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E-Book

Italienische Reise

Vollständige Ausgabe

AutorJohann Gottfried Herder
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl622 Seiten
ISBN9783849627690
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
In den Jahren 1788-1789 unternahm Herder als Begleiter des Domherrn Johann Friedrich Hugo von Dalberg eine Italienreise. In Rom fand er Anschluss an die Gesellschaft der Herzogin Anna Amalie von Sachsen-Weimar-Eisenach, die ebenfalls auf Reisen war, und befreundete sich mit der Malerin Angelika Kauffmann. Johann Friedrich Reiffenstein, Johann Heinrich Wilhelm Tischbein und Johann Heinrich Meyer führten ihn durch Rom. Dort erhielt er eine ihn interessierende Berufung nach Göttingen. Weiter ging es nach Neapel, die Rückkehr führte ihn über Florenz, Venedig und Mailand.

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Leseprobe

J. G. Herder an Luise von Diede

 

Augsburg, den 26. Aug. 88.

 

Ich war in einem so großen Taumel, ehe u. da ich Weimar verließ, daß ich keinen Augenblick fand, diesen zurückgelegten Lucian, den ich bei meiner Rückkehr selbst abholen werde, mit einem Schreiben zu begleiten, u. Ihnen, einzige Frau, für Ihre tausendfache Güte u. Großmut zu danken. Ihre liebreichen Hände erstrecken sich weit, u. Sie haben mich mit Briefen versehen, denen ich kaum werde ein Gnüge tun können: denn in manchen werden Sie mich nach Ihrer Seele, nach Ihrem Herzen gemessen haben, u. da werde ich ziemlich beschämt werden. Doch Alles kommt ja aufs gute Glück, Leben u. Reisen, zwei wahre Abenteuer, insonderheit darauf an, u. also werden u. wollen wir unser Heil versuchen. Gestern Abend ist Dalberg hier eingetroffen, u. morgen oder übermorgen gehets fort. Die Fr. v. Seckendorf ist mit Dalberg gekommen, u. gehet mit uns auf die Reise; wir sind alle, wie alle Collegia sein müssen, Drei. Wünschen Sie uns Glück auf die Reise, holde Frau, u. segnen mir zuweilen nach in Ihrem Andenken, wie ich weiß, daß Sie es gewiß tun werden. Sobald ich in Italien, in Ihrem Lieblingslande bin, lasse ich von mir zwar nicht hören, sondern lesen; u. wenn es aus Vicenz sein kann, um so lieber. Meine Frau habe ich über alle Vorstellung, die wir uns machten, erschüttert u. bewegt verlassen; sie sammlet u. fasset sich endlich aber, wie ihre Briefe zeigen. Die Gore's sind den 16. weggereiset, u. der Herzog hat sie bis Leipzig begleitet; die Herzogin Mutter den 15., u. ist über Schlez, Eger p gegangen, nach Regensburg, wo ihr den 20. die Markgräfin aus Erlangen ein Rendevous gegeben. Ich ging den 6. Aug. aus Weimar, über Gotha, Schmalkalden, Meinungen p Nürnberg, Anspach, bis ich jetzt hier bin. In Lane habe ich das Lichtensteinsche Haus gesehen, aber so gut nur als gesehen, weil ich über Nacht nicht bleiben konnte. Die Gräfin Rothenhan insonderheit ward mir nur ein Anblick von wenigen Minuten, u. die Walmoden war 2. Tage vorher fort. Rotenhan habe ich in Bamberg kennen gelernet. Meine Reise ist äußerst glücklich bis hieher gewesen, u. ich hoffe, sie werde es fernerhin werden. Alles kommt mir mit so vieler Güte zuvor, u. es fügt sich Alles so gut, daß ich die frohesten Augurien schöpfe. Erhalten Sie mir Ihre Gnade, Liebe u. Freundschaft, edelste Frau, ich nehme Ihr Andenken über die Alpen u. werde es da oft erneuren. An den H. G. R. meine schönste, beste Empfehlung u. Wünsche, bis auf ein glückliches Wiedersehen auf Ihrem Monte ameno. Leben Sie wohl, einzige Frau, ich küsse Ihnen mit unnennbarer Hochachtung, Liebe u. Verehrung die Hände.

