Im letzten Jahrzehnt haben die verschiedenen Prozesse der Digitalisierung immer mehr Bereiche unseres Lebens erfasst und verändert. Dies gilt auch und insbesondere für Unternehmen, bei denen Daten zu einem bedeutenden Produktionsfaktor geworden sind[1]. Festmachen lässt sich dies an Aussagen, wie der von Lufthansa Konzernchef Carsten Spohr „[Die] Digitalisierung wird immer wichtiger für unsere Zukunft[2]“. Eine solche Aussage könnte jedoch auch von jedem anderen DAX-Konzernchef stammen. Ein weiterer Hinweise für die Präsenz des Themas ist, dass sowohl in Deutschlands ältestem Wirtschaftsmagazin, der „Wirtschaftswoche“, als auch im Controller Magazin, seit mehreren Jahren sich in jeder Ausgabe mindestens ein Artikel mit dem Thema Digitalisierung findet.[3] Auch ein Blick auf die aktuellen Stellenausschreibungen zeigt die Relevanz des Themenkomplexes „Digitalisierung“. Auf dem größten deutschen Online-Stellenportal – Stepstone – werden im Frühjahr 2017 ca. 14.800 Stellen ausgeschrieben, die im direkten Zusammenhang mit der Digitalisierung sowie Big Data stehen, so werden dort u.a. Mitarbeiter für das IT-Consulting, SAP-Berater, Business Intelligence (BI) oder Datenbankadministration gesucht. Hierzu kommen weitere Stellenausschreibungen aus anderen Berufsfeldern, in denen Kenntnisse in diesem Bereich erwartet werden.[4] Auch an der Börsenkapitalisierung der weltweit wertvollsten Unternehmen lässt sich das Potenzial der Digitalisierung ablesen. Siehe hierzu 3.1. Die IT und darin enthalten auch die Prozesse und Technologien der Digitalisierung sind für Unternehmen unterschiedlichster Branche in den letzten Jahren ein bedeutender Erfolgsfaktor geworden. Dies bezieht sich einerseits auf die Nutzenseite - Wertsteigerungspotenzial – und andererseits auf die Kostenseite der Informationstechnologie. So betragen die IT-Kosten zwischen ein und zehn Prozent des Umsatzes je nach untersuchter Branche.[5]
Weber sieht in Bezug auf die Digitalisierung zwei große Anforderungen an das Rechnungswesen. Zum einen die Begriffseingrenzung auf den richtigen Teilaspekt der Digitalisierung und zum anderen die Beantwortung der Frage, wie sich die Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell auswirkt oder auswirken kann. Das bedeutet auch, ob die Digitalisierung eine Chance im Sinne von Wachstum und Wertsteigerung bietet, oder gar zur Gefahr für das Geschäftsmodell wird.[6] Hier scheuen Unternehmen häufig zukunftsweisende Investitionen zur Generierung neuer Erfolgspotenziale[7]. Ein wichtiger Teilaspekt der Digitalisierung des Wirtschaftsbereiches ist „Big Data“. Dieser Bereich der Datenanalyse und Verarbeitung ermöglicht völlig neue Angebote an die Kunden, vor allem in Bezug auf Individualität und Zeit.[8] Dabei ist festzustellen, dass die weltweite Datenmenge mit einer exponentiellen Rate wächst.[9] Eine breite Anzahl von Unternehmen nutzt nach heutigem Stand Big Data oder plant dies zu tun. So stellte Gartner in seinen jährlichen Umfragen zur Big Data-Nutzung fest, dass der Anteil an Unternehmen, die Big Data nutzen oder planen es umzusetzen von Jahr zu Jahr zunimmt. So stieg deren Anteil von 58% im Jahr 2012 auf 76% im Jahr 2015 an.[10] Gleichzeitig geben Unternehmen kaum Auskünfte darüber, welche Wettbewerbsvorteile ihnen Big Data bzw. eine IT-Infrastruktur auf neuestem technischem Niveau bietet.[11]
Aus Unternehmenssicht stellt sich die Herausforderung, die geeignete Strategie im Hinblick auf die Digitalisierung des Unternehmens zu wählen. Dazu ist es für Unternehmen wichtig möglichst genau zu ermitteln, welchen Wertbeitrag sie von den zur Verfügung stehenden Optionen erwarten können. Im Bereich der Findung und Quantifizierung des „Use Case“ besteht weiterer Forschungsbedarf.[12] Zur Abbildung dieser wesentlichen Aufgaben stellen die am Unternehmenswert orientierten Werttreibermodelle eine Option dar.
Die übergeordnete Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Erfolgspotenziale, die Big Data – als ein Teilbereich der Digitalisierung - für ein Industrieunternehmen bietet, herauszuarbeiten. Weiter soll festgestellt werden, inwieweit das Werttreiberkonzept von Rappaport dazu geeignet ist, diese Erfolgspotenziale einer Big Data-Strategie zu quantifizieren und in der Unternehmensperformance abzubilden.
