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Beziehungsmarketing

Gestaltung nachhaltiger Geschäftsbeziehungen - Grundlagen und Praxis

AutorGuido Grunwald, Jürgen Schwill
VerlagSchäffer-Poeschel Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl361 Seiten
ISBN9783791038841
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,99 EUR
Die dauerhafte Erhaltung von Geschäftsbeziehungen ist für den Unternehmenserfolg von besonderer Bedeutung. Dazu ist ein professionelles Beziehungsmarketing erforderlich, das die Gestaltung der Beziehungen zu Kunden ebenso mit einschließt wie die zu Mitarbeitern, Lieferanten, Wettbewerbern, Handelsbetrieben und zur allgemeinen Öffentlichkeit. Anhand von Fallbeispielen und Übungsaufgaben vermitteln die Autoren einen praxisbezogenen Überblick über die Instrumente und Methoden des strategischen wie taktisch-operativen Beziehungsmarketings. Wert gelegt wird insbesondere auf einen ganzheitlichen und nachhaltigen Marketingansatz, der Beziehungen relevanter Partner in Wertschöpfungsketten berücksichtigt und Aktionsalternativen anbietet, die zur Aufrechterhaltung langfristig wirksamer Geschäftsbeziehungen beitragen.

Guido Grunwald Prof. Dr. Guido Grunwald lehrt Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Marktforschung, am Institut für Duale Studiengänge der Fakultät Management, Kultur und Technik an der Hochschule Osnabrück - Campus Lingen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten des Käuferverhaltens und Beziehungsmarketings sowie insbesondere der Kommunikations- und Produktpolitik angesichts von Konsumrisiken und negativer Publizität. Neben der Lehre und der Forschung führt er Beratungen und Schulungen in der Unternehmenspraxis durch. Jürgen Schwill Prof. Dr. Jürgen Schwill lehrt Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Management und Marketing, an der Technischen Hochschule Brandenburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen internes und externes Beziehungsmarketing, Kundenzufriedenheits- und Kundenbindungsmanagement, Mitarbeiterzufriedenheits- und Mitarbeiterbindungsmanagement. Neben der Lehre und der Forschung widmet er sich der Unternehmensberatung sowie der Vortrags- und Seminartätigkeit im In- und Ausland.

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Leseprobe

2 Theoretische Erklärungsansätze des Beziehungsmarketings


Lernziele
  • Sie können die zentralen ökonomischen und verhaltenswissenschaftlichen Ansätze zur Erklärung des Beziehungsmarketings benennen und voneinander abgrenzen.

  • Sie sind mit den Konstrukten (Kernvariablen) dieser Ansätze vertraut und können diese voneinander abgrenzen.

  • Sie können anhand der theoretischen Erklärungsansätze Konzepte des Beziehungsmarketings und deren Elemente (z. B. Ziele, Strategien, Maßnahmen) erläutern.

  • Sie können auf der Grundlage der zentralen Aussagen und der Variablen der theoretischen Erklärungsansätze begründete grundlegende Hypothesen über die Wirkungsweise des Beziehungsmarketings ableiten.

Die theoretischen Grundlagen zum Beziehungsmarketing sind vielfältig und in unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen wie der Mikroökonomik, der Soziologie sowie der Psychologie und Sozialpsychologie zu verorten. Entsprechend ihrer Herkunft und Ausrichtung lassen sich mit den ökonomischen Ansätzen und den verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen zwei bedeutsame Grundströme von Theorien ausmachen (vgl. Franke 2002, S. 190). Während in den ökonomischen Ansätzen primär die Entstehung und Gestaltung von Geschäftsbeziehungen im Vordergrund steht, fokussieren die verhaltenswissenschaftlichen Ansätze das Verhalten in einer bestehenden Geschäftsbeziehung mit potenziellen Auswirkungen auf den Bestand (also Fortführung oder Beendigung) einer Beziehung. Die beiden Grundrichtungen unterscheiden sich weiterhin darin,

  • welche Annahmen zum Grad der Rationalität der Akteure getroffen werden,

  • wie rigide diese Annahmen in den Ansätzen gesetzt werden und

  • auf welchem Aggregationsniveau und wie abstrakt Aussagen getroffen werden.

