Fertighaus, Architekt oder Bauträger?
Die Entscheidung für einen Architekten oder einen Bauträger wird dem Bauherrn mancherorts leicht gemacht: Er hat einfach keine Wahl, denn es gibt keine freien Grundstücke, sondern nur die Bauträgerangebote. Aber wenn die Wahl besteht, dann ist es auch eine zwischen einem individuellen oder einem doch eher standardisierten Traumhaus.
Bauherren stehen bei der Wahl des Vertragsmodells zunächst vor zwei Möglichkeiten: Entweder werden Baugrundstücke auf dem Markt angeboten, etwa von der Kommune oder auch von Grundstückseigentümern. Der Bauherr kann dann im Rahmen des von der Kommune Vorgegebenen frei entscheiden, wie er das Haus bauen möchte. Die zweite Möglichkeit: Bauträger bieten ausschließlich die Kombination aus Grundstückskauf und Bau an. In diesem Fall bleibt die Wahlfreiheit für eine bestimmte Bauausführung auf die Musterhäuser des Bauträgers beschränkt. Wichtig zu wissen: Hierfür gibt es auch einen eigenen Vertragstypus, nämlich den Bauträgervertrag. Dieser ist in den § 650 u und v – mit entsprechenden Verweisen auf andere Paragrafen – des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert.
Sofern das Grundstück alleine erworben werden kann, gibt es wiederum viele unterschiedliche Wege, dort das gewünschte Haus zu errichten. Die Planung und eventuell die Bauüberwachung kann ein Architekt übernehmen. Für ihn kommen dann die Regelungen zum Architektenvertrag und Ingenieurvertrag aus § 650 p bis t BGB zur Anwendung. Die Bauausführung kann dann wiederum in den Händen eines Generalunternehmers/-übernehmers oder mehrerer separat beauftragter Bauunternehmen liegen. Achtung: Ein Verbraucherbauvertrag liegt nur vor, wenn es sich um den Bau eines neuen Gebäudes oder um eine erhebliche Umbaumaßnahme handelt, die zudem von einem Bauunternehmen, also aus einer Hand, erbracht wird. Auch wenn Sie einen Totalunternehmer oder -übernehmer beauftragen, der sowohl für die gesamte Bau- als auch die komplette Planungsleistung zuständig ist, handelt es sich um einen Verbraucherbauvertrag. .Beauftragen Sie dagegen bei einem Neubau mehrere Unternehmen mit Einzelgewerken, fallen diese Einzelverträge jeweils nicht unter den Verbraucherbauvertrag, sondern begründen Bau- oder Werkverträge, für die die Besonderheiten des Verbraucherbauvertrags nicht gelten.
Unerheblich für die vertragliche Gestaltung ist es, ob der Bauherr sein Haus „klassisch“ – also in Massivbauweise – oder als Fertighaus errichten lässt. Beim Fertighaus werden Teile des Hauses in einer Fabrik vorgefertigt und später auf der Baustelle zusammengebaut. Angewendet werden hier ebenfalls die Regelungen rund um den Verbraucherbauvertrag.
Bei der Vertragsgestaltung und auch bei der späteren Bauausführung werden Ihnen immer wieder bestimmte Begriffe und Begründungen begegnen, Die können es in sich haben – und bedeuten manchmal etwas ganz anderes, als man als Laie denkt:
- Bauseits: Anders, als es der Begriff suggeriert, bedeutet bauseits nicht, dass diese Leistung die Baufirma übernimmt, sondern ganz im Gegenteil: Hierfür ist der Bauherr oder beim Bauträgervertrag der Besteller, also der Käufer zuständig. Vorsicht: Hinter diesem Begriff können sich teure Kostenfallen verbergen! Recht viel kann „bauseits“ aus dem Festpreisangebot ausgelagert sein, zum Beispiel die Entsorgung des Bauaushubs oder der Anschluss der Versorgungsrohre an das öffentliche Versorgungsnetz oder auch die Baustelleneinrichtung.
- Erschließungskostenpflichtig: Auch das ist ein Hinweis auf hohe Zusatzkosten für Sie. Denn die Kommune und die Versorgungsunternehmen werden für die Bereitstellung der öffentlichen Infrastruktur Gebühren verlangen, die in diesem Fall der Käufer des Grundstücks zu tragen hat.
- Schlüsselfertig: Viele Bauherren denken, dass „schlüsselfertig“ gleichbedeutend ist mit bezugsfertig und dass darin alle Kosten enthalten sind. Das hängt jedoch stark davon ab, was im Bauvertrag vereinbart wurde.
- Gleichwertig: Auch der kleine Zusatz „oder gleichwertig“ hat es in sich. Denn ob die Heizungsanlage des Herstellers X tatsächlich gleichwertig zu der des Herstellers Y ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Ist dieser Zusatz in der Baubeschreibung angegeben, dann bedeutet das, dass die genauen Hersteller- und Typenangaben, die mühsam in einer Bemusterung festgehalten wurden, das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.
- OK/Oberkante: Bau der Fallrohre bis Oberkante – auch das kann eine Kostenfalle sein. Denn ab der Oberkante ist dann der Bauherr für alle erdenklichen Anschlüsse und weiteren Leitungen finanziell zuständig.
- „Amtlich anerkanntes Schlechtwetter“: Baufirmen schieben die Schuld für Bauverzögerungen gerne auf das schlechte Wetter zurück. Ob dies wirklich als Entschuldigung treffend ist, ist für den Laien sehr schwer zu beurteilen (siehe Seite 52).
