Das Entstehen und Beenden von Partnerschaften gehört zu den wenigen Themen des Lebens, die mit großer Aufmerksamkeit von Menschen verfolgt werden. Anhand von zahlreichen Beispielpaaren in der Öffentlichkeit und fiktiven Liebesgeschichten in Form von Spielfilmen, Serien, oder sonstigen Unterhaltungsangeboten bieten die Medien ein breites Sortiment, das vom interessierten Zuschauer dankend angenommen wird. Aber auch im eigenen Umfeld werden Anfang und Ende von Paarbeziehungen intensiv beobachtet und thematisiert. Die Alltagspsychologie greift dieses Interesse auf und bedient ihr Publikum mit Erklärungsansätzen, beginnend beim Zustandekommen bis hin zum Scheitern von Partnerschaften. (vgl. Asendorpf, Banse, 2000, S. 44)
Im Folgenden möchte ich auf einige Fragestellungen bezüglich der Partnerwahl näher eingehen:
Sucht der Mensch sich bewusst einen Partner, der ihm ähnlich ist?
Wie wichtig ist dem Suchenden die Attraktivität des Gegenübers?
Woher kommt der Wunsch nach einer Partnerschaft?
Was ist Liebessehnsucht?
Es stellt sich die Frage, ob sich die Partnerwahl eher auf Ähnlichkeiten oder Unterschiede zum Gegenüber konzentriert. Hierzu gibt es zwei gegensätzliche Sprichwörter, zum einen „Gleich und gleich gesellt sich gern.“, zum anderen „Gegensätze ziehen sich an.“. Die umfangreiche Literatur zur Partnerwahl bietet viele Ansätze einer möglichen Erklärung, unterschiedliche Untersuchungen und Studien mit ebenso sich widersprechenden wie auch übereinstimmenden Ergebnissen. Viele Abhandlungen stellen fest, dass sich Gleichartigkeiten der Partner bezüglich sozialer Schicht, kulturellem Hintergrund, Religion, Weltanschauung, Einstellungen, Interessen und Gewohnheiten signifikant häufen. (vgl. Willi, Die Zweierbeziehung, 1999, S.179 f.)
Unklar ist jedoch, womit die Gleichartigkeit bezüglich der sozialen Schicht genau zusammenhängt. Wird die Anziehung dadurch ausgeübt, dass die Partner sich in ihrem sozialen Umfeld ähneln, oder liegt es daran, dass die Menschen sich im Beruf und in der Freizeit in einem sozialen Milieu aufhalten, in dem sie unausweichlich eher auf Menschen treffen, die ihnen charakterlich ähnlich sind? Man muss sich abschließend vor dem Hintergrund eines gemeinsamen sozialen Milieus vergegenwärtigen, dass man für zahlreiche Merkmale positive Übereinstimmungen zwischen Partnern finden würde, auch dann, wenn die Partnerwahl scheinbar vollkommen zufällig wäre. (vgl. Asendorpf, Banse, 2000, S. 45)
Es bleibt zu klären, ob die Ähnlichkeiten zwischen den Partnern hauptsächlich von Beginn an existieren, oder ob sich die Partner im Laufe der Beziehung zudem immer ähnlicher werden. Caspi, Herbener und Ozer (1992) untersuchten empirisch für politische, ästhetische und religiöse Werte, ob sich Ehepaare im Verlauf von 20 Jahren ähnlicher wurden. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Paare sich zwar nicht ähnlicher, aber ebenso nicht unähnlicher wurden. Die angleichende Wirkung des gemeinsamen Umwelteinflusses sorgt nämlich dafür, dass zwischen den Partnern ein gleich bleibendes Level der Ähnlichkeit bestehen bleibt. Gäbe es diesen geteilten Einfluss nicht, könnte man davon ausgehen, dass „die Paare aufgrund der relativ geringen Stabilität von Werten und Einstellungen über den langen Untersuchungszeitraum im Mittel auseinanderdriften würden“. (Asendorpf, Banse, 2000, S. 46) In experimentellen Daten zur Einstellungsähnlichkeit lässt sich finden, dass nicht die Ähnlichkeit als Positivkriterium den Entscheidungsfaktor bildet, sondern vielmehr die Unähnlichkeit als Negativkriterium zur Ablehnung führt. Das heißt, dass nicht aktiv nach ähnlichen Partnern gesucht wird, sondern in erster Linie extrem unähnliche Partner vermieden werden.
Ein ebenfalls wichtiges Kriterium im Prozess der Partnerwahl ist die Attraktivität des Anderen. Ziel ist es, ein möglichst attraktives Gegenüber zu gewinnen. Es ergibt sich fast automatisch, dass beide Partner ähnlich attraktiv sind, schließlich tendieren die Menschen dazu, einen deutlich unattraktiveren potentiellen Partner zurückzuweisen, ebenso wie sie selbst von einem deutlich attraktiveren zurückgewiesen werden.
