Das Auto hat unser Leben sehr viel angenehmer gemacht. Technikfeindlichkeit speziell gegen das Automobil wäre keine aussichtsreiche Strategie, denn bei den Mobilitätsansprüchen, die heute im Raum stehen, benötigen wir zukünftig eine noch viel exzellentere Technik. Das Auto ist eine der großartigsten Maschinen, die der Mensch je gebaut hat. Es ist ein zunehmend intelligentes, sensormotorisches System mit bereits mehr als 1000 Chips zur Sicherung seiner Funktion und Anpassung an die Fahrerwünsche.
Abbildung 3: Personenverkehr in Deutschland bis 2025
(vgl. VDA Jahresbericht 2009, S. 98)
Es lohnt sich, unter Wertschöpfungsaspekten einmal zu bedenken, wie nützlich ein Auto ist. Mobil sein bedeutet für die Menschen ein hohes Maß an Freiheit und Lebensqualität für den Weg zur Arbeit, im Berufsleben und in der Freizeit. Handel und Gewerbe sind existenziell darauf angewiesen, dass der Verkehr mit Gütern und Personen möglichst reibungslos funktioniert.Ohne Mobilität bleibt man abhängig von räumlichen Monopolen und muss zu überhöhten Preisen einkaufen oder beim einzigen Arbeitgeber am Ort zum Niedriglohn arbeiten. Das Automobil hilft in schwach strukturell entwickelten Gebieten bezüglich Massenverkehr, weite Regionen verkehrsmäßig zu erschließen und zu befrieden.
Viele Menschen leben in so genannten „Schlafstädten“ rund um die großen Industriemetropolen, die, um zur Arbeit zu gelangen, auf das Auto angewiesen sind. Darüber hinaus können Unternehmen ihre Arbeitszeiten mit unterschiedlichen Arbeitsmodellen viel variabler gestalten. Viele Unternehmen setzen von ihren Mitarbeitern räumliche und zeitliche Flexibilität voraus. Dazu ist in vielen Fällen ein eigenes Auto notwendig, um durch höhere Mobilität attraktive Arbeitsplätze erreichen zu können. Das Auto bringt Arbeit und Mensch zusammen. Ihre soziale Funktion hat die Mobilität dadurch, dass sie die Chancen der Teilhabe an den sozialen Grundbedürfnissen der Menschen verbessert und angleicht. Ohne Mobilität blieben diese Chancen ungleich verteilt.
Nehmen wir als Beispiel eine Mutter mit zwei Kindern, die irgendwo draußen vor der Stadt wohnen. Im Gegensatz zu Kindern in der Stadt, die überall problemlos die öffentlichen Verkehrsmittel in die Schule oder zum Klavierunterricht nehmen können, sind die Kinder in abgelegenen Orten auf dem Land auf das Auto angewiesen. Nur so haben sie die gleichen Möglichkeiten wie ihre Altersgenossen in der Stadt. Durch die individuelle Mobilität haben alle Menschen auch in den entferntesten und weit abgelegenen Ecken des Landes die gleichen Chancen bezüglich Aus- und Weiterbildung von Kindesalter bis ins hohe Erwachsenenalter (Lernen ein Leben lang). Das Auto unterstützt Familien, wie auch ältere Menschen beim täglichen Einkauf und bei Besorgungen. Es kann riesige Mengen von A nach B transportieren. Ohne Auto ist das alles kaum noch vorstellbar.Wie könnte das alles ohne Auto funktionieren, wenn man nur die menschliche Kraft zur Verfügung hätte.
Das Auto macht das Leben angenehmer. Wir überlegen nicht lange, ob wir einen Besuch machen wollen und wie wir dort hin kommen können. Das Auto fährt uns in den Urlaub, zum Sonntagnachmittags Picknick oder abends zum Sport. Der Freizeitwert hat sich durch das Auto enorm gesteigert und kurbelt damit wiederum andere Industriezweige an. Mobilität verbessert die Lebenschancen eines jeden Einzelnen von uns in ungeahntem Ausmaß. Je größer unser räumlicher Aktionsradius ist, desto mehr Auswahlmöglichkeiten haben wir an Arbeits-, Bildungs-, Einkaufs- und Freizeitangeboten. Mobilität der Gesellschaft ist auch künftig wichtige Voraussetzung für Fortschritt, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung.
Laut Jacques Neirynck, einem Technikphilosoph belgischer Abstammung wäre eine zukünftige stabile Welt, mit einer Ökonomie, die weitgehend auf erneuerbaren Ressourcen basiert, die ihre Rohstoffe sehr effizient und effektiv einsetzt, deren Stoffwechselprozesse mit ihrem Biotop langfristig und nachhaltig angelegt sind und die somit im Einklang mit ihrer Umwelt lebt, durchaus denkbar (vgl. Radermacher, et al., 2009 S. 49 zit. n. Neirynck).
