Eine Ausweitung des Marktvolumens ist ohne tief greifende Produkt- und Leistungsinnovationen nicht mehr möglich. Finanzdienstleistungsprodukte sind sehr homogen und somit leicht substituierbar. Angesichts dieser Bedingungen rückt die langfristige Bindung vorhandener Kunden (vor der Neukundengewinnung) in den Mittelpunkt marktpolitischer Überlegungen. Erfahrungen zeigen, dass nur durch eine konsequente Kundenorientierung, Wettbewerbsvorteile erreicht werden können. Der Erfolg für das Unternehmen baut sich nicht auf objektiv gegebenen Positionierungsvorteilen auf. Vielmehr sind für den Kunden subjektiv wahrgenommene Leistungsmerkmale wichtig, die aus seiner Sicht besser sind, als die Dienstleistungen der anderen Wettbewerber.[5]
Aufgrund dieser Tatsache müssen die unternehmerischen Aktivitäten konsequent und nachhaltig an den Kundenanforderungen ausgerichtet werden,[6] damit eine langfristige Kundenbindung erreicht wird.
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Dauer der Kundenbeziehung und dem Gewinn. Der Gewinn ergibt sich aus gewinnsteigernden bzw. kostensenkenden Effekten aus der langfristigen Kundenbindung. Die Effekte einer langfristigen Kundenbindung zeigt die Grafik:
Es ergeben sich also folgende gewinnfördernde Effekte:
Gewinn aus erhöhter Kauffrequenz und/ oder breiterer Nutzung des Leistungssortiments des Anbieters (Cross-Buying-Potential)
Gewinn aufgrund geringerer Betriebskosten (genauere Kenntnis des Kunden ermöglichen Einsparungspotential; z.B. geringere Beratungszeiten oder geringere Betreuungskosten)
Gewinn aufgrund von Weiterempfehlungen (Verringerung der Akquisitionskosten durch Mundwerbung)
Gewinn aus Preisaufschlägen (höhere Preisbereitschaft loyaler Kunden, da ein Wechsel mit hohem Risiko/ Aufwand verbunden scheint - siehe Seite 19 - ).[7]
"Dienstleistungen unterscheiden sich im Vergleich zu Sachleistungen
hauptsächlich durch:
die Immaterialität der Leistung und
die Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozess."[8]
Dienstleistungen sind physisch nicht präsent und können auch nicht ohne die
Integration des Kunden erstellt werden.
Die Integration des Kunden hat zwei Aspekte.
Zum Einen spielt der Grad der Interaktion zwischen dem Kunden und dem Unternehmen eine Rolle, zum Anderen ist der Grad der Individualisierung der erstellten Dienstleistung entscheidend.[9]
Dienstleistungen sind also weniger gut standardisierbar als Sachleistungen.
Sie werden oft von unterschiedlichen Personen erbracht (z.B. mehrere
Ansprechpartner in einer Bankfiliale) und können zudem auch von externen
Faktoren abhängen (z.B. präferiert der Kunde den Abschluss eines Riester-altersvorsorgevertrages aufgrund des medialen Einflusses).
Dadurch, dass mehrere Personen an der Erbringung der Dienstleistung beteiligt sein können, muss man von einer größeren Qualitätsstreuung (im Vergleich zu Sachgütern) ausgehen. Durch diese größere Qualitätsstreuung, ist eine höhere Kundenunzufriedenheitsrate zu erwarten (Kunden nehmen also die verschiedenen Berater unterschiedlich an = Sympathie)
Es ist bei Dienstleistungen oft unmöglich, eine schlechte
Leistung im Nachhinein wieder zu beheben oder umzutauschen. Zwar ist es
möglich evtl. Gebühren oder Kosten zu erstatten, aber ein z.B. einmal
abgeschlossenes Festgeld kann während der Laufzeit nicht verfügt/ gekündigt werden.
