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Nachkalkulation im Schlüsselfertigbau

AutorMichael Engl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783638310321
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Ingenieurwissenschaften - Bauingenieurwesen, Note: 1,3, Technische Universität München (Lehrstuhl für Tunnelbau und Baubetriebslehre), 53 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die deutsche Bauwirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise. Die Zahl der Insolvenzen stagniert auf einem Rekordniveau. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Wettbewerbsnachteilen durch die Öffnung des deutschen Baumarktes für ausländische Billiganbieter bis hin zu Managementfehlern, die laut Presseberichte z.B. für die Pleite der Philipp Holzmann AG verantwortlich sind. Darüber hinaus erhöht sich auf die Unternehmensführung der institutionelle Druck der Banken (Basel II) und Gesetzgebung (KonTraG). Ziel ist eine verstärkte Kontrolle und Transparenz der wirtschaftlichen Aktivitäten und die Installation eines Frühwarnsystems zu Vermeidung negativer Unternehmensentwicklungen. Dies setzt die Entwicklung entsprechender Kontroll- und Steuerungsinstrumente voraus. Ziel der Arbeit war deshalb die Untersuchung zur Nachkalkulation im SF-Bau und die Entwicklung eines Konzeptes zur effektiven fertigungsbegleitenden Kostenkontrolle und -steuerung, das die größtmögliche Kostensicherheit durch die Transparenz, durchgängige Vergleichbarkeit und Aktualität der Kosten zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.

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Leseprobe

2 Grundlegende Aspekte zum SF-Bau und zur Nachkalkulation


 

2.1 Der Generalunternehmer im Schlüsselfertigbau


 

Die geschuldete Leistung im SF-Bau ist nicht starr definiert, sondern kann einen sehr eng begrenzten Umfang (Rohbau, Ausbau und Erstellung der haustechnischen Gewerke) beinhalten, aber auch sehr weit (von der ersten Planung bis hin zum Betreiben des Gebäudes) gefasst sein.[13] Ungeklärt ist außerdem, welchen Anteil der Leistung der Auftragnehmer dabei selbst erbringen muss.[14]

 

Bei der schlüsselfertigen Vergabe werden i.d.R. alle Leistungen der Bauausführung an einen Generalunternehmer (GU) vergeben, wobei dieser wesentliche Teile der Bauleistung (i.d.R. Rohbau) selbst erbringt und die übrigen an Nachunternehmer weitervergibt.[15]

 

Der Generalübernehmer (GÜ) deckt nach allgemeiner Auffassung den gleichen Verantwortungsbereich wie der Generalunternehmer ab, erbringt jedoch keine Bauleistung selbst, sondern vergibt diese ausschließlich an Nachunternehmer. Als dritte Unternehmer-einsatzform im SF-Bau ist der Totalunternehmer (TU) zu nennen, der neben der Bauausführung auch alle Planungsleistungen einschließlich des Entwurfs übernimmt.

 

Innerhalb der vorliegenden Arbeit wird keine Unterscheidung zwischen Unter- und Übernehmer vorgenommen, so dass der Begriff „Generalunternehmer“ sehr weit gefasst für Unternehmen verwendet wird, die alle Planungs- und Bauleistungen weitervergeben bis zu den Unternehmen die alle Leistungen selbst erbringen.

 

2.2 Definition und Arten der Nachkalkulation


 

Die Nachkalkulation dient nach Brüssel (1993) „der Ermittlung der entstandenen Kosten während und nach Beendigung der Bauerstellung“.[16] Mayer (1986) betont in seiner Arbeit, dass die Nachkalkulation in der Literatur und in der Praxis übereinstimmend als Kontrollinstrument angesehen wird, jedoch nach allgemeinem Verständnis eine Analyse der Ergebnisse und einen Vergleich mit der (Vor-) Kalkulation miteinschließt. Zur Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolges eines Bauprojektes ist neben einer Soll-Ist-Vergleichsrechnung außerdem eine umfangreiche Ursachenanalyse der Abweichungen mit entsprechenden Steuerungsmaßnahmen vorzunehmen.[17]

 

In der Literatur wird zwischen zwei Arten von Nachkalkulationen, nämlich einerseits der technischen und andererseits der kaufmännischen Nachkalkulation unterschieden.

 

Während im Rahmen der technischen Nachkalkulation verbrauchte Mengen in Form von Arbeitsstunden, Stoffen und Gerätestunden kontrolliert werden, beinhaltet die kaufmännische Nachkalkulation eine Soll-Ist-Vergleichsrechnung nach Wert in Form von Kosten und Ergebnissen (vgl. Bild 8-3).[18]

 

Nachkalkulation kann daher einerseits als Kontroll-, andererseits als Steuerungsinstrument hinsichtlich der Mengen und Werte mit dem Oberziel der wirtschaftlichen Abwicklung eines Bauprojektes aufgefasst werden.

 

2.3 Bedeutung der Nachkalkulation im SF-Bau


 

Die Nachkalkulation im SF-Bau besitzt hohe Relevanz für den wirtschaftlichen Erfolg bei der Durchführung eines Bauvorhabens auf Seiten des Generalunternehmers. Diese hohe Bedeutung lässt sich einerseits aus dem Risikopotenzial bei der Abwicklung schlüsselfertiger Aufträge, andererseits aus den drei Hauptaufgaben, die der Nachkalkulation zugewiesen werden können, ableiten.

