In Deutschland wird in den kommenden Jahrzehnten ein deutlicher Rückgang der Bevölkerung erwartet. Dies ist einerseits auf den seit langem andauernden Geburtenrückgang zurückzuführen und andererseits auf eine steigende Lebenserwartung der Bevölkerung. Es kommt zu einer Verschiebung der Altersstrukturen, in welcher immer mehr ältere Menschen einer abnehmenden Zahl jüngerer Menschen gegenüber stehen. Diese demografische Veränderung führt zu einer schrumpfenden und gleichzeitig alternden Gesamtbevölkerung.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird sich die Einwohnerzahl Deutschlands von derzeit 81,8 Millionen Menschen bis zum Jahr 2060 auf 65 Millionen Menschen reduzieren. Diese Bevölkerungsvorausberechnung legt ein jährliches Wanderungssaldo von plus 100.000 Personen und eine Geburtenhäufigkeit von 1,4 zu Grunde (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:12).
Im folgenden Kapitel wird daher auf die einzelnen Aspekte dieser demografischen Veränderung eingegangen, um daran anschließend die daraus resultierenden Konsequenzen für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft näher zu beleuchten.
Demografische Entwicklungen vollziehen sich in großen zeitlichen Abständen. Die heutige Situation des demografischen Wandels, ist das Ergebnis der Bevölkerungsentwicklung aus den 1970er Jahren. Das nachfolgende Schaubild des Statistischen Bundesamtes verdeutlicht den Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland und deren Entwicklung von 1910 bis vorausberechnend ins Jahr 2060. Grundlage dafür bildet die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung aus dem Jahr 2009.
Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland (1910 – 2060)
Quelle: Statistisches Bundesamt: 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung – Bevölkerung Deutschlandes bis 2060, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009
Die durchschnittliche Geburtenrate in Deutschland liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes derzeit bei 1,4 Kindern pro Frau und zählt demnach mit zu den niedrigsten weltweit.
Dazu liefert die Tabelle 5 der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung einen Überblick, über die durchschnittliche Zahl der Kinder je Frau und dem durchschnittlichen Alter der Frauen bei der Geburt*):
Quelle: Statistisches Bundesamt: 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung – Bevölkerung Deutschlandes bis 2060, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009
Dabei sind die Frauen heute bei der Geburt ihrer Kinder älter als die Mütter in den vergangenen Jahren. Dies wird mit der Abnahme der Geburtenhäufigkeit der unter 30-jährigen einerseits und der Zunahme der Geburtenhäufigkeit der über 30- bis unter 40jährigen Frauen andererseits begründet (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:24; Kerschbaumer 2008:25). Als Folge zeichnet sich eine Verkürzung der Lebensphase von Frauen ab, in der sie Kinder bekommen können. Die besonders starken Jahrgänge der zwischen 1946 und 1964 Geborenen (die sog. Baby-Boom-Generation) brachten dementsprechend starke Mütter-Kohorten mit sich, die ihrerseits starke Töchter-Kohorten hervorbrachten. So lag die durchschnittliche Anzahl von Geburten pro Frau im Jahr 1960 bei 2,5 (vgl. Voelpel/Leibold/Früchtenicht 2007:44). Dieser Trend kann mit dem stetigen Geburtenrückgang seit Mitte der 60er Jahre nicht aufgehalten werden, d.h. durch den verzeichneten Geburtenrückgang werden schwächere Töchter-Kohorten hervorgebracht. Gründe hierfür liegen im sogenannten Pillenknick, der Verbesserung von schulischen und beruflichen Bildungschancen, sowie der Tatsache, dass Familienplanung nicht in die individuelle Lebensplanung integriert wird und immer mehr Frauen lebenslang kinderlos bleiben (vgl. Voelpel/Leibold/Früchtenicht 2007:44; vgl. Statistisches Bundesamt 2009:27). Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass für die kommenden Jahre mit einer steigenden Erwerbsbeteilung von Frauen zu rechnen ist. Dies ist zum einen mit den verbesserten Bildungs- und Ausbildungschancen von Frauen verbunden und der daraus resultierenden Erwerbsbeteiligung, auch im Falle einer Mutterschaft. Weiterhin sind Frauen aufgrund der Notwendigkeit der eigenen Altersabsicherung auf eine Erwerbsbeteilung angewiesen. Dies führt zwar kurzfristig zu einem verzögerten Mangel an Arbeitskräften, aber die Fertilitätsrate wird dadurch nicht positiv beeinflusst, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. Kinderbetreuung nicht angemessen realisiert werden kann.
