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E-Book

Auslandseinsatz von Arbeitnehmern

AutorHorst Marburger
VerlagRichard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl112 Seiten
ISBN9783415060616
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Kompetente Orientierungshilfe Die Entsendung deutscher Arbeitnehmer ins Ausland ist längst keine Besonderheit mehr, sondern angesichts wachsender Globalisierung zum Normalfall geworden. Es ist deshalb für Unternehmen von erheblicher Bedeutung, die hierbei zu beachtende Rechtslage zu kennen. Daher vermittelt der Band in erster Linie das teilweise sehr komplizierte einschlägige Sozialversicherungsrecht, aber auch die arbeits- und strafrechtlichen Fragestellungen. Praktische Problemlösungen Der Autor erörtert detailliert sämtliche im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland denkbaren Probleme und stellt deren Lösung für die tägliche Praxis dar. Das gilt auch für die bei der Vorbereitung der eigentlichen Entsendung zu beachtenden Fragestellungen. Hinweise zu EU und Drittstaaten Im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsrecht werden die Rechtsvorschriften bei der Arbeitnehmerentsendung in ein Land des Europäischen Wirtschaftsraums behandelt. Überdies sind die bei der Entsendung in Drittstaaten zu beachtenden Sozialversicherungsabkommen umfassend dargestellt. Verständliche Darstellung Zahlreiche Übersichten und Beispiele veranschaulichen die Ausführungen.

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Leseprobe

2.2.2Entsendung im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses

Damit eine Entsendung im Rahmen des § 4 SGB IV vorliegt, muss der Beschäftigte im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses entsandt werden. Es muss demnach eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne bei einem inländischen Arbeitgeber (fort-)bestehen. Das bedeutet, dass der im Ausland Beschäftigte organisatorisch in dem Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleiben bzw. sein muss. Außerdem muss er dem Weisungsrecht des inländischen Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit – unter Umständen in einer durch den Auslandseinsatz bedingten gelockerten Form – unterstehen. Schließlich muss sich der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers gegen den inländischen Arbeitnehmer richten.

Beispiel 6:

Arbeitnehmer H eines inländischen Unternehmens wird von einer in Paraguay errichteten Arbeitsgemeinschaft, der das inländische Unternehmen angehört, eingestellt. Das Arbeitsverhältnis zu dem inländischen Unternehmen besteht ohne Zahlung von Arbeitsentgelt fort. Liegt eine Entsendung vor?

Ergebnis:

Es handelt sich nicht um eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung.

Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich daraus, gegen wen der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch besteht. Für das Vorliegen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses spricht, wenn der inländische Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des im Ausland Beschäftigten – weiterhin – in der Lohnbuchhaltung wie für seine Beschäftigung im Inland ausweist. In diesem Falle bedarf es im Allgemeinen keiner Ermittlung über die Eingliederung und das Weisungsrecht. Unterbleibt eine Heranziehung zur Lohnsteuer wegen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, hat dies keine Bedeutung.

Beispiel 7:

Ein Unternehmen mit Sitz im Inland hat den Arbeitnehmer N nach Ägypten und den Arbeitnehmer O nach Paraguay entsandt. Das Arbeitsentgelt für seine Arbeitnehmer wird von dem deutschen Unternehmen ausgezahlt und dementsprechend in der Lohnliste ausgewiesen. Für den Arbeitnehmer N wird jedoch gemäß dem deutsch-ägyptischen Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung keine Lohnsteuer einbehalten. Entsendung!

Ergebnis:

Diese Unterschiedlichkeit ändert nichts an einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung, wenn im Übrigen die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zur Fortführung des in der Bundesrepublik Deutschland begründeten Sozialversicherungsverhältnisses im Rahmen der Ausstrahlung (vgl. Urteil des BSG vom 25. 1.1994 – 4 RA 48/92, Amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1994 S. 274) reicht ein im Inland bestehendes so genanntes Rumpfarbeitsverhältnis nicht aus. Vielmehr ist Voraussetzung, dass die gegenseitigen, sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Hauptpflichten fortbestehen. Abreden über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und die Zahlung von Arbeitsentgelt sowie das „automatische“ Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag ins Inland sind Kriterien für ein Rumpfarbeitsverhältnis.

Bei der Ausstrahlung ist es im Übrigen nicht von Bedeutung, dass evtl. eine Doppelversicherung eintritt (vgl. Abschn. 3.6 der Richtlinien vom 18. 11. 2015).

Auch das BSG hat mit Urteil vom 12. 12.1985 (7 RAr 75/84; Die Beiträge 1986 S. 1999) festgestellt, dass die Entsendung im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses erfolgen muss. Die Entscheidung erging zu einem Fall, in dem Arbeitnehmer von einer Schweizer Firma in Algerien beschäftigt worden waren. Nach Auffassung des BSG lag ein Fall der Ausstrahlung hier nicht vor.

Wurde das Arbeitsentgelt auch schon vor der Beschäftigung im Ausland durch einen Dritten gezahlt, so wird dadurch das Vorliegen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses nicht ausgeschlossen.