 

2.3.1 Erweitertes Risikopotenzial für den Generalunternehmer


 

Schlüsselfertigen Bauvorhaben liegt i.d.R. ein Global-Pauschalvertrag zugrunde, der auf einer funktionalen Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm nach § 9 Nr. 10-12 VOB/A basiert. Obwohl nach § 9 Nr. 1 VOB/A im Leistungsprogramm die Leistung genau so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist wie in Leistungsverzeichnissen (z.B. für Einheitspreisverträge) ist dieser Anspruch in der Praxis oft nicht zu realisieren.[19] Da bei der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm die funktionalen Anforderungen häufig nur grob aufgegliedert sind und meist Mengenangaben fehlen, verlagert sich aufgrund des reduzierten Detailliertheits- und Genauigkeitsgrades der Ausschreibungsunterlagen das Kalkulations-, Massen- und Planungsrisiko vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer.[20] Fricke (2001)[21] nennt folgende typische Risiken, denen der Generalunternehmer bei der Abwicklung schlüsselfertiger Bauvorhaben ausgesetzt sein kann:

 

- Preisrisiko (inkl. Massenrisiko und Risiko der Preisentwicklung von Lohn-, Material- und Nachunternehmerpreisen bei längeren Bauzeiten)

 

- Terminrisiko (Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung des vereinbarten Fertigstellungstermins)

 

- Durchführungsrisiko (Verantwortung für erfolgreiche Planung und Ausführung)

 

- Haftungsrisiko (GU haftet gegenüber dem Auftraggeber nach § 278 BGB als Gesamt-schuldner für seine Erfüllungsgehilfen)

 

- Gewährleistungsrisiko (für alle Gewerke)

 

Alle diese Risiken gefährden den wirtschaftlichen Erfolg einer Auftragsabwicklung im SF-Bau und stellen zusammengenommen für den Generalunternehmer ein Verlustrisiko dar.

 

Lassen sich Risiken nicht abgrenzen (z.B. per Vertrag mit dem Auftraggeber), abwälzen (z.B. per Vertag an Nachunternehmer), teilen (z.B. durch Bildung von Arbeitsgemeinschaften), kompensieren (z.B. durch risikoärmere Bauverfahren), übertragen (z.B. per Prämie auf Versicherungsgesellschaften) oder anderweitig ausschließen, sind diese durch ent-sprechende Risikozuschläge abzudecken, um kostendeckend produzieren zu können.[22]

 

Jedoch können nicht alle Einzelrisiken durch einen individuellen Risikozuschlag abgedeckt werden, da sich zum einen für viele Einzelrisiken keine konkreten projektbezogenen Abschätzungen durchführen lassen und zum anderen das Unternehmen auf dieser Basis keinen konkurrenzfähigen Preis ermitteln kann. Ziel muss es daher sein, die Risiken durch entsprechende Maßnahmen möglichst zu minimieren und nur die verbleibenden Restrisiken über entsprechende Zuschläge oder Rücklagen abzusichern.

 

Eine fertigungsbegleitende Nachkalkulation zur Kostenkontrolle und -steuerung der Eigen- und Fremdleistungen im SF-Bau dient als Instrument zur Vermeidung von Mehrkosten aus den oben genannten Risiken.

 

2.3.2 Hauptaufgaben und Zielsetzung der Nachkalkulation


 

Die Bedeutung der Nachkalkulation für den wirtschaftlichen Erfolg eines Generalunter-nehmers werden in Anlehnung an Mayer (1986)[23] und Schmidt (1977)[24] durch folgende drei Hauptaufgaben verdeutlicht:

 

1. kurzfristig/steuernd:

 

 Fortschritts- und Erfolgskontrolle:

 

Erstens soll die Nachkalkulation die Voraussetzung für eine möglichst prozessnahe Beobachtung der Auswirkungen bereits durchgeführter Bauleistungen schaffen. Es geht hier i.w. um die projektbezogene Überprüfung, ob gewisse innerhalb des Bauprozesses definierte Meilensteine erreicht werden konnten, d.h. ob der Baufortschritt im Rahmen der Vorgaben verläuft. Daneben soll aber auch eine Beurteilung ermöglicht werden, inwiefern die Zielvorgaben aus der Vorkalkulation umgesetzt werden konnten, d.h. neben dem augenblicklichen Projektstand soll die Nachkalkulation auch eine Vorhersage des letztendlichen Erfolgs oder Misserfolgs des Bauauftrages erlauben. Außerdem sollen Kenndaten zur Leistungsbeurteilung des Führungspersonals und der Baustellenproduk-tivität und sonstiger Projektauswertungen ermittelt werden.

 

 Auslöser für die Optimierung der Baumaßnahmen:

 

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen soll die Nachkalkulation darüber hinaus dazu bei-tragen, Ansätze zur Verbesserung des laufenden Bauprozesses zu generieren. Ein fertigungsbegleitender Soll-Ist-Vergleich erlaubt ein schnelles Eingreifen in den Herstel-lungsprozess bei unerwünschten Abweichungen, um durch verbesserte Dispositionen terminliche und wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden. Denn je später die Reaktion er-folgt, umso eingeschränkter ist die Handlungs- und Manövrierfähigkeit des Bauunter-nehmens.

 

2. langfristig operationell:

 

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