1.
Entwicklung eines Konzepts von kindorientierten Bildungsprozessen
In diesem Leitfaden werden Teams innerhalb eines systematischen Prozesses zur Entwicklung einer kohärenten Konzeption begleitet. Die Checklisten unterstützen Teams bei der Erstellung von Konzeptmodulen für Beobachtung, Dokumentation und pädagogische Planung. In diesem Kapitel werden die Grundlagen des Prozesses vorgestellt. Diese gelten für alle systematischen Entwicklungsschritte innerhalb dieses Systems.
1.1Leitung als Moderatorin
In jedem systematischen Entwicklungsprozess muss es eine Person geben, die die Verantwortung für die Durchführung der Prozesse übernimmt. In dem vorliegenden Konzept wird die Aufgabe mit »Moderatorin« beschrieben. Die Bezeichnung erfasst die wesentliche Aufgabe dieser Person, nämlich den Entwicklungsprozess verantwortlich zu begleiten und zu moderieren. Je nach Organisationsform bieten sich unterschiedliche Personen an, die diese Rolle übernehmen können. Da die meisten Einrichtungen zwischen drei und fünf Kindergruppen umfassen dürften, handelt es sich in der Regel um kleinere Organisationsformen, die eine Leitungsperson haben und eine Reihe von Gruppenfachkräften. Nur in wenigen Ausnahmen wird es in Einrichtungen eine Abteilungsleiterin, eine Qualitätsbeauftragte oder eine Person in einer vergleichbaren Funktion geben. Das bedeutet, dass der Kreis der Personen, die als Moderatorin in Frage kommen, sich schnell schließt. In der Regel wird die Einrichtungsleiterin diejenige sein, die die Entwicklungsprozesse moderiert. Es bietet sich in solch kleinen Organisationsformen aus mehreren Gründen an, die Leitung mit der Moderation zu beauftragen:
1.Leiterinnen planen Teamsitzungen.
2.Leiterinnen sind in der Regel die einzig freigestellten Personen in einer Einrichtung, sei es, dass sie teilweise oder vollständig freigestellt sind.
3.Leiterinnen haben immer die ganze Einrichtung im Blick und kennen die Fachkräfte mit ihren Stärken und Schwächen.
4.Leiterinnen haben die Personalverantwortung und führen Personalentwicklungsgespräche.
5.Leiterinnen verantworten die Arbeit gegenüber dem Träger und gegebenenfalls gegenüber der Öffentlichkeit.
6.In Einrichtungen, in denen andere Formen von Entwicklungsprozessen durchgeführt werden, sind Leiterinnen für diese Prozesse ebenfalls verantwortlich.
Ein Beispiel hierfür ist das Vorantreiben der Qualitätsentwicklung für die jeweilige Tageseinrichtung.
7.Leiterinnen sind Ansprechpartner vom Elternrat, von Eltern, anderen Einrichtungen und weiteren Kooperationspartnern.
8.Leiterinnen verfügen über Kenntnisse in Moderation, Führung, Controlling und Management.
9.Leiterinnen sind oftmals für die pädagogische Weiterentwicklung der Einrichtung und Sicherung des erreichten Levels per Stellenbeschreibung verpflichtet.
Der Moderatorin kommt im Entwicklungsprozess eine Schlüsselrolle zu. Sie übernimmt zum einen die Verantwortung für Aufgaben, die sich auf fachliche Aspekte beziehen und zum anderen Aufgaben, die sich auf Managementaufgaben beziehen. Die fachlichen Aspekte orientieren sich an wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen aus der Fachdisziplin. Die Managementaspekte verlangen vor allem eine systematische und ergebnisorientierte Steuerung der Entwicklungsprozesse. Moderatorinnen sind im Einzelnen verantwortlich für …
1.die Planung des gesamten Verfahrens,
2.die Vorbereitung von einzelnen Schritten im Verfahren,
3.die Durchführung der einzelnen Entwicklungsschritte,
4.die Dokumentation des Verfahrens,
5.das Controlling,
6.die Sicherung der Ergebnisse,
7.die Bereitstellung der Ressourcen,
8.Motivation, Information und Begleitung aller Beteiligten,
9.Benennung von Qualifizierungsbedarfen,
10.die Erarbeitung der Konzeptteile und ein gutes Arbeitsklima.
Die Liste der Aufgaben ist sicherlich nicht erschöpfend. Es zeigt sich aber an hand dieser Auflistung schon deutlich, welche Anforderungen an Moderatorinnen eines solchen Prozesses gestellt werden.