Die Arbeit ist in acht Kapitel aufgeteilt. Nachdem im ersten Kapitel die Problemstellung und Zielsetzung dieser Arbeit dargelegt werden, befasst sich Kapitel zwei mit dem Shareholder-Value-Konzept. In diesem Absatz werden sowohl der Begriff „Shareholder-Value“, als auch seine Auswirkungen auf die Handlungen des Managements, mit der dahinterstehenden Entwicklungsgeschichte thematisiert.
Das dritte Kapitel, gleichzeitig erster Abschnitt des Hauptteiles, widmet sich der Digitalisierung. Dabei wird zunächst der Begriff „Digitalisierung“ eingegrenzt. Einen Teilbereich dieses weiten Themengebietes stellen die Entwicklungen im Zusammenhang mit „Big Data“ dar. Dieser unter 3.2 analysierte Themenbereich repräsentiert das erste von zwei Kernelementen dieser Arbeit. Nach einer definitorischen Einordnung wird Big Data hinsichtlich der Nutzenpotenziale für einzelne Branchen untersucht. Der nächste Schritt analysiert das produzierende Industriegewerbe. Dabei werden die grundlegenden Auswirkungen der neuen Möglichkeiten und Herausforderungen auf die einzelnen Teilbereiche der Wertschöpfungskette eines Industriebetriebes untersucht. Abschnitt 3.2.4 gibt einen wesentlichen Überblick auf die hinter dem Begriff „Big Data“ stehenden technischen Anwendungen. Dabei stellen Hadoop und In-Memory-Systeme die hervorzuhebenden Technologien bei der erfolgreichen Umsetzung einer Big Data-Strategie dar. Damit sich die neuen Möglichkeiten, die Big Data für Unternehmen bietet, entfalten können, muss das Unternehmen eine Big Data-Strategie entwickeln. Die zur erfolgreichen Strategieumsetzung notwendigen Aspekte erläutert der letzte Abschnitt des dritten Kapitels.
Ressourcen, Erfolgspotenziale und Erfolgsfaktoren bilden den Rahmen für Kapitel 4. In den Abschnitten 4.1 bis 4.3 werden nacheinander die Begriffe „Ressource“, „Erfolgspotenzial“ und „Erfolgsfaktor“ definiert und voneinander abgegrenzt. Abschnitt 4.4 gibt einen Exkurs mit zwei Ansätzen der Wettbewerbsanalyse - Wettbewerbsanalyse nach Porter und PIMS-Studie. Weiter werden die Erfolgs- und Nutzenpotenziale von Big Data herausgearbeitet. Dabei wird deutlich, dass diese Potenziale in der Literatur auf unterschiedliche Art und Weise kategorisiert und konkretisiert werden. Damit der Erfolg von einem Projekt, wie der Einführung von Big Data-Anwendungen, festgestellt werden kann, ist sein Wertbeitrag zu bestimmen. Dazu wird unter 4.6.1 zunächst der Begriff eingeordnet. Im Anschluss werden die wichtigsten Kostenkategorien von Big Data erklärt, die in der späteren Berechnung des Shareholder-Value explizit Berücksichtigung finden.
Kapitel 5 beschreibt mit dem Cash-Flow eine zentrale Komponente von Shareholder-Value orientierten Konzepten. Nach der Erläuterung der zwei gängigen Ermittlungsmethoden des Cash-Flows, schließt sich mit Kapitel 6 das zweite Kernelement der vorliegenden Arbeit an. Dieser Abschnitt widmet sich dem Werttreibermodell von A. Rappaport. Dieses auf sog. Werttreibern[13] entwickelte Konzept zur Unternehmenssteuerung stellt den Ausgangspunkt der Shareholder-Value-Orientierung dar. 6.1.1 bildet den theoretischen Rahmen des Konzeptes ab. Dabei werden die fachwissenschaftlichen Grundlagen für die im Anschluss stattfindenden Rechnungen gelegt. Nach der praktischen Anwendung des Modells am Beispiel der Heiß & Kalt AG, wird unter 6.2 eine kritische Bewertung des Konzeptes von Rappaport durchgeführt. Dabei wird das Konzept hinsichtlich seiner Stärken und Schwächen analysiert sowie mit drei anderen Konzepten der strategischen Unternehmensführung – Copeland et al., Lewis und Steward & Co – in Bezug gesetzt.
Der folgende Abschnitt (Kapitel 7) führt die praktische Anwendung aus 6.1.2 fort. Dazu wird zunächst eine Big Data-Strategie für die Heiß & Kalt AG ausformuliert. Die Abbildung der Auswirkungen der Implementierung dieser strategischen Option erfolgt in 7.2. Um den Unsicherheiten bei der Performancevorhersage der Strategieumsetzung gerecht zu werden, wird die Berechnung an Hand dreier verschiedener Szenarien durchgeführt. Daran schließt sich die Sensitivitätsanalyse der Werttreiber an. Diese Analyse ist ein wichtiges Hilfsmittel für das Management, um die entscheidenden Werttreiber für den Unternehmenswert zu identifizieren. Zum Abschluss dieses Kapitels werden Modifikationsvorschläge für das Modell von Rappaport gegeben, mit dem Ziel eine noch bessere Tauglichkeit für die Abbildung der Auswirkungen von Digitalisierungsvorhaben auf den Unternehmenswert zu gewährleisten.
Abschließend (Kapitel 8) fasse ich die erarbeiteten...