Im Falle der strikten Anwendung der geltenden Vorschriften auf allein stehende Sicherungsinstrumente, i.S.v. derivativen Finanzinstrumenten, müssten Unternehmen und insbesondere Kreditinstitute einen großen Teil der aufgelaufenen negativen Marktwerte aufwandswirksam durch die Bildung von Drohverlustrückstellungen aus schwebenden Geschäften berücksichtigen. Die Mehrzahl der positiven Marktwerte wird dagegen aufgrund des Gewinnantizipationsverbots nicht erfasst. Unternehmen, die in größerem Umfang aus Derivaten negative Marktwerte aufweisen, müssten diese als Aufwand buchen. Das Eigenkapital würde damit vollständig aufgezehrt werden. Auf der Aktivseite wäre ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auszuweisen. Die Bilanz würde das Bild eines hoch überschuldeten Unternehmens zeigen.
Diese asymmetrische Behandlung von unrealisierten Gewinnen und Verlusten führt zu dem unsinnigen Ergebnis, dass Unternehmen, die sich entsprechend kaufmännischer Vorsicht gegen Risiken absichern, erfolgsmäßig schlechter gestellt werden, als Unternehmen die keine Sicherungsgeschäfte abschließen. 63
Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass bei streng wortlautorientierter Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes und des Vorsichtsprinzips erfolgskompensierende Sicherungsgeschäfte unberücksichtigt bleiben. Die bilanzielle Diskriminierung von Absicherungsbeziehungen kann nicht im Sinne der mit der handelsrechtlichen Bilanz verfolgten Ziele sein und läuft denselben und den GoB zuwider. Eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wird eher verfälscht als klargestellt. Bei Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften und Befolgung des Imparitätsprinzips wird eher das Gegenteil dessen erreicht, was eigentlich gewahrt werden sollte, nämlich der Gläubigerschutz.
ergebenden Kompensationseffekte entsprechend bilanziell zu berücksichtigen.
müssen, verbleibt als Lösungsmöglichkeit, das Objekt, das diesen Bewertungsvorschriften unterworfen wird, zu modifizieren. Der Wortsinn sowie der Bedeutungszusammenhang der gesetzlichen und handelsrechtlichen Grundlagen lässt hierfür Raum für Auslegungen. Das Grund- und Sicherungsgeschäft werden als ein Bewertungsobjekt definiert, auf das die genannten Bewertungsvorschriften angewendet werden. 64
und Imparitätsprinzip werden auf die Bewertungseinheit insgesamt angewandet, um so eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Abbildung der Geschäfte zu gewährleisten. 65 Eine Abschreibung bzw. Bildung von Drohverlustrückstellungen ist dann nur erforderlich, wenn bei Betrachtung der Gesamtheit von Grund- und Sicherungsgeschäft der Marktwert der Gesamtposition unter die ursprünglichen Anschaffungskosten fällt oder ein negativer Verpflichtungsüberhang droht. 66
In der Literatur werden nachfolgend aufgeführte alternative Rechtsgrundlagen für die Zulässigkeit von Bewertungseinheiten diskutiert: N Ziel einer kompensatorischen Bewertung ist es, ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Sinne des § 264 Abs. 2 HGB zu vermitteln. 67 N Risikokompensierende Geschäftsvorfälle sind Spezialfälle und deren Bewertung stellt im Sinne des § 252 Abs. 2 HGB einen begründeten Ausnahmefall dar, so dass von den allgemeinen Bewertungsvorschriften abgewichen werden kann. N Die Zulässigkeit einer kompensatorischen Bewertung kann sich allein aus den GoB ergeben. Risikoabsicherungsgeschäfte erfordern eine partielle Einschränkung des Einzelbewertungsgrundsatzes sowie des Realisations- und Imparitätsprinzips, um diese sachgerecht zu bilanzieren. 68 Im Ergebnis führen alle Alternativen dazu, dass eine bilanzielle Verrechnung unrealisierter Bewertungsgewinne und -verluste bei Absicherungsgeschäften zulässig und geboten ist. 69
Bewertungseinheiten ermöglichte kompensatorische Bewertung, die einzig sachgerechte Auslegung des Grundsatzes der Einzelbewertung dar.
Ohne die kompensatorische Bewertung würde ein falsches Bild der Lage des Unternehmens gezeigt werden, ein Wahlrecht ist somit abzulehnen. 70
3.3.2 Grund- und Sicherungsgeschäfte
Im Rahmen der Abbildung von bilanziellen Bewertungseinheiten gibt es in der handelsrechtlichen Bilanzierung keine Vorgaben bzgl. der Zulässigkeit von Grund- und Sicherungsgeschäften.