Laut den prognostizierten Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wird durch die gekennzeichneten Entwicklungen der Anstieg der Fertilitätsrate nicht gegeben sein und sich auf dem Niveau von 1,4 Kindern pro Frau einpendeln (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:28).
Die Lebenserwartung in Deutschland steigt ständig weiter an. So liegt die derzeitige Lebenserwartung für neugeborene Jungen bei 77,2 Jahre und für neugeborene Mädchen bei 82,4 Jahre. Die Lebenserwartung eines heute 65jährigen Mannes würde sich um 22,3 Jahre erhöhen, die einer heute 65-jährigen Frau um weitere 25,5 Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:31-32). Der Anstieg der Lebenserwartung innerhalb der Bevölkerung ist auf den voranschreitenden medizinischen Fortschritt, den verbesserten Lebensumständen und dem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein, im Vergleich zu früheren Generationen, zurückzuführen.
Für das Jahr 2060 wird bereits eine Lebenserwartung von 85,0 Jahren für Männer und 89,2 Jahren bei Frauen vorausgesagt. Danach wird sich der Anstieg der Lebenserwartung nicht mehr so rasant entwickeln, sondern verlangsamen (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:30).
Die Kombination von Geburtenrückgang und Erhöhung der Lebenserwartung, bringt eine grundlegende Änderung in der Altersstruktur der Bevölkerung mit sich. Der Anteil der unter 20-jährigen wird von heute 16 Millionen bis 2060 auf 10 Millionen zurückgehen. Die Zahl der 65-jährigen bis unter 80-jährigen wird von 12,7 Millionen auf 12,9 Millionen steigen. Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der 50- bis 65-jährigen um 24% zunehmen (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:17). Mit dieser Veränderung müssen sich Unternehmen, aber auch die Gesellschaft insgesamt auseinander setzen.
Eine weitere Einflussgröße für die demografische Veränderung bildet die Migration, also die Anzahl der Ein- und Auswanderer. Dieses Wanderungssaldo ist in die zukünftige Entwicklung der Bevölkerung einzubeziehen.
Der festgestellte Rückgang der Bevölkerung kann nicht durch mehr Zuwanderungen ausgeglichen werden, da ihr ein Außenwanderungssaldo gegenübersteht. D.h. einer starken Nettozuwanderung steht immer auch ein konstanter Anteil an Fortzügen gegenüber. So gesehen wird bei der Annahme eines Wanderungssaldo von 100.000 Personen jährlich bis zum Jahr 2060 ein Wanderungsgewinn von 4,9 Millionen Menschen bestehen. Legt man einen jährlichen Wanderungssaldo von 200.000 Personen jährlich bis zum Jahr 2060 zu Grunde, würde ein Wanderungsgewinn von 9,4 Millionen Menschen entstehen. Zu beachten ist, dass die Personen, die nach Deutschland zuziehen im Durchschnitt jünger sind, als die Personen die fortziehen. Dadurch entsteht ein Verjüngungseffekt für die Bevölkerung (vgl. Statistisches Bundesamt 2009:36).
Durch diese Vorausberechnung des Wanderungssaldos kann die aufgezeigte Bevölkerungsentwicklung in Deutschland nicht gebremst werden, sondern nur leicht entzerrt werden.
Die Altersstruktur in Deutschland wird durch ein Sinken der jüngeren Bevölkerungsgruppen (bis 25 Jahre) und durch relativ gleichbleibende Anteile der Bevölkerungsgruppe im mittleren Altersbereich (bis 65 Jahre) gekennzeichnet sein. Dieser Trend der gleichzeitigen Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung hält an und wird sich auch auf die Entwicklung der Erwerbsbevölkerung niederschlagen. So wird die Erwerbsbevölkerung zukünftig mit zunehmender Tendenz altern und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung schrumpfen (vgl. Kerschbaumer 2008:32).
Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (2009:18) befinden sich derzeit ca. 50 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter.[7] Diese Zahl wird nach 2020 vermehrt zurückgehen und im Jahr 2030 etwa 42 Millionen Menschen betragen. Für das Jahr 2060, ist bei einem Wanderungssaldo von jährlich 100.000 Personen, mit 33 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter zu rechnen. Dies sind ca. 34% weniger als im Referenzjahr 2008.
Besonders einschneidende Veränderungen werden für die Jahre 2017 – 2024 vorausberechnet: 42% werden nur noch zur Altersgruppe von 30 – 49 Jahren gehören und 40 % zur Altersgruppe von 50 – 64 Jahren (vgl. Kerschbaumer 2008:34). Eine geringfügige Verschiebung im Altersaufbau der...