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Ausbildung in Pflegeberufen: Entwicklung eines Weiterbildungscurriculum für Praxisanleiterinnen in Nordrhein-Westfalen

AutorBeate Naumer, Regina Nienhaus
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl197 Seiten
ISBN9783638024440
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Berufserziehung, Berufsbildung, Weiterbildung, Note: 1,3, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, 67 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Eine qualitätsorientierte Ausbildung in den Pflegeberufen setzt einen Transfer der in der Theorie vermittelten Inhalte in die Praxis voraus. Unterstützt wird diese aus berufspädagogischer Sicht immens wichtige Arbeit durch Mentorinnen und Praxisanleiterinnen. Auch die derzeit gültigen gesetzlichen Grundlagen (KrPflGAPrV 2003, APflGAPrV 2002) fordern den Einsatz von qualifizierten Mitarbeitern der Pflege. Auf Grundlage dieser Gesetze sind erstmals durch die Bundesländern Vorgaben erlassen worden, die die Weiterbildungsstrukturen für diese Berufsgruppe regeln. Der vom Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (MGSFF) im Jahr 2004 herausgegebene Erlass beschreibt hilfreich Rahmenbedingungen für die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen zur Praxisanleiterin auf der Grundlage der im Jahr 2003 vom MGSFF herausgegebenen Ausbildungsrichtlinie für Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpflegeberufe. Allerdings fehlen grundsätzliche curriculare Angaben zur Umsetzung dieses Erlasses. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Diplomarbeit ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Berufs- und Pflegepädagogik begründetes Curriculum vorgestellt. Durch die halboffene Struktur kann die inhaltliche Ausgestaltung der Praxisanleiter-Weiterbildung in Verbindung mit dem schuleigenen Curriculum weiterhin differenziert und angepasst werden. Damit wird die Kompatibilität zwischen Ausbildungs- und Weiterbildungsstrukturen der jeweiligen Einrichtungen sowie deren individuelle Zielsetzungen berücksichtigt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dieses Curriculum auch innerhalb anderer landesrechtlicher Vorgaben als Grundlage zu nutzen. Das Weiterbildungscurriculum für Praxisanleiterinnen wurde durch empirische Untersuchungen und Analysen praxisnah entwickelt. Durch den Diskurs mit Pflegenden und Lehrenden sind so Entscheidungen innerhalb der Curriculumkonstruktion getroffen worden, die sich in den didaktischen Prinzipien, Zielen und Inhalten der Lernbereiche wieder finden.

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Leseprobe

5. Neue Entwicklungen aufgrund berufspädagogischer Konzepte


 

Im folgenden werden die erforderlichen berufspädagogischen Konzepte bezogen auf die Entwicklung eines Curriculums für die Weiterbildung zur Praxisanleiterin in NRW dargestellt. Mit den Überlegungen, dass Wissen zunehmend schnell überholt ist und berufliche Anforderungen immer komplexer werden, haben sich in den Berufsausbildungen pädagogische Konzepte auf der Grundlage der Schlüsselqualifikationen verbreitet. Dabei wurden die Schlüsselqualifikationen im Verlauf auf "Das Allgemeine, Das Selbständige und Das Menschliche" ausdifferenziert (BUNK, KAISER, ZEDLER, 1991, S.361). Schwerpunkte dieser Entwicklungen sind die Kompetenzkonzepte, die unterschiedlichen Lernorientierungen und der damit verbundene Begriff der Handlungsorientierung. Alle drei Schwerpunkte finden sich auch in den Ausbildungen der Pflegeberufe wieder und sind daher Themen dieses Kapitels.

 

5.1. Die Kompetenzorientierung


 

Die Bildungsauffassung innerhalb der beruflichen Ausbildungen entwickelte sich seit den 1990er Jahren zu den Konzepten der Kompetenzorientierung und entfernt sich damit von den Konzepten der Qualifikationsorientierung. So hat die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrer Rahmenvereinbarung über die Berufsschule die Ziele der dualen Ausbildung wie folgt festgelegt:

 

"Die Berufsschule hat zum Ziel,

 

- eine Berufsfähigkeit zu vermitteln, die Fachkompetenz mit allgemeinen Fähigkeiten humaner und sozialer Art verbindet;

 

- berufliche Flexibilität zur Bewältigung der sich wandelnden Anforderungen in Arbeitswelt und Gesellschaft auch im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europas zu entwickeln;

 

- die Bereitschaft zur beruflichen Fort- und Weiterbildung zu wecken;

 

- die Fähigkeit und Bereitschaft zu fördern, bei der individuellen Lebensgestaltung und im öffentlichen Leben verantwortungsbewusst zu handeln"(KMK, Beschluss-Nr. 323, S. 2).