Die Ausgestaltung der Aufgaben ist individuell unterschiedlich. Einige Leiterinnen werden eher teamorientiert arbeiten und viele Aufgaben im Team besprechen und verteilten (delegieren). Andere hingegen interpretieren ihre Leitungsrolle eher dahingehend, dass sie für die Prozesse verantwortlich sind und deshalb die Moderation auch eigenständig durchführen.
| Welche Moderationsform ist für die jeweilige Leiterin (in ihrer Persönlichkeit) geeignet? |
Wichtig dabei ist, …
1.die Sicherheit für alle Beteiligten, sich auf ein verlässliches System stützen zu können. Absprachen haben Bestand und werden nicht immer wieder verschoben, Zeitabsprachen sind verbindlich, gemeinsam erarbeitete Ziele werden nicht immer wieder in Frage gestellt und es herrscht ein angenehmes und vertrauensvolles Arbeitsklima – um nur einige Beispiele für Bestandteile eines verlässlichen Systems zu nennen.
2.die Ergebnisorientierung in den Entwicklungsprozessen. Die Moderatorinnen achten darauf, dass das Ziel, welches durch die angestoßenen Prozesse verfolgt wird, im Fokus bleibt. Sie müssen darauf achten, dass die Arbeitsgruppen oder Einzelarbeiter ihren Aufgaben im Sinne des gemeinschaftlichen Prozesses nachkommen und die zugesagten Produkte erstellt werden.
3.dass die Moderatorinnen von ihrem eigenen Handeln überzeugt sind und sowohl die fachlichen wie auch systemischen Aspekte anerkennen. Moderatorinnen können Entwicklungsprozesse nur dann erfolgreich begleiten, wenn sie diese für sich akzeptieren und unterstützen.
4.die Anbindung der Zielperspektive an die fachliche Diskussion. Alle Entwicklungsbestrebungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie sich auf fachliche Aspekte stützen.
Im praktischen Teil werden (Modul 4) die Aufgaben für die Moderatorinnen in den einzelnen Entwicklungsschritten beschrieben. Somit gibt dieser Leitfaden eine Orientierung hinsichtlich der systemischen Schritte und der zu erreichenden Zielperspektive.
1.2Entwicklungsprozesse als Team-, Organisations- und Personalentwicklung
Entwicklungsprozesse als Teamentwicklung
Entwicklungsprozesse, die in der Organisation selbst verankert sind und von den Fachkräften auf fachlicher Grundlage entwickelt werden, sind immer auch Teamentwicklungsprozesse.
Die gemeinschaftliche Verantwortung für die Ergebnisse der Prozesse und das gemeinschaftliche Erarbeiten der Module ist nur in einem funktionierenden Team möglich. Das bedeutet, dass alle Mitglieder des Teams ein gemeinschaftliches Interesse haben, die pädagogische Arbeit in ihrer Einrichtung zu entwickeln und bereit sind, sich auf einen gemeinschaftlichen Entwicklungsprozess einzulassen.
Orientiert an fachlichen Standards haben Teams die Möglichkeit, »eigene Ideen« zu entwickeln und diese an die Bedarfe der Familien und die Bedingungen der Einrichtung optimal anzupassen. In solchen Prozessen wird das fachliche Know-how aller beteiligten Fachkräfte benötigt. Das Wissen aller wird für den gemeinschaftlichen Prozess generiert, greifbar gemacht und mündet in ein schlüssiges Konzept der pädagogischen Arbeit.
Defizite werden, genauso wie Stärken, gemeinsam entdeckt und können bearbeitet werden, ohne dass dabei die Frage des Versäumnisses oder der Schuld thematisiert werden muss. Fortbildungsbedarfe werden erkannt und behoben.
Im optimalen Fall entsteht durch einen Entwicklungsprozess ein optimales Arbeitsklima, welches sich für weitere Arbeitsprozesse aufrechterhalten lässt.
Entwicklungsprozesse als Organisationsentwicklung
Mit der Festigung und Weiterentwicklung der Qualität der pädagogischen Arbeit entwickelt sich die Organisation weiter. Tageseinrichtungen haben formal gesprochen eine Dienstleistung anzubieten, nämlich die Bildung und Betreuung von Kindern. Die Qualität einer Dienstleistung lässt sich an deren Outcome ablesen, der wiederum abhängig ist vom Output. Anders gesagt, die Qualität einer Dienstleistung hängt davon ab, ob diese den Gegenstand der Dienstleistung erfüllt, was davon abhängig ist, wie die Dienstleistung organisiert ist.
Wenn ein Postzusteller verspricht, Briefe innerhalb eines Tages in Deutschland zustellen zu können, dann ist es zentral, dass dieses auch innerhalb der angegeben Frist geschieht. Benötigt er dafür, anders als zugesagt, zwei Tage, ist sein outcome schlecht. Das könnte unter anderem an der ineffizienten Planung und Organisation liegen (Output) oder zu geringen Ressourcen (Input).
Wenn die Bildung und Betreuung von Kindern in...