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E-Book

Ärgerbezogene Störungen

AutorClaudia de Boer, Claus Vögele, Georges Steffgen
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl90 Seiten
ISBN9783840920974
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Jeder Mensch ärgert sich fast täglich. Per se ist Ärger weder ein Problem noch gar eine Störung. Erst durch die erlebte Intensität und Häufigkeit sowie die eingesetzten Bewältigungsstrategien kann Ärger negative soziale, gesundheitliche und berufliche Folgen haben und so behandlungsrelevant werden. Probleme mit der Emotionsregulation spielen bei zahlreichen psychischen Störungen eine bedeutende Rolle. Nach der Beschreibung von Ärger und ärgerbezogenen Störungen geht der Band auf verschiedene Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung von ärgerbezogenen Störungen ein. Anschließend werden verschiedene diagnostische Verfahren zur Erfassung von Ärger und ärgerbezogenen Störungen vorgestellt und die Behandlung von Ärger wird anwenderorientiert beschrieben. Hierzu werden u.a. ausführlich die einzelnen Module eines Ärgerbewältigungstrainings vorgestellt. Ziel der kognitiven und verhaltenstherapeutischen Interventionen ist das Erlernen und Einüben eines flexiblen, situationsangemessenen und sozialverträglichen Ärgerverhaltens, bei dem die emotionale Erlebnisfähigkeit aufrechterhalten bleibt bzw. aufgebaut wird.

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Kapitelübersicht
  1. ÄrgerbezogeneStörungen
  2. 1Beschreibung von ärgerbezogenen Störungen
  3. 2Ärgertheorien und -modelle
  4. 3Diagnostik und Indikation
  5. 4Behandlung
  6. 5Weiterführende Literatur
  7. 6Literatur
  8. 7Anhang
Leseprobe
Ärger und Posttraumatische Belastungsstörung

Probleme im Umgang mit Ärger sind bei Patienten mit Angststörungen stärker ausgeprägt als bei gesunden Vergleichsgruppen . Dabei scheint der Zusammenhang von Ärger und Angstsymptomatik besonders deutlich bei Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) zu sein (Orth & Wieland, 2006) .

Die Ergebnisse zur Spezifität des Zusammenhangs von Ärger und PTBS stützen die Annahme, dass die PTBS unter anderem durch Probleme in der Regulierung von psychophysiologischen Erregungszuständen charakterisiert ist, die die Ärgerneigung erhöhen (Chemtob, Novaco, Hamada, Gross & Smith, 1997) . Irritierbarkeit oder Ärgerattacken sind demzufolge ein diagnostisches Kriterium für die PTBS .

Ärger und PTBS

Einige Probleme im Umgang mit Ärger erweisen sich als spezifisch für die PTBS . Ärgerbezogene Probleme bei PTBS gehen oft mit gewalttätigem Verhalten einher und tragen zu erheblichen Beziehungsproblemen der betroffenen Personen bei . Ärger verschlechtert zudem den Behandlungserfolg bei PTBS . Ein besseres Verständnis der spezifischen Ursachen, Entwicklungsverläufe und Folgen von Problemen mit Ärger bei PTBS kann die Behandlungskonzepte und damit auch die Lebensqualität der Betroffenen verbessern (McHugh et al ., 2012) .

Ärger und Essstörungen

Charakteristisch für Essstörungen, wie Anorexia nervosa (AN), Bulimia nervosa(BN)undBinge-Eating-Störung(BED)sindVerhaltensweisen(z .B . Diäthalten, Überessen, selbstherbeigeführtes Erbrechen etc .), von denen angenommen wird, dass sie unter anderem zur Reduktion negativer Emotionen eingesetzt werden (Vögele & Gibson, 2010) . Dem steht entgegen, dass sich BN und BED einerseits und AN andererseits auf der Persönlichkeitsdimension Impulsivität unterscheiden, die mit Emotionsregulation in Verbindung steht: Während Personen mit BN oder BED oft stark impulsiv handeln (was sich u . a . im Kontrollverlust bei Essattacken zeigt), zeichnen sich Personen mit AN durch extreme Kontrolle und erfolgreiche Unterdrückung von impulsiven Verhaltenstendenzen aus . Auf Emotionsregulationsebene führt die verstärkte Impulsivität bei Personen mit BN und BED deswegen vor allem zu überschießenden Fehlsteuerungen in der Emotionsregulation, während Personen mit AN (vor allem des restriktiven Typus, AN-R) eher mit Gefühlsarmut (Alexithymie) reagieren . Diese Unterschiede in der Emotionsregulation zwischen BN und BED einerseits und AN-R andererseits sind auch von Bedeutung für den häufig beobachteten, auffälligen Umgang mit Ärger und Aggression bei Personen mit Essstörungen .

Umgang mit Ärger und Aggression bei Personen mit Essstörungen

Starker Ärger und aggressives Verhalten, welche sich auch gegen die Betroffenen selbst richten können, sind ein häufiges Problem bei Personen mit Essstörungen . Oft geht starker Ärger – wie andere aversive Gefühle auch (z . B . Angst, Traurigkeit und Langeweile) – Essattacken voraus und wird deshalb auch als auslösender Faktor betrachtet . Das Überessen während einer Essattacke stellt somit einen (dysfunktionalen) Versuch zur Regulierung von Ärger dar . Personen mit BN oder BED tendieren eher zum offenen Ärgerausdruck, was sich als aggressives Verhalten entweder gegenüber anderen Personen sowie Objekten oder gegenüber sich selbst äußert (z . B . selbstherbeigeführtes Erbrechen, Laxatien-Abusus) . Personen mit AN vom restriktiven Typus zeichnen sich eher durch starke Ärgerunterdrückung aus, was sich zum Teil in selbstverletzendem Verhalten äußert .

