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Aktuelle Erkenntnisse der Hirnforschung und Implikationen für die Werbegestaltung

AutorJennifer Ziegner
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl56 Seiten
ISBN9783956846489
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Seit geraumer Zeit beschäftigen Fragen wie die nach der Existenz eines 'Buy-Buttons', eines Kaufknopfs im Konsumentenhirn, gleichermaßen Marketingexperten wie Verbraucherschützer. Ist die moderne Gesellschaft willenloses Opfer der unbewussten Beeinflussung durch Konsumgüterhersteller? Neue Erkenntnisse der Hirnforschung haben gezeigt, dass das Unbewusste sowie emotionale Prägungen das menschliche Verhalten und individuelle Entscheidungen dominieren. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das in den letzten Jahren rasant gestiegene Interesse der Wirtschaftswissenschaften für die Hirnforschung, welches zur Entstehung des neuen Forschungsfeldes der Neuroökonomie führte. Einen Forschungszweig der Neuroökonomie bildet das Neuromarketing, bei dem der Fokus vor allem auf die Erklärung des Konsumentenverhaltens gerichtet ist. Die vorliegende Bachelorarbeit stellt die Frage, wie aktuelle Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften auf den Kontext der Kommunikationspolitik übertragen werden können. Dabei wird sich speziell auf die Gestaltung effektiver Werbung konzentriert.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Herleitung von Implikationen für die Werbegestaltung aus der Hirnforschung: 3.1, Bewusstsein und Unterbewusstsein: 3.1.1, Grundlagen zu Bewusstsein und Unterbewusstsein: Jede Sekunde erreichen das Gehirn über die Sinne circa 11 Millionen Bits an Informationen, von denen nur 40 Bits wahrgenommen werden können100. Heute gilt als wissenschaftlich bewiesen, dass der Mensch nur sehr wenige Entscheidungen bewusst fällt. So finden bis zu 95 Prozent der Gehirnaktivität unter dem Bewusstseinslevel statt. Laut Meffert et al. ist Wahrnehmung eine bedeutende Stufe im Kommunikationsprozess und bildet die Grundlage für Informationsverarbeitung, Lernen und Erinnern. Sie kann bewusst oder unbewusst erfolgen. Für den Begriff des Bewusstseins existiert keine einheitliche Definition. Es kann mehrere verschiedene Zustände umfassen. Stimuli können aber grundsätzlich nur dann als bewusst wahrgenommen gelten, wenn sie sprachlich berichtbar sind. Das Unbewusste hingegen wird häufig mit impliziten und nicht reflektierten Vorgängen im Gehirn gleichgesetzt. Aufmerksamkeit ist laut Trommsdorff und Teichert 'Aktiviertheit, die sich auf ein konkretes Objekt bezieht'. Sie richtet sich auf das, was momentane Relevanz besitzt. Ist ein Konsument zum Beispiel hungrig, wird er der Reklame eines Fast-Food Herstellers in der Fußgängerzone eher Aufmerksamkeit schenken, als wenn er soeben zu Mittag gegessen hat. Somit befähigt Aufmerksamkeitssteuerung zur Auswahl der Informationen, die verstärkt und weiter verarbeitet werden, und jener, die unterdrückt und vernachlässigt werden. Man bezeichnet diesen Prozess als selektive Aufmerksamkeit. Eingehende Stimuli werden also wahrgenommen und entweder bewusst oder unbewusst verarbeitet. Entscheidend für die Bewusstseinsbildung ist die Aufmerksamkeit. Was keine Aufmerksamkeit erhält, wird nur schwach oder gar nicht bewusst. Ob einem Stimulus Aufmerksamkeit gewidmet wird, hängt von seiner momentanen Relevanz ab. Roth hebt hervor, dass 'Bewusstseinszustände [...] untrennbar an bestimmte Hirnstrukturen und -prozesse gebunden' sind. Es gibt jedoch kein bestimmtes Hirnareal, das speziell für bewusste Wahrnehmung eingehender Sinnesinformationen verantwortlich ist. Der Neurowissenschaft, und somit auch dem Neuromarketing bei der Nutzung bildgebender Verfahren, stellt sich also die Frage, welche Strukturen an der Bildung des Bewusstseins beteiligt sind. Es sind grundsätzlich keine Hirnareale außerhalb der Großhirnrinde bewusstseinsfähig, sondern nur jene Teile des Cortex, die man zu dessen assoziativem Teil zählt und auch als Assoziationscortex bezeichnet. Wenn auch der assoziative Teil der Großhirnrinde entscheidend dafür ist, dass eine Information bewusst werden kann, sind am Prozess der Bewusstseinsbildung weitere Areale außerhalb des Cortex beteiligt. Es sind vor allem der Hippocampus sowie subcortikale limbische Strukturen wie die Amygdala hervorzuheben. Durch die komplexe Verschaltung der