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E-Book

Unfallverhütung bei Aussetzvorrichtungen und Rettungsbooten

AutorOliver Hank
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783640666065
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Nautik, Note: 1,1, Hochschule Bremen, Sprache: Deutsch, Abstract: Hintergrund der vorliegenden Diplomarbeit ist die hohe Anzahl von Rettungsbootsunfällen während der Übungen in den vergangenen Jahren. Statistiken zeigen eindeutig, dass es vor allem vollständig geschlossene, seitlich aussetzbare Rettungsboote sind, die an Vorfällen beteiligt waren. Aus diesem Grund werden Aussetzvorrichtung und Rettungsboot in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise im Hinblick auf die Schwachstellen näher erklärt. Unter Zuhilfenahme von Untersuchungen und eines aktuellen Beispiels werden verschiedene Unfallursachen erläutert. Grundlegendes Problem ist die Konstruktion des Heißhakens und das Auslöseprinzip. Last, die auf die Heißhaken wirkt, wird an Bauteile weitergeleitet, die nicht dafür ausgelegt sind. Dies hat Fehlfunktionen bis hin zum Unfall zur Folge. Unzureichende War-tung und Instandhaltung, basierend auf einer mangelhaften Ausbildung, bilden die zweite Hauptunfallursache. Basierend auf diesen Gründen werden Maßnahmen zur Unfallverhütung beschrieben. Ziel ist es, Wartung und Instandhaltung mit Hilfe von entsprechenden Richtlinien zu standardisieren. Arbeiten sollen ausschließlich von zertifizierten Fachkräften mit Hilfe von detaillierten Handbüchern des Herstellers durchgeführt werden. Diese Unterlagen sollten sich ständig auf dem Schiff befinden und dienen unter anderem auch der gründlichen Vorbereitung der Übungen durch den Offizier. Die Reederei hat eine Übung mit ihren Mitteln zu unterstützen und im Rahmen des Sicherheitsmanagement-Systems genaue Anweisungen zur Durchführung einer Rettungsbootsübung zu machen. Heißhaken die über keine ausreichend hohe innewohnende Sicherungsstabilität verfügen, sollen mit Absturzsicherungen versehen werden, bis der Haken ersetzt werden kann. Zukünftig werden neue Modelle von Heißhaken auf den Markt kommen, die höheren Sicherheitsstandards genügen. Hersteller werden verpflichtet ihre Produkte nachzurüsten oder auszutauschen, wenn diese unsicher sind. Die Fehler- Möglichkeits- und Einflussanalyse bietet hier einen Ansatz zur Evaluierung der verschiedenen Typen. Die Ergebnisse der Beurteilungen sollen in eine internationale Datenbank eingespeist werden. Dies ist ein erster Schritt zu mehr Transparenz und Standardisierung des Auslösesystems. Einen Ausblick, wie ein Heißhaken zukünftig funktionieren kann, bietet das 'Triple 5' Modell. Dieser zeichnet sich durch eine hohe Sicherungsstabilität und Zuverlässigkeit aus.

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Leseprobe

3 Aussetzvorrichtungen


 

Unfälle mit Rettungsbooten sind oft auf mangelnde Vertrautheit und fehlendem Fachwissen mit den Aussetzvorrichtungen zurück zu führen. In diesem Kapitel werden vornehmlich Schwerkraft - Davit-Anlagen auf Frachtschiffen beschrieben, da diese zum seitlichen aussetzen von Rettungsbooten verwendet werden. Die Anlagen werden in Aufbau und Bedienung erklärt. Zum besseren Verständnis des angeführten Beispiels in Kapitel 5 wird hier der Schwerpunkt auf den Drehpunktdavit gelegt. Der Schluss dieses Abschnitts behandelt die Inspektion und Prüfung der Davitanlagen.

 

3.1 Davitanlagen


 

Davitanlagen können in ihrer Bauweise sehr unterschiedlich sein. Das letzte Jahrhundert hat verschiedene Systeme hervorgebracht, die nun kurz vorgestellt werden. Es kann grob zwischen Schwenkdavit, Klappdavit und Schwerkraftdavit unterschieden werden.[83][84]

 

Bei Klappdavitanlagen unterscheidet man zusätzlich zwischen einem Spindeldavit und einem Quadrantdavit auch Segmentdavit genannt.[85] Berühmtes Beispiel für den Einsatz von Quadrantendavits ist die Titanic. Hier wurden 32 solcher Anlagen aufgestellt. Die Davitarme des Spindel- bzw. auch Quadrantdavits werden durch Betätigung einer Handkurbel, die die Kraft auf ein Schneckengetriebe überträgt, in die entsprechende Richtung bewegt.[86] Klappdavitanlagen werden für Rettungsboote heute nicht mehr eingesetzt.

