtem Mißtrauen zu begegnen?
Meine bisherigen zwei Kampfhundebücher veröffentlichte ich in den Jahren 1981 und 1983 - alleinige Zielsetzung war es, den historischen Hintergrund dieser großartigen Hunderassen aufzuzeigen, Hundefreunde darüber zu informieren, wie Kampfhunderassen entstanden sind, welche Aufgaben sie hatten und wie sie auch in unserer heutigen Umwelt für viele Menschen zu hochinteressanten Lebensgefährten werden.
In meinen kühnsten Träumen konnte ich mir nicht vorstellen, daß diese Bücher mit den darin aufgezeigten Fakten einmal zur Grundlage von Gerichtsentscheidungen für oder gegen Kampfhunde werden sollten. Gelernt habe ich daraus, daß man durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate völlig positive Stellungnahmen für eine Hunderasse ins Negative verzerren kann. In einer stattlichen Anzahl von Presseauseinandersetzungen, Fernsehauftritten und als Gutachter vor Gerichten wurde es zu meiner Aufgabe, sachliche Informationen darüber zu vermitteln, wie Kampfhunde wirklich sind.
Über Jahre war es die offizielle Politik von Verbandsfunktionären, die Probleme schlicht und einfach totzuschweigen. Vorbild waren die drei weisen Affen -nichts hören, nichts sehen, nichts sagen! Man deklarierte Kampfhund zum Unwort des Jahres - glaubte, damit die Diskussion zu einem Ende zu bringen. Als ob die durch die Medien immer wieder aktivierten Politiker sich so einfach der von den Hundefreunden gewünschten neuen Sprachregelung anschließen würden!
Ursprünglich hatte ich die Absicht, meine Kampfhundebücher vom Markt zu nehmen, mich damit diesem Versuch des Totschweigens anzuschließen. Dann erlebte ich, in welch einer großartigen Aufmachung diese Bücher den amerikanischen und englischen Markt eroberten, auch dort dazu beitrugen, Mißverständnisse über die Hunderassen zu beseitigen, aus- geuferten Fantasien nüchterne Fakten entgegenzusetzen.
Und gerade in den angelsächsischen Ländern herrschen ebenso viele Mißverständnisse über den wahren Charakter der Kampfhunde wie bei uns. Da gibt es doch beispielsweise in England - gleichfalls aufgrund politischen Unverstands - den Dangerous Dogs Act - ein Gesetz des englischen Parlaments, das zigtausenden von Hunden das Leben gekostet hat. In einer Reihe von amerikanischen Staaten gibt es ähnliche Rasseprogrome gegen angeblich gefährliche Hunderassen, auch diese mit katastrophalen Auswirkungen für Hunde und Halter. Neuere Gesetze in Frankreich, Holland und Belgien lassen wiederum Übles ahnen!
So habe ich beschlossen, meine Bücher aufgrund moderner Erkenntnisse völlig zu überarbeiten, neu zu gestalten und - soweit erforderlich - im Umfang zu erweitern. Ziel ist es, diese Hunde einer breiten Öffentlichkeit so darzustellen, wie sie wirklich sind.
Solange wir ein Leben gemeinsam mit Hunden führen, solange müssen wir uns auch darüber im klaren sein, daß dies mit einer bestimmten tierischen Restgefahr verbunden ist. Im tierischen Verhalten gibt es trotz umfänglicher Forschungen Unerklärlichkeiten, Risiken, die sich nicht ausschließen lassen. Wer zu solchen Risiken nicht bereit ist, sollte auf ein Zusammenleben mit Tieren verzichten.
Das wahre Risiko des Zusammenlebens mit Hunden besteht nicht in den Hunden, sondern in ihren Besitzern. Viel zu häufig werden Tiere mißbraucht, unterliegen unkontrollierbaren Einflüssen ihrer Besitzer. Der Neuauflage meines Buches habe ich eigens das Kapitel Kampfhunde und ihre Menschen angegliedert. Es dokumentiert, wie das problemlose Zusammenleben von Kampfhundeliebhabern mit ihren Vierbeinern durch wenige Idioten, die ihre Hunde mißbrauchen, immer wieder in Mißkredit gebracht wird. Nicht das harmonische, friedliche Zusammenleben all der Hundefreunde mit ihren liebenswerten Begleitern spiegelt sich in der Öffentlichkeit, sondern Dummheit und Ignoranz weniger Außenseiter.
Der Chefreporter des Südwestfunks Baden-Baden, Immo Vogel drehte vor etwa zehn Jahren die Sendung Die Bestie ist der Mensch! Dieser Film wurde eingeleitet von einer Bullmastiff-Geburt in unserem eigenen Hause. Ein ganzes Fernsehteam wartete über drei Tage auf die Geburt, war bei der Entbindung zugegen. Immo Vogel - selbst engagierter Teckel-Züchter - konnte sich nicht genügend über das völlig vertraute Verhalten von Lady wundern, die mit rassetypischer Gelassenheit all diesen Medienrummel über sich und ihre Kinder ergehen ließ. Das Fernsehteam filmte Szenen mit unseren Bull Terriern, dokumentierte die »Gefahren«, die sie für Besucher bedeuteten. Ein Kameramann wurde mit seiner Kamera vor lauter Begrüßungsfreude umgeworfen, ihm »drohte«, vor lauter Begeisterung minutenlang abgeleckt zu werden. Diese Begegnung des ganzen Teams mit unseren Hunden führte zum dringenden Wunsch, selbst einen der Welpen mit nach Hause zu nehmen. Dieser Wunsch ließ sich leider nicht erfüllen, da alle unsere Vierbeiner schon lange von ihren neuen Besitzern erwartet wurden.
Die weiteren Dreharbeiten zum Thema zeigten auch eindeutigen Mißbrauch der Hunde - niemand im Team sah aber das Problem in den Hunden - sondern immer im Menschen.
Mein persönliches Glaubensbekenntnis ist daher, daß es absolut unsinnig und völlig ungerecht wäre, bestimmte Hunderassen an den Pranger zu stellen, zu verbieten. Viel besser für unser aller Zukunft wäre es, wir könnten bestimmte Menschen verbieten.
In diesem Buch habe ich mir zur Aufgabe gestellt, Sie mit den bekanntesten Kampfhunderassen, denen Sie in den deutschsprachigen Ländern möglicherweise begegnen, vertraut zu machen, aber auch seltene Rassen vorzustellen. Modernes wie antikes Bildmaterial wurde neu in das Buch mit einbezogen, auch aktuelle Statistiken, damit einmal Klarheit geschaffen wird, wie sich die einzelnen Rassen zahlenmäßig über die letzten Jahre entwickelt haben. Seit 1960 begleite ich diese Rassen, als ich meinen ersten Bull Terrier in diesem Jahre ins Haus holte, gab es in ganz Deutschland etwa 100 Tiere dieser Rasse. Betrachten Sie die heutigen Zuchtzahlen!
Für mich ist es immer wieder faszinierend festzustellen, wie diese vorwiegend aus anderen Ländern kommenden Hunderassen bei uns eine breite Anhängerschaft gefunden haben. Trotz all der Widrigkeiten durch die negativ gepolte Öffentlichkeit kommen immer neue...