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Berühmte Briefe

Lateinisch-Deutsch

AutorMarcus Tullius Cicero
Verlagmarixverlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783843800433
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Von Marcus Tullius Cicero, einem der bedeutendsten lateinischen Prosaschriftsteller, sind außer den Reden, den rhetorischen und den philosophischen Schriften auch über 900 Briefe erhalten, die Ciceros Sekretär Tiro gesammelt und überliefert hat. Lange Zeit vermisst, wurden sie im 14. Jahrhundert von dem italienischen Humanisten Francesco Petrarca wieder entdeckt. Dieses Briefcorpus wurde in vier Schriften eingeteilt: Briefe an den Verleger Atticus in 16 Büchern, an den Bruder Quintus in 3 Büchern, an den Freund Brutus in 2 Büchern und an weitere nahe stehende Personen in 16 Büchern. Die Briefe weisen zwar dieselbe schöne Sprache auf wie Ciceros übrige Werke, doch zeigen sie, da es sich um echte Gebrauchsbriefe, nicht um geschönte Fassungen oder Kunstbriefe handelt, auch die menschliche, unvollkommene Seite des Staatsmannes, der als homo novus (politischer Aufsteiger, der nicht aus einer Senatorenfamilie stammte) alle römischen Staatsämter suo anno, d. h. sofort mit Erreichung des Mindestalters, ausübte. Dies gilt insbesondere für die Briefe aus dem Exil und die Briefe an seine Ehefrau Terentia und die gemeinsamen Kinder, die in der vorliegenden Auswahl chronologisch und mit einer Einleitung sowie Erläuterungen zum Verständnis dargeboten werden.

Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.) war römischer Staatsmann, Redner und Philosoph. Er studierte Recht, Rhetorik, Literatur und Philosophie in Rom. Sein Durchbruch als Anwalt und Politiker in Rom gelang ihm 70 v. Chr. im Prozess gegen Verres, 64 v. Chr. wurde er gegen seinen Mitfavoriten Catilina zum Konsul gewählt. Als dieser einen Staatsstreich zum Sturz der Regierung organisierte, deckte Cicero die Verschwörung auf und ließ einige Angehörige der Gruppe hinrichten. Nach einjährigem Exil in Makedonien wurde er vom römischen General Pompeius nach Rom zurückgerufen. Nach Caesars Ermordung unterstützte Cicero dessen Adoptivsohn Octavian. Cicero wurde am 7. Dezember 43 v. Chr. ermordet.

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Leseprobe

Einleitung


M. Tullius Cicero


Der berühmte römische Staatsmann, Redner und Philosoph, Konsul des Jahres 63 v. Chr., wurde am 3. Januar 106 v. Chr. in Arpinum geboren. Seine Heimatstadt liegt im Süden Latiums, 100 km südöstlich von Rom, im Gebiet der Volsker. Die Einwohner der Stadt hatten 188 v. Chr. das römische Bürgerrecht erhalten. Cicero war der älteste Sohn Marcus Tullius Ciceros und Helvias, die 103 oder 102 noch den Sohn Quintus bekamen. Die Tullii Cicerones gehörten dem Ritterstand an, der zweitobersten Klasse der Bevölkerung zwischen den Patriziern und den Plebejern. Sie führten ihre Herkunft auf den römischen König Servius Tullius, wie Cicero eher scherzhaft mitteilt, und den Konsul der frühen Republik Manius Tullius Longus (Konsul 500 v. Chr.), den einzigen Patrizier dieses Namens, zurück. Obwohl eine der führenden Familien Arpinums, gehörten sie in Rom nicht zur Nobilität, also jenen patrizischen, plebejischen und ritterlichen Familien, von denen Mitglieder im Senat saßen, aus denen also Prätoren und Konsuln, die höchsten Regierungsbeamten, kamen und die nicht selten untereinander verwandt waren.

Grundlage für eine politische Karriere waren aber vor allem die Beziehungen zu eben dieser Nobilität, außerdem eine möglichst große Zahl von Klienten, d. h. Angehörigen niedrigerer Bevölkerungsschichten, die sich unter den Schutz eines Patrons stellten und diesem dafür morgendlich aufwarteten, ihn bei öffentlichen Auftritten begleiteten und ihn im Wahlkampf unterstützten. Umso schwerer war es für jemanden, der über diese Grundlagen nicht verfügte, politisch aufzusteigen. Männer, denen dies dennoch gelang, wurden homines novi (wörtl.: neue Männer, gemeint: Neulinge, Emporkömmlinge) genannt. Zu den 15 Männern, die dies seit 366 v. Chr. bis zu Ciceros Zeit geschafft hatten, gehörten z. B. M. Porcius Cato, der Zensor, dessen Landgut Tusculum später Cicero kaufte, und der wie Cicero aus Arpinum stammende C. Marius (Konsul 107 sowie 104-100 und 87), mit dem Cicero durch Adoption eines Onkels entfernt verwandt war.