Außerdem ist die Schuldzuweisung oft nicht eindeutig, da der Kunde an der
Erstellung der Leistung mitwirkt und ein Mitverschulden nicht immer
auszuschließen ist (z.B. ungenaue Angabe der Wünsche für Laufzeit,
Verfügbarkeit oder Sicherheit der Geldanlage).[10]
"Allgemein definiert sind Beschwerden Artikulationen von Unzufriedenheit, die gegenüber dem Unternehmen oder auch Drittinstitutionen mit dem Zweck geäußert werden, auf ein subjektiv als schädigend empfundenes Verhalten eines Dienstleisters aufmerksam zu machen, Wiedergutmachung für erlittene Beeinträchtigung zu erreichen und/ oder eine Änderung des kritisierten Verhaltens zu bewirken."[11]
Diese Definition ist sehr allgemein gehalten, von daher sind folgende Ergänzungen nötig:
1. Bei Beschwerden handelt es sich um Artikulationen, d.h. um verbale oder schriftliche Äußerungen.
2. Aufgrund dieser Äußerungen ist klar, dass der Beschwerdeführer unzufrieden ist.
3. Die Artikulation muss nicht unbedingt gegenüber dem Unternehmen selbst geäußert werden; der Kunde kann sich stattdessen oder zugleich an eine Drittinstitution wenden.
4. Beschwerden können nicht nur von Kunden, sondern auch von anderen Individuen oder unternehmerischen Anspruchsgruppen geäußert werden, z.B. wenn sie sich durch einen Werbespot diskriminiert fühlen.
5. Es sollte klar sein, dass sich die Unzufriedenheit nicht immer auf einen Mangel durch ein zuvor gekauftes Produkt oder auf eine empfangende Dienstleistung zurückführen lässt. Gegenstand von Beschwerden kann darüber hinaus auch das gesellschaftspolitische Verhalten des Unternehmens sein (z.B. Förderung von Vereinen oder Umweltschutz,).[12]
"Der Begriff "Beschwerdemanagement" hat im Sinne seiner Pejoration eine negative Signalwirkung auf Kunden und auf die Arbeit von Verbesserungsteams, weil der Begriff nach "Last" oder "lästig" klingt. Einige Unternehmen sind aus diesem Grund dazu übergegangen, das Beschwerdemanagement als "Feedbackmanagement" zu bezeichnen. Der kontaktaufnehmende Kunde soll sich auf diese Weise nicht als Bittsteller fühlen."[13]
Eine Beschwerde wird intentional vorgebracht, d.h. der Kunde verfolgt mit seiner Artikulation eine bestimmte Absicht. In vielen Fällen wendet er sich in der Nachkaufphase bzw. nach Vertragsabschluss (bei Finanzdienstleistungen) an das Unternehmen, weil er der Ansicht ist, dass er vom Unternehmen nicht die zu erwartende Leistung erhalten hat (z.B. kostenfreies Girokonto, oder halbierte Tradinggebühren beim Wertpapierdepot). Deswegen will der Kunde eine verbesserte bzw. völlig neue Leistung, wie z.B. die Erstattung der zu viel gezahlten Gebühren oder wenn beispielsweise durch Folgeschäden, bei irrtümlich zurückgegebenen Lastschriften mangels Deckung, Mahngebühren durch das Drittunternehmen entstehen.
Versteht der Kunde diese Forderung als Anspruch an das Unternehmen, den er gegebenenfalls auf dem Rechtsweg durchsetzen kann, so spricht man von Reklamation. [14]
In der Praxis wird häufig zwischen Beschwerde und Reklamation begrifflich nicht differenziert.
Grundsätzlich bezeichnet der Begriff „Reklamation“ die Teilmenge von Beschwerden, in denen der Kunde in der Phase nach dem Geschäftsabschluss Beanstandungen an die Dienstleistung (oder das Produkt) mit einer kaufrechtlichen Forderung verbindet.[15]
Die Grafik veranschaulicht die Begrifflichkeit von Beschwerde und Reklamation:
Unter Customer-Relationship-Management (auch Kundenbindungsmanagement) versteht man eine Unternehmensphilosophie, die sich am Kunden orientiert. Hier gilt es nicht als erstrebenswert durch schnelle Geschäftsabschlüsse kurzfristige Mehrerträge oder Marktanteile zu generieren. Es geht vielmehr um den Aufbau einer langfristigen Kundenbeziehung und somit einer gefestigten Kundenbindung, aus der sich maximale Erträge langfristig ergeben sollen.[16]
Die Vorteile einer solchen Kundenbindung wurden bereits in Punkt 2.1. erläutert.
Es wird nicht eine Kundenorientierung um jeden Preis angestrebt, da eine Individualisierung der Leistung gegenüber dem Kunden nur Sinn macht, wenn der Kunde durch sein Ertragspotential dafür geeignet ist.
Für das Unternehmen ist es wichtig, wie attraktiv die Kundenbeziehung derzeit ist, bzw. welche Potentiale zu erwarten...