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Chancen und Probleme in der Kooperation zwischen Musikschule und Musikunterricht an Ganztagsschulen

Analysen zu ihrer musikpädagogischen Begründung und unterrichtspraktischen Umsetzung

AutorInes Kühne
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783640577675
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Musik - Sonstiges, Note: 1,0, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Institut für Musik), Sprache: Deutsch, Abstract: Beim Betreten des ICC Berlin anlässlich des Musikschulkongresses 2009 springen mir unvermittelt folgende Worte in die Augen: Musikalische Bildung öffnet Grenzen!... In Vorbereitung der vorliegenden Arbeit konnte die Gelegenheit wahrgenommen werden, eine aktuelle Debatte um die Themenagenda Kooperation zwischen Musikschule und Ganztagsschule zu verfolgen. Im Austausch wurden Fragen aufgeworfen, welche in vielfältiger Form die Themenfelder berühren. Warum sollen Ganztagsschulen und Musikschulen kooperieren? Worin besteht die Intention, Ganztagsschulen zu eröffnen? Welche Bedeutung hat die Musizierpraxis innerhalb des allgemein bildenden Musikunterrichts und worin bestehen die Aufgaben- sowie Handlungsbereiche? Welchen Stellenwert hat die Musikvermittlung im deutschen Bildungssystem? Inwieweit gestalten sich Bedingungspostulate der Musikverbände hinsichtlich einer institutionellen Allianz? Wie gelingen Kooperationen zwischen Musikschule und Ganztagsschule? Welche Ziele verfolgen Kooperationspartner in einer sich wandelnden Bildungslandschaft? Welche spezifischen Probleme und Chancen erwachsen aus der vernetzten Zusammenarbeit? Kinder und Jugendliche erleben in der dynamischen Bildungslandschaft grundsätzliche Veränderungen. Durch Kürzung der Schulzeitlaufbahn und Ausbau der Ganztagsschulen findet ein Großteil des Alltages in der Schule statt. Außerschulische Musikangebote können nur begrenzt wahrgenommen werden. Die Bildungseinrichtungen Musikschule und allgemein bildende Schule müssen sich im Sinne der Gestaltung kommunaler Bildungslandschaften öffnen und sich notwendigerweise verzahnen. Kooperationen stehen vielerorts am Anfang einer Entwicklung, wie die aktuelle Debatte innerhalb der großen Musikverbände verdeutlicht. Aus eigenen Unterrichtserfahrungen mit Schülern aus Kooperationsmodellen wurde ich auf vielfältige Probleme aufmerksam, die mich zur folgenden Fragestellung bewegte: Inwieweit kann sich das Bewusstsein um Chancen einer realisierten Kooperation zwischen den Bildungsinstitutionen Ganztagsschule und Musikschule als Motivator für ein perspektivisches Herangehen an Probleme der Vernetzung erweisen? Dabei wird nach den Zielsetzungen und Intentionen der Musikpädagogen von Ganztagsschulen und Musikschulen sowie nach subjektiven Sichtweisen bezüglich der Musikvermittlung, der Organisation und Struktur von Kooperationsmodellen zu fragen sein. Es sollen Chancen und Probleme erörtert werden, die das Arbeitsfeld Kooperation gestalten.

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Leseprobe

3. Methodenkonzeption der wissenschaftlichen Befragung


 

3.1 Intentionen des Untersuchungsverfahrens


 

3.1.1 Ziele der Datenerhebung


 

Wie in der Einleitung bereits dargestellt wurde, sollen in dieser Arbeit Musikpädagogen praktizierender Kooperationsmodelle hinsichtlich von Chancen und Problemen einer Zusammenarbeit von Musikschule und Ganztagsschule befragt werden. In der Auswertung sollen Bezüge zu theoretischen Vorüberlegungen hergestellt werden, welche die Gewichtigkeit der Ergebnisse unterstreicht.

 

Zunächst soll dargestellt werden, welche sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden zur Datenerhebung und -auswertung ausgewählt wurden und worin ihre bezeichnenden Merkmale bestehen, die im Zusammenhang mit der Forschungsfrage und der einhergehenden Thematik aus der Sicht des Verfassers geeignet erscheinen. Um empirische Daten aufzufassen und zu generieren, bedarf es an Forschungsinstrumenten, die zur Erhebung und anschließenden Auswertung Anwendung finden. Aus der Vielfalt qualitativer Forschungsmethoden habe ich mich für die leitfadengestützte Form des Interviews entschieden. Diese soll im sich anschließenden Kapitel vorgestellt werden. Das gewählte Auswertungsinstrument bewegt sich innerhalb der Grounded Theory nach Strauss und Glaser und wird im darauf folgenden Kapitel zum Gegenstand.