 

Deutlich wird hier die Erweiterung der Ausbildungsziele. Nicht die direkte Anwendung von Wissen und Können für bestimmte berufliche Aufgaben steht im Vordergrund, sondern eine allgemeine Befähigung zur Bewältigung unterschiedlicher beruflicher, gesellschaftlicher und individueller Anforderungen.

 

Der Kompetenzbegriff wird durch die KMK unter Hinweis auf die Ausführungen des Deutschen Bildungsrates definiert:

 

"Kompetenz bezeichnet den Lernerfolg in Bezug auf den einzelnen Lernenden und seine Befähigung zu eigenverantwortlichem Handeln in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen. Demgegenüber wird unter Qualifikation der Lernerfolg in Bezug auf die Verwertbarkeit, d. h. aus der Sicht der Nachfrage in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen, verstanden" (KMK, 2000, S. 9) [Hervorhebungen im Original].

 

Zur Klärung bzw. Festlegung des Begriffs Kompetenz gibt es in der Literatur Arbeiten aus unterschiedlichen Fachwissenschaften. Aus der psychologischen Literatur stammt die Auffassung von Kompetenz als Konstrukt. Kompetenz wird als inneres Modell gesehen, dass Mittel und Möglichkeiten gedanklich organisiert und so Handlungen im Hinblick auf eine Situation hin steuert (vgl. Olbrich; Kaiser bei Löwisch, 2000, S.89). Innerhalb der Erziehungswissenschaften sind Kompetenzmodelle auf allgemeiner Ebene, auf der Ebene der beruflichen Bildung und auf der Ebene der Pflegepädagogik entstanden.

 

Im Rahmen dieses Kapitels werden das Krankenpflegegesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung mit ihren Begründungen auf die Fragestellung hin untersucht, welche Auffassungen von Kompetenzen impliziert sind. Dabei werden sowohl die allgemeine pädagogischen Ebene, als auch die Ebenen der beruflichen Bildung und der Pflegepädagogik berücksichtigt.

 

5.1.1. Die Ebene der Pädagogik – der Kompetenzbegriff bei LÖWISCH


 

Die Auffassung von Kompetenz bei LÖWISCH bietet sich zur Untersuchung der normativen Vorgaben an, da innerhalb seiner Arbeit zum Kompetenzbegriff ausführliche Darstellungen zur Abgrenzung von Kompetenz und Qualifikation vorkommen. Diese Abgrenzungen, die unterstrichen werden durch die pädagogischen Akte 'Erziehung' und 'Bildung', sind nicht als sich ausschließende Begriffe zu sehen, sondern ergänzen sich. Beide Begriffe bzw. deren Auslegung sind Aufgaben der Pädagogik. LÖWISCH spricht auch von "den beiden Seiten der einen Münze Pädagogik" (LÖWISCH, 2000, S.175).

 

Der Kompetenzbegriff bei LÖWISCH geht von der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen einer Kompetenz 1. Grades und einer Kompetenz 2. Grades aus. Das Wissen um Sachverhalte und Methoden zeigt sich in der Kompetenz 1. Grades. Die Kompetenz 1. Grades fragt nach dem sachlich richtigen Handeln in einer Situation. Diese Sach- und Methodenkompetenz wird durch Wissensvermittlung erreicht und ist nachprüfbar. Durch Prüfungen (Klausuren, mündliche Prüfungen) lässt sich feststellen, ob die Schülerin das vermittelte Sach- und Methodenwissen präsent hat und damit arbeiten kann.