Ökonomische Ansätze betonen Rationalität

In den ökonomischen Ansätzen steht die Erklärung eines stärker geplanten und kognitiv kontrollierten Verhaltens im Mittelpunkt. Sie sind zumeist von der Annahme vollständiger oder überwiegender Rationalität der Entscheider geprägt. Es findet eine Betrachtung auf kollektiver Ebene (z. B. Haushalte anstelle einzelner Konsumenten) oder eines ‚durchschnittlichen’ bzw. typischen Akteurs statt, womit diese Ansätze eine insgesamt abstraktere Sichtweise einnehmen (vgl. Franke 2002, S. 191).

Verhaltenswissenschaftliche Ansätze betonen psychische Prozesse

Die den Verhaltenswissenschaften (also insbesondere Psychologie, Sozialpsychologie, Soziologie) zuzuordnenden Ansätze befassen sich mit der Erklärung des Verhaltens auf Basis von Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Informationsverarbeitungsprozessen. Solche Prozesse sowie ein daraus resultierendes Verhalten lassen sich kaum alleine mit der Annahme vollständiger oder überwiegender Rationalität erklären (vgl. Franke 2002, S. 192). Typisch für verhaltenswissenschaftliche Ansätze ist eine Verankerung im S-O-R-Modell (Stimulus-Organismus-Reaktions-Modell). Hierunter werden Modelle gefasst, die das Verhalten von Individuen (z. B. Käufern) als Reaktionsvariable nicht nur durch physische Reize (z. B. Werbung, Preisinformationen) außerhalb des Individuums als sogenannte Stimulusvariablen zu erklären suchen, sondern insbesondere auch durch die im Inneren ablaufenden psychischen Prozesse als Organismusvariablen (vgl. Kuß 2011, S. 192 f.). Zwar werden auch in den verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen vereinfachende Annahmen getroffen, diese werden jedoch oftmals als weniger axiomatisch und rigide betrachtet als in den ökonomischen Ansätzen. Zudem liegt der Fokus der Betrachtung in den verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen primär auf der Erklärung individuellen und tatsächlichen Verhaltens einzelner Marktakteure. Ihnen liegt eine vergleichsweise stärkere empirische Verankerung zugrunde.

In den folgenden beiden Abschnitten werden zu diesen beiden Grundrichtungen gehörende theoretische Ansätze besprochen, die für die Analyse und Gestaltung des Beziehungsmarketings besonders ergiebig erscheinen.

2.1 Ökonomische Erklärungsansätze


2.1.1 Der informationsökonomische Ansatz


Grundgedanke der Informationsökonomik

Die Informationsökonomik befasst sich mit asymmetrisch verteilten Informationen zwischen Wirtschaftssubjekten in unterschiedlichen Situationen (z. B. Anbieter und Nachfrager), hieraus resultierenden Problemen und deren Lösungsmöglichkeiten (vgl. Woratschek/Roth 2004, S. 347 ff.). Ansatzpunkt ist also bereits die Interaktionsphase einer Geschäftsbeziehung vor einer potenziellen Transaktion. So ist beim Kauf von Produkten der Anbieter in der Vorkaufphase regelmäßig besser über die Qualität der von ihm hergestellten Produkte informiert als ein privater Nachfrager. Daraus erwächst für den Nachfrager das Problem der Qualitätsunsicherheit, die seinen Kaufentscheidungsprozess lähmen kann. Als Lösungsmöglichkeit bieten sich käuferseitig die gezielte Suche nach qualitätsbezogenen Informationen und anbieterseitig das Aussenden qualitätsbezogener Informationen an. Außerdem vermag ein beziehungsorientierter Marketingansatz durch klare Zielgruppenorientierung, Individualisierung des Produkt- und Informationsangebotes und schrittweisen Aufbau von Vertrauen entsprechende Probleme wie Qualitätsunsicherheit zwischen den Beziehungspartnern (z. B. Lieferant und Abnehmer) zu reduzieren.

