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Augmented Reality im Kinderbuch

Eine Rezeptionsanalyse von LeYo!, SuperBuch & Co.

AutorAnnedore Friedrich
VerlagMainzer Institut für Buchwissenschaft
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl151 Seiten
ISBN9783945883563
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Augmented Reality (AR) ermöglicht es, die wahrgenommene Realität virtuell zu erweitern, und ist inzwischen nicht nur mit Spielen wie Pokémon Go auf Smartphones und Tablets, sondern auch in Kinderbuchverlagen angekommen. Damit wird AR zu einer höchst relevanten Thematik der Verlagsbranche und bietet Medienunternehmen für die Anreicherung ihrer Printprodukte zahlreiche Chancen, aber auch Risiken, die Annedore Friedrich in dieser Masterthesis aufgreift. Dabei werden Hintergründe und die Funktionsweise von AR durch einen Marktüberblick ergänzt und bilden das Fundament für die durchgeführte Praxisstudie, welche die Rezeption der AR-Reihen LeYo! (Carlsen Verlag) und SuperBuch (Oetinger Verlagsgruppe) durch Kindergartenkinder analysiert. Die Ergebnisse legen Möglichkeiten und Problematiken der AR-Technologie offen und geben innovative Denkanstöße, wodurch die Studie zur Pflichtlektüre für jeden Kinderbuchschaffenden wird. Diese Publikation ist Teil der Reihe Initialen, in deren Rahmen herausragende Abschlussarbeiten der Mainzer Buchwissenschaft veröffentlicht werden.

Annedore Friedrich, geb. 1991, studierte Buchwissenschaft und Germanistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Nachdem ihr besonderes Interesse für Kinderbücher und Digitalthemen geweckt war, beschäftigte sie sich in ihrer Bachelorthesis mit Bilderbuch-Apps und erhielt für diese Arbeit den Deutschen Lesepreis. Als sie auf der Frankfurter Buchmesse 2014 zum ersten Mal von Augmented Reality hörte, war sie sofort fasziniert von der Kombination von klassischem Bilderbuch mit virtuellen Zusatzinhalten. In ihrer Masterthesis LeYo!, SuperBuch und Co. - Eine Rezeptionsanalyse der Potenziale von Augmented Reality für Kinderbuchverlage testete sie daher multimediale Hybridprodukte mit Kindergartenkindern. Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete sie im Produktmanagement eines Düsseldorfer Start-Ups.