 

Traditionelle Schwenkdavitanlagen kennt man kaum noch. Vor dem Ausschwingen musste das Boot, welches auf den Bootsklampen ruhte, vorgeheißt werden, um dann durch die senkrechte Drehung der Davitachsen ausgeschwungen zu werden. Dies kostete im Notfall zu viel Zeit und entspricht ebenfalls nicht mehr dem heutigen Standard.[87]

 

Auf den modernen Handelsschiffen kommen nur noch zwei Davit - Typen zum Einsatz, die mit Hilfe der Schwerkraft ein Rettungsboot seitlich aussetzen können. Es wird unterschieden zwischen einem Drehpunktdavit[88] (engl.: pivot davit) und einem Rollbahndavit (engl.: rollertrack davit).[89] Die Unterscheidung wird auf Grund der ausgeführten Bewegung der Davitarme beim Aussetzen getroffen.

 

Etwas aus dem Rahmen fällt die Davitanlage, die mit einem „Stored Power System" arbeitet. Es gibt zahlreiche verschiedene Konstruktionen. Eine besondere ist der Teleskopdavit. Hier wird mit 2 oder mehr Hydraulikaggregaten und einer Speichereinheit gearbeitet. Die gespeicherte hydraulische Energie dient zum Aus- und wieder Einfahren der Davitarme.[90] Das Rettungsboot wird wie üblich mittels Schwerkraft gefiert. Teleskopdavitanlagen findet man häufig auf Fahrgastschiffen.[91][92]

 

3.2 Drehpunktdavit


 

Der Aufbau und die Bedienung eines Drehpunktdavits sind den Vorschriften entsprechend einfach gestaltet. Die Davitarme schwingen das Rettungsboot in einem Arbeitsgang aus. Dies macht den Davit besonders zuverlässig und robust. Der Drehpunktdavit verfügt über folgende Bauteile: Drehpunkt

 

 

Die folgenden Abbildungen 2 und 3 zeigen den Aufbau einer Drehpunktdavitanlage.

 

 

Abbildung 2: Seitenansicht eines Drehpunktdavits[93]

 

 

Abbildung 3: Frontalansicht eines Schwerkraftdavits'[94]

 

3.2.1 Bedienung eines Drehpunktdavits


 

Das Rettungsboot hängt zunächst in seiner Stauposition an der Bootstalje. Der Bootstaljenblock hängt wiederum an einem hakenförmigen Zapfen (engl.: davit horn) oben am Davitkopf, um so die Bootsläufer (engl.: boat falls) des Davitpaars nicht ständig zu belasten.[95] Seitlich liegt das Rettungsboot auf den mit Gummi oder Kunststoff belegten Bootsklampen[96][97], die am Davit angebracht sind, auf. Durch   Bootslaschinge[98] (engl.: gripes, trigger lines), auch Zurrseile genannt, die je über einen waagerechten Poller (engl.: gripe bollard) vorne und achtern am Boot geführt werden, wird das Rettungsboot fixiert.[99] Es ist ebenso Praxis, die Bootslaschinge über das Dollbord zu legen, wenn entsprechende Halterungen am Boot installiert sind. Spannschrauben (engl.: turnbuckles), die an einem Ende der Laschings befestigt sind, halten die Stahldrähte straff.

 

 

Abbildung 4: Führung des Bootslasching über das „Dollbord"[100]

 

Um ein schnelles Lösen der Bootslaschinge vorn und achtern vor dem Aussetzen zu ermöglichen, sind sie mit einer Slipvorrichtung versehen. Die Slipvorrichtung besteht im Allgemeinen aus einem Sliphaken (engl.: slip hook, trigger hook) in dem das andere Ende des Laschings eingehängt ist. Durch entfernen eines Sicherungsstiftes wird der Haken gelöst und der Lasching kann entfernt werden.[101] Bevor das Rettungsboot ausgesetzt wird, sollte man sich immer vergewissern, dass die Zurrungen nicht nur gelöst, sondern auch zur Seite gelegt wurden. Allgemein sind Slipvorrichtungen je nach Hersteller unterschiedlich aufgebaut, entsprechen aber immer dem Grundsatz einer schnellen und unkomplizierten Auslösung.

