Die Abkürzung ADHS steht im deutschen für „Aufmerksamkeits-Defizit / Hyperaktivität-Syndrom“. Es kennzeichnet einen Symptomkomplex, der heute sehr häufig im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert wird. Die Krankheit zeichnet sich durch folgende Verhaltensweisen aus:
Konzentrationsschwäche und Unaufmerksamkeit
Fehlende Impulskontrolle
Hyperaktivität
Dieses Verhalten entspricht nicht dem normalen altersgemäßen Entwicklungsstand des Kindes.
Der Begriff Syndrom bedeutet, dass eine bestimmte mitlaufende Gruppe von Krankheitszeichen, die für ein bestimmtes Krankheitsbild mit meist uneinheitlicher oder unbekannter Entstehungsursache oder -entwicklung charakteristisch ist. (Pschyrembel, S. 1534)
Schon vor über 150 Jahren wurde dieses Syndrom erstmals in der Literatur beschrieben. Damals prägte in diesem Zusammenhang der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann den bis in das 20.Jahrhundert gebräuchlichen Begriff des „Zappelphillip“.
Später folgten Begrifflichkeiten wie das psycho-organisches-Syndrom (POS), die minimale cerebrale Dysfunktion (MCD) oder das hyperkinetisches Syndrom (HKS) nach ICD Klassifikation, sowie das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS). Da die Wissenschaft heute davon ausgeht, dass die Defizite in der Aufmerksamkeitsfokussierung prägnanter sind als die motorische Unruhe, daher gilt heute die Begrifflichkeit ADHS in Deutschland als gängige Beschreibung der Erkrankung.
„ADHS kann Kinder von den ersten Lebensmonaten bis ins Erwachsenenalter in vielen Lebensbereichen beeinträchtigen.“ (Brandau, Pretis, Kaschnitz, S. 12)
Wie bereits erwähnt sind nach empirischen Forschungen Jungen drei- bis neunmal häufiger betroffen als Mädchen. (Steinhausen, S.86), wobei die Ausprägung der einzelnen Symptome bei den Geschlechtern unterschiedlich gewichtet ist.
Mädchen scheinen im Gegensatz zu Jungen häufiger unter stärker ausgeprägten Aufmerksamkeitsproblemen zu leiden. Bei Jungen stehen hingegen die Hyperaktivität und unkontrollierte Gefühlsausbrüche im Vordergrund der Symptome. (Brandau, S. 26)
Die Erkrankung wird nach unterschiedlichen internationalen Klassifikationssystemen eingestuft. Das weit verbreitete Einstufungssystem für Erkrankungen, die ICD-10 (International Classification of Disease), benennt die Erkrankung noch heute Hyperkinetisches Syndrom (HKS) und hat im Gegensatz zum amerikanischen Klassifikationssystem für psychiatrische Erkrankungen DSM-IV eine andere Gewichtung der Kardinalsymptome Hyperaktivität und Impulskontrollenverlust.
Nach dem DSM-IV System, in dem die Erkrankung ADD (Attention Deficit Disorder) genannt wird, ist die Hyperaktivität ein Hauptmerkmal und ist nicht, wie im ICD-10, unabdingbar ein Kardinalsymptom. Im ICD-10 kann ohne das Auftreten der Hyperaktivität die Erkrankung nicht diagnostiziert werden. (Brandau, Pretis, Kaschnitz, S. 15)
Aufgrund dieser unterschiedlichen Gewichtung, unterscheidet zum Beispiel das DSM-IV die Erkrankung ADD (zu Deutsch: ADHS) in drei Subtypen:
Der vorwiegend unaufmerksame Typus mit prägnanter Unaufmerksamkeit, aber fehlender Impulsivität und Hyperaktivität
Der hyperaktive und impulsive Typ, bei dem jedoch die Unaufmerksamkeit nicht vorhanden ist
Der Mischtyp, bei dem Impulsivität, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit vorhanden sind (Reimann-Höhn, S.17)
Bei einer Unterscheidung in einen der Subtypen, die das DSM-IV vorgibt sollte beachtet werden, dass der Subtyp anhand des vorherrschenden Symptommusters der letzten sechs Monate eingestuft werden muss.