Allerdings ist Voraussetzung, dass nach der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses nach wie vor eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne bei dem inländischen Arbeitgeber besteht.

Erscheint wegen Fehlens ausreichender Indizien ein Fortbestehen des inländischen Beschäftigungsverhältnisses fraglich, sind besondere Ermittlungen erforderlich.

Mit dem Sonderfall der Beschäftigung innerhalb verbundener Unternehmen beschäftigt sich Abschn. 3.1.3 der Richtlinien. Hiernach sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem inländischen Arbeitgeber und dem Unternehmen, bei dem die Beschäftigung im Ausland ausgeübt wird (z.B. Tochtergesellschaft), grundsätzlich unerheblich.

Eine Ausstrahlung liegt dann nicht vor, wenn das Beschäftigungsverhältnis bei einer ausländischen Tochtergesellschaft den Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsmerkmale ausweist und das bisherige inländische Arbeitsverhältnis in den Hintergrund tritt (z.B. ruht). Das gilt selbst dann, wenn

–die im Voraus zeitlich begrenzte Beschäftigung auf Veranlassung oder mit Zustimmung der inländischen Muttergesellschaft zustande gekommen ist,

–der Beschäftigte von dieser weiterhin als Vertrauensperson betrachtet wird,

–eine Abrechnung von Personalkosten zwischen beiden Unternehmen stattfindet,

–die Muttergesellschaft Arbeitsentgelt zu eigenen Lasten zahlt.

Grundsätzlich ohne Bedeutung ist es, ob die Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft wirtschaftlich beherrscht wird. Mithin gelten insoweit die gleichen Kriterien wie bei Entsendung zu einem sonstigen ausländischen Unternehmen.

Wichtig: Ein nur formelles Fortbestehen des Arbeitsvertrages mit der Muttergesellschaft begründet wegen der fehlenden Beschäftigungsmerkmale keine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV. Das gilt beispielsweise auch dann, wenn eine zwischen den Beteiligten vereinbarte Berechtigung der Muttergesellschaft besteht, den Beschäftigten jederzeit zur Arbeitsleistung für sie selbst in das Inland zurückzurufen.

Bei der Entsendung zu einem rechtlich selbstständigen Unternehmen innerhalb eines Konzerns, aber auch bei der Entsendung zu einer rechtlich unselbstständigen Zweigniederlassung eines Unternehmens bestimmt sich der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses nach den tatsächlichen Merkmalen der Beschäftigung und nicht nach dem Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Unternehmen. Für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses ist deshalb der Arbeitsvertrag nicht entscheidend.

Beispiel 8:

Das Unternehmen N mit Sitz in Weiden stellt den Arbeitnehmer Yan sein Tochterunternehmen in Rumänien ab. Der Arbeitnehmer hat auch einen befristeten Arbeitsvertrag mit der rumänischen Tochtergesellschaft. Das Arbeitsentgelt wird aber weiterhin von der Muttergesellschaft auf ein Konto in Deutschland überwiesen. Die Personalkosten werden mit der rumänischen Tochtergesellschaft abgerechnet, die diese bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe steuerlich geltend macht. Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung für die rumänische Tochtergesellschaft. Er ist in den Betrieb dieses Unternehmens eingegliedert. Liegt eine Entsendung vor?

Ergebnis:

Der rumänischen Tochtergesellschaft wird die Arbeitsleistung wirtschaftlich zugerechnet, weil sie die Kosten dafür auch als Betriebsausgabe steuerrechtlich geltend macht. Im Übrigen verwirklicht der Arbeitnehmer den Betriebszweck der Tochtergesellschaft. Es handelt sich dabei, trotz der Entgeltzahlung durch das Unternehmen N, nicht um eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung.

Beispiel 9:

Fraglich ist, wie der Fall des Beispiels 8 zu beurteilen ist, wenn das Unternehmen N einen Teil des Arbeitsentgelts zu eigenen Lasten zahlt und diesen steuerlich geltend macht.

Ergebnis:

Trotz der Entgeltzahlung durch das Unternehmen N liegt auch hier der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses bei der rumänischen Tochtergesellschaft. Daher handelt es sich nicht um eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung.

Hinsichtlich der Auswirkung der Entgeltzahlung auf die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses ist bei Konzernunternehmen zudem zu berücksichtigen, ob das Arbeitsentgelt bei der Gewinnermittlung im Land als Betriebsausgabe steuerrechtlich geltend gemacht wird (vgl. Urteil des BSG vom 7. 11.1996 – 12 RK 79/94, USK 9651).

Beispiel 10:

Abweichend von den Sachverhalten in den Beispielen 8 und 9 zahlt das deutsche Unternehmen das Arbeitsentgelt in voller Höhe und macht es auch steuerlich geltend. Außerdem behält das deutsche Unternehmen das Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer – gegebenenfalls in einer durch den Auslandseinsatz gelockerten...

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