 

Herder.

 

J. G. Herder an Caroline Herder

 

Insbruck den 29. Aug. 88.

 

Den letzten Brief schrieb ich Dir, Liebe, vor meiner Abreise aus Augsb.; mir wird sonderbar enger ums Herz, da ich immer weiter von Dir rücke u. in wenigen Tagen nun Deutschland hinter mir sehen werde. Doch meine Wünsche sollen u. werden auch über die Alpen fliegen, u. Du wirst bei mir sein, mich ermuntern u. stärken, wie u. wo ich auch lebe.

 

Unsre Reise hat sich nun freilich ganz verändert. Sonst war ich frei; jetzt bin ichs minder, indessen wie sich in einem Sack alles zusammenrüttelt u. schüttelt, so auch hier. Unser erste Reisetag war regnicht u. unangenehm; das Wetter klärte sich aber am folgenden Tage auf, u. heut ist ein entzückender Morgen gewesen. O was Tirol für ein schönes Land ist! prächtige Berge, gutherzige, naive Leute; hier in Inspruck schon ein halb-Italienischer Himmel, wirklich schon blauer, als wir ihn dort zu sehen die Ehre haben. Der Inn ist ein prächtiger Strom, u. macht die schönsten Gegenden, Amphitheater von Felswänden, lachende Wiesen, Felder voll Welschen Korns u. f. Aber die Regierung, Verfassung u. Einrichtung? O weh, weh! – Unter den alten Tirolergrafen muß das Land einzig u. glücklich gewesen sein; die Zeiten aber kommen nicht wieder.

 

Wie sehr freuete ich mich darauf, einen Br. von Dir hier vielleicht zu finden; ich fand ihn nicht, wohl aber einen von Knebels Bruder, der sehr herzlich u. mir auch lieb war. Gewiß finde ich ihn also in Trient, weil Du schriebst, daß ich noch in Deutschland haben sollte. Ihr werdet an meinem Geburtstage an mich gedacht haben; ich gewiß auch an Euch, u. an Dich, lieber Adelbert, weil es Dein Tag war, vorzüglich. Sei Deiner Mutter und dem Hrn. Schäfer hübsch gehorsam, u. werde ein braver Mensch, so wirst Du mich sehr erfreuen, wenn ich den folgenden Geburtstag wieder mit Dir feire. Deine Gesundheit, lieber Gottfried, haben wir gestern alle drei, der Hr. v. D., die Fr. v. S. u. ich, mit des Hrn. G. R. Göthes seiner, jede besonders getrunken; den Segen, den ich Dir aber in meinem Herzen erteilte, da ich allein in meinem Zimmer in die Gegend zu Euch hinaussah, gab ich Dir allein u. besonders. Werde gesund, fest u. stark in allem Guten, lieber Junge, ich küsse Dich herzlich.

 

An Göthe mag ich aus Deutschland nicht; ich will aus Rom an ihn schreiben. An Kn[ebel] schicke diesen Brief, es ist ein Blatt von ihm, das ich auch, wenigstens zwischen den Alpen, zurückfliegen lassen will. Grüße ihn bestens; Göthe, die Fr. v. Stein, Schardt, Kalb ppp versteht sich. Die HerzoginMutter hatte vor wenigen Stunden das Wirtshaus verlassen, als wir heute hier ankamen; hätten wir gestern ein paar Stationen mehr gemacht, so hätten wir sie hier begegnet. Es ist gut, daß es nicht geschah, u. wir werden sie jetzt schwerlich als in Rom treffen, weil wir unsern Weg über Ancona u. Loretto nehmen wollen, um bald in Rom zu sein; sie gehet rechts, wir links, u. sie macht einen größern Umweg.