Die internationale Klassifikation von Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die ICD-10, kategorisiert das Störungsbild der ADHS unter dem Namen Hyperkinetisches Syndrom (kurz: HKS) ein.
Unter dem Kapitel Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend (F 90) wird die Erkrankung beschrieben. Folgende Merkmale kennzeichnen hiernach die zugrunde liegende Symptomatik:
früher Beginn, meist in den ersten fünf Lebensjahren
die Symptome sollten in mindestens zwei Lebensbereichen / Situationen (z.B. Schule und Familie oder in Untersuchungssituation) konstant auftreten. (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, S.1 aus www. Dokument)
Aufmerksamkeitsstörung und Tendenz zum schnellen Reizwechsel
Mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität
Impulsivität
Nach ICD-10 müssen sowohl Unaufmerksamkeit, Impulsivität als auch Überaktivität vorliegen. (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, S.1 aus www. Dokument)
Es sollte jedoch beachtet werden, „(...) dass die Aktivitäten im Verhältnis zu dem, was in der gleichen Situation von gleichaltrigen Kindern mit gleicher Intelligenz zu erwarten wäre, extrem ausgeprägt ist.“ (Brandau, Pretis, Kaschnitz, S. 14)
Zusätzlich können folgende Auffälligkeiten vorliegen:
Achtlosigkeit und fehlende Impulskontrolle
Wegen Achtlosigkeit erhöhte Unfallgefahr
Regelverstöße
Distanzstörungen in Beziehung zu den Eltern
Mangel an Vorsicht
Isolation durch die Gruppe
Kognitive Beeinträchtigung
Motorische und sprachliche Fehlentwicklungen
Sekundäre Komplikationen, die auch beobachtet werden, sind:
Dissoziales Verhalten
Niedriges Selbstwertgefühl
Weiter unterscheidet die ICD-10 in der Erkrankung noch unter den folgenden Codierungen:
Bei der so genannten Einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F 90.0) kann das Aufmerksamkeitsdefizit einzeln vorkommen.
Unter dem Code F 90.1 wird die Hyperkinetische Störung in Verbindung mit einem gestörten Sozialverhalten erfasst. Sonstige hyperkinetische Störungen sind in der Codierung F 90.8 verschlüsselt und die Bezeichnung F 90.9 steht für Hyperkinetische Störungen, die nicht näher bezeichnet sind.
Das amerikanische Klassifizierungssystem für psychiatrische Erkrankungen DSM-IV (ausgeschrieben: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) führt die Erkrankung, im Gegensatz zum Namen des hyperkinetischen Syndroms (kurz: HKS) im ICD-10, unter dem in, dieser Ausarbeitung, benutzten Begriff Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit oder ohne Hyperaktivität (kurz: ADHS / ADS).
Beide Systeme gehen von der grundlegenden Annahme aus, dass die Kardinalsymptome in verschiedenen Lebenssituationen auftreten können, jedoch unterschiedlich gewichtet beziehungsweise ausgeprägt sein können. (Döpfner, S. 152) Deshalb ist es bei der Diagnosestellung wichtig, Beurteilungen über das Verhalten des Kindes aus mehreren Lebensbereichen zusammenzutragen.
In beiden operationalisierten Kriteriensystemen müssen die Symptome über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestehen und gemessen an dem normalen Entwicklungsstand einer Gruppe Gleichaltriger herausragen. (Brandau, Pretis, Kaschnitz, S. 12)
Es gibt eine Auflistung von beispielhaften, auffälligen Verhaltensmerkmalen, so genannte diagnostische Leitlinien der drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Sie dienen der vereinfachten Diagnosefindung. Hier gibt es nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Klassifikationssystemen.
Jedoch gibt es ein wichtiges Kriterium im DSM-IV, in dem sich die...