Wirtschaftliche Krisen können für breite Bevölkerungsschichten verheerende Folgen haben. Das Ausmaß z. B. der Weltwirtschaftskrise im letzten Jahrhundert (1929 bis 1933), worauf der Zweite Weltkrieg folgte, ist kaum vorstellbar. Aber auch die jüngere Vergangenheit ist von Einbrüchen an den Börsen, Wirtschaftskrisen und den damit einhergehenden negativen Folgen, wie hohe Arbeitslosenquoten, geprägt.[1] Solche Krisen geben stets Anlass, die herrschende Meinung anzuzweifeln und alternative Ideen, Konzepte und Theorien auszuarbeiten.
So zog 1936 John Maynard Keynes (1883-1946) mit seiner Veröffentlichung „The general theory of employment, interest and money“ das bis dahin bestehende Paradigma der Neoklassik, jedes Angebot schaffe sich seine eigene Nachfrage, in Zweifel.
In den 1970er-Jahren wurden dann die Theorien des Keynesianismus angezweifelt, als, entgegen den Erwartungen, bei mangelndem Wachstum zugleich das Preisniveau stieg (Stagflation). Daraufhin konnten sich die Ansichten des Monetarismus von Milton Friedman durchsetzen.[2]
Keynes publizierte seine Schriften während und nach der damaligen Weltwirtschaftskrise. Friedman zweifelte bereits recht früh an der theoretischen Basis des Keynesianismus und konnte so negative Entwicklungen bereits im Vorfeld erkennen. Dies macht deutlich, dass es wichtig ist, aktuelle und mögliche, zukünftige Entwicklungen wachsam und kritisch zu beobachten.
Gegenwärtig erschöpft sich dieses Bemühen verschiedener Autoren der populärwissenschaftlichen Literatur scheinbar darin, große Katastrophen vorherzusagen statt sich wirklicher Problemlösung zu widmen. Das Ziel sollte aber sein, mittels wissenschaftlicher Analysen das Gespür für das enge Zusammenwirken gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und staatlicher Prozesse zu schärfen. Diese Bereiche sollten dann nachhaltig so gestaltet werden, dass die angesprochenen Krisen, welche wahrscheinlich nie gänzlich verhindert werden können, keine sich selbst verstärkenden, negativen Effekte mehr zeigen.
Um einen Überblick über die aktuellen Schwierigkeiten in Deutschland[3] zu erhalten und die Thematik anschließend weiter eingrenzen zu können, teilen wir diese in folgende Bereiche ein:
1) Stabilität der Gesellschaft: (a) Arbeitslosigkeit, (b) Vermögensverteilung und (c) die Armutsquote,
2) Stabilität und Steuerung der Wirtschaft: (a) Zinsniveau, (b) Preisniveau, (c) Geldmenge und (d) Wirtschaftswachstum,
3) Stabilität des Staates: Staatsverschuldung.
Zu den einzelnen Bereichen werden im Folgenden einige Zahlen und Fakten aufgeführt, welche die gegenwärtige Lage repräsentieren sollen.
Zu 1a) Eine der großen Herausforderungen der wohlhabenden westlichen Staaten ist die Bewältigung der hohen Arbeitslosenquoten. Die Arbeitslosenquoten liegen in Europa zwischen 3,8 Prozent (in Dänemark) und 14 Prozent (in Polen), Deutschland liegt aktuell bei etwa 9,5 Prozent.[4] Nicht nur volkswirtschaftlich hat dies negative Konsequenzen (Produktion und Einkommen gehen verloren), auch für den einzelnen Betroffenen kann dies große finanzielle, gesundheitliche, als auch psychische Probleme verursachen. Die hohen sozialen Kosten der Arbeitslosigkeit entstehen für den Einzelnen und für die Gesellschaft insgesamt, auch wenn diese Kosten nicht immer messbar sind.[5] Wo liegen die Ursachen für die Arbeitslosigkeit und wie kann der Zusammenhang zum Preisniveau, der Geldmenge und dem Zinsniveau theoretisch und empirisch nachvollzogen werden?
Zu 1b) Die Armen werden immer ärmer und die Reichen werden immer reicher. Stimmt das so? Unbestritten ist zumindest, dass die Vermögensverteilung in Deutschland sich stetig zu Gunsten des oberen Zehntel der vermögensstärksten Haushalte entwickelt.[6] Damit vergrößert sich der Abstand der weniger reichen Haushalte relativ zu den ´superreichen´ immer weiter.
Zu 1c) In relativer Armut lebt, wem weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens des Landes zur Verfügung steht. In Deutschland, eines der wohlhabendsten Länder ist die Armutsrisikoquote von 1998 mit 12,1 Prozent auf 13,5 Prozent im Jahre 2003 gestiegen.[7]
Solche Entwicklungen zu stabilisieren und möglichst umzukehren, ist von entscheidender Bedeutung für die Stabilität unserer Gesellschaft.
