Kapitel 6
Die biblische Diagnose des Problems
Durch den Sündenfall ist mit Adam und Eva und damit mit uns als ihren Nachkommen etwas passiert. Die Bibel drückt das so aus: “Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze” (vgl. 1. Mose 3, 7). In dem Moment als sie das Gebot Gottes übertraten und von der Frucht des verbotenen Baumes aßen, konnten sie zwischen Gut und Böse unterscheiden. Und sie erkannten, dass sie einen Mangel hatten. Ihnen fehlte etwas. Sie waren nackt. Sie nahmen wahr, dass sie Schwachstellen hatten und dass es das Dringendste war, diese Nacktheit zu bedecken. Zudem wurde ihnen ihre Bosheit bewusst. Sie hatten sich gegen denjenigen aufgelehnt, der sie geschaffen hatte, der sie in einen wunderbaren Garten (“Eden” = “Freude”) gesetzt hatte. Sie hatten mehr als genug zu essen. Die Schöpfung war ihnen untergeordnet worden. Und damit nicht genug. Gott hatte ihnen eine verantwortungsvolle Aufgabe und damit ihrem Leben einen Sinn gegeben. Sie waren als Ebenbild Gottes geschaffen, nur wenig niedriger als Gott selber. Sie konnten mit Gott reden, eine natürliche Beziehung und Gemeinschaft mit Gott pflegen. Dazu hatte sie Gott geschaffen. Und wenn das nicht genug gewesen wäre, hätte ihnen Gott vielleicht noch mehr gegeben. So gut war Gott zu ihnen! Und gegen diesen, ihren Gott, hatten sie gehandelt! Ein, zwei Sätze der Schlange hatten ihr Misstrauen, ihren Zweifel, ihre Lust, ihre Gier und damit letztlich ihren Ungehorsam und ihre Rebellion entfacht!
Und deswegen hatten sie nun Furcht, Gott zu begegnen. Und als sie seine Schritte hörten, wie er durch den Garten ging, da versteckten sie sich, Adam und Eva, alle beide, unter den Bäumen!
In dem Moment der Rebellion ist etwas ganz Gravierendes passiert. Da ist etwas zerbrochen, da ist etwas kaputt gegangen - nicht nur in der Beziehung zwischen Adam und Eva und ihrem Gott. Nein, da ist etwas zerbrochen und kaputt gegangen in dem Menschen selber.
Gott hatte gesagt: “… aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben” (1. Mose 2, 17).
Und an dem Tag, an dem Adam und Eva von diesem Baum gegessen haben, ist etwas an ihnen, ist etwas in ihnen gestorben!
Mit dem “Sterben Müssen” war nicht nur der leibliche Tod, das Sterben aus biologischer Sicht gemeint. Hier ging und geht es um mehr! In diesem Moment hat die Sünde, diese Macht, die ich bereits kurz beschrieben habe, die Herrschaft über den Menschen übernommen.
Ab jetzt beschreibt die Bibel die Menschheit als ein “verkehrtes, verdrehtes” Geschlecht. In Apostelgeschichte 2, 40 wird im griechischen Originaltext ein Wort benutzt, dessen Wortstamm wir heute in dem Fremdwort “Skoliose” gebrauchen. Wenn die Wirbelsäule eines Menschen schief und in sich verdreht ist, spricht der Orthopäde von einer Skoliose. Die Menschheit ist verkehrt und verdreht. Der Mensch hat sich abgewendet, weg gedreht von seinem Schöpfer. Er ist gefallen, Gott entfremdet, Gott fern. Sein natürliches Streben ist nun nicht mehr auf Gott, seinen Schöpfer, ausgerichtet. Sein Ziel ist es jetzt nicht mehr, Gott zu gefallen, mit ihm in Beziehung zu leben und die Aufgabe zu erfüllen, die Gott ihm gegeben hat. Nein, er hat sich umgedreht. Es dreht sich nur noch um ihn selber, er hat sich freigemacht von seinem Schöpfer. Er hat eine andere Richtung gewählt: Den Weg der Rebellion gegen Gott, das Leben ohne Gott, das Leben unter der Herrschaft der Sünde, des Bösen und des Todes!
Die Bibel bringt dies an verschiedenen Stellen knallhart auf den Punkt, indem es dort z.B. heißt:
“...das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf” (vgl. 1. Mose 8, 21 mit 1. Mose 6, 5).
“Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben” (Römer 5, 12).
“Auch ihr wart tot durch eure Übertretungen und Sünden, in denen ihr früher gewandelt seid nach der Art dieser Welt, unter dem Mächtigen, der in der Luft herrscht, nämlich dem Geist, der zu dieser Zeit am Werk ist in den Kindern des Ungehorsams. Unter ihnen haben auch wir alle einst unser Leben geführt in den Begierden unsres Fleisches und taten den Willen des Fleisches und der Vernunft und waren Kinder des Zorns von Natur wie auch die andern” (Epheserbrief 2, 1 - 3).
“Die Toren sprechen in ihrem Herzen:»Es ist kein Gott.« Sie taugen nichts; ihr Treiben ist ein Gräuel; da ist keiner, der Gutes tut. Der Herr schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, dass er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage. Aber sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben; da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer” (Psalm 14, 1-3).