Zusammenfassend lassen sich drei Ursachen für die Ähnlichkeit zwischen zwei Menschen in einer Paarbeziehung festhalten: eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, eher ähnliche als unähnliche potentielle Partner kennen zu lernen, deutlich unähnliche Partner gezielt zu vermeiden, und vergleichbar attraktive Partner zu suchen. (vgl. Asendorpf, Banse, 2000, S. 46)
Unabhängig der Partnerähnlichkeit oder sonstiger aufkommender persönlicher Wahlkriterien kann insbesondere die Sehnsucht des Menschen nach Zweisamkeit beim Thema Partnerwahl nicht außer Acht gelassen werden. Unser heutiger Bezug zum Sehnen ist eher gering, wird oftmals als kitschig empfunden, ganz im Gegensatz zu den früheren Jahrhunderten, in denen Minnesänger, Dichter, bildende Künstler und Musiker das Liebessehnen als Kultur schaffende Kraft positiv verstanden und ausdrückten. In der Epoche der Romantik wurde die Sehnsucht mit einer Hingabe und Intensität dargestellt, die in der heutigen Zeit nur noch schwerlich denkbar ist. (vgl. Willi, 1991, S. 29) Es schließt sich die Frage an, ob Sehnsucht in der heutigen Zeit überhaupt noch existiert, oder ob sie ihre Sprache verloren hat. Grund für letzteres könnte sein, dass die Gesellschaft auf das Anstreben von Machbarem abzielt, Sehnsucht nach Liebe hingegen kann bedeuten, sich in Träumen zu verlieren, für Unerfüllbares zu kämpfen und dabei seine ganze Kraft für die eigentliche Realität zu verlieren. Liebessehnen steht dem Leitbild des autonomen, selbstständigen modernen Menschen von heute im Wege. Und trotzdem gibt es den tief verwurzelten Wunsch nach Aufgehobensein, der im Liebessehnen seinen Ausdruck und seine Begründung findet. (vgl. Willi, 1991, S. 30)
Die Sehnsucht nach Aufgehobensein ist für das Bewusstsein nicht so leicht zugänglich und liegt tiefer verankert als persönliche Wertvorstellungen und Wünsche an den Partner im Sinne von Verstandenwerden, Umsorgung oder Zärtlichkeit. Das Aufgehobensein geht über diese Vorstellungen hinaus, das Verlangen nach vollkommener Geborgenheit, aber auch nach Auflösung körperlicher Grenzen, völligem Ineinander- Versinken kommt hierbei zum Ausdruck. Der Wunsch danach, in seinem innersten Kern erkannt zu werden, die Lust in ewiger Umarmung zu verweilen, entsteht entgegen jeglicher alltäglicher Struktur des Lebens. Der Zustand höchsten Glücks, in dem man mit einem Menschen so eng verbunden ist, ereignet sich raumlos und ohne jegliches Gefühl für Anfang und Ende. Die Liebenden genügen sich selbst, glauben, alles voneinander zu wissen und zu verstehen, ihre Vereinigung trägt die volle Erfüllung in sich. Dieses Sehnen nach dem Aufgehen in einem größeren Ganzen geht zurück auf die Geborgenheit des frühesten Lebens und erstrebt ein symbiotisches Zusammensein, ähnlich der frühen Symbiose zwischen Mutter und Kind. Solch eine Sehnsucht scheint in jedem Menschen zeitlebens verankert. Oftmals unbewusst kann die Erfüllung auch durch andere Formen als durch eine Partnerschaft angestrebt werden, beispielsweise durch das völlige Versinken in kreativen Tätigkeiten, in Meditation oder Gebet. Eine intensive Beziehung zwischen Eltern und Kind, oder auch die Glückseligkeit unter Drogeneinfluss können ebenfalls eine Möglichkeit sein, die Erfüllung zu erzielen. Auf der anderen Seite kann das Verdrängen und Überspielen der Sehnsucht dazu führen, dass der wirkliche Zutritt zum wahren innersten Kern eines Menschen verwehrt bleibt. So oder so lässt sich die Existenz der Liebessehnsucht beim Menschen aber nicht anzweifeln, sie treibt ihn immer wieder dazu, sich mit einem Du verbinden zu wollen. (vgl. Willi, 1991, S. 34 f.)
Der Blickkontakt zwischen zwei Menschen kann als Einladung zur Versenkung in die absolute Liebe dienen. Wenn zum Beispiel eine von zwei Personen beginnt, den Blick des Gegenübers festzuhalten, ihn mit seinen Augen zu fesseln -dies kann in jeder vorstellbaren Alltagssituation stattfinden- und der andere den Blick erwidert, dann initiiert der Blickkontakt eine konkrete Liebesbeziehung. „Nur mit und in den Augen sehen wir den Anderen, und zugleich sehen wir, wie er darauf reagiert, von uns gesehen zu werden.“ (Revenstorf, 2008, S. 43) Die beiden erkunden sich zunächst schüchtern, sie wägen eine mögliche Beziehung miteinander ab, sind jedoch erst einmal vorsichtig und jederzeit bereit, wieder zu einer sachlichen Gesprächsebene zurück zu kehren. Die Verbindlichkeit des gesprochenen Wortes fehlt bei der Sprache des Blicks. Diese Spannung respektive lustvolle Herausforderung, sich im Blickkontakt die Stirn bieten zu können, bringt eine starke Anziehung mit sich, die oftmals gar nicht benannt werden kann. Wenn die beiden nach der Anziehung der ersten Begegnung gefragt werden, führen sie häufig Banalitäten an, weil sich die starke Anziehung selbst kaum erörtern und erklären lässt. (vgl. Limacher, Willi, 2005, S. 22 f.)
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