2. The wind of change – Von den natürlichen Höhen und Tiefen einer Liebesbeziehung
So liefs bei Melanie:
17 Jahr, blondes Haar … Dieser Schlager erinnert mich immer ein wenig daran, wie ich Simon kennengelernt habe, denn damals war er 18, ich 17 (und etwas übertrieben blondiert), und wir besuchten die gleiche Schule. Lange Zeit hatten wir nichts miteinander zu tun gehabt, und als wir dann plötzlich auffällig viel miteinander sprachen, konnten es weder die Lehrer noch unsere Mitschüler fassen: er, der Bad Boy der Schule – bodenlanger Ledermantel, lange Haare, Heavy-Metal-Fan –, sie das brave, christliche Streberchen. „Das hält keine zwei Wochen!“, war der Kommentar meiner Freundin. Und diese Meinung teilten wohl damals die meisten.
Aber uns war das ziemlich egal. Nachdem wir bei einem Schulausflug nebeneinandergesessen und aus Langeweile heraus ein Gespräch angefangen hatten, war etwas passiert. Die berühmten Schmetterlinge hatten in meinen Bauch Einzug erhalten, und als meine Mutter mich abholte, fiel sogar ihr auf, dass „der Junge mit dem Motorrad dir mit so einem traurigen Blick nachgesehen hat“ … Mütter und der sechste Sinn!
Jedenfalls ging mir dieser Junge mit dem Motorrad nicht mehr aus dem Kopf. Und er hatte, wie ich später erfuhr, ganz ähnliche Gefühle. Als wir dann nach einigen Monaten endlich offiziell ein Paar waren, hing wirklich der Himmel voller Geigen. Sie wissen vermutlich, wovon ich spreche … Verliebtheit pur. Schön ist das! Und ziemlich verrückt.Psychologen sagen, dass die Verliebtheitsphase ca. sechs bis maximal 18 Monate anhält. Danach verliert die rosarote Brille ihre Wirkung und die Macken des vermeintlichen Traumpartners treten zutage.
Wir durften die rosarote Phase tatsächlich etwa anderthalb Jahre genießen, wobei es zwischendurch natürlich auch mal Streitigkeiten gab. Und danach? Na ja, die Schmetterlinge sind natürlich nicht gleich als ganzer Schwarm ausgeflogen. Freundlicherweise kommen diese kleinen Liebestiere immer mal wieder zu Besuch. Aber es ist eben nicht mehr dieses permanente unfassbare Glücksgefühl wie am Anfang der Beziehung.
Und ganz ehrlich: Phasenweise haben wir ziemlich wenig Romantik und stattdessen ziemlich viel Alltag. Noch immer liebe ich diesen Mann, aber mein Gefühl schreit mir das nur noch selten laut in beide Ohren, wie es das früher tat. Denn heute weiß ich genau, was mich an ihm nervt. Was uns zum Streiten bringt und was wir einfach nicht auf die Reihe kriegen. An manches gewöhnt man sich, anderes nervt, je länger man es ertragen muss, noch mehr. (Ebenso verhält es sich natürlich mit meinen Schwächen, die Simon ertragen muss.)
Ich fürchte, wenn ich damals, mit 17 Jahren und etwas zu blond gefärbten Haaren, gewusst hätte, wie sich unsere Liebe heute anfühlt, wäre ich erst mal schockiert gewesen. Nicht weil wir uns nicht mehr lieben. Sondern weil diese Liebe jetzt – meistens – so bodenständig, so nebenher geschieht. Weil so viel weniger Raum für Zärtlichkeiten, Leidenschaft oder lange Gespräche ist. Dennoch wäre ich nach dem ersten Schock vermutlich auch stolz gewesen. Und glücklich, dass meine Ahnung, mit diesem Mann die Höhen und Tiefen sowie die langen, manchmal sehr ermüdenden Strecken dazwischen gemeinsam bestehen zu können, sich als richtig erwiesen hat.
Schmetterlinge im Bauch und der erste unsanfte Aufprall in der Realität
Unser Abenteuer beginnt mit Liebe: Liebe hat Gott dazu angetrieben, jeden Einzelnen von uns kunstvoll zu erschaffen. Liebe war es, die uns vor den Traualtar treten und dem Menschen, dessen Ring wir am Finger tragen, unser Jawort geben ließ. Und Liebe ist es, die uns trotz aller Widrigkeiten an diesem Ja festhalten lässt. (Die Widrigkeiten kommen unweigerlich auf uns zu, und es gilt, ihnen nicht auszuweichen, sondern sich ihnen mutig, Seite an Seite, zu stellen.)
Die erste Zeit, die ein Paar gemeinsam verbringt, ist meist geprägt von überwältigenden Gefühlen des Glücks und der Verbundenheit. Die Hormone vernebeln unser Gehirn und alles ergibt auf einmal einen Sinn. Wir könnten uns stundenlang mit unserem Partner unterhalten und das Sexleben ist … Nun ja, seien wir ehrlich, der Anfang gestaltet sich oft etwas holprig. Doch wenn es sich erst einmal eingespielt hat, erleben die meisten Paare eine sehr erfüllte Sexualität. Solange noch keine Kinder da sind, hat man so viel mehr Zeit und Energie für diese (und natürlich auch andere) Vergnügungen.
Auch ohne die Geburt eines Kindes lässt die erste Euphorie jedoch meist nach spätestens 18 Monaten deutlich nach und plötzlich hält der Alltag Einzug in die Beziehung. Viele stellen sich hier schon die Frage, ob etwas schiefläuft, ob die Wahl vielleicht doch auf den Falschen/die Falsche gefallen ist …
Doch, Moment, es ist noch nicht vorbei, wir fangen gerade erst an! Denn diese Ernüchterung nach der ersten Begeisterung ist völlig normal.
