1.4 Umgang mit dem Umfeld
Die Erfahrung lehrt, dass ein Trainer, gleichgültig, auf welchem Niveau er tätig ist, immer auf ein gut funktionierendes, im Idealfall unterstützendes Umfeld angewiesen ist.
Auch hier gilt: Respekt und Freundlichkeit im Umgang, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Konsequenz, wenn nötig, Härte in der Sache.
Es ist in diesem Zusammenhang nach meiner Überzeugung sowohl grundsätzlich richtig als auch möglicherweise irgendwann hilfreich, freundlich und zuvorkommend gegenüber jedem zu sein, der, wenn auch noch so weit entfernt, am Projekt beteiligt ist.
Reinigungskräfte, Hausmeister, Sekretärinnen, Kassenwart, jeder ist ein Mosaikstein, der für den Gesamterfolg eines Projekts eine Bedeutung hat. Ein „Dankeschön“, ein „gute Arbeit“ oder ein kleines Weihnachtsgeschenk, vielleicht eine Geburtstagskarte, können Wunder bewirken, wenn es darum geht, eine positive, motivierende Atmosphäre zu schaffen.
Assistenztrainer haben eine ganz entscheidende Rolle im System. Ihre wichtigste Qualität ist nach meiner sicheren Überzeugung immer die menschliche, die sich vor allem in großer Loyalität zum Cheftrainer abbildet.
Assistenten, die selbst Cheftrainer werden wollen, sind immer problematisch, auch wenn sie eigentlich gute, loyale Menschen sind. Spätestens wenn der Cheftrainer kaum noch zu halten ist, übernehmen die Instinkte von Selbsterhalt und Vorwärtskommen die Kontrolle über das Verhalten. Ideal ist es, wenn man als Team kommt und als Team geht, das verstärkt die Bindung und sorgt für bedingungslose Unterstützung, auch in der Krise.
Es gibt Situationen, in denen es unmöglich ist, einen eigenen Trainerstab mitzubringen. Ich empfehle, gerade zu den Assistenztrainern, die bereits unter Vertrag sind, auch wenn der eine oder andere den Präsidenten oder Sportdirektor mit internen Informationen versorgt oder beste Verbindungen zu den örtlichen Journalisten hat, ein möglichst enges Verhältnis aufzubauen. Möglicherweise schadet der Betreffende dann weniger, als wenn der Cheftrainer ihn ignoriert oder schlecht behandelt.
Assistenztrainer haben die Aufgabe, ihre idealerweise in Form einer Tätigkeitsbeschreibung konkret definierten Aufgaben optimal zu erfüllen. Daran werden sie, abgesehen von großer Loyalität und Professionalität, gemessen.
Wie viel an Verantwortung der Cheftrainer delegiert, hängt von vielen Faktoren ab: gegenseitiges Kennen und Verstehen, systemisches Know-how, Erfahrung, Dauer der gemeinsamen Arbeit an einem Projekt (am Anfang wenig delegieren, mit größer werdender Dauer stärkeres Delegieren) und Persönlichkeit des Cheftrainers und von seinem Führungsstil.
Als Assistenztrainer darf ich nicht denken wie ein Cheftrainer, vielmehr konzentriere ich mich auf meinen Verantwortungsbereich und versuche, meinen Radar dahin auszurichten, wo es der Cheftrainer nicht kann. Ich entwickle ein Gefühl für Strömungen in der Mannschaft und bin eine Art von Bindeglied. Ich vertrete die Meinung des Cheftrainers nach außen, als wäre es meine eigene, aber scheue mich nicht, intern klar Position zu beziehen. Naturgemäß muss ich das Gefühl dafür entwickeln, wann ich dies tun kann oder wann es besser ist, mich zurückzuhalten.
Auch sollten Assistenztrainer angemessen finanziell an Erfolgen beteiligt werden, ihre Arbeit, ihr Auftreten und ihr Verhalten sind von größter Bedeutung.
Der Cheftrainer sollte offen für den Input seiner Assistenten sein. Je größer die Teilhabe an Entscheidungsprozessen, je intensiver der Austausch über relevante Probleme, je umfangreicher der alleinige Verantwortungsbereich ist, umso größer ist die Identifikation mit der Sache und die Bindung an die Person.
Im Übrigen sehen vier oder sechs Augen immer mehr als zwei und auch wenn die finale Entscheidung immer beim Cheftrainer liegt, ist der Input der Assistenten doch von unersetzlichem Wert.
Folgende Hinweise gebe ich meinen Assistenztrainern gerne an die Hand:
Sei kein busy bastard. Ich erwarte hohen Einsatz und große Qualität, aber unnötig lange Stunden im Büro, auch wenn die Arbeit getan ist, nur um zu imponieren, ist kontraproduktiv.
Ich brauche keinen Jasager. Deine Meinung ist wichtig, sonst würde ich nicht nach ihr fragen. Auch wenn sie von meiner abweicht, muss sie klar und unmissverständlich geäußert werden.
Bemerke Arbeit von alleine und kümmere dich um deren Erledigung.
Halte den Radar auch für das Umfeld offen, informiere mich, wenn es rumort, und zwar sofort.
Mache deine Arbeit besser als jeder andere in der Liga, du stehst in einem direkten Wettbewerb mit denen, die einen ähnlichen Verantwortungsbereich ausfüllen. Jedes Prozent zählt.
Wenn mir der Kragen platzt, ducken und die Welle an dir vorbeiziehen lassen. Nie persönlich nehmen. Es musste einfach nur raus.
