Der Weg zu Mr. Right führt nur über uns selbst
Jetzt ein Mr. Right? Jetzt mit 50+? Aber ist das nicht eine Frage für ganz junge Hühner? Wer ein »Mr. Right« ist, war doch DER Klassiker unter den Storys, die wir vor 30, 40 Jahren in allen Frauenzeitschriften rauf und wieder runter gelesen haben. Mit diesen lustigen Selbsttests, die uns die Augen öffnen sollten, welcher Typ Mann denn nun für uns der wahre Glücksbringer sei.
Ganz ernst mochten wir dieses Psycho-Frage-Antwort-Spiel schon damals nicht nehmen. Trotzdem setzten wir unermüdlich Kreuzchen, zählten Punkte und … Simsalabim: Eines der beschriebenen Männer-Temperamente war – je nach erreichten Points – DER passende Typ Mann für ein ganzes Leben.
Natürlich war unser persönliches Ergebnis nicht der Maßstab für unsere spätere Männerwahl. Aber die grundsätzliche Richtung, in die es in der Liebe gehen konnte, hatte ein Bild. Und es blieb auch etwas davon hängen. Nur was tatsächlich an Beziehungen dabei herauskam, war, vorsichtig formuliert, nicht wirklich für immer passend. Das haben wir bei unseren Freundinnen erlebt und im schlimmsten Fall auch selbst erfahren.
Die vorgestellten Männer-Kategorien – meistens waren es drei und immer nach demselben Schema – konnten in der Realität alles und nichts bedeuten. Schließlich lässt sich jeder Charakter in jedem Typus wiederfinden. Und so konnte die Antwort auf die Frage nach Mr. Right im wahren Leben ebenso gut in einem Fiasko enden. Erwartungen und Irrtum in der Liebe waren damit quasi vorprogrammiert.
Wie sollte zum Beispiel der »häusliche Typ« sein, den Partnerschaftspsychologen für ihre Tests erdacht hatten? Nun, bis auf eine sehr allgemeine Schilderung überließ man dies getrost unserer Fantasie. Wir wünschten uns einen, der sexy ist und trotzdem treu. Einen Partner in crime, der es ernst meint und mit dem man trotzdem viel Spaß haben kann.
Aber »häuslich« ging leider auch anders. Zum Beispiel dann, wenn ER sich als langweiliger Stubentiger entpuppte, der zwar Steckdosen reparieren und die Dachpfannen auswechseln konnte. Aber im Taxi nach Paris? Nur für eine Nacht? Das sprengte bei so manchen Haus-Typen schon die Vorstellungskraft. Schwer enttäuscht wurden Frauen, wenn ihr »Heimtier« nur noch in der Garage vor sich hin werkelte oder in den Keller zu Spielzeugeisenbahn und Modellbaukasten abtauchte.
Und hätten wir damals glauben wollen, dass uns ausgerechnet der »romantische Typ« richtig auf den Zeiger gehen kann? Als romantisch fiel (als wir jung waren!) ja meist der verträumte Ökofreak auf, der gern zuckerfreie Marmelade einkochte, sich als Hausmann gefiel, schon mittags die Kerzen anzündete und am liebsten die Babys selbst gestillt hätte. Bei jedem Kuss kratzte sein Norwegerpullover aus Schafswolle. Und seine Ökosandalen waren auch nicht gerade schick.
Wer sich an den »Macher«, das Alphatier verlor – den dritten Typus im Bunde –, konnte emotional neben einem selbstverliebten Karriere-Junkie erfrieren. Ein Ego-Fritze, der auch zuhause als Mister Wichtig auftrumpfte. Natürlich schob er Termine vor, wenn die Kids krank waren und wir ihnen die Fieberwickel allein anlegen mussten. Ganz zu schweigen von den Demütigungen, wenn das Alphamännchen jeder Praktikantin hinterhertelefonieren musste …
Was sollten wir auf Dauer mit solchen Typen nur anfangen? Nicht in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns solche Partner ausmalen können, als wir die Mr.-Right-Seiten von »Bravo« bis »Brigitte« verschlangen. Es waren flirrige Zeiten, als in der Liebe alles auf Start stand, wir aber gar nicht wussten, wie das Schicksal spielen kann.
Unser Einsatz stand auch in überhaupt keinem Verhältnis zum Ergebnis, gemessen an der Energie, die uns die Suche nach Mr. Right gekostet hat. Stunden über Stunden bei vielen Gläschen Wein hockten wir bei unseren besten Freundinnen und immer kreiste alles um dieselben Fragen: Warum ruft ER nicht an? Was ist an seiner Neuen so toll? Wie kann MANN nur so bescheuert sein und UNS verlassen? Alles drehte sich darum, wo Mr. Right gerade ist, wie wir ihn finden oder wieder zurückgewinnen – und wie wir ihn für immer einfangen.
Sind wir wirklich durch mit ihm?
