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Antisemitismus und die Bildungspolitik der Weimarer Republik: Exklusion jüdischer Kinder und Schüler vor dem Hintergrund der reformpädagogischen Entwicklung

AutorReiner Stöver
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl49 Seiten
ISBN9783958207295
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Am Phänomen des Antisemitismus ist in vielfältiger Weise wissenschaftlich gearbeitet worden. Auch in der Gegenwart ist diese Erscheinung immer noch verbreitet. Die Anfänge und Ausprägungen des Antisemitismus reichen bis weit vor Beginn der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland zurück. Mit der Frage, wie diese Erscheinung jedoch im spezifischen Zeitrahmen der Weimarer Republik unter Berücksichtigung der damaligen schulpolitischen Gegebenheiten schon zu einer Exklusion von jüdischen Kindern und Schülern führen konnte, beschäftigt sich das vorliegende Buch. Schließlich stand die erste demokratische Deutsche Republik unter dem Zeichen des Aufbruchs und neuen reformpädagogischen Ansätzen im Bildungsbereich. Als Vertreter solcher Ansätze beleuchtet der Autor die Bildungsansätze und Theorien dreier Reformpädagogen. Doch die Neuerungen reichten anscheinend nicht aus, um rechtsnationale Kräfte und radikale Rechte mit ihren antisemitischen Feinbildern aus den Klassenzimmern dieser Ära herauszuhalten. Im Fokus der Studie steht das Ziel herauszufinden, ob schon im Bereich der Primär- und Sekundärsozialisation gedanklich sowie reale Verbindungen von antisemitischen und rechtsnationalen Vorstellungen bestanden, die letztendlich schon im Schulsystem den Ausschluss jüdischer Kinder zur Folge hatten. Gleichzeitig wird in diesem Zusammenhang der Begriff des Antisemitismus einer näheren Definition unterworfen. Damit soll veranschaulicht werden, dass dieser verschiedene Ausprägungen ausweisen kann. Die im untersuchten Zeitrahmen vorherrschenden gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen werden im Kontext der Untersuchung eingebunden und weisen auf ein ambivalentes Verhältnis zwischen althergebrachten sowie angedachten Änderungen im Schulsystem hin. Das Buch versucht die engen Zusammenhänge zwischen der Hoffnung auf neue Strukturen zwischen 1918 und 1933 sowie den aufkeimenden und erstarkenden antisemitischen Ressentiments herzustellen. Die Erkenntnisse dieser Studie sollen einen Einblick geben, wie schon im Bildungsbereich des untersuchten Zeitraums nicht nur Schuldzuweisungen an die jüdischen Mitbürger, sondern schon reale Ausgrenzungsmechanismen stattfanden.

Reiner Stöver, M.A., studierte in Hamburg Soziologie, Ökonomie und Recht, mit Schwerpunkt in der Bildungs- und politischen Soziologie sowie der Soziologie sozialer Probleme. Weitere Forschungsinteressen entstanden darüber hinaus auf den Gebieten Antisemit

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4, Neue Bildungsansätze: Die Weimarer Republik ist nicht nur in wirtschaftlicher oder politischer Weise einer Belastung ausgesetzt gewesen, die Republik ist ebenfalls geprägt von einer starken Aufbruchstimmung. Dieser Zeitabschnitt war von neuen Ideen und idealistischen reformpädagogischen Ansätzen durchzogen, die in den nächsten Abschnitten näher beleuchtet werden. Eine Durchbrechung alter Strukturen, die noch der Zeit im Kaiserreich entstammten, und in der Weimarer Ära ihre Fortsetzung fanden, sollten nun endlich erreicht werden. Es waren nicht nur die Reformer und Intellektuellen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten in die bildungspolitische Landschaft der neuen Republik einen frischen Wind hineinzutragen. Auch die Schüler waren in einer Aufbruchstimmung, die eigentlich ein positiver Grundstein dafür war, eben diese Ideen und reformerischen Gedanken in die Tat umzusetzen. Sie wollten nicht mehr unter den alten bevormundenden Gegebenheiten des Kaiserreichs weiterlernen, hier bot sich für reformpädagogische Maßnahmen ein guter Ansatz. Die Jugend war offen für neue Ideen, dieser Umstand trat auch in der Jugendbewegung zutage - obwohl diese sich nach dem Ersten Weltkrieg veränderte. Noch vor der Weimarer Republik, Anfang des 20. Jahrhunderts, beginnt sich diese vor allem bei bürgerlichen Jugendlichen zu etablieren. Das Leben, besonders in den Städten, war von der Industrialisierung geprägt, es breitete sich eine Hinwendung zu Naturerlebnissen aus. Außerhalb des Raumes der Schule wurden Fahrten und Wanderungen durchgeführt, die an Wochenenden oder in den Ferien stattfanden, dabei stand auch die Reformpädagogik in einer wechselseitigen Beziehung zur Jugendbewegung. Die Ideen und Wünsche wurden nicht von allen Akteuren gleichermaßen mitgetragen, im Gegenteil: aus der Richtung der konservativen und nationalen Kräfte war Gegenwind zu spüren, gerade auch weil einige Reformideen aus dem Lager der politisch links stehenden Akteure kamen. Nach dem Krieg 1918 waren einzelne Gruppen ideologischen parteipolitischen Strömungen ausgesetzt und orientierten sich an diesen. Es folgte eine polarisierende Phase der bündischen Jugendbewegung. So teilten sich 1919 bei der Nachkriegszusammenkunft der einzelnen Bünde in Jena einige Mitglieder in Anhänger des Sozialismus und unorthodoxem Kommunismus auf, einige traten Strömungen von rechtskonservativen Bünden bei. Doch in dieser Zeit der Verwirrung, in einer Zeit des Umbruches, waren einige Positionen ganz bestimmten politischen Richtungen oder Lagern eben nicht ganz explizit zuzuordnen. So liefert hier Helwig meines Erachtens eine interessante Erläuterung: [...] 'Daß man rechts stand und links empfand, daß man links stand und ´völkische` Ideale haben konnte, trug viel zur Vermischung aller Tendenzen bei. Aus ihr zogen die Kommunisten ebenso wie die ersten Nationalbolschewisten und Nazis erheblichen Gewinn.' Hier ist meines Erachtens schon durch die erwähnte Polarisierung ein 'Abdriften', eine Tendenz zum Politischen absehbar, wenn auch nicht generell. Die einstigen Ideale der Unabhängigkeit von den Eltern sowie von der Schule und Lehrern wurden zwar von den meisten Jugendbewegten noch angestrebt; aber dieses schon vor der Weimarer Zeit entstandene Ziel wurde durch die zunehmende Politisierung 'aufgeweicht'. Durch die Aufteilung in verschiedene Bünde kristallisierte sich noch etwas anderes heraus. Es gab Gruppen die haben sich einer Aufnahme von Mädchen konsequent verschlossen, andere nicht. Diese Abgrenzung passierte in der Zeit als das Frauenstimmrecht eingeführt wurde (November 1918) sowie immer mehr Frauen höhere Schulen und Universitäten besuchten. Und: einige Bündische waren nicht von Antisemitismus befreit, im Gegenteil. Manche Vereinigungen verweigerten jüdischen Jugendlichen die Aufnahme, denn die politische Ausprägung der entstehenden Bünde war groß. Es entstanden liberale, kommunistische und nationalsozialistische Formen. Genauso gab es aber solche in denen jüdische Jugendliche ihre Heimat fanden, wie Bünde nationaldeutscher Juden oder zionistischer Wanderer.
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