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E-Book

Bilanzen richtig lesen

Rechnungslegung nach HGB und IFRS

AutorEberhard Scheffler
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl289 Seiten
ISBN9783406698538
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Inhalt Wer die wirtschaftliche Lage und Geschäftsentwicklung von Unternehmen und Konzernen erkennen und beurteilen will, muss deren Finanzberichte und Bilanzen verständig lesen und zutreffend interpretieren können. Das betrifft nicht nur die Mitglieder der Unternehmensführung und der Aufsichtsräte, sondern auch Aktionäre, Gesellschafter, Kreditgeber, Betriebsräte und Mitarbeiter sowie andere Bezugsgruppen. Dieses Buch erläutert auf der Grundlage des deutschen Bilanzrechts in allgemein verständlicher Form und anhand zahlreicher Beispiele Inhalt und Aussagen der Bilanz, der G+V sowie der sonstigen Bestandteile der Rechnungslegung. Im Zusammenhang mit der Rechnungslegung von Konzernen werden auch die relevanten internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS -International Accounting Standards) behandelt. Neuauflage Die aktualisierte und überarbeitete Neuauflage berücksichtigt insbesondere die durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz und das Transparenzgesetz von 2015 erfolgten Änderungen sowie neue IFRS. Zielgruppe Für Studierende an Universitäten, Fachhochschulen und Akademien sowie für Praktiker in Unternehmen.

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Leseprobe

11. Teil

Einführung


  • Bilanz
  • Gewinn- und Verlustrechnung
  • Jahresabschluss, Rechnungslegung
  • „Bilanzen lesen“

Jeder Kaufmann bzw. jedes kaufmännische Unternehmen hat zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit eine Eröffnungsbilanz aufzustellen und muss jeweils zum Ende seines Geschäftsjahres „Bilanz ziehen“, d. h. in Form eines Jahresabschlusses über Stand und Entwicklung seines Geschäfts und dessen Erfolg Rechnung legen. Bestandteile des Jahresabschlusses sind die Bilanz, die den Stand des betrieblichen Vermögens sowie der Schulden und des Eigenkapitals des Unternehmens darstellt, und die Gewinn- und Verlustrechnung (G+V), die das im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielte Ergebnis und seine Komponenten ausweist.

Der Begriff „Bilanz “ wird oft als verkürzende Bezeichnung für den gesamten Jahresabschluss verwendet, der neben der Bilanz und der G+V weitere Bestandteile (z. B. einen Anhang oder einen Geschäftsbericht) umfassen kann. Der Titel „Bilanzen richtig lesen“ ist in diesem weiten Sinn gemeint und erfasst alle Elemente der Finanzberichterstattung eines Unternehmens. „Bilanzen richtig lesen“ heißt also, die Finanzberichte von Unternehmen verständig zu lesen und zutreffend zu interpretieren. Das setzt voraus, dass der Leser mit 2den wesentlichen Regeln und Grundsätzen vertraut ist, die bei der Aufstellung von Jahresabschlüssen anzuwenden sind.

Verantwortlich für die Aufstellung des Jahresabschlusses sind die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens. Jeder Unternehmensleiter, jeder Geschäftsführer einer GmbH oder jedes Vorstandsmitglied einer AG ist unabhängig von seiner Ressortverantwortung und von der speziellen Zuständigkeit eines sachkundigen Kollegen mitverantwortlich für die Aufstellung und den Inhalt des Jahresabschlusses und für die darauf beruhende Rechnungslegung des Unternehmens. Jedes Mitglied eines Aufsichtsrates oder Beirates muss sich kritisch mit der Rechnungslegung des Unternehmens auseinandersetzen. Darüber hinaus interessieren sich Kapitalanleger (Aktionäre, Gesellschafter), Kreditgeber, potenziellen Investoren, Arbeitnehmer, Lieferanten, Kunden sowie staatliche Stellen und andere Institutionen für die Rechnungslegung des Unternehmens.

Wenn eine kritische Situation des Unternehmens in seinem Finanzbericht nicht klar dargestellt oder nicht erkannt wurde, können dafür folgende Gründe maßgeblich sein:

  1. Die Bilanz ist falsch gelesen worden; Zweck und Eigenart des Abschlusses, der Inhalt der Abschlussposten, die Besonderheiten ihrer Bewertung oder die Grenzen ihrer Aussagekraft wurden unzutreffend gewürdigt.
  2. Die Bilanzierungsvorschriften sind nicht in vollem Umfang beachtet oder falsch angewendet worden.
  3. Drohende Verluste oder eingetretene Wertminderungen sind nicht oder unvollständig erkannt oder falsch eingeschätzt worden.
  4. Die kritische Situation ist erst nach dem Bilanzstichtag verursacht worden.

Das vorliegende Buch soll helfen, die unter (1) und (2) genannten Fehler zu vermeiden bzw. zu erkennen. Mangelhafte Ansätze oder Einschätzungen (3) können häufig durch eine kritische Analyse des Abschlusses sowie durch gezielte Nachfragen aufgedeckt werden, auf die im 7. Teil des Buches eingegangen wird.

3I. Die Bilanz


In der Bilanz werden die Vermögensgegenstände des Unternehmens den dafür eingesetzten finanziellen Mitteln (Schulden und Eigenkapital) wertmäßig gegenübergestellt. Die Bilanz ist eine Momentaufnahme zum Bilanzstichtag.

