1.1 Einführung und Ausgangssituation
Auch beteiligte bzw. beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer und Gesellschafter-Vorstände von Kapitalgesellschaften können grds. alle Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung in Anspruch nehmen, sofern die Arbeitgeberseite diesem Vorgang rechtskonform zustimmt. Daher können dem beschriebenen Personenkreis, entsprechend bzw. analog den im BetrAVG genannten Durchführungsoptionen, sowohl mittelbare als auch unmittelbare Versorgungszusagen erteilt werden.1
In der Praxis wird das Beratungsfeld der betrieblichen Versorgungsberatung von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern bzw. -Vorständen von Kapitalgesellschaften oftmals durch Finanzdienstleister geprägt. Vorwiegend mit dem Ziel, die zur Verfügung stehenden Kapitalanlageprodukte zur Ausfinanzierung der eingegangenen Pensionsverpflichtungen zu vermitteln. Jedoch werden hierbei regelmäßig die formalen und maßgeblichen Rahmenbedingungen außer Acht gelassen. Denn Beratungsvorgänge in diesem Umfeld, die ein »Produktinteresse« in den Fokus der Umsetzung stellen, werden der innewohnenden Komplexität an dieser Stelle nicht gerecht.
Betriebliche Versorgungszusagen an Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen unterliegen grundsätzlich dem Schutzbereich des BetrAVG (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung). Dies gilt jedoch nicht für Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. -Vorstände, die kraft ihrer Beteiligung an einer GmbH eine beherrschende Stellung im Sinne des Arbeitsrechts ausüben.2 Für diesen Personenkreis gelten daher die einschlägigen zivilrechtlichen Vorgaben3. Somit können die Kapitalgesellschaft und die beherrschend beteiligte Person unter dem Aspekt der Vertragsfreiheit völlig privatautonom einen Versorgungsvertrag schließen, der mit grundsätzlich frei wählbaren Regelungselementen ausgestattet werden kann.4 Insoweit bedarf es keiner Beachtung der Vorschriften des BetrAVG.
Nahezu zwangsläufig entsteht hierdurch ein erhöhtes Interesse der Finanzverwaltung an solchen Versorgungskonstellationen. Vor allem unmittelbare Versorgungszusagen unterliegen einer verschärften Prüfung, die durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung z. T. erheblich kompliziert wird. Dies resultiert aus dem Umstand, dass beherrschende Unternehmensleiter von Kapitalgesellschaften nach eigenem Ermessen ihre »eigenen« Versorgungszusagen gestalten können. Aufgrund der steuerlichen Rückstellungsverpflichtung solcher Zusagen erhält der Berechtigte dementsprechend die Chance, die steuerlichen Bemessungsgrundlagen seiner Gesellschaft auf die eigene Interessenslage hin auszurichten. Daher wird die beschriebene Privatautonomie insoweit durch die steuerrechtliche Umsetzungs- und Prüfungsmacht begrenzt.
Nicht zu vernachlässigen sind auch weitere besondere arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Prüfungskriterien, die der Personenkreis der beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. –Vorstände beachten muss, weil diese grundsätzlich als sog. »Unternehmer im eigenen Unternehmen« angestellt sind.
Weiter sind auch einleitende Finanzierungsgrundlagen zu beachten. Da es sich bei einer unmittelbaren Versorgungszusage an diesen Personenkreis um ein rein zivilrechtliches Versorgungsversprechen der zusagenden Gesellschaft handelt, gibt es keine Verpflichtung eine derartige Versorgungszusage kapitalmäßig auszufinanzieren5.
Für den Rechtsanwender wird daher zusammenfassend erkennbar, dass nicht der Vertrieb von Finanzprodukten der Hauptansatzpunkt im Rahmen einer betrieblichen Versorgungsberatung für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. -Vorstände sein kann. Das muss unabhängig davon gelten, ob es sich um eine Neueinrichtung bzw. Anpassung oder Restrukturierung einer entsprechenden Versorgungszusage handelt.
1.1.1 Allgemeiner rechtlicher Hintergrund
Unmittelbare Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Vorstände von Kapitalgesellschaften gehören für diesen Personenkreis zum allgemeinen Vergütungsstandard. Mehr als eine Million derartiger Versorgungsversprechen, unter Berücksichtigung von über 615.000 eingetragenen Kapitalgesellschaften, existieren in der Bundesrepublik Deutschland.6
Eine solche Versorgungszusage beschreibt eine zivilrechtliche Leistungszusage, im Falle des Eintritts bestimmter Leistungsvoraussetzungen eine eindeutig festgelegte Rentenzahlung zu erbringen.7 Diese Leistungsvoraussetzungen sind im Regelfall alters- oder berufsunfähigkeitsbedingtes Ausscheiden aus dem Unternehmen. Es sind aber auch Rentenzahlungen für Hinterbliebene in Form von Witwen- oder Waisenrenten möglich, wenn als Leistungsvoraussetzung aus der Pensionszusage zum Bezug dieser Leistungen der Tod der versorgungsberechtigten Person definiert ist.