Als Sicherungsgeschäfte kommen grundsätzlich derivative Finanzinstrumente in Betracht. Außerdem können auch bilanzierte sowie schwebende Geschäfte soweit sie die nachfolgend dargestellten Anforderungen erfüllen als Sicherungsinstrumente eingesetzt werden. Daneben ist es handelsrechtlich zulässig, dass Derivate durch Derivate gesichert werden. 72
Anzumerken ist, dass für den Terminus Derivate bzw. derivative Finanzinstrumente im Handelsrecht keine Definition existiert. Die einzigen Legaldefinitionen derivativer Finanzinstrumente sind im KWG und WpHG definiert.
Demnach sind Derivate als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von dem Börsen- und Marktpreis von Wertpapieren bzw. Geldmarktinstituten bzw. Waren oder Edelmetallen, vom Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten, von Zinssätzen oder anderen Parametern abhängt. 73
3.3.3 Anforderungen an Bewertungseinheiten
Vor dem Hintergrund fehlender Vorgaben im HGB, mit Ausnahme von Fremdwährungs-Mikro-Hedges 74 , haben sich im Schrifttum allgemein anerkannte Kriterien für die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten i.S.v. Mikro-Hedges 75 herausgebildet.
Relativierung der Restrisiken Relativierung der Restrisiken
Quelle: Eigene Darstellung in Anl. an Pfitzer, N./ Scharpf, P./ Schaber, M. (2007), S. 680 i.V.m. Bieg. H. (2002b), S. 473f i.V.m. Krumnow, J. et al. (2004), Rn. 118. Abb. 13: Allgemeine Anforderungen an Bewertungseinheiten
3.3.3.1 Anforderungen an die einbezogenen Geschäfte
Ein objektiver Absicherungsbedarf ist gegeben, wenn die abzusichernde Position einem Zins-, Währungs-, sonstigen Preisänderungsrisiko oder einem Kreditrisiko ausgesetzt ist und dadurch ein Sicherungsbedarf besteht. 76 Das Risiko darf hierbei nicht durch andere, bereits bestehende Aktiv- oder Passivpositionen kompensiert werden. Darüber hinaus ist die abzusichernde Position genau zu identifizieren und das einhergehende Risiko zu quantifizieren.
Die Ermittlung des abzusichernden Risikos hat im Regelfall für das gesamte Unternehmen und für jede Risikoart gesondert zu erfolgen und ist durch ein Risikomanagement, das sämtliche Risiken erfasst und quantifiziert, regelmäßig und laufend zu überwachen. Für die Bildung von Bewertungseinheiten ist grundsätzlich nicht
auf die Gesamtrisikoposition über sämtliche Risiken sondern auf die einzelnen Risikopositionen abzustellen.
Zusätzlich ist für die kompensierende Bewertung ausschlaggebend, dass die nicht realisierten Gewinne und Verluste quantifiziert werden können. Kann dies nicht vorgenommen werden, so kann eine Kompensation nicht durchgeführt werden und die Bildung einer Bewertungseinheit wäre nicht zulässig. Wenn sich Unwirksamkeiten dadurch ergeben, dass sich die nicht realisierten Gewinne und Verluste nicht vollständig ausgleichen, sind diese imparitätisch zu erfassen. 77
zusammenhang stehen und so eng aufeinander abgestimmt sein, dass sie nur als Einheit wirtschaftlich sinnvoll darstellbar sind. In diesem Zusammenhang ist erforderlich, dass eine Sicherungsstrategie entwickelt wird und das Unternehmen die Absicht hat, diese Strategie für einen wirtschaftlich sinnvollen und bei Abschluss des Sicherungsgeschäfts geplanten Zeitraum durchzuhalten. 78 Daneben muss der wirtschaftliche Zusammenhang von Grund- und Sicherungsgeschäften durch einen sachverständigen Dritten jederzeit objektiv nachvollziehbar sein. 79
muss der Bilanzierende die für jede Bewertungseinheit gedanklich zu unterstellende Vermutung der künftigen Reinvermögensminderung entkräften. Zu diesem Zweck muss die Wirksamkeit der Bewertungseinheit und das Bestehen rechtlicher Beziehungen tatsächlich nachgewiesen werden. Die Anforderung der hinreichenden Konkretisierung der Gewinnchance ist als erfüllt anzusehen, wenn die in einer Bewertungseinheit einbezogenen Geschäfte rechtsverbindlich mit Dritten abgeschlossen wurden. 80
Dies bedeutet, dass die Wertänderung bei dem einen Geschäft mit einem Verlust und bei dem anderen Geschäft mit einem Gewinn einhergehen muss. Wenn die...