 

Die Abbildung 5 zeigt eine Kombinierung von Davitarmsicherung und Sliphakenauslösung. Wird der Sicherungsstift von der Davitarmsicherung entfernt, löst sich gleichzeitig automatisch der Sliphaken für den Bootslasching.[102]

 

 

Abbildung 5: Lösung der Davitarmsicherung und des Sliphakens (rechts)[103]

 

Sofern beide Sicherungsstifte vorn und achtern entfernt wurden, wird das Rettungsboot nur noch durch die Bremse der Winde gesichert. Hier befindet sich ebenfalls ein Sicherungsstift, der zu entfernen ist.

 

 

Abbildung 6: Entfernung des Sicherheitsstiftes der Bremse[104]

 

Nachdem alle 3 Sicherungsstifte entfernt sind, ist die Davitanlage bereit, das Boot auszuschwingen. Es gibt insgesamt 3 Möglichkeiten, dies zu tun. Die einfachste Methode ist, direkt mit der Bremse zu arbeiten, da hier am besten eingeschätzt werden kann, wann das Boot tatsächlich ausschwingt. Die beiden anderen Möglichkeiten beziehen sich auf den Fierdraht (engl.: remote control wire). Ein Fierdraht ist ein Stahldraht, der direkt mit der Bremse verbunden ist und als Fernbedienung fungiert. Der Draht wird über Umlenkrollen ins Rettungsboot geleitet, so dass der Steuermann die Möglichkeit hat, vom inneren des Bootes aus die Bremse zu bedienen und somit das Boot auszuschwingen.[105]

 

 

Abbildung 7: Verlauf des Fierdrahtes hin zum Bremshebel[106]

 

Der andere Fierdraht befindet sich direkt an der Winde. Mit ihm kann ebenfalls die Bremse bedient werden, um so das Rettungsboot ständig im Blick zu haben.

 

Löst man nun die Bremse, bewegen sich beide Davitarme mit dem Rettungsboot nach vorne. Es ist besonders wichtig, das Ausschwingen bis zur Endlage der Davitarme ohne Unterbrechungen durchzuführen. Jedes Stoppen würde das Rettungsboot in eine Pendelbewegung versetzen, was zu Beschädigungen führen kann.[107]

 

Durch das Ausschwingen kommt nun der Bootstaljenblock frei vom Zapfen und das Rettungsboot könnte zu Wasser gefiert werden.

 

 

Abbildung 8: Davitkopf mit eingehängtem Bootstaljenblock im Zapfen [108]

 

Das Rettungsboot hängt nun in den Bootsläufern über dem Wasser. Heutige Rettungsboote auf Frachtschiffen, die mit Hilfe von Davitanlagen zu Wasser gelassen werden, müssen in der Stauposition über eine Einbootungsvorrichtung bemannt werden können.[109] Dies erspart Zeit und minimiert das Risiko, beim Anbringen der Beiholer Verletzungen zu erleiden. Eine andere, sichere Alternative zum Bemannen des Rettungsbootes bietet die Einbootungsleiter.

 

Die dritte Möglichkeit, ein Rettungsboot besteigen zu können, ist das Anbringen von Beiholern. Das Rettungsboot wird bis auf die Höhe des Einbootungsdecks gefiert, um es dann mit den Beiholern an die Bordwand zu ziehen und es gleichzeitig ruhig halten.[110] Diese eher traditionelle Methode wird noch häufiger bei offenen oder nur teilweise geschlossenen Rettungsbooten durchgeführt.

 

 

 

Die folgende Abbildung 9 zeigt die Einzelteile einer Beiholtalje (engl.: Bowsing in tackle) und eines Feststanders (engl.: Tricing pendant, Steel wire pendant) auf.

 

 

Abbildung 9: Einzelteile der Beiholtalje und des Feststanders[111]

 

1. Feststander

2. Kettenvorlauf

3. Bootstaljenblock

4. Bootsläufer

5. Auslösehebel für Sliphaken

6. Sicherung für Auslösehebel

7. Bootsheisshaken 7. Heißplatte

9. Block mit Pollern zum Belegen und Fieren des Läufers

10. Läufer der Beiholtalje

11. Block zum Einhaken am Schiff

12. Festpunkt am Schiff unter Last

13. auslösbarer Sliphaken für den Feststander

 

Nach dem Besetzen des Rettungsboots und ggf....

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