Soll sich das JETZT alles wiederholen? Nein. Ausgeschlossen. Nie wieder. Dieses Gezeter um einen Kerl liegt nun wirklich sehr lange hinter uns. Dazu haben wir alle zu viel erlebt – und wir haben sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Manche von uns wurden in ihren Beziehungen sehr glücklich oder halb glücklich und manchmal auch überhaupt nicht happy. Wir heirateten und entheirateten uns. Bekamen Kinder oder keine. Wurden Großmutter oder auch nicht. Blieben Single bis heute oder sind die vierte Ehe eingegangen, die nun endlich zündet oder wieder einmal nicht …
Jede Frau blickt auf ihre eigene Liebesbilanz. Jede weiß für sich, was IHRE Wahrheit in Sachen Liebe ist. Und jede kann heute ihre ganz eigene Antwort auf die Frage finden, WER jetzt ihr Mr. Right sein kann – und ob sie überhaupt noch Lust hat auf das schöne, große Abenteuer »Mann«.
Für nicht wenige scheint das Thema Partnerschaft abgehakt – glaubt man ihren schnell dahingeworfenen Worten wie »Damit bin ich durch« oder »Mir kommt kein Mann mehr ins Haus!«. Aber wie ernst müssen wir diese abwehrende Haltung nehmen? Mal ehrlich: Sind das nicht auch Behauptungen, die uns vor möglichen Enttäuschungen schützen sollen? Frei nach dem Motto: »Lieber alles dichtmachen, als noch einmal Herz und Tür dem Falschen öffnen«?
Dieses Buch will niemanden bekehren und aus einem selbst gewählten Rückzug locken. Es ist ein Angebot, die Sache mit Mr. Right noch einmal zu überdenken und neu anzugehen. Soll das denn wirklich alles gewesen sein? Nie wieder Liebesfieber? Nie wieder Zärtlichkeit? Nie wieder Sex? Nie wieder WIR, kein du und ich? Im Prinzip ist doch alles da: ein sinnliches Gefühl, die Sehnsucht nach starken Armen, die Lust, neu zu beginnen, und der Traum davon, dass sich für uns noch einmal die ganze Erde dreht.
Ich sage: Die schönste Liebe leben wir JETZT, weil wir heute viel mehr über UNS SELBST wissen.
Ja, alles ist möglich, gleichgültig, wo wir persönlich gerade stehen. Zum x-ten Mal geschieden, unglücklich gefangen in einer langen, trüben Ehe, seit Jahren solo unterwegs oder gerade besonders traurig, weil uns der Lebensmensch verlassen hat oder bereits seit Langem verstorben ist. Wenn da nur nicht dieses eine große Rätsel wäre: Wie finden wir Mr. Right? Woran liegt es, dass es nicht so einfach ist, jetzt, in unseren besten Jahren, noch einmal ein neues, großes Glück zu leben? Wir hören die Bedenken und Einwürfe von allen Seiten, dass ja nun der Markt an akzeptablen Männern mit 50+ recht übersichtlich sei. Nicht wirklich befriedigend beantwortet ist auch die Frage, wie weit uns eigentlich Kontaktbörsen im Internet bringen oder die vielen Partnervermittlungen und Heiratsanzeigen in Zeitschriften.
Wir wollen die vielen Möglichkeiten, einen Mann für den Rest des Lebens auszumachen, hier nicht schlechtreden. Aber Hand aufs Herz: Wir Frauen mit 50, 60, 70 und mehr Jahren – wir müssen uns doch nicht anbieten wollen. Warum tun wir uns diesen Stress an, gar Persönlichkeitsprofile mit unseren Vorzügen und Vorlieben in ein Portal zu stellen? Uns dabei mühen, besonders witzig und originell zu sein, um ein Phantom zu faszinieren. Ja, viele sind so fleißig und manche sind auch erfolgreich damit – aber ist das allein der Weg zum Glück?
Wir wollen nicht auf die Pirsch gehen müssen
Ich meine: Der Weg zu Mr. Right führt nicht über einen Makler, sondern über unser ganz eigenes Navigationssystem. Und dabei gehen wir nicht einfach auf die Pirsch, um irgendwo irgendeinen Mann aufzutun. Auf dem Weg zu DEM Richtigen fangen wir erst einmal bei uns selbst an. Wir halten nicht nervös Ausschau, wo ER denn sein könnte. Wir richten den Blick zuerst auf uns selbst und schauen: WER SIND WIR JETZT?
Und was wir Frauen mit 50, 60, 70 Jahren heute sind – das kann sich nun wirklich sehen lassen!
Nie waren Frauen in dieser Lebensphase schöner, freier und selbstbestimmter als heute. Nie waren wir so ehrlich wie heute, unsere Wünsche zu formulieren und sie auch durchzusetzen. Wie bedeutsam das JETZT für eine neue Liebe sein kann, ist wahrscheinlich weder den Männern noch uns Frauen bewusst. Wir wissen, was wir wollen – und was wir nicht mehr wollen.
Mit 50+ sind wir eine andere Person. Wir haben die Power, uns vollkommen neu aufzustellen. Wir haben unsere Pläne. Wir haben ganz neue Ansprüche. Liebe leben wir heute nach anderen Regeln. Für ein...