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Der Shitstorm: Die neue Macht der Konsumenten durch Social Media

Die Auswirkungen auf die Kommunikationsstrategien von Unternehmen

AutorAndreas Naber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl61 Seiten
ISBN9783656374985
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Offline-Marketing und Online-Marketing, Note: 1,7, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Veranstaltung: Wirtschaftskommunikation | Marketing | Social Media, Sprache: Deutsch, Abstract: Unternehmens- und Kundenkommunikation in den sozialen Netzwerken ist aus dem heutigen Kommunikations-Mix nicht mehr wegzudenken. Die wechselseitige Kommunikation mit dem Konsumenten hat jedoch nicht nur Vorteile. Aktuell zeigen sich immer öfter auch die Negativaspekte dieser Kommunikationsform und stellen Unternehmen vor neue Anforderungen in ihrer Kommunikation. Sie geschieht nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern öffentlich in Echtzeit und erfordert eine spezifische Krisenkommunikation der Unternehmen. Sie sind nun gezwungen Reaktionsstrategien zu entwickeln, Risiken richtig zu bewerten, aber auch im Vorfeld proaktiv zu agieren, um auf Augenhöhe mit den Konsumenten zu kommunizieren und adäquat zu handeln. Diese Bachelorarbeit behandelt das Phänomen des Shitstorms. Unlängst zum Anglizismus des Jahres 2011 gewählt, beschreibt dieser die öffentliche Entrüstung und negative Meinungsbildung im Internet gegenüber Unternehmen; verbreitet über soziale Netzwerke. Schwerpunkt der Arbeit ist die Begriffserklärung, Darstellung und Analyse des Shitstorm im Social Web anhand jüngster Fallbeispiele. Aus dem Blickwinkel des Unternehmens werden dann die angewandten Strategien der Krisenkommunikation im Social Web untersucht. Corporate and customer communications in social networks is an essential part of today's communication mix. But, the two-way communication with the consumer has not only advan-tages. Currently showing more and more often the negative aspects of this communication and companies introduce new requirements in their communication. It does not happen behind closed doors but in public in real time and requires a specific crisis communications. They are now forced to develop gene response strategies, but also in the run-up to act proactively in order to communicate on an equal level with the consumer. This bachelor thesis deals with the phenomenon of Shit Storms. Recently elected to the angli-cism of 2011, it describes the public outrage and negative opinion on the Internet with regard to companies, spread across social networks. Focus of this work is the concept of introduction, and analysis of the social web Shitstorm based on recent case studies. The work also focuses on strategies against Shitstorms, based on social media crisis communications.

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Leseprobe

5 Der Shitstorm – Der Social Media Brandbeschleuniger


 

Wer heute als Unternehmen oder Marke eine Fanpage auf Facebook betreibt oder aber im Rahmen der Kundenkommunikation twittert, muss damit rechnen, dass Kunden kommunizieren wollen und dies auch tun. Dieser direkte Austausch zwischen dem Sender und Empfänger birgt aber nicht nur Vorteile für die Unternehmen. Immer öfter fungieren diese Netzwerke auch als Rücklaufkanal für gerechtfertigte aber auch ungerechtfertigte Negativäußerungen von den Nutzern resp. Kunden. In Zeiten von Social Media haben sich die Spielregeln in der Krisenkommunikation geändert. Ein Shitstorm trifft ein Unternehmen meist unvorbereitet, unbedachte, vielleicht sogar falsche Reaktionen können eine bereits negative Stimmung sogar noch mehr aufheizen. [76] Alleine im Zeitraum vom 01. Bis 08. August 2012 wurden große Unternehmen wie H&M, , Deutsche Bahn, Vodafone, McDonalds oder Sportvereine wie Weder Bremen Ziele von gewaltigen Shitstorms, deren Reichweite auch bis in die klassischen Medien (TV und Print) reichte und auch noch Tage später für Gesprächsstoff in den Fachmedien sorgte[77]. Ein Shitstorm findet immer mehr Anhänger, die Verbreitung innerhalb der sozialen Netzwerke erfolgt immer schneller. Das unsachliche Pöbeln wird immer mehr zum Volkssport innerhalb bestimmter Gruppen von Usern. Es werden gezielt Unternehmen ausgesucht und mit virtuellen Pöbelattacken angegriffen. 

