Zunächst ist es wichtig, den Begriff Prävention näher zu bestimmen und zu definieren.
Als Prävention (von lateinisch „praevenire“ = zuvorkommen, verhüten)[6] wird eine Handlung bezeichnet, die einer Gefahr vorbeugen soll. Der Begriff wird in verschiedenen Bereichen verwendet, so z.B. in der Medizin, der Politik, der Kriminologie und in der sozialen Arbeit.
In der sozialen Arbeit wird dieser Begriff z.B. bei Suchtprävention, Gewaltprävention, Mobbingprävention, heute auch allgemeiner Gesundheitsförderung, herangezogen. Die Schule und ihre Tätigkeitsfelder zählen zur sozialen Arbeit und sind daher ein wichtiger Bereich für präventive Maßnahmen. Wie es der Titel dieser Arbeit schon verrät, wird hier die Sucht- und Drogenprävention, speziell die Alkoholprävention thematisiert.
Als Suchtprävention werden Maßnahmen zur Verhinderung oder Verminderung von Schäden durch den Konsum legaler und illegaler Drogen bezeichnet, aber auch von Schäden stoffungebundener Abhängigkeiten, wie z.B. übermäßigen Fernsehens oder unkontrollierten Essens. Kurz ausgedrückt dient Suchtprävention der Verhütung süchtigen Verhaltens.[7] Die Drogenprävention beschränkt sich auf die Verhütung von Drogenmissbrauch und -abhängigkeit. Auch wenn die Alkoholprävention in Bereich der Drogenprävention fällt, wird in dieser wissenschaftlichen Hausarbeit die Suchtprävention als Oberbegriff verwendet. Für die Gesundheitsförderung ist es wichtig, nicht nur stoffgebundene Abhängigkeiten zu thematisieren. Deshalb wird zunächst die Suchtprävention analysiert und untersucht, um dann den Bezug zur Alkoholprävention herzustellen.
Neben den präventiven Maßnahmen in der Schule sollte die Suchtprävention eine gesellschaftliche Haltung sein. Die alte Volksweisheit „ Vorbeugen ist besser denn heilen“ definiert und kommentiert den Stellenwert dieser wichtigen gesellschaftlichen Haltung und der daraus resultierenden Handlungen. Die Redensart verweist darüber hinaus auf die Abgrenzung des pädagogischen Handelns vom später einsetzenden therapeutisch-medizinischen Handeln. In diesem Zusammenhang differenzieren viele Autoren gerne in Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention:[8]
1. Primärprävention heißt früh angesetzte und langfristig angelegte Vorbeugung im Vorfeld einer Suchtgefährdung, z.B. in der Grundschule
2. Sekundärprävention ist die Hilfe für Gefährdete, für Risikogruppen, z.B. Alkoholprobierer, Gelegenheitsraucher
3. Tertiärprävention ist die Behandlung und Nachbetreuung von Suchtabhängigen, z.B. Alkoholkranken
Relevant für die Schule sind die Primär- und Sekundärprävention.
In ihren Strategien differenzieren sie nach kommunikativen Maßnahmen und strukturellen Maßnahmen. Kommunikative Maßnahmen wären z.B. Aufklärung, Stärkung der sozialen Kompetenz, Rollenspiel und Verbesserung der Unterrichtsatmosphäre. Strukturelle Maßnahmen wären z.B. Drogenkontaktlehrer, Selbsthilfegruppen, Verbot von Werbung und das Betäubungsmittelgesetz.
Um Suchtprävention oder speziell Alkoholprävention untersuchen zu können, müssen zunächst die Begriffe Sucht und Abhängigkeit definiert werden.[9]
Im alltäglichen Sprachgebrauch taucht der Begriff Sucht auf, wenn zwanghaftes Verhalten und Handeln beschrieben wird. Als süchtig wird dann ein übertriebenes Verhalten gegenüber beispielsweise dem Essen, Fernsehen oder Spielen beschrieben. Gemeint sind damit stoffungebundene Süchte. Auf der anderen Seite löst dieser Begriff auch Assoziationen aus, die mit negativen Konnotationen verbunden sind, wie z.B. Krankheit, Kontrollverlust und Leid.
Wird der Begriff Sucht etymologisch untersucht, so trifft man auf das mittelhochdeutsche Wort „siech“, das krank bedeutet.[10] In diesem Zusammenhang wird in der Öffentlichkeit von Abhängigkeit und Drogenkonsum gesprochen. Gemeint sind damit vor allem Süchte, die an Stoffe / Substanzen gebunden sind, wie Heroin, Kokain, Alkohol, Tabak / Nikotin oder Aufputschmittel. Diese stoffgebundene Auffassung von Sucht wurde 1964 auf Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch den Begriff Drogenabhängigkeit ersetzt.
