Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, Note: 1,0, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Institut für Geschichtswissenschaft), Veranstaltung: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918 - Ausgewählte Probleme seiner Geschichte, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit wird die Eigendynamik thematisiert, die das politische System des Deutschen Kaiserreichs zunehmend entwickelte und sich so von der ursprünglichen Konstruktionsintentionen Bismarcks entfernt hat. Wenn heute von der konstitutionellen Monarchie des deutschen Kaiserreichs die Rede ist, gerät ein zentrales Faktum hinter der vermeintlichen Eindeutigkeit des Begriffs schnell in Vergessenheit: 'Die Verfassung des Kaiserreichs war ein merkwürdiger Zwitter, eine Mischung aus konservativen und progressiven Elementen'. Die Idee des nationalen Einheitsstaats wurde von den preußischen Machthabern, allem voran Otto von Bismarck, gezielt instrumentalisiert, um den Fortbestand der Krone als politische Leitinstanz und zudem Preußens Dominanz im kleindeutschen Raum zu zementieren. Hierbei versuchte das Kaiserreich historisch gegensätzliche Kräfte und Ideen - Föderalismus und Unitarismus, Volkssouveränität und monarchisches Prinzip - auszubalancieren. Damit grenzte es sich sowohl von östlichen neoabsolutistischen wie westlichen parlamentarischen Regierungssystemen ab. Jener seltsamen Mittellage ist es geschuldet, dass Wolfgang J. Mommsen das Kaiserreich als ein 'System umgangener Entscheidungen' charakterisiert. Gleichsam verweist dieses Urteil auf eine spezifische Problemlage, der sich der deutsche Nationalstaat über den Fortgang der Dekaden hinweg zusehends ausgesetzt sah: die realpolitische Eigendynamik des Systems gegenüber den verfassungsväterlichen Intentionen von Reichsgründer Bismarck. Die vorliegende Hausarbeit soll, im Gefolge einer knappen Klärung des Begriffs um den deutschen Konstitutionalismus, das Kaiserreich zunächst unter folgender Fragestellung betrachten: Wie nahm sich jene Eigendynamik des politischen Systems, von der Bismarck-Zeit bis in die Wilhelminische Ära hinein, bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs aus? In diesem Zusammenhang erschien eine logische Separierung der Arbeit in zwei Teile sinnvoll, wobei zunächst Bismarcks verfassungspolitische Ziele und sodann die Verfassungswirklichkeit dargestellt werden sollen. Untersucht werden die politischen Kräftefelder Bundesrat und Reichstag sowie Reichskanzler und Kaiser und ihr Spannungsverhältnis zu- wie untereinander. In der Schlussbetrachtung schließlich soll die Frage beantwortet werden, ob - und wenn ja: inwiefern - es im Wilhelminismus tatsächlich eine klare Parlamentarisierung des deutschen Reichs gegeben haben könnte.
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