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E-Book

Andreas Gabalier

Aus dem Leben des Volksrock'n'Rollers

AutorThomas Zeidler
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783864136023
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Carmen Nebel nennt ihn den »schärfsten Schürzenjäger der Alpen«, Sido gesteht, dass er völlig zu Recht von Gabalier von Platz 1 der Albumcharts verdrängt wurde, und wir alle sind uns wohl einig: Andreas Gabalier ist das Heißeste, was die Volksmusik derzeit zu bieten hat. Er ist VolksRock'n'Roller, Mädchenschwarm - und der am Boden gebliebene, nette Typ von nebenan zugleich. In dieser intimen Biografie hat Thomas Zeidler Gabaliers unglaublichen Aufstieg vom steirischen Lausbua zum Superstar detailliert nachgezeichnet - mit spannenden Anekdoten aus der Kindheit, seiner tragischen Familiengeschichte, vielen Fotos und Erzählungen der engsten Freunde und Verwandten und natürlich von Andreas Gabalier selbst. Ein Muss für jeden Fan.

Thomas Zeidler, geboren 1968, gehört zu den wichtigsten Musik- und Societyexperten Österreichs. Er kennt Andreas Gabalier schon seit vielen Jahren und durfte den VolksRock'n'Roller nicht nur beruflich, sondern auch ganz privat begleiten.

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Leseprobe

Die Tragödie


»Mann zündet sich an.«


»Vor seinem Haus in der (…)straße übergoss sich in der Nacht auf gestern ein 52-jähriger Grazer mit Benzin – und zündete sich dann an. Nachbarn hörten seine Schmerzensschreie, alarmierten Feuerwehr und Rettung. Doch der 52-Jährige starb eine halbe Stunde nach seiner Einlieferung im LKH an den schweren Verbrennungen.«

Diese erschütternde Lokalmeldung erschien am 3. August 2006 auf Seite 24 der Kleinen Zeitung in Graz. Für die Familie Gabalier stand dahinter ein unfassbarer Schock. Wilhelm Gabalier, der vierfache Vater, hatte in der Nacht vom 1. auf den 2. August 2006 den Freitod gewählt. Er hatte sich ohne jegliche Vorwarnung im Garten der Gabaliers mit Benzin übergossen und sich angezündet. Einen Abschiedsbrief hinterließ er nicht. »Ich war nicht zu Hause, als das Unglück passierte, und unterschätzte die Lage zunächst«, erinnert sich der älteste Sohn Willi an das schreckliche Geschehen. »Vater wurde vom Rettungsdienst abgeholt, Mutter war völlig aufgelöst. Ich rief im Krankenhaus an. Ich wusste, dass Vater Verbrennungen erlitten hatte, doch ich dachte nicht, dass er daran sterben würde. Willi Gabalier, der damals kurz vor seinem 25. Geburtstag stand, fiel dann auch die entsetzliche Aufgabe zu, die Familie vom Tod des Vaters zu unterrichten. »Das war das Schlimmste – der Mutter und meinen Brüdern diese unfassbare Nachricht mitzuteilen.«

Andreas jobbte damals wie in jedem Sommer am Wörthersee. Durch den Anruf des Bruders wurde seine von Leichtsinn, Liebschaften und Motorbootfahrten geprägte Ferienidylle jäh unterbrochen. »Wir alle waren verzweifelt, als uns diese Nachricht erreichte. Wir standen vollkommen unter Schock. Unser Familienleben war äußerst harmonisch, wir waren fast eine Vorzeigefamilie. Vater war immer ein fröhlicher Mensch gewesen. Für seinen Selbstmord hatte es keine Anzeichen gegeben. Natürlich fragt man nach dem Warum. Wir haben bis heute keine Antwort darauf. Es war sein Wille, das muss man, so schwer es auch fällt, akzeptieren«, versucht Andreas das Unfassbare zu erklären. Ein kleiner Trost für ihn war die Tatsache, dass sein Vater den Freitod gewählt hatte und nicht durch einen Unfall aus dem Leben gerissen wurde. »Das klingt zwar komisch, aber diese Tatsache hat mir doch Trost gespendet. Dass er nicht durch ein Unglück aus dem Leben gerissen wurde, obwohl er gerne weitergelebt hätte. Er hat sich selbst dafür entschieden.«