Der Begriff „Bilanz“ leitet sich aus dem lateinischen Begriff „bi-lanx“, d. h. „zwei Waagschalen habend“, und dem daraus entstandenen italienischen Begriff „bilancio“, d. h. „Gleichgewicht der Waage“, ab. Die zwei „Waagschalen“ bezeichnet man mit Aktiva für die Vermögensseite und mit Passiva für die Kapitalseite. Am besten lässt sich die Bilanz in der T- oder Kontoform darstellen:

Aktiva

Passiva

 

 

Aktiva oder Aktivposten sind die Vermögensgegenstände des Unternehmens wie Gebäude, Maschinen oder Vorräte, aber auch Forderungen und Bankguthaben. Die Passiva oder Passivposten betreffen die dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Finanzmittel wie Eigenkapital, Bank- und Lieferantenkredite. Zur besseren Einsicht in die Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens werden die Aktiva und Passiva in weitere Posten aufgegliedert.

In einer ersten groben Gliederung teilt man die Aktiva in das zur längerfristigen Nutzung bestimmte Anlagevermögen und in das zum Verbrauch oder zur Veräußerung vorgesehene Umlaufvermögen. Zum Anlagevermögen gehören z. B. Gebäude, Maschinen, aber auch Patente oder langfristige Darlehen an Dritte. Das Umlaufvermögen umfasst die Vorräte an Einsatzmaterialien, unfertigen Produkten und zum Verkauf bestimmten Waren und Erzeugnissen sowie die kurzfristig fälligen Forderungen und die Geldbestände in Form von Bankguthaben und Bargeld.

Auf der Passivseite trennt man zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Das Eigenkapital stammt vor allem aus den Kapitaleinlagen der Eigentümer, die Mitgliedschaftsrechte am Unternehmen beinhalten 4wie Stimm- und andere Mitwirkungsrechte sowie anteilige Gewinnansprüche. Zum Eigenkapital gehören außerdem die Rücklagen und die vom Unternehmen erwirtschafteten, aber nicht ausgeschütteten Gewinne des Unternehmens oder als Abzugsposten etwaige Verluste.

Das Eigenkapital steht dem Unternehmen i. d. R. auf Dauer zur Verfügung und bildet die wesentliche Haftungsgrundlage gegenüber seinen Gläubigern. Die Ansprüche der Eigenkapitalgeber sind gegenüber denen der Gläubiger des Unternehmens nachrangig. Das Eigenkapital wird nicht fest verzinst; die Eigenkapitalgeber sind stattdessen am Ergebnis des Unternehmens (Gewinn oder Verlust) beteiligt.

Fremdkapital sind die Schulden eines Unternehmens. Es setzt sich aus den vom Unternehmen aufgenommenen, i. d. R. verzinslichen Darlehen oder Krediten (= sog. Finanzschulden) sowie aus meist unverzinslichen und kurzfristig zu tilgenden Lieferanten- und sonstigen Schulden zusammen. Hinzu kommen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste. Das Fremdkapital steht dem Unternehmen nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung; es ist lang- oder kurzfristig zurückzuzahlen.

Die Bilanz erhält damit folgendes Aussehen:

Aktiva

Passiva

Anlagevermögen

Eigenkapital

Umlaufvermögen

Fremdkapital

II. Die Gewinn- und Verlustrechnung


Die Bilanz als Stichtagsrechnung wird durch die Gewinn- und Verlustrechnung (nachfolgend als G+V bezeichnet) als Zeitraumrechnung ergänzt. Die G+V enthält die in einer Periode (= i. d. R. das Geschäftsjahr) angefallenen Erträge und Aufwendungen und weist als deren Differenz das Periodenergebnis (Gewinn oder Verlust) aus.

5Das Geschäftsjahr darf höchstens 12 Monate umfassen. Nach der Geschäftseröffnung oder zur Anpassung an einen geänderten Abschlussstichtag kann es kürzere sog. Rumpfgeschäftsjahre geben.

Um ein zutreffendes Periodenergebnis auszuweisen, werden die Erträge und Aufwendungen unabhängig vom Zahlungszeitpunkt im Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Entstehung oder Verursachung erfasst (Periodenabgrenzung).

Als Erträge werden vor allem die Erlöse für die verkauften Produkte, Waren und Dienstleistungen (Umsatzerlöse) gezeigt. Hinzu kommen weitere Wertzuwächse, die insbesondere auf produzierten, aber noch nicht verkauften Erzeugnissen und Leistungen beruhen oder die sich durch den Wegfall von Wertminderungen oder Risiken ergeben.

Gegen die Erträge werden die Aufwendungen gerechnet. Sie stellen den bewerteten Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen im Geschäftsjahr dar. Im Einzelnen betreffen sie

  • den Werteverzehr durch Nutzung des Anlagevermögens (Abschreibungen),
  • den Einsatz oder Verbrauch von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (Materialaufwendungen),
  • das Entgelt für die eingesetzten Arbeitskräfte in Form von Löhnen, Gehältern, Sozialabgaben u. Ä.
  • Aufwendungen für Leistungen Dritter (Reparaturen, Beratungs- und andere Fremdleistungen) sowie
  • für Steuern und Abgaben.

Außerdem sind Wertminderungen oder Verluste zu berücksichtigen, die sich z. B. durch Beschädigungen von Anlagegütern, Schadensfälle, Preis- oder Kursverluste, Forderungsausfälle oder durch Markt- und Natureinflüsse ergeben haben.

Die Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen ergibt das in der Periode erzielte Ergebnis. Übersteigen die Erträge die Aufwendungen, wurde in der Periode ein Gewinn erzielt; sind die Aufwendungen höher als die Erträge, so hat das...

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