 

3.1.2 Das Leitfadeninterview


 

Auf der Suche nach einer qualitativen Interviewtechnik entschied ich mich für das Leitfadeninterview. Das Fundament dieser Befragungsmethode bildet ein Interviewleitfaden, der eine Liste von Fragen darstellt. Um meine Forschungsfrage zu ergründen, sollte eine größere Anzahl von Personen interviewt werden. Das Leitfadeninterview ermöglicht eine gewisse Standardisierung der inhaltlichen Aussagen und kann die Auswertung der erfassten Daten erleichtern. Außerdem gibt es der Kategorisierung, der Bildung von Unterthemen, Raum.[157] Mithilfe des Leitfadeninterviews lässt sich folglich neben der Qualität eine bestimmte Quantität der Interviewantworten, z.B. in Form von Häufigkeitsauszählungen innerhalb der Kategorien, feststellen. Im Unterschied zum standardisierten Fragebogen, stellt das Leitfrageninterview jedoch subjektive, individuelle Betrachtungen der Befragten in den Vordergrund und gewährleistet somit Offenheit gegenüber dem Interviewenden, eigene themenspezifische Aussagen zu machen. Der Gegensatz qualitativ-quantitativ kann mithilfe des Leitfadeninterviews überwunden werden. Nach Mayring steht am Beginn des wissenschaftlichen Vorgehens immer ein qualitativer Schritt. Dieser stellt die Basis quantitativer Analysemaßnahmen dar, die wiederum durch Interpretation zu einer qualitativen Aussage zurückgeführt werden:

 

„Von der Qualität zur Quantität und wieder zur Qualität. "[158]

 

Als leitfadengestütztes Erhebungsverfahren erschien das problemzentrierte Interview in Anlehnung an die Terminologie Mayrings geeignet. Diese Interviewtechnik konzentriert sich auf eine Problemstellung (themenzentriert), die der Interviewer im Hinblick auf den entwickelten Leitfaden erschließt. Der Erhebungsperiode begegne ich mit einem Vorverständnis, weshalb der entwickelte Interviewleitfaden im Kontext mir bekannter Themengebiete, aus theoretischen Erkenntnissen sowie praktischen Erfahrungen, entwickelt wurde.[159] Dieses Erhebungsverfahren bietet sich folglich dort an, wo der allgemeine Gegenstand bereits bekannt ist, jedoch spezifiziert werden soll. Der Leitfaden wird im problemzentrierten Interview grundsätzlich offen gehandhabt. Der Interviewer hat die Möglichkeit, vertiefend nachzufragen. Er kann stets überprüfen, ob er überhaupt verstanden wurde und erzielt dadurch eine stärkere Vertrauensbeziehung zum Interviewenden.[160] Um neue Aspekte der Befragten aufzugreifen, die die Themenstellung vertiefen oder den Gesprächsleitfaden aufrecht erhalten, formulierte ich Ad-hoc-Fragen.[161] So kann der Fragende festlegen, an welcher Stelle des Interviews wieder zu den spezifischen Themen des Leitfadens zurückgekehrt wird, wenn Aussagen auf der Seite des Interviewenden ausschweifen und unrelevant erscheinen.

 

Die Interviews tragen zusätzlich den Charakter der Abfrage von Expertenwissen. Gläser und Laudel fassen den Begriff Experte weit:

 

„'Experte' beschreibt die spezifische Rolle des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachverhalte. "[162]

 

Die drei Interviewadressaten können in ihrer jeweiligen differenten Rolle des Experten in Betracht gezogen werden, um Sachverhalte zu eruieren, zu rekonstruieren und zu interpretieren.

 

Es wird deutlich, dass die Interviews in ihrer Leitfadenbezogenheit subjektive Betrachtungen des Gegenstandes zu erfragen erzielen. Die Verfahrensweise der Datenauswertung erfordert bestimmte Voraussetzungen, die im nachfolgend vorgestelltem Kapitel erläutert werden.

