2 BURNOUT (vgl. Barth, 1992)
"Ein Mensch muss einmal entflammt gewesen sein, um ausbrennen zu können." (Barth, S.17)
Je mehr Veröffentlichungen zum Thema "Burnout" erscheinen, umso ausufernder und nichtssagender wird dieser Begriff. Es existieren bereits sehr viele verschiedene und heterogene Ansätze. Ich möchte in meiner Arbeit jenen phänomenalen Kern des Syndroms beschreiben, der sich in den meisten Büchern auf irgendeine Art und Weise wiederfindet. Dabei stütze ich mich besonders auf das Hauptwerk von Anne-Rose Barth, die das Burnout-Syndrom bei Lehrern unter Einbeziehung zahlreicher bereits veröffentlichter Studien sehr genau untersucht und beschrieben hat.
Als Burnout bezeichnet man eine körperliche, einstellungsmäßige und emotionale Erschöpfung. Es sind zahlreiche Stressoren vorhanden, wohingegen die Satisfaktoren fehlen.
[ > satisfacere, lat.= zufrieden stellen] (vgl. Barth, S.17/Pines, Aronson und Kafry)
Ursachen: (vgl. Barth, S. 17)
Ursachen für einen Burnout-Zustand sind
dauernde Anspannung
wenig Anerkennung und mitmenschliche Unterstützung und
eine ständige Überlastung durch viele zwischenmenschliche Kontakte.
Diese drei Ursachen können in fast allen Berufen auftreten. Im Berufsfeld der Sozialpädagogik kommen allerdings zahlreiche zusätzliche Stressoren hinzu, wie z.B. zu lange Arbeitszeiten, Isolation, Autonomiemangel, Bedürfnisse der Klienten, öffentliche Missverständnisse über die Natur der Arbeit, ungenügende Ressourcen, Mangel an Kriterien zur Messung des Erfolgs, exzessive Anforderungen an die Sozialpädagogen von der Hierarchie, ungenügende Vorbereitung auf die Arbeit, sowie verwaltungsmäßige Unstimmigkeiten. (vgl. Barth, S. 31)
Symptome (vgl. Barth, S. 18f)
Dazu zählen Energiemangel, chronische Ermüdung, Schwäche, Überdruss, Erschöpfung;
Schlafstörungen, Alpträume, Migräne; Veränderungen des Körpergewichts;
Unfallhäufigkeit, schlechte Körperkoordinationsfähigkeit; Verspannungen und Rückenschmerzen; erhöhte Anfälligkeit für Erkältungen und Virusinfektionen; übermäßige Einnahme von Medikamenten (um die körperliche Erschöpfung und Beschwerden abzufangen); psychosomatische Krankheiten.
Diese zeigt sich in Schuldgefühlen gegenüber den Hilfesuchenden, weil Begegnungen vermieden werden; in Niedergeschlagenheit, Hilfosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Depression; in Gereiztheit, verwirrenden und konflikthaften Emotionen; in Angst, die Kontrolle zu verlieren, in unbeherrschtem Weinen und emotionalem Ausgehöhltsein; in Leere, Verzweiflung, Entmutigung, Vereinsamung und evtl. in Langeweile.
Geistige Erschöpfung äußert sich durch Rigidität im Denken und Handeln; durch distanzierte und defensive Einstellungen, dehumanisierende Einstellungen gegenüber den Klienten (Zynismus, Verachtung, Aggressivität); durch den Verlust der Selbstachtung; durch ein Gefühl der Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit; durch starken Pessimismus bis zu paranoiden und suizidalen Gedanken.
Zu den typischen Verhaltensmerkmalen eines Burnout-Syndroms gehören ständiges
Auf-die-Uhr-Schauen, Klagen, risikofreudiges Verhalten, Drogen- und Medikamentenmissbrauch, wenig oder wenig effizientes Arbeiten, häufige Fehltage, verlängerte Pausen, geistige Abwesenheit.