Die Tatsache, dass die homines novi permanent um Anerkennung und Ebenbürtigkeit bei der Nobilität kämpfen mussten, hat Ciceros Denken und Leben tief geprägt.

Ciceros Vater zog mit den beiden jungen Söhnen Marcus und Quintus nach Rom, um ihnen dort eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Behilflich waren dabei vor allem sein Freund L. Licinius Crassus, der Vater des Triumvirn im 1. Triumvirat (60, mit C. Iulius Caesar und Cn. Pompeius Magnus), in dessen Haus die Cicero-Brüder zuerst unterrichtet wurden, sowie M. Antonius, der Großvater des Triumvirn im 2. Triumvirat (43, mit C. Iulius Caesar Octavianus und M. Aemilius Lepidus). Nach Crassus’ Tod lernte Cicero als Mitstudenten T. Pomponius Atticus kennen, der von da an lebenslang sein bester Freund blieb.

Mit der Philosophie kam Cicero zuerst durch seinen Lehrer Philon von Larisa in Berührung. Der Leiter der Neuen Akademie in Athen war vor König Mithridates von Pontos nach Rom geflohen. Auch mit den anderen maßgeblichen philosophischen Richtungen seiner Zeit außer der sog. Akademie befasste sich Cicero, so kam er mit dem Epikureismus in Kontakt, und den Stoiker Diodotos nahm er in sein Haus auf.

Seinen nur einjährigen Militärdienst leistete Cicero im Bundesgenossenkrieg (91-89 v. Chr.) im Jahre 89 unter den Feldherren Cn. Pompeius Strabo und L. Cornelius Sulla ab, danach nahm er die für Politiker der römischen Republik übliche Anwaltstätigkeit auf. Seine erste bedeutende überlieferte Rede hielt er im Jahr 81 für P. Quinctius, dessen eigentlicher Anwalt Rom wegen einer Gesandtschaft verlassen musste, in einem komplizierten Zivilprozess. Sein Gegner war der damals berühmteste Redner Roms Q. Hortensius Hortalus, den Cicero mit der gebotenen Ehrfurcht behandelte, während er sich sonst recht mutig auch gegen Anhänger des Diktators L. Cornelius Sulla äußerte.

Im folgenden Jahr verteidigte er den des Vatermordes angeklagten Sex. Roscius Amerinus. Er erwirkte den Freispruch seines Mandanten, da er die Ankläger selbst der Tat überführte. Sie hatten den Vater Roscius’ um sein Vermögen betrogen und ermordet und anschließend versucht, den Sohn und rechtmäßigen Erben durch die Anklage als erbunwürdig erscheinen zu lassen. Nach diesem Prozess begab sich Cicero, obgleich siegreich, zu seiner eigenen Sicherheit nach Griechenland, wo er seine philosophischen Studien fortsetzte, denn einer der überführten Ankläger war ein Freund des amtierenden Diktators Sulla. Aus diesem Grunde hatte auch kein anderer Anwalt Roms die Verteidigung Roscius’ übernehmen wollen.

Weitere Motive für diese Reise waren möglicherweise auch Ciceros angeschlagene Gesundheit, da er sich beim Vortrag seiner Reden anfangs zu sehr verausgabte, sowie die Tatsache, dass Bildungsreisen dieser Art für junge Männer der römischen Oberschicht keineswegs ungewöhnlich waren. Sein Bruder Quintus und sein Vetter Lucius begleiteten ihn. Sein Freund T. Pomponius Atticus befand sich bereits in Athen. Cicero suchte verschiedene Philosophenschulen in Athen auf und lernte in Rhodos bei Molon von Rhodos einen schlichten Redestil sowie eine schonendere Technik beim Stimmeinsatz kennen.

In Smyrna besuchte Cicero P. Rutilius Rufus, den letzten Überlebenden des Scipionenkreises, eines Freundeskreises um P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus, den Konsul der Jahre 147 und 134 und Zerstörer Karthagos 146. Zu diesem Kreis hatten der Stoiker Panaitios, der Historiker Polybios, der Dichter Lucilius, der Konsul des Jahres 140, C. Laelius und eben der Konsul des Jahres 105, P. Rutilius Rufus, gehört. Die Runde bildete von etwa 150 bis 130 einen Ort der Begegnung römischer und griechischer Geisteswelt. In diesem Kreis ließ Cicero später sein bedeutendstes staatsphilosophisches Werk De re publica spielen, und in der Tradition dieser Personen sah sich der Politiker und Philosoph Cicero selbst. P. Rutilius Rufus war zu Unrecht der Erpressung während seiner Statthalterschaft in der Provinz Asia angeklagt und verurteilt worden. Da er die entsprechende Geldstrafe nicht hatte aufbringen können, war er ins Exil nach Smyrna gegangen, wo er sich mit der Schriftstellerei beschäftigte.

