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Buddha

Biographischer Roman

AutorDeepak Chopra
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783426420317
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Liest man diesen großartigen Roman von Bestseller-Autor Deepak Chopra, bleibt von dem üblichen glatten Buddhabild nichts mehr übrig. Sein Roman gibt der entrückten Gestalt des Religionsgründers erstmals ein menschliches Gesicht und zeigt einen Mann von fast erschreckender Konsequenz. Deepak Chopra schildert das weltliche Leben des Fürstensohnes, sein fast zum Tod führendes Asketenleben und schließlich seinen Durchbruch zur wahren Meisterschaft des Erwachten.

Dr. med. Deepak Chopra ist Internist und Endokrinologe sowie Vorsitzender der 'American Association of Ayurvedic Medicine' und Gründer des 'Chopra Center for Well Being' in Carlsbad, Kalifornien. Er hält weltweit Vorträge über ayurvedische Medizin, u.a. an Universitäten, bei der Weltgesundheitsorganisation und den Vereinten Nationen, und er ist Autor zahlreicher internationaler Bestseller.

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Leseprobe

1


Das Königreich Shakya, 563 v.u.Z.

Es war ein frischer Frühlingstag. König Suddhodana drehte sich im Sattel und blickte über das Schlachtfeld. Er suchte nach einer Schwachstelle, die er ausnutzen könnte, und er war sicher, der Feind bot ihm eine solche Stelle, denn das tat er immer, und darauf konzentrierte er sich nun mit all seinen Sinnen. Die Schreie der Verwundeten und Sterbenden mischten sich mit den rauen Stimmen seiner Offiziere, die ihre Befehle brüllten und die Götter um Hilfe ersuchten. Das Schlachtfeld, aufgewühlt von Pferdehufen und Elefantenfüßen und zerfurcht von eisenumringten Wagenrädern, triefte von Blut, als wäre die Erde selbst tödlich verwundet.

»Mehr Soldaten! Ich will mehr Soldaten! Sofort!« Ohne darauf zu warten, dass jemand seinem Befehl folgte, schrie Suddhodana weiter: »Wer sich aus meiner Hörweite entfernt, den werde ich eigenhändig töten!«

Wagenfahrer und Infanterie schleppten sich auf den König zu, geschunden und so dreckig nach langer Schlacht, dass sie wie Götzenfiguren wirkten, Statuen aus blutigem Schlamm.

Suddhodana war ein Kriegerkönig, doch noch wichtiger: Er hielt sich für einen Gott. Er kniete wohl mit seiner Armee im Tempel und betete, bevor er in die Schlacht zog, verließ sich jedoch nie auf göttlichen Beistand. Wenn er die Tore seiner Hauptstadt hinter sich ließ und in den Krieg zog, wandelte sich sein Geist mit jeder Meile, die er sich von seiner Heimat entfernte. Auf dem Schlachtfeld schließlich, inmitten des Lärms und der Gerüche des Krieges, von Stroh und Blut, Soldatenschweiß und sterbender Pferde, fand er sich in einer anderen Welt, in der sein einziger Glaube war, dass er niemals verlieren könne.

Das galt auch für den gegenwärtigen Feldzug, obwohl der ihm eher aufgezwungen worden war. Ravi Santhanam, ein Kriegerfürst aus dem Nordland entlang der Grenze zu Nepal, hatte eine von Suddhodanas Handelskarawanen überfallen, worauf der König sofort zur Vergeltung ausgeholt hatte. Die Männer des Kriegerfürsten hatten den Vorteil des hohen Geländes und kämpften auf heimatlichem Boden, doch Suddhodanas Streitkräfte drangen immer weiter auf feindliches Terrain vor. Pferde und Elefanten zertrampelten die Gefallenen, tot oder gerade noch lebendig und zu schwach, davonzukriechen. Suddhodana ritt nahe eines sich aufbäumenden Elefantenbullen, in dessen Bauch ein halbes Dutzend Pfeile steckten, und entkam um Haaresbreite den zu Boden donnernden Füßen der rasenden Bestie.