Ohne zu packen, setzte sich Andreas in seinen klapprigen Golf II und fuhr nach Graz – in eine Realität, die grausam anders war als das sommerliche Highlife am Wörthersee. »Ich fühlte mich wie ferngesteuert. Ich hörte im Auto meine Lieblingslieder von STS und Rainhard Fendrich und konnte vor Weinen kaum das Steuer halten.« Auch für Willi Gabalier bleibt die Tragödie unfassbar: »Mein Vater war ein humorvoller Mensch, er wurde eigentlich von allen gemocht. Natürlich gab es wie in jeder Familie auch bei uns gelegentlich Streit, doch dieser bot sicherlich keinen Grund, sich das Leben zu nehmen.« Auch die Umstände der Selbsttötung bringen den ansonsten so lebensfrohen Tanzstar heute noch oft ins Grübeln: »Ich frage mich stets: Wenn er sich schon zum Freitod gedrängt sah, warum wählte er dann nicht eine andere Art und Weise? Üblicherweise denkt man doch bei Selbstmord an Wege, die schnell zum Ziel führen. Denn warum sollte man sich noch quälen, wenn man gehen will? Wenn einen das Leben schon quält?«

Der schreckliche Tod des Vaters zerstörte das friedliche Idyll am Grazer Stadtrand. Statt der fröhlichen Unbeschwertheit, die die Familie Gabalier bisher in die Nachbarschaft getragen hatte, hing ein schwerer Nebel der Trauer über St. Peter. Am 9. August wurde Wilhelm Gabalier auf dem Ortsfriedhof Graz-St. Peter beigesetzt. Andreas, Willi, die Mutter Huberta, die kleine Schwester Elisabeth und der damals erst zwölfjährige Toni weinten an dem kleinen Familiengrab am steilen Hang des Friedhofs bittere Tränen. Auch die aus Kärnten und aus der Steiermark angereisten Verwandten waren in tiefer Trauer. Der Leichenschmaus wurde, wie zuvor die vielen fröhlichen Familienfeiern, im Gasthaus Zur Schmied’n abgehalten. Statt des Lachens, das das heimelige Zirbenstüberl sonst erfüllt hatte, herrschte nun schicksalsschweres Schweigen. »Es war gespenstisch. Alle saßen mit versteinerter Miene da, die Mama hat die ganze Zeit nur geweint und es wurde kaum gesprochen«, erinnert sich Willi Gabalier.

Im Umfeld wurde dagegen getuschelt. Schnell munkelten böse Stimmen in der Nachbarschaft, Wilhelm Gabalier hätte seine Arbeit verloren gehabt. Auch von Schulden war die Rede und es kursierte sogar das böse Gerücht, der Vater habe immer wieder die Hand gegen seine Kinder erhoben. Keine dieser Behauptungen war wahr. Huberta Gabalier hatte nicht nur mit diesen Unterstellungen zu kämpfen, sondern auch mit der Sorge um ihre Kinder: »Ich hatte nach dem Tod meines Mannes sehr viel Angst – vor allem um Andy und Elisabeth.« Die quälende Frage, warum sich Wilhelm Gabalier zu der schrecklichen Tat entschlossen hatte, ließ sie nächtelang nicht schlafen und ihr ganzes Leben überdenken. »Ich bin sehr religiös und stellte nach dem Unglück vieles infrage. Dennoch half mir vor allem mein Glaube, diese furchtbar schwere Zeit zu überstehen.« Während die Mutter oft tagelang nicht in der Lage war zu sprechen, übernahm Willi die Rolle als Familienoberhaupt: »Plötzlich war ich der älteste Mann im Haus und musste mich um viele Dinge kümmern. Ich erledigte die zahlreichen Behördengänge und versuchte, meine Mutter und meine jüngeren Geschwister zu unterstützen.«