Weiter ist zu beachten, dass der genannte Personenkreis eine Doppelfunktion ausfüllt. Auf der einen Seite der organschaftliche Vertreter der Gesellschaft mit Vertretungs- und Geschäftsführungsfunktion, auf der anderen Seite der (Mit-)Eigentümer der Gesellschaft. Daher wird der Gesellschafter-Geschäftsführer lohnsteuerlich als Arbeitnehmer, aus arbeitsrechtlicher Sicht aber als Unternehmer geführt.8 Vor diesem Hintergrund fallen derartige Versorgungs- bzw. Pensionszusagen nicht unter den Schutzbereich des BetrAVG. Dementsprechend muss z. B eine Insolvenzsicherung derartiger Pensionszusagen über privat- bzw. zivilrechtliche Instrumentarien erfolgen, da der Pensions-Sicherungs-Verein aG (PSVaG) eine diesbezügliche Schutzwirkung explizit verneint.
1.1.2 Grundlagen der Finanzierung
Die grundsätzliche bilanzielle Erfassung einer Direktzusage findet über eine steuerlich wirksame Rückstellungsbildung in der Ertragsteuerbilanz der Gesellschaft statt. In § 6a EStG sind dementsprechend die einschlägigen Voraussetzungen für den Ansatz einer ergebnismindernden Pensionsrückstellungsbildung geregelt. Aus der Differenz der Pensionsrückstellung zum Beginn und zum Ende eines Wirtschaftsjahres ergibt sich der jährliche Betrag der Zuführung und/oder der Auflösung zur jeweiligen Rückstellung. Nur der Saldo aller Zuführungen und Auflösungen für die einzelnen Pensionsverpflichtungen ist in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgswirksam zu erfassen.9
Somit entstehen für die Gesellschaft periodenbedingte Liquiditätsvorteile, die zur kapitalmäßigen Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtung aus der Pensionszusage verwendet werden können. Das heißt, dass die zusagende Gesellschaft ggf. auf der Aktivseite der Bilanz Vermögenswerte aufbauen wird, durch die die später zu zahlenden Pensionsleistungen getragen werden können. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass für eine Gesellschaft keine Verpflichtung besteht, eine Direktzusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. an einen Gesellschafter-Vorstand kapitalmäßig auszufinanzieren. So bestätigt auch der BFH eindeutig, dass der Rückdeckungsanspruch einerseits und die Pensionsverpflichtung andererseits unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter darstellen.10 Infolgedessen sind diese gegenüberliegenden Bilanzpositionen völlig autark voneinander zu behandeln.
Vereinzelt gibt es Unternehmen, die aufgrund ihrer hervorragenden Ertragslage samt des daraus resultierenden Cash-Flows auf eine kapitalmäßige Ausfinanzierung der unmittelbaren Pensionszusage verzichten. Die Rentenleistung wird dann ab Rentenbeginn einfach als »Ruhestandsgehalt« durch den zusagenden Arbeitgeber als Versorgungsträger gezahlt.
Das wird allerdings nicht der Regelfall sein. So sind mittelständische Unternehmen vielfach auf eine auf die Verpflichtung aus einer unmittelbaren Versorgungszusage abgestimmte Rückdeckungs- bzw. Finanzanlage angewiesen. Es soll nicht riskiert werden, Versorgungsleistungen aus laufenden Betriebseinnahmen bzw. Gewinnen zu generieren. Finanzielle Überlastung bis hin zur Insolvenz des Unternehmens wäre ansonsten als latente Bedrohung gegenwärtig. Einzelne Unternehmen, die eingegangene unmittelbare Pensionsverpflichtungen als sog. Versorgungsbezug aus dem laufenden Unternehmensertrag der Gesellschaft erbringen, werden daher wohl in der Regel einer Minderheit angehören. In jedem Fall sollte eine zu aktivierende Finanzierungsgestaltung von unmittelbaren Pensionsverpflichtungen fundiert und sensibel initiiert werden, damit sowohl für die zusagende Gesellschaft als auch für die versorgungsberechtigte Person ein höchstes Maß an Sicherheit und Flexibilität gewährleistet ist. Hierzu ist sodann ein umfassendes Wissen hinsichtlich aller in Frage kommenden Finanzanlageprodukte durch die einzuschaltenden Berater bzw. Rechtsanwender...