Lt. Neirynck, hat das Mittelalter als Höhepunkt einer Entwicklung von vielen Millionen Jahren ein leistungsfähiges technisches System hervorgebracht, das sich praktisch ausschließlich aus regenerativ erzeugter Energie speiste. Ob Wasser– oder Windmühlen, ob Holz zum Heizen oder tierische Zugkraft – alle diese Energiequellen sind solaren Ursprungs und er spricht dabei von ökologischer Perfektion innerhalb eines technischen Systems. Dieses mittelalterliche System war ein riesiger Fortschritt, aber es blieb stets im Rahmen erneuerbarer Energien, es lebte vom Fluss der Ressourcen, nicht von der Nutzung endlicher Depots (vgl. Radermacher, et al., 2009 S. 36 zit. n. Neirynck).
Das Club of Rome Mitglied Rademacher bringt in seinem Buch Welt mit Zukunft einen sehr treffenden Vergleich der Welt mit der Osterinsel im Pazifik: Er beschreibt, wie am Ostersonntag des Jahres 1722, der niederländische Seefahrer Jacob Roggeveen im Pazifik eine völlig abgelegene und verwüstete Insel entdeckte. Die Ufer waren von riesigen Statuen gesäumt, manche von ihnen so hoch wie ein fünfstöckiges Haus. Viele der Statuen waren umgeworfen, nur noch wenige Einwohner führten ein kümmerliches Dasein auf einem baumlosen Geröllhaufen am Ende der Welt. Die Insel gab lange Zeit Rätsel auf. Mittlerweile haben Wissenschaftler das Rätsel der Osterinsel in einem akribischen Puzzlespiel gelöst. Eintausend Jahre bevor die Insel wiederentdeckt worden war, hatte sie Vorfahren der Polynesier mit offenen Booten erreicht und besiedelt. Zu dieser Zeit waren weite Teile der Insel noch mit üppigem Wald bedeckt. Aus den Baumstämmen fertigten die Bewohner Kanus und machten Jagd auf Delphine und Tunfische. Und aus der Rinde wurden Seile gedreht. Mit ihrer Hilfe schafften es jeweils 500 Bewohner, die bis zu 90 Tonnen schweren Kultfiguren zu bewegen. Holzbalken dienten dabei als Schlitten. Die Bewohner der Osterinsel bauten weiter an ihren imposanten Figuren bis der Wald gänzlich dahin geschmolzen war. Damit verschwanden die Seevögel, Regenwasser floss nun ungehindert über die Insel und der Boden wurde ausgelaugt. Holzstämme, die man für den Kanubau hätte verwenden können, gab es nicht mehr. Die Zivilisation der Osterinsel brach zusammen und in der Folge kam es zu Hungersnöten und Kannibalismus. Rademacher schreibt weiter, dass die Parallelen zwischen der Osterinsel und der Welt auf der Hand liegen, denn beide sind isoliert, ob im Pazifik oder im Weltraum. Die Erde ist darüber hinaus ein abgeschlossenes materielles System, das seine Energie von außen bezieht, nämlich von der Sonne. Welche Auswirkungen die Eingriffe des Menschen in die komplexen und lebenserhaltenden Regelwerke der Natur letztendlich haben, weiß niemand so genau (vgl. Radermacher, et al., 2009 S. 61-62).
Die Wachstumsrate der wirtschaftlichen Aktivitäten in den industrialisierten Teilen der Welt beschleunigte sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts dramatisch. Zugleich wurde die Form dieser Aktivität wie zum Beispiel die Zunahme der Industrie und der relative Rückgang der Landwirtschaft viel CO2-intensiver.
Seit Beginn der ersten industriellen Revolution wurden Jahr für Jahr mehr Treibhausgase ausgestoßen, als der Planet absorbieren kann, vor allem während des schnellen und energieintensiven Wachstums der letzten 60 Jahre. Die drei Effekte – Wachstum, Industrialisierung und Kohlenstoffverbrauch – haben zusammen den Anstieg der Treibhausgasemissionen bewirkt. Eine Fortsetzung der gegenwärtigen Praxis wird uns bis zum Ende dieses Jahrhunderts dahin führen, dass in den folgenden Jahrzehnten eine globale Erwärmung um 5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter wahrscheinlich ist. Temperaturanstiege in dieser Höhe werden das Klima und die Umwelt so schwer in Mitleidenschaft ziehen, dass es massive Migrationsbewegungen, globale Konflikte und schwere Verwerfungen und Härten geben wird. Die beiden größten Probleme unserer Zeit, die Überwindung der Armut in den Entwicklungsländern und die Bekämpfung des Klimawandels sind unauflöslich miteinander verbunden. Ein Scheitern beim einen wird die Anstrengungen zur Lösung des anderen untergraben (vgl. Stern, 2009 S. 19-33).
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung wurde 1992 auf der Konferenz für Entwicklung, Nachhaltigkeit und Umwelt in Rio de Janeiro entwickelt und erarbeitet. Dabei stehen die drei Ziele Ökologie, Ökonomie und Soziales im Vordergrund. Alle drei Ziele müssen im Einklang mit der Natur stehen. Zu dieser Umweltstrategie haben sich mehr als 150 Regierungen verpflichtet.
Abbildung 4: Konferenz in Rio de Janeiro 1992 der Vereinten Nationen
Ansprache des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl
(vgl. Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, o.J.).
Seit 1992 hat sich sehr viel hin zu einer besseren, nachhaltigen Welt geändert: Autos sind sparsamer geworden, die...