Jetzt geht es darum, ob die erste Phase der Verliebtheit sich weiterentwickeln kann zu Liebe – der Liebe, die nicht auf Gefühlen basiert, sondern auf Vertrauen und bewussten Entscheidungen. In dieser Liebe haben Gefühle zwar ihren Platz, aber sie wird nicht von Gefühlen bestimmt.
Gut streiten
Streiten ist erlaubt – ja, sogar nötig. Oft muss man in einer Beziehung allerdings erst lernen, gut zu streiten, weil es entscheidend ist, wie man streitet. Das bedeutet nicht, dass man nie laut werden darf, im Gegenteil.
Ich (Melanie) bin zum Beispiel ein Mensch, der sich schnell mal von seiner Wut mitreißen lässt, und für den es einfach nicht authentisch wäre, wenn ich nicht auch mal schreien dürfte. Dennoch stelle ich fest, dass die Art, wie ich meinem Ärger Luft mache, großen Einfluss auf den Streitverlauf hat.
Folgende Prinzipien helfen bei der Entwicklung einer guten Streitkultur:
Ziehen Sie sich zurück: Die meisten Kinder kommen gut damit klar, die ein oder andere Zickerei zwischen den Eltern mitzuerleben, wenn sie auch die Versöhnung mitbekommen.Vor einem echten Streit sollten Sie aber dafür sorgen, dass Sie unbeobachtet sind und auch genug Zeit haben. Beginnen Sie keinen Streit, wenn Sie in fünf Minuten aus dem Haus müssen.
Vermitteln Sie Ihrem Partner, dass Sie ihn annehmen und verstehen. Solange man sich sicher ist, dass man als Person vollkommen akzeptiert und geliebt ist, kann man Beschwerden nämlich viel besser annehmen. Zum Beispiel: „Ich kann gut verstehen, dass du momentan gestresst bist. Das neue Projekt bei der Arbeit, die Probleme mit deinem Chef …“ Ein solcher Anfang schafft eine gute Basis und hilft Ihnen zudem, nicht nur Ihre eigene Sicht, sondern auch die des Partners zu berücksichtigen.
Senden Sie nicht immer nur Du-Botschaften („Du hast das Gartenhäuschen ja immer noch nicht aufgebaut!“), sondern bevorzugt Ich-Botschaften, zum Beispiel: „Ich fühle mich einfach nicht wohl, wenn das Gartenhäuschen weiterhin in tausend Teilen auf der Terrasse herumliegt. Ich sehe es jedes Mal, wenn ich nach draußen schaue, und fühle mich dann gestresst.“
Bleiben Sie beim Thema: Fangen Sie nicht an, alte Geschichten hervorzukramen. Konzentrieren Sie sich auf die Aspekte, die Sie jetzt klären können und möchten.
Drücken Sie Ihre Wut niemals körperlich aus. Wenn Ihr Ärger zu groß wird, verlassen Sie lieber kurz den Raum, um sich abzureagieren.
Vermeiden Sie die „vier apokalyptischen Reiter“, vier grobe Kommunikationsfehler, die der amerikanische Psychologe John Gottman beschreibt1:
- Kritik: Streit lebt von Kritik, und es ist wichtig, diese auch äußern zu dürfen. Doch achten Sie auf ein „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Verfallen Sie nicht in ein permanentes „Mecker-Muster“, indem Sie Ihren Partner ständig anklagen und heruntermachen. Versuchen Sie außerdem, möglichst oft „Beschwerden“ statt Kritik zu äußern: Beschwerden konzentrieren sich auf das störende Verhalten, ohne aber Ihren Partner bzw. seinen Charakter anzugreifen.
Ein Beispiel: „Du nimmst dir einfach nie Zeit für die Kinder. Sobald du zu Hause bist, verkriechst du dich in den Hobbykeller und bastelst an deinen seltsamen Figuren oder schraubst sinnlos herum. Was die Kinder erlebt haben, interessiert dich offenbar überhaupt nicht – du bist echt ein toller Vater!“ – das wäre Kritik.
Als Beschwerde formuliert – kombiniert mit einer Ich-Botschaft – könnte das so klingen: „Es stört mich, dass du nach der Arbeit meistens direkt in den Hobbykeller gehst. So haben die Kinder gar nichts von dir. Ich würde mir wünschen, dass du dir mehr Zeit für sie nimmst.“
- Verachtung: Probleme sollten offen besprochen und nicht unter den Teppich gekehrt werden. Wichtig ist dabei allerdings, die Ablehnung einer bestimmten Verhaltensweise nicht zur Ablehnung unseres Partners an sich werden zu lassen. Dass dies geschieht, merken wir an einer geringschätzigen, häufig auch sarkastischen, bitteren Einstellung unserem Partner gegenüber – wir verachten ihn. Behalten Sie daher Ihre Herzenshaltung Ihrem Partner gegenüber im Blick!
Wenn diese zu negativ wird, erinnern Sie sich daran, dass Wahrnehmungen stets subjektiv sind und dass das, was Sie wahrnehmen, nicht unbedingt die „objektive Realität“ ist (wenn es so etwas denn überhaupt gibt …). Führen Sie sich bewusst die positiven Seiten Ihres Partners vor Augen. Finden Sie für jeden Aspekt, der Sie nervt, eine Stärke Ihres Partners, die Sie seiner Schwäche gegenüberstellen. Versuchen Sie außerdem, sich in die Perspektive...