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Albatross Books

Ein Pionier des modernen Taschenbuchs

AutorCharmaine Gamisch
VerlagMainzer Institut für Buchwissenschaft
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783945883372
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
In ihrer Abschlussarbeit Albatross Books - Ein Pionier des modernen Taschenbuchs, hat sich Charmaine Gamisch mit dem Hamburger Verlagshaus Albatross Books beschäftigt. Durch vergleichende Analysen mit dem Bernhard Tauchnitz Verlag und Penguin Books, werden die Besonderheiten des Albatross Verlages herausgearbeitet, dessen Konzept großen Einfluss auf den Siegeszug des Taschenbuchs nach dem Zweiten Weltkrieg gehabt hat. Hervorzuheben ist eine 474 Titel umfassende Bibliografie des Verlages, die für diese Arbeit erstmals erstellt wurde. Diese Arbeit ist Teil der Reihe Initialen, in deren Rahmen herausragende Abschlussarbeiten der Mainzer Buchwissenschaft veröffentlich werden.

Charmaine Gamisch, 1992 in Wiesbaden geboren und im Rheingau aufgewachsen, studierte Buchwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Durch ihre Arbeit Albatross Books - Ein Pionier des modernen Taschenbuchs, erlangte sie 2015 den Bachelor of Arts, auf den 2016 der Master in Mainz folgen soll.

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2Albatross Books


2.1 Zur Geschichte des Verlags


Die Firma The Albatross Verlag Hamburg GmbH wurde 1931 von John Holroyd-Reece und Christian Wegner gegründet und von Letzterem aus Paris geleitet.[18] Der Verlag wurde am 12. November 1931 in das Handelsregister Leipzig eingetragen und von Amts wegen am 29. Juli 2013 gelöscht.[19] Gerade in englischen Quellen ist in diesem Zusammenhang teilweise von Max Wegner die Rede, wobei es sich um die gleiche Person handelt. Christian Wegner hieß mit vollem Namen Max Christian Wegner.[20] Dies kann durchaus zu Verwirrungen und Irrtümern führen. Auch da es mehrere Eigentümer des Verlags gab, ist die Angabe zu den Gründern des Verlags unterschiedlich. Während Christian Wegner selbst in einem Zeitungsartikel schreibt: »So wagte ich es schon 1931 mit Hilfe englischer Freunde, einen neuen Verlag in Hamburg und Paris zu gründen«[21], ist Christian Wegner in Michael Bhaskars The Content Machine als Mitgründer des Verlags nicht erwähnt. Der Autor erwähnt lediglich Kurt Enoch in Kooperation mit dem italienischen Verleger Arnoldo Mondadori und John Holroyd-Reece.[22]

Die finanzielle Unterstützung erhielt der Verlag durch Sir Edmund Davis, während Kurt Enoch für den Vertrieb verantwortlich war.[23] Auch die Werbung soll in seinen Händen gelegen haben.[24] Laut anderen Aussagen war Enoch darüber hinaus auch Teilhaber des Verlags[25], wie oben bereits erwähnt. Das eine schließt zwar das andere nicht aus, es ist jedoch ein großer Unterschied. Enoch stammt aus einem »liberalen jüdischen Elternhaus«[26], was bedeutet, dass er in Deutschland aufgrund seiner Herkunft durch den Aufstieg des Nationalsozialismus unter Beobachtung stand und Repressalien ausgesetzt war. Das war für den international agierenden Albatross Verlag auch von wirtschaftlicher Bedeutung. Enoch betreute den Vertrieb der Albatross Bücher von Hamburg aus, wo auch sein eigener Verlag beheimatet war.[27]

Wie sehr sich der Einfluss des Nationalsozialismus auf den deutschen Buchhandel in inhaltlicher, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht auswirkte, belegt die Tatsache, dass Kurt Enoch gezwungen war seinen eigenen Verlag 1936 zu verkaufen und zunächst nach Paris und 1940 in die USA auszuwandern.[28]