Informationsökonomische Eigenschaften von Gütern

Auf Basis der Erkenntnis, dass Wirtschaftssubjekte regelmäßig nur über begrenzte Fähigkeiten der Informationsaufnahme und -verarbeitung verfügen, teilt Nelson Güter nach ihrem Anteil an Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften (Glaubenseigenschaften) folgendermaßen ein (vgl. Nelson 1970, S. 311 ff.):

Suchgüter
Erfahrungsgüter
Vertrauensgüter
  • Güter mit einem überwiegenden Anteil an Sucheigenschaften, sogenannte Suchgüter, können vom Nachfrager bereits vor dem Kauf hinsichtlich ihrer Qualität (nahezu) vollständig inspiziert werden. Als Beispiel lässt sich die Qualität eines Kleidungsstückes bereits vor dem Kauf (z. B. durch Anprobieren, Anfühlen des Stoffes usw.) relativ gut vom Nachfrager beurteilen.

  • Bei Gütern mit einem dominierenden Anteil an Erfahrungseigenschaften, sogenannte Erfahrungsgüter, kann der Nachfrager dagegen die Qualität erst nach dem Kauf durch Ge- oder Verbrauch einschätzen. So lässt sich beispielsweise die Haltbarkeit oder Funktionstüchtigkeit eines Rasenmähers oder auch die Qualität einer Beratungsleistung eines Unternehmensberaters erst mit der Zeit anhand eigener Erfahrung einschätzen.

  • Güter, die überwiegend aus Vertrauenseigenschaften (Glaubenseigenschaften) bestehen, sogenannte Vertrauensgüter (Glaubensgüter), können vom Käufer weder vor noch nach dem Kauf auf Qualität beurteilt werden. So können z. B. die Eigenschaften „Bio“ oder „Nachhaltigkeit“ wie auch „schadstofffrei“ weder vor noch nach dem Kauf von privaten Käufern überhaupt oder zu vertretbaren Kosten abgeschätzt werden.

Stellt man sich ein Produkt als Kombination aus diesen drei Typen von Eigenschaften in unterschiedlichen Anteilen vor, die jeweils maximal einen Erfüllungsgrad von 100 % aufweisen können, so ergibt sich die in Abbildung 2-1 dargestellte Pyramide der informationsökonomischen Eigenschaften. Hiernach zeichnen sich also reine Suchkäufe durch einen 100 %-igen Anteil an Sucheigenschaften aus, während reine Erfahrungskäufe (Vertrauenskäufe) jeweils entsprechend einen 100 %-igen Anteil an Erfahrungseigenschaften (Vertrauenseigenschaften) aufweisen. Häufiger sind in der Praxis jedoch Produkte anzutreffen, die unterschiedliche Anteile an allen drei oder zumindest zwei Eigenschaftstypen enthalten. Entsprechend ihrem jeweiligen Eigenschaftsanteil lassen sich die betrachteten Produkte dann als Punkte in der Pyramide verorten.

Abb. 2-1 Pyramide der informationsökonomischen Eigenschaften

Einflussfaktoren auf die Einordnung als Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaft

Bei der Einordnung des Produktangebotes nach den Anteilen der informationsökonomischen Produkteigenschaften in die obige Pyramide ist zu beachten, dass diese keineswegs statisch für alle Zeit und gleichermaßen konstant für alle Nachfrager einheitlich erfolgen kann:

Wissensstand
Zeit
Vertriebskanal
  • Die Einordnung ist erstens abhängig von dem Wissensstand des Nachfragers selbst. Während beispielsweise ein professioneller Einkäufer eines Unternehmens die Qualität eines Reinigungsmittels, welches in großen Mengen geordert wird, bereits vor dem Kauf aufgrund seiner Sachkenntnis anhand der chemischen Zusammensetzung einschätzen kann, dürfte diese Qualitätsbeurteilung einem privaten Käufer wesentlich schwerer fallen. Für den professionellen Einkäufer tendiert dieser Kauf zu einem Suchkauf, für den privaten Konsumenten liegt dagegen ein Erfahrungskauf zugrunde.

  • Die Zuordnung ist zweitens abhängig von der im Laufe der Zeit über mehrere Transaktionen gesammelten Erfahrung des Nachfragers. Während beim Erstkauf eines technischen Produktes beispielsweise noch der Erfahrungskaufcharakter für den Nachfrager dominierte, wandelt sich dieser Kauf im Laufe der Zeit mit Zunahme an Käufen vermehrt zu einem...

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