 

5.1 Mögliche Definition


 

Aufgrund der thematischen Aktualität lässt sich noch keine kommunikationswissenschaftliche Definition des Shitstorm finden. In der Fachliteratur existieren aber Definitionen die ihren Ursprung in der kommunikativen Praxis der Public Relations und des Social Media- bzw. Community Managements haben und über die entsprechend theoretische Relevanz für diese Arbeit verfügen.

 

Für den Begriff „Shitstorm“ kursiert im Netz eine Anzahl unterschiedlicher Definitionen. Die Plattform News & Publikationen (2012) definiert den Begriff in folgender Weise: „Ein (Social Media-) Shitstorm bezeichnet im deutschen Sprachraum pseudoenglisch das Web-2.0-Phänomen plötzlicher, massenhafter und kritischer Beiträge über eine juristische oder natürliche Person. Häufig sind die Beiträge emotional, anklagend und negativ oder auch sarkastisch.“[78]

 

Im allgemeinen bezeichnet der Shitstorm ein Internet-Phänomen bei dem eine Vielzahl an Nutzern bzw. Kunden über die sozialen Netzwerke und Blogs, kommunikativ, gezielt und vor allem öffentlich Kritik an einem Unternehmen oder aber auch Produkt ausüben. Er definiert sich also über eine rapide ansteigende Anzahl von negativ geprägten Tweets, Blogbeiträgen oder -kommentaren und Facebook-Meldungen.[79] Dabei beschränkt er sich jedoch nicht nur auf die Unternehmenskommunikation, sondern ist auch in der Politik sowie Gesellschaft zu finden und weitet den Wirkungskreis auch auf Personen des öffentlichen Lebens, Parteien, Verbände bzw. Privatpersonen aus. Letztere sollen aber in diesem Kapitel nicht tiefergehend betrachtet werden.

 

Hervorzuheben ist, dass diese Kritik nicht immer zwingend sachlicher oder objektiver Natur sein muss.[80] Neudeutsch definiert man den Shitstorm also als digitale, unvorhersehbare Empörungswelle bei der sich sachliche und unsachliche Kritik vermischen und somit immer weiter vom thematisch sachlichen Kern entfernen.[81] Dabei unterscheidet er sich aus Sicht der Public Relations von einer klassischen PR-Krise dadurch, dass der Anteil dieser unsachlichen, persönlichen Kritik die sachliche, argumentative Kritik übertönt.[82] Berechtigte Kritik an einem Unternehmen bzw. derer Handlungsweisen gelten demnach nicht als Shitstorm. In der Praxis wird der Begriff des Shitstorm allerdings etwas weiter gefasst. Alles was die Reputation eines Unternehmens, einer Marke oder einer Person schadet und über das Social Web eine Eigendynamik entwickelt und eine kritische Masse an negativer Kommunikation überschreitet, wird schnell als Shitstorm bezeichnet. Aktuell zeigt sich, dass sich ein Shitstorm nicht immer nur auf die sozialen Netzwerke oder aber das Internet generell beschränkt. Immer öfter kommt es zu einem Spill-Over hinein in die klassischen Offline-Medien, welche wiederum für eine weitere Verbreitung der Thematik sorgen und neue Rezipienten erreicht bevor der thematische Rückgang erfolgt.

 

 

Abb. 7 Verbreitungsphasen des Shitstorms (Screenshot BIG)[83]

 

Sascha Lobo (Autor, Social Media Experte und Blogger) definiert den Shitstorm auf der re:publica 2010 „... als einen Prozess, wenn in kurzem Zeitraum eine subjektiv große Anzahl von kritischen Äußerungen getätigt wird, von denen sich zumindest ein Teil vom ursprünglichen Thema ablöst und stattdessen aggressiv, beleidigend, bedrohend oder anders attackierend geführt wird.[84]

 

Die Business Intelligence Group (B.I.G) ist das erste Kommunikationsunternehmen, das mit konkreten Daten zum Shitstorm und zu seinen möglichen Verläufen im Internet auswarten kann. Die Charakteristika des Shitstorms, sein plötzliches Auftreten, die große Anzahl extrem kritischer Beiträge, lassen erkennen, welche Schadenspotentiale das Phänomen für Unternehmen haben kann.