Wegen der Teilhaberschaft von Enoch musste sich der Albatross Verlag auch mit der Reichskulturkammer auseinandersetzen, die im dritten Reich die Arisierung des deutschen Buchhandels vorantrieb, im Sinne von Kon­trolle und Gleichschaltung. Nach dem Ausscheiden Enochs wurde Erich Kupfer Geschäftsführer der Firma.[29]

Kupfer war es auch, der im Zuge der Arisierung des Grieben Verlags dem jüdischen Verleger Viktor Goldschmidt ein Angebot zur Übernahme seines Verlags machte.[30] Dies wurde von der Reichskulturkammer argwöhnisch beobachtet:

[…] der Albatros [sic!]-Verlag habe zwar in Herrn Kupfer einen deutschen Geschäftsführer, der RSK-Mitglied sei, jedoch seien an der Firma in maßgebender Weise »englische Kreise« beteiligt, hinter denen wiederum Juden stünden.[31]

Aus den Schilderungen von Volker Dahm zu den Zahlungsmodalitäten bei der Übernahme des Grieben Verlags lassen sich zugleich Rückschlüsse auf die Vorgehensweise beim Ausscheiden von Kurt Enoch aus dem Albatross Verlag ziehen. Dazu gehört die Ablösung von Geschäftsanteilen und der Ansprüche aus seinem Anstellungsvertrag zu einem geringen Teil als Barauszahlung und zu einem größeren Teil als Warenlieferung ins Ausland. Dieser Verfahrensweise hatte im Falle Enochs die Reichsschrifttumskammer zugestimmt.[32]

Albatross, der bei den Nationalsozialisten wegen der englischen Teilhaberschaft als ausländischer Verlag galt, unterhielt auch geschäftliche Beziehungen nach Italien. Denn das Design erhielten die Bücher von Hans Mardersteig, auch Giovanni Mardersteig genannt, der zu dieser Zeit Art Director der italienischen Druckerei Mondadori war, deren Inhaber Arnoldo Mondadori den Vorsitz des Vorstands der Firma The Albatross Verlag Hamburg GmbH inne hatte.[33] In Bezug auf die Gestaltung der Bücher verweisen andere Quellen, wie zum Beispiel Folgende, zu den Anfangsjahren des Verlags auch auf den Einfluss von Kurt Enoch:

Wohl zu einem wesentlichen Anteil war es dem für Vertrieb und Werbung zuständigen Enoch zu verdanken, dass neben ihrem wegweisenden Format gerade das charakteristische Aussehen und die sorgfältige Ausstattung der Albatross-Bücher zu Erfolgsfaktoren wurden.[34]

In den Büchern des Verlags gibt es Hinweise darauf, dass einige Bücher in Italien gedruckt wurden, andere wiederum in Deutschland. Die italienischen Druckerzeugnisse wurden in Verona von Arnoldo Mondadori gedruckt. Die Bücher, die in Deutschland gedruckt wurden, entstanden in der Druckerei Oscar Brandstetter, wie aus dem Impressum verschiedener Albatross Bände hervorgeht.

Der Albatross Verlag war insgesamt eine Firma, in der sehr unterschiedliche Persönlichkeiten von verschiedenen Standorten aus arbeiteten. Dies zeigt, dass der The Albatross Verlag Hamburg GmbH ein international agierendes Verlagshaus war.

Passend dazu ist auch der Verlagsname The Albatross. Es handelt sich hierbei um die englische Bezeichnung für den Seevogel Albatros. Einen englischen Namen für einen Verlag zu wählen, der englische Literatur verlegt, war naheliegend. Die Wahl dieses Verlagsnamens ist aber darüber hinaus für den internationalen Verlag deshalb sinnvoll, da der Name des Vogels in verschiedenen Sprachen ähnlich ist und aufgrund dessen einen hohen Wiedererkennungswert besitzt.

Des Weiteren handelt es sich bei einem Albatros um einen Vogel mit einer großen Spannweite, die als Symbol für das breite literarische Angebot des Albatross Verlags gedeutet werden kann, auf welches im Späteren eingegangen wird.