»Ich will hier noch eine Reihe Streitwagen, in dichter Ordnung!« Er hatte die Stelle entdeckt, wo die feindliche Front erschöpft war und aufzuweichen begann. Ein Dutzend Streitwagen holperte mit knirschenden Rädern vor die Massen der Infanteriesoldaten. Die Fahrer hatten Bogenschützen hinter sich auf dem Trittbrett, die ihre Pfeile nun auf die feindliche Armee prasseln ließen.

»Bildet eine Angriffswand«, rief Suddhodana. »Ich will ihre Front zerschmettern!«

Seine Wagenfahrer waren erfahrene Veteranen, unerbittliche Krieger mit harten Gesichtern. Suddhodana ignorierte den Lärm der Schlacht, die nicht weit entfernt tobte, und ritt langsam vor ihnen entlang. Er sprach mit ruhiger Stimme. »Die Götter gebieten, dass es nur einen König geben kann. Aber ich schwöre, ich bin nicht besser als jeder gemeine Soldat und ihr seid so gut wie Könige. Jeder Mann hier ist ein Teil von mir. Was kann der König also noch sagen? Nur zwei Worte – die zwei Worte, die eure Herzen hören wollen: Sieg und Heimat!«

Dann hallte sein Befehl wie Peitschenknall. »Alle zusammen – vorwärts!«

Die beiden Armeen stürmten brüllend aufeinander los wie zwei Ozeane. Gewalt schenkte Suddhodana inneren Frieden. Sein Schwert wirbelte durch die Luft und spaltete einem Mann den Schädel. Seine Angriffswand rollte voran und wenn die Götter es wollten – und sie mussten es wollen –, würde sich die feindliche Front bald öffnen, Leichnam für Leichnam, und Suddhodanas Fußtruppen würden auf Feindesblut durch die Bresche gleiten. Der König hätte gelacht über jeden, der bestritt, dass er, Suddhodana, der Mittelpunkt der Welt sei.

 

Zur gleichen Stunde wurde Suddhodanas Frau, die Königin, in einer Sänfte durch tiefen Wald getragen. Sie war im zehnten Monat schwanger, nach Meinung der Astrologen ein Zeichen, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Kind handeln konnte. Doch daran dachte Königin Maya nicht. Für sie war nur die Furcht außergewöhnlich, die sie in ihrer Umgebung sah, seit sie auf einen Impuls hin beschlossen hatte, zum Haus ihrer Mutter heimzukehren, um das Kind zu gebären.

Suddhodana war dagegen gewesen. Es war zwar Sitte, dass Mütter ihre Kinder in ihrem eigenen Elternhaus gebaren, doch der König und Maya waren unzertrennlich. Er wollte es ihr verbieten, bis Maya auf ihre unschuldige Art vor versammeltem Hofe um seine Erlaubnis bat. So öffentlich konnte er der Königin keinen Wunsch abschlagen, trotz aller Gefahren, die die Reise mit sich brachte.

»Wer wird dich begleiten?«, fragte er mit scharfer Stimme, in der Hoffnung, er könnte sie von ihrem närrischen Plan abschrecken.

»Meine Frauen.«

»Frauen?« Er hob resigniert beide Hände. »Also gut. Ich werde dir aber auch eine Hand voll Männer mitgeben, so viele, wie ich entbehren kann.« Maya lächelte und zog sich zurück. Suddhodana mochte nicht mit ihr streiten, denn in Wirklichkeit war sie ihm ein Geheimnis. Nichts konnte ihr Angst machen, was immer die Gefahren waren. Die greifbare Welt war für sie wie ein dünner Film, auf dem sie wie eine Mücke auf einem Teich glitt. Die Welt konnte Maya zwar berühren, bewegen und gar verletzen, jedoch niemals ändern oder von etwas abbringen.

Die Königin verließ Kapilavastu einen Tag vor der Armee. Kumbira, die Älteste der Hofdamen, ritt an der Spitze der kleinen Prozession durch den Wald. Die Eskorte war schwach, nur sechs Soldaten, alle zu alt für den Krieg, ihre Klepper zu gebrechlich, um den Feind zu jagen. Hinter den Soldaten schleppten vier barfüßige Träger ihre Last auf dem steinigen Pfad – die mit Quasten und Perlen behängte Sänfte der jungen Königin. Von Maya hinter den schaukelnden Seidenvorhängen war kein Laut zu hören, nur dann und wann ein kleiner, unterdrückter Schrei, wenn ein Träger stolperte und die Sänfte einen Ruck erfuhr. Drei junge Zofen, leise klagend, dass sie zu Fuß gehen mussten, bildeten das Ende des jämmerlichen Zuges.

