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Folter im Rechtsstaat?

AutorJan Philipp Reemtsma
VerlagHamburger Edition HIS
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl154 Seiten
ISBN9783868545128
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Ist Folter in einem modernen Rechtsstaat unter bestimmten Bedingungen legitimierbar? Für ein eindeutiges Bekenntnis zur Tradition des modernen Rechtsstaats, der aus dem Kampf gegen Folter und ihrer Delegitimierung hervorgegangen ist, bedarf es der Ächtung jeder Art von Folter. Dies kann nicht aufgegeben werden, ohne unsere Rechtskultur schwer zu beschädigen und letztlich aufs Spiel zu setzen. 'Wir sind, was wir tun. Und wir sind, was wir versprechen, niemals zu tun'.

Jan Philipp Reemtsma, lebt und arbeitet vorwiegend in Hamburg. Er lehrt Neuere Deutsche Literatur an der Universität Hamburg, ist Geschäftsführender Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung und Vorstand der Arno Schmidt Stiftung. Zahlreiche Veröffentlichungen zu literarischen, historischen, politischen und philosophischen Themen.

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Leseprobe
"Der Rechtsstaat kann, etwa im Fall der Freiheitsstrafe, die Bewegungsfreiheit eines Bürgers extrem einschränken, aber er darf ihn nicht rechtlos machen. Er kann ihn zu bestimmten Arbeiten verpflichten, aber er darf ihn nicht versklaven. Er kann ihn vom Leben zum Tode befördern - die Todesstrafe ist mit dem Rechtsstaat vereinbar (wenn auch dennoch eine Barbarei, aber das steht auf einem anderen Blatt). Die Folter ist mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar, weil durch sie das Individuum in seiner Fähigkeit, ein Rechtssubjekt zu sein, angegriffen, ja im Extremfall als autonomes Individuum zerbrochen und zerstört wird. Voraussetzung des Rechtsstaats ist die Rechtsfähigkeit seiner Bürger. Sie müssen das Recht und die Fähigkeit haben, seine Instrumente zu nutzen. Das setzt voraus, dass sie nicht Maßnahmen unterworfen werden, die diese Fähigkeit außer Kraft setzen oder zerstören. Die Folter zielt auf die totale Unterwerfung des Gefolterten. Der Rechtsstaat garantiert dem von seinen Maßnahmen Betroffenen stets ein Minimum an Resistenzmöglichkeit. Er muss nicht kooperieren. Zwar kann er in gewissen Grenzen Vorteile gewinnen, wenn er es tut, und wird in gewissen Grenzen Nachteile hinnehmen müssen, wenn er es nicht tut, aber er darf zur Kooperation nicht gezwungen werden.
Für diese Garantie steht der Rechtsstaat ein, wenn er für sich selbst garantiert, und er steht dafür immer ein und durch jeden, der ihn repräsentiert. Zum modernen Rechtsstaat gehört die Garantie an die Bürger, dass sie von Seiten des Staates niemals Handlungen unterworfen werden, die ihren Willen brechen und sie damit als Rechtssubjekte negieren."
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