 

Sonst kann ich Dir von unsrer Reise noch wenig schreiben. Dalb. ist herzlich gut, munter u. fröhlich; die Fr. v. S. ists gleichfalls; nur etwas schüchtern. Der Kammerdiener u. die Jungfer sind gute Leute: Werner führt sich brav auf, u. alle haben ihn wert. Indessen ist das Alleinreisen doch immer etwas Anders; Freiheit! Freiheit! Wir wollen eilen, was wir können, daß wir in Rom sind; u. Du, Liebe, mache alsdenn, daß ich viele Briefe von Dir finde. Wenn Du mir nicht im nächsten Briefe was bestimmtes darüber meldest, werde ich sie bei Buri, oder der Angelika, oder auf der poste restante suchen; mache ja aber, daß ihrer viel da sind, u. siehe das Porto nicht an. Ich muß solange fasten; Dir aber will ich fleißig, treu u. redlich schreiben, so oft ich kann.

 

Lebe wohl, liebe! lebt wohl, Ihr Kinder! und auch außer den 2. vorgenannten, Ihr andern, August, Wilhelm, Luischen u. Adelbert, lebt wohl, Ihr lieben. Wahrscheinlich schreibe ich noch aus Trient. – Ein Päckchen unbeträchtlicher Sachen wirst Du aus Augsb. erhalten haben, oder erhalten; ich konnte sie indessen nicht mitnehmen; u. die zweite Preisschrift mußte doch vor sich auf die Post gegeben werden. Wird mirs recht, so will ich noch diesem Briefe, die Vorrede beilegen, die an Voß zu schicken ist; wo nicht, so behalte beide, bis ich Dir diese übermachen kann, u. siehe beide Bücher indessen, ob es wohl eine beschwerliche Arbeit ist, genau durch. Lebe wohl, liebe, beste; ich umarme Dich aufs innigste, u. bin Dein mit Herz u. Seele.

 

H.

 

Die Vorrede ist fertig worden. Laß sie, wenn sie Dir gefällt, durch den Gottfr. 2. mal abschreiben u. schicke sie, wenn Du die Exemplare genau durchsehen u. gegen diesen Brief nichts einzuwenden hast, neben den korrigierten Exemplaren an Voß nach Berlin ab. Im Fall sie antworten, melde mir nach Rom, was sie schreiben. Hast Du aber etwas einzuwenden, so melde mirs zuvor u. schicke es noch nicht ab; wenn es wichtig ist; wo nicht, so frage Göthe, oder ändre es selbst. Lebe wohl, liebes Herz, treue gütige Seele. Du hast mich so verzogen, daß ich bei jeder andern Frauen nur den unendl. Abstand von Dir finde. Lebe wohl, lebe wohl!

 

Um Kn[ebels] Br. mache ich keine Enveloppe, mache Du sie, ehe Du das Blatt fortsendest.

 

An die Fr. v. Fr[ankenberg] sei doch so gut u. mache auch ein größeres Couvert; es ist so schlecht geschrieben u. so klein. Lebe wohl, liebe.

 

J. G. Herder an Caroline Herder

 

Botzen den 1. Sept. [1788].

 

Also nähere ich mich den Grenzen Deutschlands u. hoffe, in Trent morgen gewiß einen Brief von Dir zu finden, da Du mir noch Einen für Deutschland versprachst. Aus dem Ton meiner letztern Briefe wirst Du wohl gemerkt haben, daß ich nicht mehr allein reise, ob ich dies Gefühl gleich soviel ich kann unterdrücke u. noch mehr den Schmerz unterdrücke, daß alle die schönen Ideen, mit dem guten, wirklich guten Dalberg zu reisen, so gut als ein leerer Traum gewesen. Durch die S. ist ein Tropfe in den Teig gegossen, der keine Vereinigung möglich macht, sondern sie vielmehr verhindern soll; als worauf sie es vom ersten Abende angelegt hat. Gleich nach ihrer Ankunft kam ein junger Hompesch, Dalb. Freund, mit dem sie denn sogleich in einem trio abgeschlossene Cotterie machte. Den folgenden...

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