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1 Organisation des betrieblichen Leistungsprozesses
Wolfgang Schmitt
Organisationen sind für viele Menschen selbstverständlich. Die meisten Menschen werden in der Organisation Krankenhaus geboren und sterben in ihr oder in einem Pflegeheim. Organisationen sind jedoch erst seit knapp 200 Jahren existent. Davor waren die Menschen Mitglied einer Zunft oder eines Herrenhofes. Diese Gemeinschaft umschloss den Einzelnen komplett. Ein Austritt war nahezu unmöglich. Der Beruf des Vaters war somit auch der Beruf der männlichen Nachkommen. Mit dem Aufkommen von Kaufleuten änderte sich dies langsam. Kaufleute ermöglichten die Versorgung der Bevölkerung mit Produkten aus fernen Ländern. In ihrem Geschäft bedienten sie sich Gehilfen, die lesen, schreiben und rechnen konnten. Die Kaufleute und ihre Gehilfen mussten den Einkauf, die Verwaltung, Lagerung sowie den Verkauf organisieren. Auch wenn der Kaufmann letztendlich alles selbst bestimmte, brauchte er Personen, die während seiner Abwesenheit seinen Handelsbetrieb aufrechterhielten. Hierzu benötigte er Gehilfen, denen er vertrauen konnte. Gleichzeitig musste er sie mit entsprechenden Vollmachten ausstatten, um sie zu legitimieren, dass sie für ihn handeln konnten. Im Prinzip waren die Gehilfen die ersten kaufmännischen Angestellten.
1.1 Begriffe und Grundsätze der Organisation
Organisationen werden bezeichnet als soziale Systeme, die langfristige Ziele mithilfe ihrer Mitglieder (Arbeitnehmer) verfolgen. Organisationen steuern die Aktivitäten ihrer Mitglieder mittels Strukturen. Im Kleinen konnte die Organisation durch persönliche Anweisungen erfolgen. Je erfolgreicher die Organisation und je mehr Mitarbeiter eingestellt wurden, umso wichtiger war es, die Arbeit des Einzelnen zu organisieren. Durch die Einführung der Gewerbefreiheit konnte jeder, der wollte, ein Gewerbe betreiben, was das Unternehmertum und somit die Bildung von Organisationen förderte. Erst durch die rechtliche Fixierung der Gewerbefreiheit kam es zu vielfältigen Existenzgründungen.
Heute sind Organisationen selbstverständlich. Die arbeitsteilige Welt wäre ohne sie nicht möglich. Durch die Unternehmensgründung wird ein langfristiges Ziel verfolgt, beispielsweise pflegebedürftigen Menschen Pflegeleistungen zur Verfügung zu stellen.
1.1.1 Stellenbildung
Anfangs werden häufig viele Aufgaben durch den Gründer selbst wahrgenommen. Solange er alleine agiert und keine Mitarbeiter beschäftigt, handelt es sich noch nicht um eine Organisation. Auch dann nicht, wenn der Arbeitsalltag minutiös durchorganisiert ist. Kann der Unternehmensgründer die anfallenden Arbeiten nicht mehr alleine bewältigen, wird er Mitarbeiter einstellen. Die einzelnen Mitarbeiter benötigen zur effizienten Aufgabenerledigung klare Aufträge. Für den Unternehmer ergibt sich somit das Problem, welcher Mitarbeiter welche Arbeit ausführen soll. Sofern die Mitarbeiter die Aufgabenausführungen gleich gut beherrschen, können die Aufträge auf sie aufgeteilt werden. Handelt es sich um spezialisierte Mitarbeiter, dann erfolgt die Auftragserteilung nach ihren Fähigkeiten. Gibt es mehrere Mitarbeiter mit den gleichen Fähigkeiten, dann können die Aufgaben zu einer Stelle zusammengefasst werden z.B. Buchhaltung, Einkauf usw. Eine Stelle wird oft mit einem Arbeitsplatz gleichgesetzt, was häufig in der Praxis auch so ist. Dies ist aber nicht zwingend. Die Stelle ist als eine abstrakte, strukturelle Einheit zu betrachten. Die Aufgabenerledigung einer Stelle kann durch eine oder mehrere Personen (Job Sharing) erfolgen.
