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E-Book

Bilanzierung und Besteuerung von Wandelanleihen

AutorThomas Hahn
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl69 Seiten
ISBN9783638785495
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 2,7, Universität zu Köln, 74 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Nach der Aktieneuphorie und dem damit verbundenen Börsenboom gegen Ende des alten Jahrtausends ging die Zahl derjenigen Unternehmen, die eine Neuemission in Aktien durchführten, immer weiter zurück. Daraus zu schlussfolgern, dass der Finanzierungsbedarf der Unternehmen gesunken sei, ist falsch. Stattdessen finanzierten sich viele Unternehmen über die Emission von Wandelanleihen, die sowohl für den Emittenten eine interessante Form der Finanzierung, als auch für den Investor ein attraktives Investitionsobjekt darstellen. Immer noch bestehende Uneinigkeiten beim theoretischen Verständnis dieser Finanzierungsform und Maßnahmen des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung bereiten jedoch Probleme. Aus Emittentensicht ist umstritten, wie die vom Investor gezahlte Prämie für das Wandlungsrecht zu behandeln ist. Hieraus ergeben sich Fragen nach dem relevanten Einlagebegriff und der Tragweite des Maßgeblichkeitsprinzips.

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Leseprobe

3  Steuerliche Behandlung aus Emittentensicht

 

3.1 Zeitpunkt der Begebung

 

Bevor auf die steuerbilanzielle Behandlung von Wandelanleihen zum Emissionszeitpunkt eingegangen wird, wird zunächst einmal als Ausgangspunkt für die steuerbilanzielle Diskussion die handelsbilanzielle Behandlung vorangestellt.

 

3.1.1 Handelsbilanzielle Behandlung

 

3.1.1.1 Anleiheverbindlichkeit und Emissionskosten

 

Da eine Wandelanleihe zunächst im ökonomischen wie auch im zivilrechtlichen Sinne eine Fremdkapitalposition verkörpert, wird die Wandelanleihe bei ihrer Emission aus Sicht des Emittenten wie eine Anleihe behandelt, die ohne ein Wandlungsrecht ausgestattet ist.[59] Für den Emittenten hat dies zur Folge, dass er die Wandelanleihe in seiner Handelsbilanz nach § 253 Abs.1 Satz 2 HGB mit ihrem Rückzahlungsbetrag als Verbindlichkeit anzusetzen hat.[60] In der Handelsbilanz ist die Rückzahlungsverbindlichkeit aus der Wandelanleihe nach § 266 Abs.3 HGB unter C.1. als Anleihe mit dem Sondervermerk „davon konvertibel“ zu versehen.

 

Kosten, die bei der Begebung der Wandelanleihe beim Emittenten anfallen, sind aus handelsrechtlicher Sicht als Aufwand zu erfassen.[61]

 

 3.1.1.2 Prämie für das Wandlungsrecht

 

Die Behandlung der Prämie, die der Investor an den Emittenten der Wandelanleihe für die Einräumung des Wandlungsrechts zahlt und die entweder in einem offenen oder verdeckten Aufgeld bestehen kann, richtet sich nach § 272 Abs.2 Nr.2 HGB, wonach „der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird“, als Kapitalrücklage auszuweisen ist. Die Einstellung des für das Wandlungsrecht erzielten Betrages in die Kapitalrücklage erfolgt in voller Höhe.[62]

 

Während die anderen Bestimmungen des § 272 Abs.2 Nr.2 HGB Vorgänge regeln, bei denen ausschließlich Zahlungen, die eine Person als Gesellschafter in das Eigenkapital des Emittenten leistet, als Kapitalrücklage auszuweisen sind, handelt es sich bei der Zahlung des Aufgeldes eines Wandelanleihegläubigers um eine Leistung, die er zu einem Zeitpunkt erbringt, in dem er noch nicht Gesellschafter des die Wandelanleihe emittierenden Unternehmens ist. Da im Zeitpunkt der Begebung der Wandelanleihe nicht beurteilt werden kann, ob der Wandelanleihegläubiger denn auch tatsächlich Gesellschafter des die Wandelanleihe emittierenden Unternehmens werden wird, kann zum Zeitpunkt der Begebung der Wandelanleihe noch nicht endgültig darüber entschieden werden, ob ein Aufgeld i.S.d. § 272 Abs.2 Nr.2 HGB erzielt worden ist.[63] Dieser Auffassung steht jedoch einerseits der Wortlaut i.V.m. der Entstehungsgeschichte des § 272 Abs.2 Nr.2 HGB entgegen, und andererseits gibt es auch keine systematische Begründung für diese Auffassung.[64]

 

Schon der Wortlaut des § 272 Abs.2 Nr.2 HGB weist mit der Formel „der Betrag, der bei der Ausgabe ... erzielt wird“ darauf hin, dass für die Einstellung in die Kapitalrücklage der Emissionszeitpunkt und nicht etwa erst der mögliche Wandlungszeitpunkt maßgeblich ist.[65] Konsequenterweise ist es dann auch vollkommen unerheblich, ob das Wandlungsrecht durch den Wandelanleihegläubiger ausgeübt wird oder nicht, und dass der bei der Emission erzielte Betrag unbedingt in der Kapitalrücklage zu verbleiben hat.[66] Auch der Einwand, dass der Wandelanleihegläubiger noch nicht Gesellschafter ist und es auch bei Nichtausübung seiner Wandlungsrechte nicht wird, unterstellt, dass nur Leistungen eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage einzustellen sind, was im Wortlaut des § 272 Abs.2 Nr.2 HGB allerdings nicht zum Ausdruck kommt.[67]

 