Nicht nur im Amateur-, sondern manchmal auch im Profibereich spielen Eltern, insbesondere bei jungen Spielern, eine wichtige Rolle.
Ein freundlicher, aber konsequenter, an roten Linien orientierter Umgang, ist auch hier angeraten.
Es hilft, bei Jugendmannschaften am Anfang der Saison ein gut vorbereitetes Treffen mit den Eltern zu organisieren, in dem Spiel- und Trainingstermine, besondere Veranstaltungen (Weihnachtsfeier, Sommerfest) usw. besprochen werden, der Trainer aber auch definiert, ob und wenn ja, wann, Gespräche über Einsatzzeiten oder die Rolle in der Mannschaft möglich sind.
Das Einrichten einer „Feedbackwoche“, etwa in der Mitte der Saison, halte ich für eine sinnvolle Möglichkeit, einerseits um den Eltern bei einem Gesprächstermin Entscheidungen zu erklären und damit ihrem Bedürfnis nach Information und Meinungsäußerung Rechnung zu tragen, andererseits entzieht man sich so nach Spielen den immer gleichen Fragen der Eltern. Es versteht sich von alleine, dass eine solche Regel dann auch von beiden Seiten einzuhalten ist.
Schiedsrichter haben, wie in anderen Sportarten auch, eine wichtige Funktion, der sie in aller Regel unter großem zeitlichen Aufwand und mit viel Engagement nachkommen.
Bei Jugendspielen muss der Trainer auch hier mit dem eigenen Beispiel vorangehen, mit den Schiedsrichtern in einem angemessenen Ton reden und sie keinesfalls persönlich herabsetzen.
Er muss sicherstellen, dass seine Spieler einen respektvollen Umgang mit dem Schiedsrichter pflegen, bei Fouls die Hand heben und sich grundsätzlich nicht ständig beschweren und reklamieren.
Auch in diesem Zusammenhang gilt es, früh am Einstellungsrepertoire zu arbeiten und schlechte Gewohnheiten nicht entstehen zu lassen.
Im Profisport sind die Dinge anders gelagert. Es ist die Aufgabe des Trainers, seiner Mannschaft einen kompetitiven Vorsprung zu erarbeiten, wann immer möglich. Dazu gehört auch der Versuch der Beeinflussung der Schiedsrichter. Erfahrene Spieler tun dies auch, können aber im Unterschied zu jungen Spielern den Fokus auf das Spiel aufrechterhalten.
Grundsätzlich gilt für mich der Grundsatz: Ich manage Schiedsrichter und Spiel, ihr konzentriert euch darauf, hohe Qualität im Spiel anzubieten. Dazu ist hohe Konzentration erforderlich, die durch wiederholtes Reklamieren nur gestört wird.
Angemerkt sei noch, dass es nicht unüblich ist, auch scouting reports von Schiedsrichtern anzulegen, um die Mannschaft oder einzelne Spieler auf bestimmte Eigenarten und Vorlieben eines Schiedsrichters hinweisen zu können.
Beispiel EM 2005: Wir spielten gegen die Türkei um den Einzug ins Achtelfinale. Es war schnell zu sehen, dass die Strategie der Türken darin bestand, Nowitzki vor, während und nach dem Wurf zu foulen, ihn sehr physisch oft über die Grenze des Erlaubten hinaus zu attackieren.
Auf dem Weg in die Halbzeitpause versuchte ich, die Schiedsrichter darauf hinzuweisen, dass sie Dirk als einem der Superstars dieser EM vor dieser Art des rohen Spiels schützen müssten. Die Antwort, die ich bekam, lautete: „Coach, to us everybody is a superstar.“ Etwas am Thema vorbei, aber durchaus nicht ohne Charme, die Erklärung der Herren.
Eines der wichtigsten Innenverhältnisse ist das zum Sportdirektor oder Manager.
Idealerweise bilden beide eine Einheit, basierend auf gegenseitiger Empathie, Vertrauen und sehr ähnlicher Philosophie von Training und Spiel. Zudem ist es hilfreich, wenn der Sportdirektor die Verpflichtung des Trainers stark befürwortet oder sogar selbst verantwortet hat.
Hohe Reibungs- und damit Energieverluste sind immer kontraproduktiv und führen zu Leistungsminderung. Wenn sich Spieler beim Sportdirektor über den Trainer beklagen können und Wohlwollen und Unterstützung erfahren, ist dies in hohem Maße unerfreulich für den Trainer und der Sache nicht dienlich.
Es ist sehr hilfreich, ein Vertrauensverhältnis zu allen anderen Entscheidungsträgern im Verein aufzubauen und eine offene Feedback kultur zu entwickeln. Der Respekt vor der Erfahrung und dem Wissen des anderen muss immer spürbar sein und ist eine entscheidende Grundlage für gemeinsamen Erfolg. Gerade in schwierigen Zeiten gilt es zueinander zu stehen, die Dinge offen anzusprechen und sich nicht ins eigene Schneckenhäuschen zurück zu ziehen. Spürt der Trainer die Unterstützung der anderen Entscheidungsträger nicht mehr, ist es ratsam, sich auf die Arbeit, die Aufgabe zu konzentrieren und die eigenen Energien nicht in die falschen Ebenen zu investieren. Am Ende liefert erfolgreiches Auftreten immer die besten Argumente.
Ärzte, Betreuer, Physiotherapeuten, sie alle haben eine...