Verbraucherbauvertrag: Rechte beim Bau eines Massiv- oder Fertighauses
Bauherren, die bereits ein bebaubares Grundstück besitzen oder ein solches ohne Bindung an einen Bauträger erwerben konnten, haben verschiedene Möglichkeiten. Neben der individuellen Planung mit einem Architekten und einzelnen Gewerken oder auch der kompletten Bauausführung über einen Generalunternehmer oder -übernehmer nach den Plänen Ihres Architekten ist es auch möglich, die Planungs- und Bauleistungen aus einer Hand zu erhalten, indem man sich für den Bau eines Fertig- oder Massivhauses entscheidet. Ein Massivhaus wird in diesem Fall nach vorgegebenen, zum Teil variablen Mustern „herkömmlich“ erstellt, also „Stein auf Stein“ vor Ort errichtet. Für ein Fertighaus werden große Einzelteile in einer Fabrik vorgefertigt, auf das eigene Grundstück ausgeliefert und dort nur noch montiert. Das hat viele Vorteile, aber auch hier hat Qualität schon lange ihren Preis. Die Baufirma agiert in beiden Fällen als sogenannter Totalunternehmer oder -übernehmer und übernimmt neben der Bauausführung auch die Planung des Hauses.
Durch den Verbraucherbauvertrag sind Bauherren sowohl beim Fertighaus als auch beim Massivhaus recht gut geschützt, einige Fallstricke gibt es aber dennoch zu beachten. Verwenden Sie unsere Checkliste, um zu prüfen, ob Ihr Vertrag alle wichtigen Aspekte berücksichtigt.
Fertighaus: Haus vom Fließband
Ein Fertighaus bezeichnet ein Haus, bei dem zumindest Teile vorgefertigt geliefert werden, uniforme Standardware sind die Häuser aber dennoch schon ziemlich lange nicht mehr. In Ausstattung und Qualität bietet der Markt alle Varianten, von ganz einfachen bis zu sehr hochwertigen Fertighäusern. Dabei wird zwischen unterschiedlichen Bauweisen unterschieden:
- Skelett- oder Ständerbaufertighäuser: Die Skelett- oder Ständerbauweise kann als moderne Variante eines Fachwerkhauses beschrieben werden. Dabei ist das Gerüst für sich genommen tragfähig, sodass die Wände sehr individuell gestaltet werden können.
- Rahmenbauweise: Bei der Rahmenbauweise werden geschossweise Gerippe aufgestellt, die mit horizontalen Hölzern verbunden werden.
- Tafelbauweise: Hier werden für ein auf der Rahmenbauweise basierendes Fertighaus große Wandelemente industriell vorgefertigt – also mit allem nur erdenklichem Zubehör, zum Beispiel Putz und Kacheln – und dann auf der Baustelle miteinander verbunden.
- Massivfertighäuser: Auch massiv, also aus Beton oder Stein gebaute Häuser können Fertighäuser sein, nämlich dann, wenn ganze Wandelemente im Werk vorproduziert werden. Das ist für einzelne Bereiche möglich – so zum Beispiel den Fertigbaukeller – oder für das gesamte Haus.
Der wohl am häufigsten genannte Vorteil gegenüber der Massivbauweise ist die relativ kurze Errichtungszeit des Fertighauses. Es muss auf der Baustelle „nur“ noch zusammengesetzt werden. Beachten Sie aber: Die Planungs- und Genehmigungsphasen verkürzen sich dadurch nicht! Und außerdem sind im Bauvertrag mit der Fertighausfirma – ganz ähnlich wie beim Bauträgervertrag (Seite 64) – möglicherweise auch viele größere Leistungen nicht enthalten, wie zum Beispiel die Gartengestaltung oder die Hausanschlüsse. Diese muss der Bauherr dann selbst organisieren und auch bezahlen. Es kommt also beim Vertrag mit dem Fertighausanbieter sehr darauf an, was tatsächlich konkret vereinbart wurde – auch deshalb ist die kritische Überprüfung mithilfe eines Rechtsanwalts anzuraten.
- „Unser Fertighaus-Handbuch – In neun Schritten ins perfekte Eigenheim“ beschäftigt sich sehr ausführlich mit dem Thema Fertighaus.
Wert eines Fertighauses und Massivhauses im Vergleich
Immer wieder wird beschrieben, dass Fertighäuser, was die Nutzungsdauer betrifft, in Massivbauweise errichteten Häusern unterlegen sind. Zwar sind die meisten Fertighäuser heute längst nicht mehr einfach, billig und von minderer Qualität, in der Finanzierung wird aber dennoch von einer Wertminderung ausgegangen. Und zwar ergibt sich diese durch die fiktive Nutzungsdauer, die einem Fertighaus zugrunde gelegt wird.
- Fertighaus: 50 bis 60 Jahre
- Massivhaus: eher 80 Jahre
Da die Nutzungsdauer entscheidend für die Wertermittlung einer Immobilie nach Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) ist, sinkt damit zwangsläufig der Wert des Fertighauses.
Formel zur Alterswertminderung (lineare Wertminderung)
Alter des Gebäudes
: übliche Gesamtnutzungsdauer
= Alterswertminderung
Beispiel: Ein Gebäude hat ein Alter von 30 Jahren und...