Bei der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Rechtslage handelte es sich bei dem offenen Aufgeld um einen „Betrag, der bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen über ihren Rückzahlungsbetrag hinaus erzielt wird“ und der gem. § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG in die gesetzliche Rücklage einzustellen war. Diese Bilanzierung erfolgte unabhängig davon, ob das Recht zur Wandlung eines Tages ausgeübt wurde oder nicht, da bereits die Ausgabe von Wandelanleihen einen selbständigen Grund für die Zuführung des offenen Aufgeldes in die gesetzliche Rücklage darstellte.[68] Somit wurde von Gesetzes wegen die Einräumung von Wandlungsrechten als selbständiger mitgliedschaftlicher Verwertungsakt anerkannt und deshalb stellt das offene Aufgeld keinen betrieblichen Gewinn, sondern eine auf der Verwertung von Mitgliedschaftsrechten basierende Zuführung von Kapital dar.[69] Für den Fall des verdeckten Aufgeldes ergab sich das Problem, dass § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG auf den Betrag abstellte, der bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen über ihren Rückzahlungsbetrag hinaus erzielt wird. Ein verdecktes Aufgeld, das in einem Zinsvorteil für den Emittenten besteht, ist jedoch kein Betrag, der dem Emittenten über den Rückzahlungsbetrag der Anleihe hinaus positiv zugeführt wird, sondern besteht in der Ersparnis von Zinsaufwendungen. Dem kann jedoch entgegengehalten  werden, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Betrag auch durch die Ersparnis von Aufwendungen erzielt werden kann.[70] Ein  weiteres Problem wurde darin gesehen, dass dem Emittenten der Zinsvorteil nicht in voller Höhe gleich bei Begebung der Wandelanleihe zufließt, sondern erst nach und nach während der Laufzeit realisiert wird. Entkräften lässt sich das Argument dadurch, dass es nicht auf einen zeitlichen, sondern auf einen kausalen Zusammenhang ankommt, denn es soll der Betrag erfasst werden, der „durch“ die Ausgabe von Wandelanleihen erzielt wird.[71] Obwohl der Fall des verdeckten Aufgeldes nicht gesetzlich geregelt war, so war er dennoch so zu behandeln wie der Fall eines offenen Aufgeldes. Da der Gesetzgeber nicht jeden die jeweilige Vorschrift betreffenden Fall erkennen und regeln kann, ist als Gesetzeszweck nicht der einzelne Fall maßgeblich, sondern als die für die Auslegung einer Vorschrift richtungweisende Regelungsabsicht des Gesetzgebers kann nur die grundlegende rechtspolitische Entscheidung in Frage kommen, die durch die Vorschrift verwirklicht werden soll.[72] Da die Grundentscheidung des § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG darin liegt zu verhindern, dass etwas als betrieblicher Gewinn ausgewiesen wird, was tatsächlich nicht aus dem betrieblichen Geschehen stammt, sondern in Wirklichkeit eine Kapitalzuführung darstellt, dann muss auch ein verdecktes Aufgeld in Form eines Zinsvorteils als Betrag, der bei der Ausgabe von Wandelanleihen erzielt wird, i.S.d. § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG zu qualifizieren und folglich in die gesetzliche Rücklage einzustellen sein, weil der Zinsvorteil ebenso wie das offene Aufgeld Kompensation für die eingeräumten Wandlungsrechte und damit durch einen mitgliedschaftlichen Verwertungsakt begründet ist.[73] Somit war der Fall des verdeckten Aufgeldes, obgleich er im Gesetz bisher nicht ausdrücklich geregelt war, genau so zu behandeln wie der Fall des offenen Aufgeldes, da eine Vereinbarung mit geringeren als marktüblichen Zinsen die gleiche wirtschaftliche Funktion erfüllt.[74]

 

Da die Fassung des bis dahin geltenden § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG aufgrund der Abstellung auf den Rückzahlungsbetrag zu Schwierigkeiten führte,[75] wurde die Rechtslage zum 1. Januar 1986 durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19. Dezember 1985[76] neu geregelt. Die bisher in § 150 Abs.2 Nr.3 a.F. AktG erfasste Thematik findet sich nun in § 272 Abs.2 Nr.2 HGB wieder, wonach „der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird“, als Kapitalrücklage auszuweisen ist. Die relevante Änderung besteht darin, dass der von § 272 Abs.2 Nr.2 HGB erfasste Betrag nun nicht mehr wie früher zum Rückzahlungsbetrag der Anleihe in Beziehung gesetzt wird. Somit sind nun alle Beträge, die bei der Ausgabe von Wandelanleihen für Wandlungsrechte erzielt werden, in die Kapitalrücklage einzustellen.[77] Mit dieser Änderung sollte klargestellt werden, dass die in die Kapitalrücklage einzustellende Gegenleistung für die Hingabe von Wandlungsrechten auch in einem unter dem Kapitalmarktzins liegenden Zinssatz bestehen kann.[78] Die Neufassung des § 272 Abs.2 Nr.2 HGB durch das Bilanzrichtliniengesetz führte demzufolge nicht zu einer materiellen Änderung der bestehenden Rechtslage, sondern lediglich zu einer genaueren, klarstellenden Fassung seitens des Gesetzgebers, der damit verdeutlichen wollte, dass sowohl das offene wie auch das verdeckte Aufgeld vor der Änderung des Gesetzes gleich zu behandeln war.[79]

 

Die der Kapitalrücklage zugeführten Beträge sind dort auch unabhängig davon zu belassen, ob der Wandelanleihegläubiger von seinem Wandlungsrecht Gebrauch macht oder nicht.[80]

 

Dies ergibt sich einerseits aus dem...

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