Der Säure-Basen-Haushalt
Was hat es auf sich mit Säuren und Basen? Was ist unter diesen Begriffen zu verstehen? Was kann ich mir unter dem Säure-Basen-Haushalt vorstellen? Wo im Körper findet er eigentlich statt? Welche Organe sind daran beteiligt und auf welche Weise? Wie wird das Gleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts im Körper aufrechterhalten? Hängt es mit der Ernährung zusammen – und wenn ja, wie? Warum klingt das alles so kompliziert? Was weiß man heute darüber? Und warum gibt es zu dem Thema so unterschiedliche Auffassungen? In diesem Kapitel werden diese grundsätzlichen Fragen zum Säure-Basen-Haushalt beantwortet. Sie werden sehen, dass die wissenschaftlichen Erklärungen und chemischen Begriffe zwar sehr kompliziert klingen, aber im Grunde gut nachvollziehbar sind – und vor allem wichtig für das Verständnis der Zusammenhänge. Auf den folgenden Seiten können Sie sich ferner einen »Grundwortschatz« zum Thema zulegen – damit Sie wissen, worum es geht, wenn von pH-Wert, Puffersystem, pH-Teststreifen und Untersuchungen zum Säure-Basen-Haushalt die Rede ist. Eines schon vorweg: Weder Säuren noch Basen sind an sich gut oder schlecht. Beide werden im Körper benötigt, wenn auch in unterschiedlichen Mengen und für verschiedene Zwecke. Wichtig ist, das für den Körper ideale Verhältnis der beiden zu schaffen und zu erhalten. Dabei sollten Sie die Säuren und Basen nicht als Gegenspieler betrachten, sondern als Teammitglieder, die sich gegenseitig im Organismus die Bälle zuspielen und so den Säure-Basen-Haushalt in Balance halten. Allerdings hat unsere moderne Lebensweise oft zur Folge, dass die Säuren etwas »über die Stränge schlagen«. Dazu erfahren Sie in den späteren Kapiteln mehr.
Wichtige Grundbegriffe
Was sind Säuren?
Der Begriff Säure bezeichnet die chemische Eigenschaft eines Stoffs, in wässriger Lösung sauer zu reagieren. Eine Säure schmeckt sauer und färbt blaue Lackmuslösung (>) rot. Es gab in der Geschichte der Chemie viele Ansätze, Säuren zu definieren. Die heute gültige Definition geht überwiegend auf den dänischen Chemiker Johann Nicolaus Brönsted (1879–1947) zurück, der diejenigen Stoffe als Säuren bezeichnet hat, die in der Lage sind, in wässriger Lösung ein positiv geladenes Teilchen (Proton) abzugeben. Man spricht in diesem Zusammenhang von Brönsted-Säuren.
Was sind Basen?
Der Begriff Base bezeichnet die chemische Eigenschaft eines Stoffes, in Wasser basisch zu reagieren. Eine Base schmeckt seifig und färbt rotes Lackmuspapier blau. Entdeckt wurden Säuren und Basen durch den chemischen Vorgang der Verbrennung; auf Basen wurde man aufmerksam, als man begann, Verbrennungsrückstände zu untersuchen, also Asche. Da diese sich in einem Topf (= Pott) befand, nannte man die Gesamtheit der Asche Pottasche. Später stellte sich heraus, dass es sich dabei vor allem um Kaliumsalze handelt, weshalb heute im englischsprachigen Raum Kalium als potassium bezeichnet wird. Bei uns hat sich der aus dem Arabischen stammende Begriff Alkali eingebürgert, der »Lauge« bedeutet. Als Lauge bezeichnet man diese Stoffe deshalb, weil die wässrige Lösung der Verbrennungsrückstände seifig schmeckt. Die Begriffe Base, Alkali und Lauge werden sinngleich verwendet. Seit 1923 werden Basen (nach Brönsted) definiert als Stoffe, die in der Lage sind, Protonen (positiv geladene Teilchen) aufzunehmen.
Was bedeutet eigentlich pH-Wert?
Der pH-Wert ist in der Chemie die Maßzahl für den sauren oder basischen Charakter einer Lösung. Die Abkürzung pH steht für potentia hydrogenii (lat.). Sinngemäß bedeutet das: Konzentration der Wasserstoffionen in der jeweiligen Lösung.
Vereinfacht gesagt entstehen Säuren und Basen durch »Trennung« (chemische Dissoziation) des neutral wirkenden Wassers in basische und saure Ionen. Die Konzentration der Wasserstoffionen ist messbar. Je höher die Konzentration dieser positiv geladenen Teilchen, umso stärker ist die Säurewirkung bzw. der Säuregrad der Lösung. Letzterer wurde international festgelegt als negative Zehnerpotenz (Logarithmus) der Konzentration der Wasserstoffionen – der pH-Wert.