Insgesamt zeigt sich, dass Probleme im Umgang mit Ärger möglicherweise eine aufrechterhaltende Funktion für Essstörungen haben und die Prognose sowie die Therapie-Erfolgsaussichten verschlechtern . 1.5.2 Ärger und Persönlichkeitsstörungen

Im Rahmen unterschiedlicher Persönlichkeitsstörungen wird Ärger als Symptom bzw . dysfunktionaler Ärger als Teil des Störungsprofils gesehen . Dies trifft insbesondere auf die emotional instabile, die passiv-aggressive, die dissoziale sowie die paranoide Persönlichkeitsstörung zu (DiGiuseppe & Tafrate, 2007) .

Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung

Im ICD-10 werden zwei Störungsmuster unterschieden:
• der impulsive Typus, der sich durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle mit einer Neigung zu bedrohlichem und gewalttätigem Verhalten auszeichnet (F60 .30) . Im Rahmen des DSM-IV-TR ist der impulsive Typus diagnostisch dem Bereich der Störung der Impulskontrolle als intermittierende explosible Störung zugewiesen . Zwar wird im DSM-IV-TR Ärger nicht direkt als diagnostisches Kriterium genannt, jedoch weisen aggressive Episoden und aggresssive Impulse eine starke Überschneidung mit dem Konzept der Ärgerattacke auf .
• der Borderline-Typus weist ergänzend zu der emotionalen Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, auch unklare und gestörte (a) Ziele, (b) innere Präferenzen sowie (c) Selbstbild auf (F60 .31) . Im Rahmen der Diagnose der Borderline Persönlichkeitsstörung wird als achtes Kriterium festgehalten, dass Menschen mit Borderline Persönlichkeitsstörung häufig unangemessene, heftige Wut erleben oder Schwierigkeiten haben, ihre Wut zu kontrollieren (z . B . häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen; DSM-IV, 1996, S . 736) .

Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung

Nach DSM-IV-TR ist diese Störung durch passiven Widerstand sowie weitreichende negative Einstellungen in Bezug auf die Forderung nach angemessenen Leistungen charakterisiert . Sowohl Ärgerunterdrückung als auch -ausbruch gehen mit diesem Störungsbild einher .

Dissoziale Persönlichkeitsstörung

Nach ICD-10 weist das Verhalten der Person eine sehr ausgeprägte Diskrepanz zu sozialen Normen auf . Neben der Unfähigkeit Schuldbewusstsein zu erleben, besteht die Neigung, andere zu beschuldigen und eigenes Fehlverhalten vordergründig zu rationalisieren (F60 .2) . Im DSM-IV wird die sog . antisoziale Persönlichkeitsstörung als ein Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer angesehen .

Paranoide Persönlichkeitsstörung

In der ICD-10 weisen diese Personen eine übertriebene Empfindlichkeit bei Rückschlägen und Zurücksetzungen auf . Insbesondere ein streitsüchtiges sowie situationsunangemessenes Beharren auf die eigenen Rechte sticht hervor (F60 .0) . Im DSM-IV und DSM-5 wird dies als tiefgreifendes Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen aufgeführt, denen böswillige Motive unterstellt werden . Starke Eifersucht und Ärger sind die typischen Emotionen, die von paranoiden Personen erlebt werden . Zudem weisen sie eine höhere Tendenz auf, mehrdeutige Situationen als feindselig zu interpretieren und mit Ärger zu reagieren .

Neben theoretischen Annahmen werden auch in ersten empirischen Studien die Bedeutung von Ärger in Bezug zur schizoiden und schizotypischen (u . a . gekennzeichnet durch eine eingeschränkte Bandbreite des Gefühlsausdrucks), zur narzisstischen (u .a . gekennzeichnet durch aggressive Reaktionen nach Bedrohung des Selbstwertes), zur histrionischen (u . a . gekennzeichnet durch einen übertriebenen Ausdruck von Gefühlen), zur vermeidend-selbstunsicheren, zur abhängigen und zur obsessiven-kompulsiven Persönlichkeitsstörung aufgegriffen (Novaco, 2010) .
Inhaltsverzeichnis
ÄrgerbezogeneStörungen1
Inhaltsverzeichnis7
Einführung9
1Beschreibung von ärgerbezogenen Störungen10
1.1Ärger: Definition und Funktionalität10
1.2Ärgerbezogene Störungen: Bezeichnung und Definition15
1.3Epidemiologische Daten zu Ärgererleben17
1.4Verlauf und Prognose ärgerbezogener Störungen18
1.5Komorbidität von Ärger18
1.6Ätiologischer Beitrag zu chronisch-körperlichen Erkrankungen23
2Ärgertheorien und -modelle26
2.1Verhaltenstheoretische Ansätze27
2.2Kognitionstheoretische Ansätze28
2.3Sozialkonstruktivistische Ansätze29
3Diagnostik und Indikation30
3.1Diagnostik von Ärger und ärgerbezogenen Störungen30
3.2Hinweise für die Indikation33
4Behandlung35
4.1Darstellung psychologischer Behandlungs­verfahren36
4.2Medikamentöse Behandlungsansätze38
4.3Wirksamkeit psychologischer Ärgerbehandlung39
4.4Durchführung eines Ärgerbewältigungs­trainings41
4.5Effektivität des Ärgerbewältigungstrainings67
4.6Probleme bei der Durchführung des Ärgerbewältigungstrainings68
5Weiterführende Literatur69
6Literatur70
7Anhang75

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