Drogenabhängigkeit wurde nun definiert als „ein[en] Zustand, der sich aus der wiederholten Einnahme einer Droge ergibt, wobei die Einnahme periodisch oder kontinuierlich erfolgen kann. Ihre Charakteristika variieren in Abhängigkeit von der benutzten Droge [...]“[11] Unter Drogen im engeren Sinne sind jene Mittel stofflich-chemischer Art zu verstehen, die durch ihre psychophysischen Effekte Erlebniszustände, wie z.B. Rauschzustände und angenehme Weltwahrnehmung, auslösen und aus diesem Grund menschliche Bedürfnisse so weit binden können, dass es zu einer Abhängigkeit von der Droge kommen kann.[12]
Gemäß den Richtlinien der WHO zur Klassifizierung der Krankheiten (International Classification of Diseases, ICD) ist Abhängigkeit ein in verschiedenen Formen ausgeprägtes Angewiesensein auf bestimmte Substanzen oder Verhaltensweisen. Die Formen wären zum einen die physische, zum anderen die psychische Abhängigkeit. Die Spannbreite geht dabei von einfachen Gewohnheiten bis hin zur Abhängigkeit mit enormem Zerstörungspotential.
Die physische und psychische Abhängigkeit kann nach dem folgenden Kriterienkatalog festgestellt werden:[13]
1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, die Substanz zu konsumieren;
2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Substanzkonsums;
3. Substanzgebrauch mit dem Ziel, potentielle Entzugssymptome zu vermeiden oder akute Entzugssymptome zu mildern;
4. Ein körperliches Entzugssyndrom nach Absetzen des Substanzgebrauchs;
5. Entwicklung und Nachweis einer Toleranz (Der Betroffene muss immer mehr von einer Substanz einnehmen, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Die Dosis muss immer mehr gesteigert werden.);
6. Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit der Substanz, wie beispielsweise die Tendenz, die Substanz nicht nur an den Wochenenden sondern auch an Werktagen zu konsumieren und die Regeln eines gesellschaftlich üblichen Konsumverhaltens (kulturabhängig) außer Acht zu lassen;
7. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen oder Vergnügungen zugunsten des Substanzkonsums (Verschiebung der Prioritäten);
8. Anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen. Die schädlichen Folgen können körperlicher Art sein (z.B. Leberschädigung durch exzessiven Alkoholkonsum), oder sozialer Art (z.B. familiäre Trennung oder Arbeitsplatzverlust) oder psychischer Art (z.B. depressive Zustände nach Abklingen der Substanzwirkungen).
Sind drei oder mehr der acht Punkte innerhalb der letzten Monate erfüllt, dann ist der Betroffene abhängig.
Die Punkte (3), (4) und (5) definieren die körperliche Abhängigkeit. Sind unter den
zutreffenden Punkten die Punkte (3), (4) oder (5) enthalten, dann ist eine körperliche Abhängigkeit angezeigt, sind diese nicht enthalten, dann ist eine psychische Abhängigkeit gegeben. Die Kriterien zur Bestimmung einer Abhängigkeit orientieren sich also vor allem an den Folgen des Suchtverhaltens. Die Menge einer Substanz, die jemand konsumiert, ist für die Abhängigkeitsdiagnose nach ICD-10 unwichtig.
Sucht und Abhängigkeit werden noch immer synonym verwendet, nicht nur in der Presse, sondern auch in amtlichen Publikationen, wie dem „Drogen- und Suchtbericht“ der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Frau Sabine Bätzing.[14]
Durch die Einführung des Abhängigkeitsbegriffs wird die Suchtproblematik auf die stoffgebundene Abhängigkeit reduziert. Der Bereich der stoffungebundenen Süchte, der für die Suchtprävention von großer Bedeutung ist, da er süchtiges Verhalten als eine besondere menschliche Lebensäußerung sichtbar macht, wird gleichsam zu einer Nebensache. Daher empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für die schulische Sucht- und Drogenprävention, die Begriffe Sucht und Abhängigkeit nicht zu trennen. „Vielmehr sind sie im Unterricht in Beziehung zu individuellen und sozialen Lebenssituationen zu setzen, um erkennbar zu machen, wie sie zusammenhängen und was sie für die Freiheit von Denken, Fühlen und Handeln bedeuten.“[15]
Um die Alkoholabhängigkeit näher beschreiben zu können, ist es zunächst wichtig, den Stoff, seine Wirkungsweise, seine Risiken und seine Folgeschäden zu untersuchen.
Alkohol bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch den zu der Gruppe der Alkohole gehörenden Ethylalkohol, der durch Vergärung von Kohlenhydraten aus unterschiedlichen Grundstoffen gewonnen wird und eine berauschende Wirkung hat. Dieses Suchtmittel zählt zu denjenigen,...