Da es zahlreiche Theorien gibt, wie es zu einem Burnout-Syndrom kommen kann und welche Stadien hierbei in welcher Reihenfolge durchlaufen werden, möchte ich an dieser Stelle zwei verschiedene Modelle gegenüberstellen: Auf der einen Seite die 4 Stufen des Burnout von Edelwich und Brodsky (1984), auf der anderen Seite die 12 Burnout-Stadien von Freudenberger und North (1992), wobei letzteres das detaillierteste und bekannteste Modell in unserem Sprachraum ist.
In dieser Phase setzt sich der Sozialpädagoge oft zu hochgesteckte Ziele und hat unrealistische Erwartungen an sich und an den Erfolg seiner Arbeit.
Im Sozialpädagogen tritt das Gefühl auf, nicht weiterzukommen und die eigenen Ziele nicht verwirklichen zu können. Emotionen von Zufriedenheit und Erfüllung im Beruf nehmen langsam ab.
Nun werden das eigene berufliche Können oder der Sinn des gesamten Berufszweiges angezweifelt. Es besteht eine Neigung zu häufigem Fernbleiben oder zum Stellenwechsel.
Der Sozialpädagoge passt sich vollkommen an den status quo an. Es wird möglichst wenig Energie ins Arbeitsleben investiert, jede Herausforderung wird vermieden.
Nach Georg E. Becker und Gernot Gonschorek (vgl. Meyer E. [Hrsg.], 1991, S.15) gibt es ein zusätzliches Stadium zwischen Enthusiasmus/Idealismus und Stagnation, das den beruflichen Gesundheitszustand darstellt und daher jedem Sozialpädagogen zu wünschen ist:
den REALISMUS.
STADIUM 1: Der Zwang sich zu beweisen
Der Sozialpädagoge hat den Wunsch, sich der Welt zu beweisen. Er ist getragen von Idealismus und Tatendrang, welche sich schließlich in einen Erfolgs- und Leistungsdrang wandeln, ausgelöst durch übertriebene Erwartungen an sich selbst.
STADIUM 2: Verstärkter Einsatz
Aus Angst, das eigene Ansehen oder die absolute Kontrolle zu verlieren, wird es immer schwieriger, Arbeit oder Verantwortung an andere abzugeben.
STADIUM 3 Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
Die Aufmerksamkeit sich selbst und den persönlichen Bedürfnissen gegenüber nimmt ab. Die Pflege von Sozialkontakten, das sexuelle Interesse und der Sinn für Humor nehmen ab. Häufig steigern Sozialpädagogen in diesem Stadium ihren Kaffee-, Nikotin- und Alkoholkonsum. Schlafstörungen treten auf.
STADIUM 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Körperliches Unwohlsein und Energiemangel werden vor sich selbst und vor den anderen verborgen. Zeichen echter, chronischer Müdigkeit treten auf und die Gefahr eines körperlichen Zusammenbruchs wächst.
STADIUM 5: Umdeutung von Werten
Da der Sozialpädagoge seine Konflikte beiseite schiebt, ist es für ihn schwierig, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Wegen des unerträglichen Drucks, der auf ihm lastet, schiebt er Vergangenheit und Zukunft beiseite. Seine Wahrnehmungsfähigkeit stumpft ab, seine Wertsysteme werden verschoben. Beziehungen werden zunehmend inadäquat wahrgenommen und gelebt.
STADIUM 6: Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Das Verleugnen der eigenen Bedürfnisse und der damit verbundenen Konflikte dienen dazu, den Burnout-Prozess zu verschleiern.
Der Sozialpädagoge erlebt sein soziales Netz mehr und mehr als fordernd oder trivial und unwichtig. Vereinsamung, Isolation und Intoleranz nehmen zu. Gefühle von Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit werden durch Schlaf oder Flucht in Illusion und Süchte zugedeckt.