Für eine stabile Wirtschaft ist u. a. eine stabile Geldordnung von entscheidender Bedeutung. Dass die herrschende Geldordnung die notwendige Stabilität nicht besitzt, also eher von einer immanenten Unstabilität[8] gesprochen werden kann, soll „(...) das Auf und Ab der Konjunktur, Übernachfragen und Rezessionen, Arbeitslosigkeit und Schübe von Inflation“[9] zeigen. Als besonders zentral für die Analyse und Steuerung der Wirtschaftsprozesse lassen sich die Größen (2a) Zinsniveau, (2b) Preisniveau, (2c) Geldmenge und (2d) Wirtschaftswachstum heranziehen.
Zu 2a) Unsere gegenwärtige Geldordnung steht in der Kritik, ein hohes Zinsniveau zu begünstigen.[10] Dies kann als problematisch betrachtet werden, da auch nur leichte Zinserhöhungen u. a. höhere Fremdkapitalkosten verursachen. Dadurch geraten Unternehmen in finanzielle Bedrängnis, einige müssen Insolvenz anmelden, was wiederum zur Entlassung von Personal führt. Weiterhin wird kritisiert, dass durch das Zinssystem Vermögen von der Lohnarbeit zu den Kapitalbesitzern umverteilt wird. Lassen sich zu der vorgebrachten Kritik empirische Belege finden? Wie kommt dieser Effekt zustande?
Zu 2b) Die Geldwertstabilität besitzt für die Geldpolitik eine besonders hohe Priorität, da einerseits aufgrund von (hoher) Inflation, andererseits durch Deflation hohe volkswirtschaftliche Kosten entstehen. Es wird aber auch davon ausgegangen, dass Inflation einen gewissen Nutzen hat. Nun drängt sich die Frage auf, in welcher Höhe eine Inflation für die Volkswirtschaft erträglich ist. Weiterhin wird eine Beziehung zwischen der Höhe der Beschäftigung und der Inflationsrate vermutet. Lässt sich dieser Zusammenhang tatsächlich sowohl theoretisch erklären, als auch empirisch belegen? Anders gefragt: Gibt es nun einen Trade-off oder nicht?[11] Dies sind Fragen, welche die Wirtschaftswissenschaft bereits seit vielen Jahrzehnten beschäftigen.
Zu 2c) Eine expansive Ausweitung der Geldmenge kann zu einer erhöhten Inflationsrate führen. Die Europäische Zentralbank hat die Aufgabe diese Ausweitung der Geldmenge, mit ihrem geldpolitischen Instrumentarium zu steuern. Das Geldmengenaggregat M3 dient der Zentralbank als Bezugsgröße. Zur Geldmenge M3 gehört das einzige gesetzliche Zahlungsmittel (der Euro), welches einzig von der Zentralbank ausgegeben (geschöpft) werden darf. Weiter werden auch u. a. Termineinlagen zum Geldmengenaggregat M3 hinzugerechnet. Diese Termineinlagen bestehen aus Giralgeld, welches von den Geschäftsbanken geschaffen (geschöpft) wird. Dies lässt die Frage berechtigt erscheinen, ob die Zentralbank überhaupt in der Lage ist, die Geldmenge adäquat zu steuern, wenn die von ihr unabhängigen Geschäftsbanken die Geldmenge stetig beeinflussen.
Zu 2d) Ein Wirtschaftswachstum von zwei bis drei Prozent wird als zwingend notwendig erachtet, um beim ständigen Strukturwandel genügend Arbeitsplätze zu schaffen und die Arbeitslosigkeit relativ niedrig zu halten. Es steht aber in der Kritik, dass ein Wirtschaftswachstum von auch nur zwei Prozent ein exponentielles Wachstum darstellt, also ein immer weiter beschleunigendes Wachstum. Ein exponentielles Wachstum ist auf begrenztem Raum (unserem Planeten Erde) nicht vorstellbar. Müssen wir eine andere Art des Wirtschaftens finden, um unser aller Überleben zu sichern? Oder wird die Vorstellung des exponentiellen Wachstums unserer Wirtschaft überstrapaziert und dient lediglich zur Panikmache und damit zur Verunsicherung der Bevölkerung? Diesen eher populärwissenschaftlichen Äußerungen soll auf den Grund gegangen werden.
Die Verschuldung des Staates ist regelmäßig in der Diskussion der Öffentlichkeit. Dass der Staat Gefahr läuft, (immer weiter) in eine Schuldenfalle zu geraten, wird wohl von keiner Seite bestritten. Nur, wie der Ausweg aussehen soll wird kontrovers diskutiert.
Bestimmte öffentliche Ausgaben mit Krediten zu finanzieren, kann zwar ökonomisch sinnvoll sein, aber die Verdreifachung der Schuldenquote[12] von 18 Prozent im Jahre 1970 auf 65 Prozent im Jahre 2004 kann damit nicht erklärt werden. Die Zinsausgabenquote[13] des Bundes ist im gleichen Zeitraum von 2,8 Prozent auf 13,3 Prozent gestiegen.
Würde eine auch nur leichte Anhebung des Zinsniveaus stattfinden, aus welchen Gründen auch immer, so könnte dies nicht nur viele Unternehmen in die Insolvenz...