So beschreibt die Bibel die Menschen. Abgewichen, allesamt verdorben, keiner der Gutes tut ...
Die Diagnose lautet “Sünde” und die Symptome der Sünde kennzeichnen uns und unsere Welt.
Die Gegenentwürfe
Viele haben es unternommen Gegenentwürfe zu der biblischen Weltsicht zu konstruieren. Das gilt nicht nur für die Frage der Entstehung der Welt und des Lebens auf ihr, wie wir bereits bei der kurzen Betrachtung der Evolutionstheorie gesehen haben, sondern auch in Bezug auf die Frage, was die Ursachen und Lösungen für die vielen Probleme sind, die unsere Gesellschaft und die ganze Menschheit betrifft. Die meisten älteren aber auch modernen Ansätze lassen sich wiederum auf eine evolutionäre Sicht auf diese Welt und den Menschen zurückführen. Im Gegensatz zur Bibel gehen diese Konzepte davon aus, dass der Mensch grundsätzlich gut ist. Allerdings könne man auf dieser Welt noch so einiges verbessern, müsse sich der Mensch einfach noch weiterentwickeln.
Als Ursachen für viele der derzeitigen Probleme werden z.B. angeführt: ungleiche Verteilung von Ressourcen und Technologien (Bodenschätze, fruchtbares Land, Wasser, Güter, Industrie, Geld usw.), Mangel an Erziehung und Bildung sowie mangelhafte Gesetze und Regeln und damit Ungerechtigkeit und Ausbeutung der Natur.
Würde man - so der Grundgedanke - diesen Mängeln konzentriert und global entgegenwirken, würden sich sowohl die äußeren Lebensbedingungen der Menschheit als auch der moralische und sittliche Standard der Menschen erheblich verbessern sowie alle sonstigen wesentlichen Probleme dieser Welt lösen lassen.
Trotz (vorübergehender) Erfolge in dem ein oder anderen Bereich müssen diese Ansätze jedoch in Summe und global gesehen bei nüchterner Betrachtung der Weltgeschichte und der aktuellen Situation in unserer Welt als gescheitert angesehen werden. Allein das 20. Jahrhundert mit zwei Weltkriegen und unzähligen lokalen Kriegen und Konflikten mit Millionen von unschuldigen Opfern spricht hier eine eindrucksvolle Sprache. Selbst heute, im 21. Jahrhundert, ist hier keine grundsätzliche Verbesserung der Welt zu erkennen. Ohne das “Böse” sind Diktatoren und Gewaltherrscher wie z.B. Stalin, Hitler, die nordkoreanischen Herrscher der letzten Generationen, der internationale Terrorismus sowie die weltweite Verfolgung von Menschen und die unzähligen Gräueltaten nicht zu erklären. Wo ist hier bei aller Industrialisierung und Fortentwicklung der Technologien ein Fortschritt bzw. eine Abnahme von Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen zu erkennen? Wir rühmen uns der Zivilisation und des Fortschritts - das Ausmaß der Umweltverschmutzung, der Zerstörung unserer Natur und das Aussterben der Arten ist jedoch heute ungleich höher als noch vor 50, 100 oder 1.000 Jahren. Viele werden sagen, dass dies mit dem Wachstum der Weltbevölkerung zusammenhängt. Fakt ist jedoch, dass sich der Mensch innerlich - d.h. moralisch und sittlich - in keiner Weise positiv fortentwickelt hat und dass dadurch letztlich das Teilen der Ressourcen, der Nahrungsmittel usw. nicht funktioniert. Insbesondere in den Ländern der ersten Welt, den technologisch und wirtschaftlich am meisten entwickelten Ländern mit hohen Bildungsstandards, erleben wir einen zunehmenden Verfall der Werte und Sitten, ein Auseinanderbrechen von Familien, einen Verlust des Gemeinsinnes und die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.
Wenn - so wie es die Bibel sagt - das Problem des Menschen von innen kommt, im Inneren des Menschen liegt, sein Wesen und seine Ausrichtung verdreht und entstellt ist, dann ist es klar, dass die oben geschilderten menschlichen Gegenentwürfe mit ihren Lösungskonzepten letztlich nicht greifen können (vgl. ebd. sowie 1. Mose 6, 5; Römer 3, 13 - 17; Römer 1, 21; Römer 7, 18 + 19 + 24). Damit wird nur an den Symptomen angesetzt, aber die Ursache nicht beseitigt.
Am Ende werden wir feststellen müssen, dass der Mensch sich nicht selber an den Haaren aus dem Sumpf ziehen kann.
Das hoffnungsfrohe, mutige und selbstbewusste “Yes, we can!” ist und bleibt eine populäre Illusion und realitätsfremd.
Gottes Wort hingegen beschreibt den Menschen als unfähig sich selbst zu retten und als verloren. Seine Krankheit ist unheilbar! Die Bibel ist an dieser Stelle, anders als viele behaupten, durchaus sehr realistisch.
Diese Sichtweise ist allerdings für unzählige Zeitgenossen extrem unbequem, anstößig und letztlich unerträglich. Sie wird als ungerechtfertigte Anklage und Verurteilung empfunden und deshalb rigoros als...