Andreas sucht Trost


Nach dem entsetzlichen Ereignis ging Andreas immer seltener in die Schule und hielt sich oft in den Bergen auf. Nach dem Tod seines Vaters konnte er sich nicht mehr auf das Lernen konzentrieren. »Eines Tages suchte ich spontan das Musikhaus Strasser auf und erkundigte mich, ob ich mir eine Harmonika ausleihen könnte. Ich wollte wissen, ob mir das Instrument überhaupt liegt.« Die Neugier auf die Harmonika wurde durch Andreas’ steirische Verwandtschaft inspiriert. »Meine Cousine und mein Cousin aus der Obersteiermark lernten bereits in ihrer Kindheit, Harmonika zu spielen. Mir gefiel dieses Instrument immer sehr.« Doch Andreas’ Weg zu den ersten Musikstücken auf der Harmonika war steinig: »Ich habe mich damals immer auf eine Wiese gesetzt, um an einem Ort zu spielen, an dem mich keiner hören konnte. Wochenlang habe ich auf dem Instrument herumgedrückt, bis irgendwann etwas Vernünftiges dabei herauskam. Für mich war dieses Proben wohl auch eine Art Verarbeitungsstrategie. Nur so konnte ich den Schicksalsschlag aufarbeiten.« Zum ersten Mal fand Andreas in der Musik inneren Frieden. Sie war Seelenbalsam für ihn. Die Steirische Harmonika wurde sein bester Freund. Sie war ihm Mittel gegen die Verzweiflung und bot ihm Trost.

In jener Zeit kam die Steiermark-Oma immer öfter nach Graz, um im Haushalt zu helfen, der Familie Halt zu geben und sich um Andreas und Elisabeth zu kümmern. »Die ganze Familie litt unter dem Geschehenen. Ich fuhr damals häufig zu meinem Lieblingsenkel Andreas und versuchte ihn aufzumuntern. Ich wollte ihn beschützen. Ich hatte große Angst um ihn, bangte sehr um ihn«, blickt Maria auf die schwere Zeit zurück. Die Tragödie schweißte Andreas und seine Großmutter noch enger zusammen. »Ich brachte ihm bei, dass man alles verlieren kann, nur die Heimat nicht. Wir hatten immer nur die Familie. Und gerade nach diesem Schicksalsschlag gewann sie für uns an Bedeutung.« Zwei Jahre lang kämpften die Gabaliers um die Rückkehr zur Normalität. Huberta Gabalier erlebte diese Zeit gefangen in einem dichten Schleier der Trauer. »Ich bin in Rente, seit es mir damals körperlich so schlecht ging. Meine Seele weinte.« Die größten Sorgen machte sie sich um die beiden »Papa-Kinder« Andreas und Elisabeth. »Ich beobachtete jeden Schritt, den sie taten.« Auch Willi Gabalier sorgte sich vor allem um seine kleine Schwester. Gerade 16 Jahre alt geworden, kam sie mit dem Selbstmord des Vaters am schlechtesten zurecht. Sie kapselte sich von der Familie ab und suchte bei ihren Freunden und im Alkohol Trost. »Da ich Angst hatte, Elisabeth könnte irgendetwas Schreckliches tun, wenn sie getrunken hatte, folgte ich ihr oft mitten in der Nacht. Ich ging ihr nach, wenn sie mit Freunden unterwegs war, um nach dem Rechten zu sehen«, sagte sich Willi: Elisabeths Lieblingsbruder Andreas bereitete ihr mit seinen ersten Songs Mit Dir und Steirerland, die er im Nachbarskeller einspielte, ein wenig Freude.

Das Unfassbare geschieht


Trotz der Fürsorge und der unendlichen Liebe kam Elisabeth mit dem Leben nicht mehr zurecht. Im Spätsommer 2008 folgte sie im Alter von gerade einmal 19 Jahren ihrem Vater nach. Am Vortag hatte sie noch mit Huberta und Willi einen Waldspaziergang unternommen. Ein fröhlicher Familienausflug, bei dem gemeinsam gegessen und viel gelacht und geredet wurde. Die schreckliche Tragödie um den Vater war an jenem Tag kein Thema. »Wir dachten, Elisabeth hätte es nun geschafft, aber wir täuschten uns«, erinnert sich Huberta Gabalier mit Tränen in den Augen.

Während der Rest der Familie schlief, schlich sich Elisabeth mitten in der Nacht in die Garage, holte einen Benzinkanister und zündete sich im Garten an. Sie starb auf dieselbe grausame und unverständliche Art wie ihr Vater. Erneut gab es keine Erklärung, keinen Abschiedsbrief. »Meine Schwester war ein typisches Papa-Kind. Für sie war sein Tod eine große emotionale Kränkung. Sie fragte...

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