Außerdem kann die Wahl des Verlagsnamens auch mit dem Konzept des Verlags in Verbindung gebracht werden, das im Folgenden erläutert wird.

2.2 Das Konzept des Verlags


Bereits in den zwanziger Jahren, hat sich Christian Wegner mit der Problematik beschäftigt, gute Literatur zu günstigen Preisen einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen.[35] Der Taschenbuchverlag The Albatross Verlag Hamburg GmbH kann als praktischer und wirtschaftlich tragfähiger Lösungsansatz für Christian Wegners theoretische Überlegungen gewertet werden.

Um die Bücher durch günstige Preise einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen, war es notwendig Kosten einzusparen. Taschenbücher waren und sind heute immer noch durch ihren flexiblen Einband und ihre einfache Gestaltung und Ausstattung in der Herstellung günstiger. Des Weiteren ist es durch eine höhere Auflage möglich, nochmals den Preis zu senken. Die Bände der Albatross Books wurden bereits für 1,80 Reichsmark angeboten. Diese Preise variierten je nach Umfang. Es ist auffällig, dass ab einer Seitenzahl von etwa 350 Seiten der Preis um eine Reichsmark erhöht wurde. Demnach wurden diese Werke für 2,80 Reichsmark verkauft, was wahrscheinlich den höheren Herstellungskosten durch den Papierpreis geschuldet war. Über den aber insgesamt moderaten Preis war es möglich, die Zielgruppe für diese Art der Literatur zu vergrößern, da mehr Personen, die lesen wollten, sich diese Bücher auch leisten konnten. Wegners Geschäftsmodell, die Erweiterung der Leserschaft, war dadurch möglich. Um die Buchpreise in Relation zu setzen, muss man sich vor Augen führen, dass das durchschnittliche Jahreseinkommen 1932 bei 1.651 Reichsmark lag[36] und zum Beispiel der durchschnittliche Stundenlohn eines Facharbeiters im Buchbindergewerbe 0,89 Reichsmark[37] betrug. Das Einkommen von Beamten variierte etwa zwischen 200 und 900 Reichsmark in der höchsten Besoldungsgruppe pro Monat.[38] Aus dem Nürnberger Jahrbuch 1932 geht des Weiteren hervor, dass eine alleinstehende Person jährliche Lebenshaltungskosten von mindestens 1.358 Reichsmark hat und ein Ehepaar mit einem Kind mit mindestens 1.694 Reichsmark Lebenshaltungskosten rechnen muss.[39] Geht man davon aus, dass es in anderen Städten ähnliche Löhne und Kosten gegeben hat, ergibt sich daraus, dass in Deutschland lebende Personen wenig bis gar kein Geld für nicht lebensnotwendige Güter ausgeben konnten.

Aufgrund der Wirtschaftslage in den Gründungsjahren des Albatross Verlags und der vorangegangenen Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, wurde demnach alles, was nicht zum täglichen Bedarf notwendig war, zum Luxusgut – auch Bücher.

Die Wirtschaftskrise hatte nicht nur Auswirkungen auf das Leben deutscher Bürger, sondern auch auf andere Länder Kontinentaleuropas und somit auf den ganzen Markt, den der Albatross Verlag bediente.

Um in dieser Situation noch Chancen auf dem Markt zu haben, müssen Verlage ihre Bücher möglichst günstig produzieren und anbieten. Dieser Zwang war zweifellos eine Triebfeder zur Entwicklung des Taschenbuchs und gehört damit auch zum Konzept des Verlags.

Die Idee des Verlags, Taschenbücher in englischer Sprache zu verlegen, war um 1930 wohl sehr fortschrittlich und erfolgreich, wie der Bernhard Tauchnitz Verlag zuvor bewiesen hatte. Von dem fast beispiellosen Erfolg der günstigen Taschenbuchreihen waren auch die Buchhändler überrascht, denn es hatte die...

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