Die kleinste organisatorische Einheit in einem Unternehmen wird Stelle genannt.
Am Beispiel eines fiktiven ambulanten Pflegedienstes soll der Versuch der Stellenbildung unternommen werden:
Frau Meyer gründet einen ambulanten Pflegedienst. In den ersten Monaten übernimmt sie die Geschäftsführung und Pflege von Pflegebedürftigen selbst. Nachdem die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen sprunghaft angestiegen war, stellte sie innerhalb von mehreren Monaten 10 Pflegekräfte ein. Jede Pflegekraft ist für bestimmte Patienten zuständig. Die Pflegedienstleitung und die Verwaltung werden durch Frau Meyer allein wahrgenommen ( ▶ Abb. 1.1).
Stellenbildung am Beispiel des ambulanten Pflegedienstes.
Abb. 1.1
Die Stellenbildung besitzt den Vorteil, dass der Stelleninhaber einen überschaubaren Aufgabenbereich bearbeitet, was eine effiziente und produktive Aufgabenerledigung ermöglicht. Für den Pflegebereich kommt hinzu, dass der Patient einen vertrauten und festen Ansprechpartner hat. Je mehr Stellen entstehen, umso wichtiger wird die Koordinierung der einzelnen Stellen. Als Problemlösung kann die Abteilungsbildung dienen.
Zurück zum Beispiel des ambulanten Pflegedienstes:
Da die kaufmännische Verwaltung inzwischen so vielfältig ist, stellt Frau Meyer 3 kaufmännische Mitarbeiter ein. Sie selbst möchte sich nur noch um die Entwicklung ihres expandierenden Unternehmens kümmern. Für die Verwaltungsleitung konnte Herr Fischer gewonnen werden. Er besitzt langjährige Erfahrung in der kaufmännischen Leitung von ambulanten Pflegediensten.
1.1.2 Abteilungsbildung
Größere Unternehmen benötigen eine andere Organisationsstruktur. Im dargestellten Beispiel möchte die Gründerin Aufgaben auf spezialisierte Stellen übertragen, indem sie die anfallenden Arbeiten in Form der sogenannten Arbeitsteilung auf die einzelnen Stellen aufteilt. Beschäftigen sich mehrere Stellen mit gleichen oder ähnlichen Teilaufgaben bzw. Aufgabenbereichen, dann lassen sich diese Stellen zu einer organisatorischen Einheit in Form einer Abteilung zusammenfassen. Um die Arbeiten der einzelnen Stellen besser aufeinander abstimmen zu können, wird die Abteilung durch eine Abteilungsleitung koordiniert.
Abteilungen bestehen aus mehreren Stellen, die gleiche oder ähnliche Aufgaben innerhalb eines Bereiches bearbeiten. Die Abteilungsleitung ist eine Instanz, die mit Entscheidungs- und Leitungskompetenzen ausgestattet ist.
Die auf die Abteilungsleitung übertragenen Kompetenzen bzw. Befugnisse setzen sich aus den folgenden 3 Komponenten zusammen:
Anordnungsbefugnis:
Die Anordnungsbefugnis ermöglicht der Abteilungsleitung, Stelleninhabern innerhalb ihres Kompetenzbereiches Vorgaben zur Aufgabenerledigung zu machen.
Entscheidungsbefugnis:
Die Entscheidungsbefugnis ermöglicht dem Inhaber der Leitungsstelle, für das Unternehmen verbindliche Erklärungen innerhalb seines Kompetenzbereiches abzugeben.
Verantwortung:
Für die Abteilungsleitung stellen die einzelnen Befugnisse gleichzeitig eine Verantwortungspflicht dar. So muss sie sicherstellen, dass die entsprechenden Personen ihre Entscheidungen und Anordnungen korrekt ausführen. Für fehlerhafte Ausführungen tragen zwar die einzelnen Stelleninhaber die Verantwortung, die Führungsverantwortung, z. B. für die richtige Auswahl des Mitarbeiters, bleibt jedoch immer bei der Abteilungsleitung.
Im oben beschriebenen Beispiel ist die Bildung einer Verwaltungs- sowie einer Pflegedienstleitung sinnvoll. Die...