Nervenzellen werden Stimuli nie einzeln, sondern immer ganzheitlich wahrgenommen. Durch die große Fülle eingehender Informationen bildet also das Bewusstsein 'das Ergebnis des Aussortierens von Informationen'. Grundsätzlich treten nur als wichtig wahrgenommene Stimuli in das Bewusstsein und damit auf eine höhere Ebene der Informationsverarbeitung. Es wird vor allem dann aktiv, wenn ein Mensch mit Neuem, Unbekanntem, intellektuellen Problemstellungen oder Entscheidungskonflikten konfrontiert wird und komplexe Sachverhalte vorliegen. Auf neuronaler Ebene bildet die Voraussetzung eine ausreichend starke Aktivierung der Nervenzellen. Es stellt sich nun die Frage, welche konkrete Bedeutung das Bewusstsein und das Unterbewusstsein für die Werbegestaltung haben. Laut Roth sind alle kognitiven Leistungen bewusstseinsbegleitet. Dazu zählt auch das explizite Lernen. Explizit kann ein Konsument eine Werbebotschaft also nur lernen, wenn diese die Bewusstseinsschwelle überschreitet und bewusst verarbeitet wird. Auf solche Lernvorgänge wird weiter unten noch näher eingegangen. Der kommende Abschnitt widmet vorrangig der unbewussten, impliziten Verarbeitung. 3.1.2, Nutzung des Unterbewusstseins zur Werbegestaltung: Trotz der Bedeutung des Bewusstseins für Lernvorgänge ist heute wissenschaftlich belegt, dass auch unbewusst wahrgenommene Geschehnisse maßgeblich das menschliche Handeln, Fühlen und Entscheiden beeinflussen. Die Tatsache, dass das Limbische System an solchen Prozessen beteiligt ist, stärkt diese Erkenntnis auf neuronaler Ebene. Es soll nun mithilfe des Priming-Effekts erläutert werden, wie sich die Marketingpraxis die unbewusste Verarbeitung von Informationen zunutze machen kann. Der Begriff 'Priming' (auch Bahnung) bezeichnet eine unbewusste, implizite Form des Lernens und Erinnerns. Laut Smith und Kosslyn kommt dem Priming eine zentrale Rolle im nicht-deklarativen Gedächtnis zu. Der Mensch wird durch Erfahrungen und Eindrücke beeinflusst, ohne sie bewusst wahrzunehmen. Voraussetzung ist eine erste Konfrontation mit einem Objekt oder Ereignis, bei der die eingehenden Stimuli vom Konsumenten nur unterhalb der Bewusstseinsschwelle verarbeitet werden. Erfolgt anschließend eine erneute Konfrontation mit dem gleichen Reiz, wird dieser schneller und genauer verarbeitet. Die Wahrscheinlichkeit der Wiedererkennung steigt an. Soldan et al. untersuchten die neuronalen Grundlagen des Effekts in einer fMRI-Studie. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Hirnaktivität auf einen Reiz bei vorherigem Priming geringer ist, als wenn den Probanden neue Stimuli präsentiert werden. Die geringere Hirnaktivierung durch Wiederholung wird als 'Repetition Suppression' bezeichnet. Die Studie gibt Aufschluss darüber, dass Priming neurologisch auf einer Entlastung des Gehirns beruht. Verarbeitungs- sowie Erkennungsprozesse laufen bei mehrfacher Konfrontation mit einem Reiz automatisierter ab. Der Priming-Effekt ist am stärksten, 'when the two relevant pieces of information are presented in a similar manner'. Handelt es sich beim Erstkontakt um einen visuellen Stimulus, sollte auch der folgende Kontakt visueller Art sein; Gleiches gilt für auditive Informationen. Priming funktioniert jedoch nicht nur bei Wiederholung derselben Objekte. Der Effekt kann auch durch Objekte mit Bezug zueinander hervorgerufen werden, zum Beispiel 'Arzt' und 'Krankenschwester'. Die Erklärung hierfür liegt in deren 'mental connection'. Das Korrelat zu dieser mentalen Verbindung auf Ebene des Gehirns ist die Speicherung von Objekten in neuronalen Netzen, die später eingehender behandelt wird. Aus diesen Studien zur unbewussten Wahrnehmung ergeben sich Implikationen für die Werbegestaltung. Besonders in der Radio- und Fernsehwerbung findet das Priming Anwendung: In diesen Medien werden Werbeanzeigen häufig in der Abfolge A-B(-C)-A gesendet. Dabei steht jeder Buchstabe für eine bestimmte Marke. Wird die Werbung der Marke A vom Konsumenten beim Erstkontakt nicht bewusst wahrgenommen, findet trotzdem eine erste, unbewusste Verarbeitung statt. Nach ein bzw. zwei Anzeigen anderer Marken (B bzw. C) wird die Werbung der Marke A in selbiger oder ähnlicher Form wiederholt. Das vorherige Priming führt zu einer Steigerung der Wahrscheinlichkeit, dass sie Aufmerksamkeit erregt, bewusst wahrgenommen und gespeichert wird.
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