Welche Skala gilt für den pH-Wert?
Die pH-Wert-Skala legte der dänische Chemiker Sören Sörensen bereits 1909 fest. Sie reicht von 0 bis 14: pH-Werte unter 7 zeigen eine saure Lösung an, pH-Werte über 7 eine basische Lösung. Ein pH-Wert von 7 zeigt eine neutrale Lösung an.
Was bedeutet »neutraler pH-Wert«?
Bei einem pH-Wert von 7 ist die Konzentration der basisch und der sauer wirkenden Ionen gleich. Man nennt eine Lösung, deren pH-Wert bei 7 liegt, daher neutral. Dies bedeutet aber nicht, dass pH 7 für den menschlichen Organismus ein idealer Wert ist. Die menschlichen Körperflüssigkeiten haben jeweils charakteristische pH-Werte, bei denen sie optimal funktionieren. Wenn man jedoch von einem neutralen Lebensmittel spricht, ist gemeint, dass es keinen Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt des Menschen hat.
Wie wird der pH-Wert gemessen?
Schwankungen im Säure-Basen-Verhältnis schlagen sich im pH-Wert des Urins nieder. Ihn können Sie mithilfe von Indikatoren (>) selbst messen. Im Urin finden sich Substanzen, die teils basisch, teils sauer reagieren, sowie neutralisierte Säuren und Basen, deren Säure- und Basenwirkungen nicht direkt erfassbar sind. Das Messergebnis bezieht sich auf die Bilanz aus Säure- und Basenwirkung, was zusammen mit tageszeitbedingten Schwankungen (>) die Urin-pH-Messung etwas ungenau macht. Dennoch ist eine Laboruntersuchung nur selten nötig.
Was sind pH-Indikatoren?
Der Begriff »Indikator« (von lat. indicare = anzeigen) bedeutet Anzeiger. Ein pH-Indikator zeigt den Säure- oder Basengrad eines Stoffes in wässriger Lösung an. Die Anzeige erfolgt durch einen charakteristischen Farbumschlag. pH-Indikatoren sind schwache Basen oder Säuren. Eine saure Lösung braucht einen Indikator, dessen Farbe im sauren Milieu umschlägt. Eine basische Lösung benötigt einen Indikator, der sich im basischen Milieu verfärbt. Viel verwendete Indikatoren sind Lackmus, Phenolphthalein und Methylrot.
Was sind pH-Indikator-Teststreifen?
Um den pH-Wert Ihres Urins zu bestimmen, verwenden Sie saugfähige Papierstreifen (Reagenzpapier), die mit Indikatorlösungen getränkt sind. Hält man das Papier in Urin oder eine beliebige andere Lösung, lässt sich in Sekunden die Basen- oder Säurewirkung am eintretenden oder nicht eintretenden Farbumschlag erkennen. Der Vergleich mit einer Farbskala gibt Aufschluss über den ungefähren pH-Wert des Urins.
Wie muss der pH-Wert bei einem gesunden Menschen sein?
Einen idealen pH-Wert gibt es nicht. Alle Organe und Körperflüssigkeiten sind »Spezialisten«, die einen bestimmten pH-Wert brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Sogar Enzyme – Proteine, die biochemische Reaktionen beschleunigen – benötigen je nach Körperregion verschiedene pH-Werte: Enzyme im Magen brauchen einen sauren pH-Wert, solche im Dünndarm einen basischen. Es ist daher ein Irrtum zu sagen, ein basisches Milieu im Körper sei in jedem Fall besser und gesünder.
INFO
Beispiele für pH-Werte im gesunden Körper
Bauchspeicheldrüsensekret | 7,40–8,50 |
Die Tabelle zeigt, dass die pH-Werte je nach Organ oder Körperflüssigkeit stark variieren – und verschieden große Toleranzen aufweisen. Blut hat die geringsten Abweichungen. Das bedeutet, dass es seine lebenswichtigen Aufgaben nur in dem engen Bereich zwischen pH 7,35 und pH 7,45 erfüllen kann. Auffallend ist, dass zwei Flüssigkeiten, die im Körper besondere Bedeutung für den Erhalt des Lebens haben, leicht alkalisch sind: Blut und Fruchtwasser. Auch die Zellen, die für den Knochenaufbau zuständig sind, leben am liebsten im basischen Milieu (>).
Was ist der Säure-Basen-Haushalt?
Als Säure-Basen-Haushalt bezeichnet man eines der wichtigsten Regulationssysteme des Organismus. Ein komplexes Gefüge von Regelmechanismen und sogenannten Puffersystemen sorgt dafür, dass das Verhältnis der Säuren und Basen im Organismus in einem gesunden Gleichgewicht gehalten wird. Säuren und Basen werden zum Teil mit der Nahrung zugeführt,...