 

3.1.3 Grounded Theory als Bezugsrahmen der Datenauswertung


 

Auf der Suche nach einem sinnvollen Auswertungsrahmen der Interviews habe ich mich für die Grounded Theory nach Glaser und Strauss entschieden. Jedoch kann sich die Auswertung nur an dieser Technik orientieren, denn jede wissenschaftliche Fragestellung bedarf einer differenten Analyse. Hinzu tritt die Tatsache, dass drei verschiedene Interviewleitfäden für die Interviewbefragten Schulmusiker, Musikschullehrer und Musikverbandsmitglied erstellt wurden, deren Auswertung im Kategorienvergleich nicht immer möglich ist, da spezifische Fragestellungen genutzt wurden, um eine möglichst vielfältige Bezogenheit auf den Gegenstand zu gewähren. Mayring unterstützt die individuelle Herangehensweise an die Auswertung der Daten. Es lassen sich

 

„[...] Kombinationen denken, die in einzelnen Analysedurchgängen offenere und inhaltsanalytische Verfahren miteinander verschränken. Das Kriterium sollte in jedem Fall nicht die methodische Machbarkeit, sondern die Angemessenheit der Methode für das Material und die Fragestellung sein. "[163]

 

Im Folgenden soll erläutert werden, inwieweit die Anlehnung an die Methode der Grounded Theory möglich ist. Da sich als erste Datenerhebung das Interview mit dem Musikverbandsmitglied ergab und dieser als Experte des untersuchten Gegenstandes bezeichnet werden kann, den mit der Themenstellung durch jahrelange Erfahrung in der Musikschule und in der allgemein bildenden Schule sowie im Musikverband eine vielfältige Sicht verbindet, stellt dieses Interview den Rahmen der gesamten wissenschaftlichen Befragung. Ausgehend von diesem Interviewleitfaden entwickelten sich die zwei weiteren Interviewleitfäden für die Interviewgruppen Schulmusiker und Musikschullehrer. Die Daten des Experten aus dem Musikverband gingen folglich durch notizartige induktive Konzeptbildung auf die anderen Interviewleitfäden über. An dieser Stelle setzt das Verfahren der Grounded Theory an.

 

Die Grounded Theory ist eine Kunstlehre, die aufgrund freier Regelbarkeit der Kategorisierung unterschiedlich gehandhabt werden kann. Sie setzt auf Vergleichbarkeit mehrerer Untersuchungsdaten und auf permanente Neujustierung und Überprüfung des Forschungsgegenstandes anhand der Forschungsergebnisse. Ziel der Grounded Theory ist nicht eine unabänderliche Verifikation und Falsifikation der wissenschaftlichen Fragestellung, sondern eine Richtungsweisung aus den gewonnenen empirischen Daten für darauffolgende Untersuchungen, was zur ständigen Konzeptüberarbeitung anregt. Als induktives Verfahren erklärt sich die Namensgebung. Grounded Theory ist als gegenstandsbezogene Theoriebildung zu verstehen, deren Ziel es ist

 

„[...] auf der Basis empirischer Forschung in einem bestimmten Gegenstandsbereich, eine dafür geltende Theorie zu formulieren, die aus vernetzten Konzepten besteht und geeignet ist, eine Beschreibung und Erklärung der untersuchten sozialen Phänomene zu liefern. "[164]

 

Der Begriff der Theorie ist im Zusammenhang mit der Fragestellung meiner empirischen Untersuchung idealisiert. Es geht mehr um das Interpretieren der sozialen Phänomene.

 

Die Bildung von Kategorien ist ein wesentliches Werkzeug, um eine Vielzahl von Forschungsergebnissen fassen und vergleichen zu können. Diese Konzeptbildung wird während der Datenerhebung bewusst zugelassen, so dass sich Erhebung und Auswertung überschneiden. Die Daten (in Form von Transkriptionen) werden hierzu auf ihren Bedeutungsgehalt untersucht und mit Bezeichnungen, sogenannten Codes, versehen. Strauss bezeichnet diesen Vorgang als Kodierung.[165] Treten Codes häufig auf, ist dies ein Zeichen für die Stabilisierung eines theoretischen Bezugsrahmens. Um diesen zu bestätigen oder zu dementieren, wird die Methode des Theoretical Sampling genutzt.[166] Der Bezugsrahmen wird durch weitere Untersuchungen modifiziert und vervollständigt. Um Zusammenhänge interpretieren zu können, werden im Verlauf der Datenauswertung Theoretical Memos angefertigt. Diese Merkzettel fördern eine Distanzierung von einer rein deskriptiven Ausführung der Ergebnisse und fördern die Kategorienbildung.[167] Wenn die Überprüfung der Kategorienbildung zu keinen neuen Erkenntnissen führt, ist eine Sättigung eingetreten.

 

Die Auswertung meiner Forschungsergebnisse kann sich an der Grounded...

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