 

B.I.G unterteilt den Shitstorm aufgrund der von dem Unternehmen gewonnenen Erkenntnisse in drei unterschiedliche Phasen: Die „Pre-Phase“, die „Akut-Phase“ und die „Post-Phase“.[85] Die Pre-Phase ist laut B.I.G. durch Einträge im Web 2.0 gekennzeichnet, die etwa einen Monat vor dem Trigger des Sturms eingestellt wurden. In dieser Phase existiert laut B.I.G. noch ein „weitgehend neutrales Buzz[86]-Aufkommen“.[87] In der Akut-Phase findet der tatsächliche Shitstorm statt, zentriert um einen konkreten Anlass mit den erwähnten extrem kritischen und durchweg negativen Beiträgen der User der entsprechenden Plattformen. B.I.G. charakterisiert die Vorgänge analog zu denen eines Sturms: „Storm-Tage definieren sich durch eine starke Steigung im Beitragsaufkommen, welche die Hälfte der Addition aus dem in der Pre-Phase gemessenen durchschnittlichen Gesamtaufkommen und dessen Standardabweichung überschreitet. Peak-Tage hingegen zeichnen sich durch ein extremes Beitragsaufkommen aus. Ein Peak-Tag liegt erst dann vor, wenn das Beitragsaufkommen höher liegt als das durchschnittliche Gesamtaufkommen plus Standardabweichung … Während dieser Phase verschieben sich die entscheidenden Quellen und Autoren mit großer Dynamik.“[88]

 

Die Post-Phase bezeichnet B.I.G. als ein „Nachklingen“ der Phänomene der Akut-Phase in abgeschwächter Form. In dieser Phase ist die Image-Schädigung des betroffenen Unternehmens erkennbar. Die unten folgende Übersicht der Business Intelligence Group die aus entsprechenden Studien stammt, bezieht sich auf vier unterschiedliche Typen von Shitstorms, die von der Unternehmensgruppe untersucht wurden. B.I.G. macht keine Angaben über die konkret von den vier unterschiedlichen Stürmen betroffenen Unternehmen.

 

 

Abb. 8 Tabellarische Darstellung der Charakteristika vier unterschiedlicher Shitstorms gemäß B.I.G.[89]

 

Die Unterteilung in die unterschiedlichen Shitstorms (Krise 1, Krise 2 …) zeigt in Bezug auf die unterschiedlichen Anzahlen der Storm-Tage in der obersten Zeile mit 10 (Krise 1), mit 39 (Krise 2) usw. mit wie unterschiedlicher zeitlicher Dauer der Shitstorm jeweils auftreten kann. Auch die Anzahl der Peak-Tage mit dem extremen Buzz-Aufkommen (6 in Krise 1 und 17 in Krise 2) unterscheidet sich deutlich voneinander. Noch auffallender sind die Unterschiede, was den prozentualen Anstieg der sich im Web 2.0 äußernden User betrifft. In Krise 1 steigt die Beteiligung auf 1.853 über das Normalniveau, in Krise 4 nur auf 8%. Auch die User-Partizipation-Rate fällt im Vergleich von Krise 1 zu Krise 4 mit 0,05 (Krise 1) und 0,58 (Krise 4) extrem unterschiedlich aus. Die Partizipationsrate der User bezieht sich Tweets und bildet eine Summe von Kommentaren, die B.I.G. auf den dortigen Kanälen erhoben hat.[90] Die Prozentzahlen selbst bilden quantitative Key Performance Indicators (KPI), die als inhaltliche Charakteristika für einen Shitstorm gelten, wie sie in den B.I.G.-Kategorien rubriziert wurden.[91] Mit Hilfe der Zusammenstellungen der Ziffern, so die Business Intelligence Group, wird es für ein Unternehmen, das von einem Shitstorm betroffen ist möglich, „eine fundierte Aussage darüber“ zu machen, wie problematisch der Shitstorm für die Firma genau ausfiel.[92]

 

5.2 Der Shitstorm – Seine mediale Verbreitung im Internet


 

Der Begriff Shitstorm ist aufgrund seiner Bedeutung für das Kommunikationsmarketing von Unternehmen im Internet mittlerweile weit verbreitet. Auch die Schweizer Social Media Experten B. Schwede und D. Graf (2012) bieten auf t3n-news.de eine „Shitstorm-Skala“ an.[93] Schwede / Graf machen ihrerseits darauf aufmerksam, dass ein Shitstorm die Unternehmen „meist unvorbereitet“ überfällt.[94] C. Jeschke (2012) bezeichnet in seinem Beitrag im...

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