Als Cicero 77 nach Rom zurückkehrte (nach anderen Schätzungen bereits vor seiner Abreise) heiratete er Terentia, eine Tochter aus wohlhabender Familie, deren Vermögen und Beziehungen – und möglicherweise Ehrgeiz – seine Karriere sehr förderten. Auch seine erwiesenen Fähigkeiten als Anwalt trugen dazu bei, dass Cicero nun die Ämter der römischen res publica jeweils suo anno, also gleich bei Erreichung des vorgeschriebenen Mindestalters, durchlief – eine zumal für einen homo novus unglaubliche Leistung.

Cicero wurde 75 v. Chr. Quästor, und zwar in Roms ältester Provinz, in Sizilien. Von dort aus hatte er durch Ankäufe die Getreideversorgung der Hauptstadt sicherzustellen. Dabei blieb ihm jedoch hinreichend Zeit, auch seine kulturellen Neigungen zu pflegen, und er berichtet selbst davon, wie er auf der Heimreise das Grab des berühmten Mathematikers Archimedes wiederentdeckte (Gespräche in Tusculum 5,64-66). Außerdem zeichnete er sich durch eine besonders korrekte Amtsführung aus, für römische Provinzverwalter keineswegs selbstverständlich, denn für die Ämter gab es kein Gehalt, und die meisten Provinzstatthalter waren daher darauf aus, in ihrer Amtszeit durch Ausbeutung der Provinzen ihre Vermögensverhältnisse aufzubessern. Da Cicero davon weit entfernt war, bestellte ihn die Provinz Sizilien im Jahre 70 zu ihrem Anwalt und Ankläger im Prozess gegen den korrupten und verbrecherischen Provinzstatthalter C. Verres.

Dessen Verteidiger Q. Hortensius hatte eigentlich Q. Caecilius Niger, den damaligen Quästor Verres’, zum Ankläger bestellt wissen wollen, dem er weit überlegen war. Doch Cicero setzte seinen Anspruch, Sizilien vertreten zu dürfen durch. In 50 Tagen sammelte er Beweise vor Ort. Im Prozess besiegte Cicero Hortensius, seinen Rivalen unter den römischen Anwälten und Rednern. Verres, schon in der ersten von fünf vorbereiteten Reden Ciceros von der Beweislast erdrückt, ging noch vor der Urteilsverkündung freiwillig ins Exil, ein durchaus übliches Verfahren in solchen Fällen. Die vier weiteren Reden wurden nicht mehr gehalten, sind aber überliefert. Cicero wurde im folgenden Jahr Ädil. Dieses Amt umfasste die Abhaltung von Spielen und war daher in besonderem Maße geeignet, sich Beliebtheit beim Volk zu verschaffen; seine Tätigkeit als Anwalt konnte Cicero dabei fortsetzen, was auch die Zahl seiner Klienten vergrößerte.

Das zweithöchste reguläre Amt des cursus honoris, das eines Prätors erlangte Cicero 66 v. Chr. Durch Los wurde ihm im Prätorenkollegium ausgerechnet der Vorsitz des Gerichts für Erpressungsangelegenheiten zugewiesen, eine Art des Verbrechens, mit der er ja bereits befasst gewesen war. In der bedeutendsten Rede dieses Jahres, De imperio Cn. Pompei, auch De lege Manilia genannt, sprach er sich dafür aus, den Oberbefehl im Krieg gegen König Mithridates von Pontos dem Feldherrn Cn. Pompeius Magnus zu übertragen, der sich bereits durch die Beseitigung der Seeräuber ausgezeichnet hatte. Nach der Prätur hätte Cicero regulär als Proprätor die Verwaltung einer Provinz übernehmen müssen, ließ sich aber von dieser Pflicht entbinden, da er lieber in Rom blieb und durch öffentliche Auftritte seine Bekanntheit und sein Ansehen förderte. Denn Cicero fasste bereits sein nächstes Ziel fest ins Auge: das Konsulat.

Die Bewerbung folgte im Sommer 62. Außer ihm traten an: P. Sulpicius Galba, L. Cassius Longinus, L. Sergius Catilina und C. Antonius, von denen die...

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