Kapitel 5, Möglichkeiten zur Abgrenzung eines Best Ager-Marktes
Die Planung von Best Ager-orientierten Marketingmaßnahmen ist nur dann zweckmäßig, wenn diese auch wirklich ein klar abgrenzbares Segment darstellen. Daher ist es erforderlich, den Typus „reiferer Konsument“ genau und klar zu definieren. Das Vorhandensein oder die Größe eines Marktes kann nur dann sinnvoll bestimmt werden, wenn bekannt ist, welche Konsumentengruppe diesem Markt zugerechnet werden können. Es stellt sich dazu die Frage, welche Merkmale am Besten geeignet sind, um diese Zielgruppe klar und eindeutig zu segmentieren. Versteht man unter einem Best Ager-Markt einen Markt älterer Menschen, so wäre eine Segmentierung nach dem Alter angebracht. Man würde hierbei unterstellen, dass das Konsumverhalten vom Alter der Person abhängt. Alle Personen, die ein bestimmtes Alter überschritten haben, gelten als Best Ager und würden als homogenes Segment betrachtet. Ist Altern nicht aber ein höchst individueller Prozess, das Ergebnis eines Lebens mit unterschiedlichen Erfahrungen und Erlebnissen, der einer eigenen Dynamik unterliegt?
Im Folgenden werden verschiedene Segmentierungsansätze geprüft, um festzustellen, ob Best Ager wirklich ein klar abgrenzbares Segment bilden und, resultierend daraus, mit einer expliziten Marketingstrategie bedient werden können oder sollten. Auf Grund der Komplexität des Themas erfolgt zusätzlich auch der Versuch einer Abgrenzung der Zielgruppe nach biologischen, psychologischen soziologischen sowie lebensstilbezogenen Kriterien. Diese sind für eine lückenlose Abgrenzung Voraussetzung und sollen dazu beitragen, einen mehrdimensionalen Überblick zu vermitteln. Sie sollen zudem Aufschluss bieten, ob die Segmentierung eines Best Ager-Marktes lohneswert sein kann oder Aufwand und daraus entstehender Nutzen nicht im Verhältnis stehen.
Abgrenzung anhand soziodemographischer Kriterien:
Soziodemografische Kriterien werden bevorzugt, weil sie sich leicht erheben lassen und von einem Zusammenhang zwischen einer Altersgruppe und ihren jeweiligen Eigenschaften auszugehen ist. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sie als alleinige Indikatoren ausreichen oder man sie lediglich als wichtige Rahmenbedingung im großen Ganzen betrachten und letztendlich einordnen sollte. Dies gilt es in weiteren Ausführungen zu prüfen. Um den Rahmen der Diplomarbeit nicht zu überschreiten und die Konzentration auf das Wesentliche nicht zu verlieren, wird nur auf einige bezeichnende Kriterien bezüglich der Soziodemographie eingegangen.
Abgrenzung anhand wirtschaftlicher Kriterien:
Die Segmentierungsmethode anhand wirtschaftlicher Kriterien findet ihre Begründung mit Blick auf das Konsumentenverhalten. Man geht davon aus, dass das Konsumentenverhalten von Personen erheblich durch das zur Verfügung stehende Einkommen gelenkt wird. Es ist daher anzunehmen, dass ein geringeres Einkommen auch einen beschränkenden Effekt auf das entsprechende Kaufverhalten hat und generell die Kaufbereitschaft im Allgemeinen stark beeinflusst.
In Zusammenhang mit der Zielgruppe 50plus kann gesagt werden, dass Armut und Alter heute nicht mehr automatisch in Bezug zueinander stehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Eine relativ kleine Minderheit – vor allem Frauen, die vor 1920/25 geboren sind ist finanziell so schlecht gestellt, dass das Wort „Altersarmut“ noch heute seine Berechtigung hat. Werden die Zahlen in Abb. 5 verglichen, so wird deutlich, dass die Gruppe der 45- bis 55-Jährigen mit 3.383 Euro das höchste Nettoeinkommen zur Verfügung hat, jedoch dicht gefolgt von den 55- bis 65-Jährigen mit einem Einkommen von 3.015 Euro pro Monat. Dieses liegt somit immer noch über dem Durchschnittsnettoeinkommen aller Haushalte. Absolut betrachtet, ist das Einkommen der Haushalte der 35- bis 45-Jährigen mit 3.166 Euro im Monat höher als das der 55- bis 65- und 65 bis 70-Jährigen. Jedoch sollte bedacht werden, dass Kostenfaktoren wie abzuzahlende Kredite, im Haushalt lebende Kinder, größere Anschaffungen wie Wohnungseinrichtungen etc. die Höhe des verfügbaren Einkommens bei den 35- bis 45-Jährigen erheblicher mindern können als bei den 55- bis 70-Jährigen. Somit sollte das Nettoeinkommen pro Monat nicht mit dem frei verfügbaren Einkommen der jeweiligen Altersgruppe verwechselt werden. Relativ gesehen, könnte man also davon ausgehen, dass das frei verfügbare Einkommen bei den Haushalten ab 55- bis 70-Jährigen höher ist als bei den 35- bis 45-Jährigen. Begründet liegt dies im geringeren Kostenaufwand der Zielgruppe, da oben genannte Faktoren entfallen: Abzuzahlende Kredite sind in den meisten Fällen bereits getilgt und zum Haushalt gehörige Kinder sind größtenteils erwachsen und stehen finanziell auf eigenen Beinen stehen.
Die folgenden Ausführungen zur finanziellen Situation reiferer Menschen sollten auch unter der Maßgabe betrachtet werden, dass heute viele wohlhabende Senioren von einer dynamischen Rentenanpassung sowie dem Ausbleiben großer Störungen beim Vermögensaufbau profitiert haben. In Hinblick auf die Unsicherheiten der zukünftigen Renten sollte man meinen, dass sich der Anteil dieser verringern könnte. Man kann zudem davon ausgehen, dass mit Eintritt in den Ruhestand den Best Agern nach heutigen Rentenbezügen nur noch 60% ihres Nettoeinkommens zur Verfügung stehen. Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Generation, die in den nächsten Jahren in die Rente nachrückt, nicht nur überdurchschnittlich hohes Nettoeinkommen hat, sondern auch Vermögen besitzt. Dies ist u.a. in der Tatsache begründet, dass wir seit fast 100 Jahren eine Erbengeneration haben. Ausgeglichen wird dieser Verlust jedoch auch durch Auszahlung von Lebensversicherungen, sonstigen privaten Vorsorgen, Betriebsrenten, Einkünften aus Kapitalanlagen etc. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die zukünftigen „Senioren“ eine noch günstigere Einkommenssituation haben werden als die jetzigen. Aus diesem finanziellen Blickwinkel betrachtet und anhand der o.g. Merkmale, die eine positive Konsumeinstellung theoretisch begünstigen müssten, kann man die Bedeutung der Zielgruppe für das Marketing vermutlich nicht absprechen. Exemplarisch und als interessant zu nennen wäre hier das Einkommen der Zielgruppe ab 55-65 Jahren....