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Leseprobe
Spätestens seit dem Megaerfolg der Spiele-App Pokémon Go steht fest: Augmented Reality, kurz AR, hat sich zu einer massentauglichen Technologie entwickelt. Dass es sich dabei jedoch keineswegs um einen vorübergehenden Hype handelt, verdeutlicht die Relevanz, die AR seit Jahren in vielen Industriezweigen innehat. Geprägt wurde der Begriff bereits 1992 von Tom Caudell und David Mizell, die für den Flugzeughersteller Boeing ein Informationssystem für Kabelverlegungsarbeiten in Flugzeugen entwickelten. Mit dem Aufkommen mobiler Endgeräte und deren rasanter Verbreitung ist AR inzwischen im Endverbrauchermarkt angekommen und gewinnt dort zunehmend an Bedeutung - auch in der Buchbranche, wo sich Verlagen die Möglichkeit bietet, ihre scheinbar gegensätzlichen Geschäftsfelder Print und Digital miteinander zu verknüpfen. Idee dabei ist, gedruckte Verlagserzeugnisse durch zusätzliche virtuelle Inhalte aufzuwerten und so für den Kunden interessanter zu machen. Denn im Gegensatz zu E-Books oder Apps ersetzt die Technologie das gedruckte Buch nicht, sondern ergänzt dessen Inhalte um eine multimediale Ebene. ?Augmented? lässt sich in diesem Kontext daher mit ?anreichern? bzw. ?erweitern? übersetzen. Es existieren verschiedene Begriffe, die das Phänomen virtuell angereicherter Bücher zu beschreiben versuchen, beispielsweise »Living Book« oder »Buch-Maschinen-Hybrid« . An anderer Stelle ist von einer Form der »digitalen Printverlängerung« bzw. der »gedruckten Elektronik« (Printed Electronics) die Rede. Augmentieren meint in dieser Arbeit, einen gedruckten Medieninhalt mit zusätzlichen digitalen Komponenten wie Bildern, Videos, Texten oder 3D-Modellen zu versehen. Wie dies technisch funktioniert und welche Anwendungsbeispiele es gibt, wird in Kapitel 2 erläutert. In der Buchbranche sind es vor allem Kinderbuchverlage, die das Thema durch innovative AR-Projekte vorangetrieben haben. Mit einem Marktanteil von 15,8?% stellt die Kinder- und Jugendliteratur nach der Belletristik die umsatzstärkste Warengruppe des deutschen Buchhandels dar. 11,9?% aller Erstauflagen (9.081 Titel) waren 2015 Kinder- und Jugendbücher. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die Literatur für junge Leser jedoch leichte Umsatzeinbußen. Mit dem Einsatz von AR verknüpfen Kinderbuchverlage daher auch die Hoffnung, das schwächelnde Printgeschäft anzukurbeln. Die Technologie findet bislang fast ausschließlich in zwei Segmenten Anwendung: im Bilderbuch, das 2015 innerhalb der Warengruppe 19,6?% des Gesamtumsatzes erwirtschaftete, sowie im Sachbuch bzw. Sachbilderbuch, das 9,5?% am Gesamtumsatz ausmachte. Der Einsatz digitaler Medien spielt hier eine immer wichtiger werdende Rolle, da Tablets und Smartphones schon auf Kleinkinder eine Faszination ausüben und intuitiv von ihnen genutzt werden können. Die Vielzahl an App-Angeboten für Kinder belegt dies eindrucksvoll. Um jedoch auf dem unübersichtlichen Markt der Kinderbuch-Apps herauszustechen und gleichzeitig das zentrale Verlagsstandbein (Print) weiter zu stärken, bietet sich AR als Lösung an. Insbesondere die großen Verlagshäuser Carlsen und Oetinger gelten dabei als Vorreiter, »die das Kinderbuch mit Hilfe dieser Technik ins digitale Zeitalter führen möchten.« Ihre AR-Projekte LeYo! und SuperBuch werden neben weiteren Beispielen aus dem deutschen Markt im dritten Kapitel chronologisch vorgestellt. Dieser ausführliche Marktüberblick ist notwendig, da AR-Kinderbücher bislang kaum erforscht sind, sich in ihrer Funktionsweise und Intention jedoch deutlich voneinander unterscheiden. Anhand der untersuchten Einzeltitel und Reihen wird aus verlagsstrategischer Sicht untersucht, welche Potenziale die Technologie im Kinderbuch besitzt: Was erhoffen sich die Verlage von der multimedialen Anreicherung ihrer Printbücher? Welche Chancen bietet die Technologie Kinderbuchverlagen? Und lohnt es sich für sie, in AR (weiter) zu investieren? Entscheidend sind hierfür die Aufnahme und Funktionalität bei der Zielgruppe. Diese Untersuchung wählt zur Beantwortung der Forschungsfrage daher einen rezeptionszentrierten Ansatz und richtet den Fokus auf Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren, da diese von den Verlagen beider großen AR-Projekte als primäre Zielgruppe angegeben werden. In einer im Kindergarten durchgeführten Studie wurden ausgewählte LeYo!- und SuperBuch-Titel mit den jungen Rezipienten getestet, weshalb auf diese beiden AR-Initiativen im dritten Kapitel verstärkt eingegangen wird. Für eine umfassende Rezeptionsanalyse wäre auch eine Beurteilung augmentierter Kinderbücher durch Eltern und ErzieherInnen notwendig, da diese als vorgelagerte Zielgruppe entscheidenden Einfluss auf den kindlichen Medienkonsum haben. Die Ergebnisse stellen demnach einen Teilaspekt der Rezeption heraus, nämlich den der Kinder. Die Sicht der Gatekeeper wird lediglich am Rande thematisiert. Während umfassende Standardwerke zu AR vorliegen, ist der Einsatz der Technologie im Kinderbuch noch weitestgehend unerforscht. Für die Beschreibung deutscher AR-Projekte von Kinderbuchverlagen wurde daher auf Quellen primär aus der Branchenpresse zurückgegriffen. Um noch tiefergehende Einblicke in die Konzeption und Herstellung augmentierter Kinderbücher zu gewinnen, wurden zudem Experteninterviews mit Verlagsmitarbeitern durchgeführt. Wichtigste Quelle für die Analyse bleiben aber die Primärtitel selbst. Berücksichtigt wurden hierfür alle deutschsprachigen AR-Kinderbücher, die bis Ende August 2016 erschienen sind. AR wird von einem Großteil der Kinderbuchverlage als immer wichtiger werdendes Zukunftsthema angesehen. Das belegt eine erste Studie, die 2015 mit 113 deutschen Kinderbuchverlagen durchgeführt wurde. Der Informationsbedarf zu AR ist bei Kinderbuchverlagen dementsprechend hoch. Vielfach besteht im Verlagswesen Unsicherheit, ob ein virtueller Zusatz bei Printprodukten fürs Unternehmen strategisch sinnvoll ist oder nicht, denn: »Digitale Buchanreicherungen sind Hoffnungsträger und Wagnis zugleich.« Diese Frage müssen sich Verlage angesichts des rasant fortschreitenden digitalen Wandels jedoch stellen. Die vorliegende Analyse soll dazu durch die Beurteilung der Potenziale von AR aus der Perspektive der Rezeptionsforschung erste Erkenntnisse liefern.
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