Die grauhaarige Kumbira blickte ständig hin und her, nur allzu gewahr der Gefahren, die überall lauerten. Der Weg, auf dem sie reisten, ein schmaler, in einen Granithang gehauener Felsensteg, war ursprünglich ein Schmugglerpfad, auf dem die Häute gewilderter Tiere, Gewürze und andere Waren nach Nepal gebracht wurden. Die Gegend war immer noch ein Lieblingsversteck von Banditen. Auch Tiger fanden ihre Beute unter unglücklichen Reisenden, selbst am helllichten Tag. Um sich die Bestien vom Leib zu halten, hatten sich die Träger Masken aufgesetzt, deren Gesichter rückwärts schauten. Der allgemeine Glaube war, dass Tiger stets nur von hinten angreifen und niemals eine Person anspringen, die sie direkt anschaut.

Kumbira ritt vor, bis sie neben Balgangadhar war, dem Anführer der Eskorte. Der Krieger blickte die alte Frau stoisch von der Seite an. Er stöhnte leise, als die Königin wieder aufschrie.

»Sie kann nicht mehr lange durchhalten«, sagte Kumbira.

»Und ich kann den Weg nicht kürzer machen, als er ist«, brummte Balgangadhar.

»Aber du könntest ein wenig schneller reiten«, schnappte sie. Sie wusste, er schämte sich, dass er nicht mit seinem König in der Schlacht war, doch Suddhodana hatte darauf bestanden, dass wenigstens einer seiner Elitesoldaten die Königin begleitete.

Mit einer fast unmerklichen Verbeugung, wie es die Etikette vorschrieb, entgegnete der Offizier: »Ich werde voranreiten und einen Lagerplatz auskundschaften. Etwas höher am Berg gibt es einen Einschlag mit ein paar Holzfällerhütten.«

»Nein, wir bleiben zusammen«, sagte Kumbira.

»Die anderen Männer können euch beschützen, während ich fort bin.«

»Tatsächlich?« Kumbira blickte skeptisch über die Schulter zu den armseligen Gestalten, die ihre Eskorte darstellten. »Und wer wird sie beschützen?«

 

Man sagt, Maya Devi – die Göttin Maya, als die sie bekannt werden sollte – sei im Mondschein im Wald von Lumbini angekommen, einem der heiligsten Orte im ganzen Königreich. Man sagt auch, es sei kein Zufall gewesen, dass sie ihr Kind in diesem Wald zur Welt brachte. Die Bestimmung habe sie dorthin geführt. Sie habe verkündet, sie wolle den heiligen Wald besuchen, weil dort ein mächtiger Baum stand, wie eine Säule zum Ruhme der Muttergöttin. Mayas Vorahnung sei gewesen, dass diese Geburt geheiligt sein würde.

In Wirklichkeit war sie eine verängstigte und zerbrechliche junge Frau, nahezu verirrt in der Wildnis. Und der heilige Baum? Maya krallte sich einfach in den nächstbesten Salbaumstamm auf der Lichtung. Balgangadhar hatte den geschützten Ort gerade rechtzeitig gefunden, denn als die königliche Sänfte ankam, war Maya schon in den letzten Wehen. Die Hofdamen formten einen dichten Kreis um sie. Die Königin klammerte sich an den Baumstamm und wurde in tiefer Nacht vom Sohn ihres Königs entbunden, dem Sohn, den der König sich so gewünscht hatte.

Als die Legenden aufkamen, war Kumbira schon lange tot. Deshalb erscheint sie nicht in ihnen, wie sie ihre Befehle an die hektischen Frauen brüllt, die Männer mit Fußtritten verscheucht und sich fast an dem heißen Kessel verbrennt, in dem sie das Wasser vom Lagerfeuer holt. Doch sie war es, die das Kind als Erste hielt und zärtlich das Blut von dem...

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