 

Unter der Kompetenz 2. Grades versteht LÖWISCH die Qualität des Handelns, dabei bezieht sich die Qualität auf die "Haltung desjenigen, der mit Kompetenzen als Qualifikationen handelnd umgeht" (a.a.O., S.112). Haltung als Begriff zeigt auf den Aspekt der personalen Verantwortlichkeit beim Handeln. Zum kompetenten Handeln gehört nach LÖWISCH neben der verstandesgeleiteten Anwendung von Qualifikationen (Kompetenzen 1. Grades) die vernunftgeleitete Haltung als personale Verantwortung (Kompetenz 2. Grades). In den Entscheidungssituationen kann nicht ausschließlich der Fachverstand mit seinen Normenvorgaben leitend sein. Das regelgerechte Handeln muss mit der eigenen Gewissensverantwortung hinterfragt werden und personal verantwortlich eingesetzt werden. Im pflegerischen Alltag bedeutet dies, das Pflegekräfte als kompetent Handelnde Entscheidungen durch ein "Orientieren im und durch Denken" (a.a.O., S.114) abwägen müssen, um so nicht nur richtig, sondern 'wahrhaftig' handeln zu können. Aufgabe der Pädagogik ist daher die Vermittlung von Qualifikationen und die Bildungsaufgabe der Befähigung zu "einer Selbständigkeit im Denken und Handeln" (a.a.O., S.10).

 

Diese Herausstellung der personalen Verantwortlichkeit wird auch in den Gesetzestexten angedeutet. Neben der ausdrücklichen Nennung der personalen Kompetenz im Ausbildungsziel des § 3 KrPflG spricht das Gesetz von der "verantwortlichen Mitwirkung" (§3 (1) KrPflG) und verlangt, dass die Pflege an die unterschiedlichen und damit individuellen Lebenssituationen und Bedürfnisse der zu Pflegenden angepasst werden muss.

 

In der KrPflAPrV werden zuerst einmal Begriffe genannt, die überwiegend Kompetenzen 1. Grades bezeichnen. Die Schülerinnen sollen "praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten" entwickeln und die Ausbildung soll ihnen "Kenntnisse und Fertigkeiten" vermitteln (§1,2 KrPflAPrV). Mit der Heranführung der Schülerinnen und Schüler an "die eigenständige Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben" (§2(2) KrPflAPrV) gibt die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung einen Hinweis auf die Erlangung von Kompetenzen 2. Grades. Das gilt ebenso für die Anforderung der praktischen Prüfung, bei der innerhalb des Prüfungsgespräches personale Verantwortung zu Grunde gelegt wird: "In einem Prüfungsgespräch hat der Prüfling sein Pflegehandeln zu erläutern und zu begründen sowie die Prüfungssituation zu reflektieren" (§15 KrPflAPrV).

 

Auf diese persönlichen Kompetenzen wird auch in der Begründung der KrPflAPrV hingewiesen. In den Themenbereichen der Anlage 1 A der KrPflAPrV wird deutlich, dass neben den erforderlichen Qualifikationen auch Kompetenzen 2. Grades als Ausbildungsauftrag vorgesehen sind. Dieses zeigt aus der Perspektive der zu Pflegenden der Themenbereich 5. Hier sind die "Schülerinnen und Schüler zu befähigen, in ihrem Pflegehandeln insbesondere das Selbstbestimmungsrecht und die individuelle Situation der zu pflegenden Personen zu berücksichtigen" (KrPflAPrV, Anlage 1). Ein anderes Beispiel aus der Perspektive der Pflegenden selbst sind die Themenbereiche 10 und 11. Durch die Befähigung zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Beruf und mit dem eigenen Lernen werden Kompetenzen angesprochen, die LÖWISCH als "Aufgaben von Bildung" (LÖWISCH, 2000, S.11) ansieht und damit als Entwicklung von Kompetenzen 2. Grades.

 

5.1.2. Die Ebene der beruflichen Bildung


 

Innerhalb der Literatur zur beruflichen Bildung werden durch unterschiedliche Arbeiten konstitutive Kriterien des Kompetenzbegriffes erstellt. Nach einer Sichtung und Zusammenfassung von HUNDENBORN bedeutet Kompetenz "die Befähigung zur Bewältigung komplexer Handlungssituationen" (HUNDENBORN, 2005, S.4). Dabei verweist sie auf den Unterschied zwischen Kompetenz und Performanz: Kompetenzen sind "nicht direkt beobachtbare...

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