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E-Book

Brücken

Bauten - Bühnen - Metaphern

AutorAxel Schoppmann
VerlagMorawa Lesezirkel
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl Seiten
ISBN9783990703908
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Das Buch beschreibt zunächst die historische Entwicklung und funktionelle Vielfalt von Brücken und diskutiert dann Aspekte soziologischer, politisch - kultureller und geisteswissenschaftlicher Interaktionen zwischen Menschen und den Brücken, die für sie gebaut werden. Für nicht technisch versierte Leser verständlich geschrieben, 115 zum Teil ganzseitige Farbfotos, reichhaltiges (Online-) Stichwort--, Bauten- und Literaturquellen-Verzeichnis Kurzer Abriss der technischen Entwicklung und funktionellen Vielfalt von Brücken von gestern bis morgen

Axel Schoppmann, geb. 14.5.1947, Dipl.Biol., Dr.rer.nat. habil., geboren und aufgewachsen in Hagen/Westfalen. Studium der Naturwissenschaften in Köln, Mainz und Ulm mit Hauptfach Zoologie. Veröffentlichung von über 30 Fachbeiträgen im Bereich Sinnesphysiologie und Entomologie einschließlich mehrerer populärwissenschaftlicher Arbeiten. Mit dem Wechsel in das wissenschaftliche Marketing in der Pharmaindustrie und die damit verbundene Übersiedlung 1985 nach Wien vollzog sich ein Paradigmenwechsel für die zweite Hälfte seines Berufslebens. Der Arbeitsbereich umfasste nun Schulung und Information sowie Organisation internationaler wissenschaftlicher Symposien, verbunden mit intensiver Reisetätigkeit. Der Autor ist seit 1971 mit einer Musikerin verheiratet. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Die Familie lebt in Klosterneuburg und Wien.

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Leseprobe

1


Einleitung


Unser Vorhaben, einen Aufsatz mit dem Thema Brücken zu verfassen, stand vor dem Hintergrund dreier Aspekte, die das Vorhaben zu einer Herausforderung haben anwachsen lassen: da war einmal die Fülle des Materials, das einem entgegenschlägt, sobald man in der Literatur und in einschlägigen Internetseiten nach Übersichtsarbeiten und Abbildungen sucht. Es fällt schwer, das Material auch nur auf die wichtigsten Vertreter der historischen, stilistischen oder funktionellen Typen einzuschränken und in einem einigermaßen sinnvollen Rahmen unterzubringen, ohne sich (und in der Folge den Leser) dabei zu verlieren. - Ein zweiter Aspekt betraf die Breite des Themas 'Brücke', die einem bewußt wird, sobald man mehr darunter versteht als nur das Bauwerk. Bücher über Brücken in der Welt gibt es genug, und die Stapel wachsen, weil Ingenieure und Architekten auf diesem Gebiet zur Zeit äußerst schöpferisch unterwegs sind. Aber auch die Verwendung des Begriffs Brücke im übertragenen Sinn ist im täglichen (deutschen) Sprachgebrauch sowie in der Literatur und Philosophie sehr beliebt mit unterschiedlichsten Nuancen der Interpretation. Als öffentliche Gebäude haben Brücken, nicht nur im Verkehrswesen, eine beachtliche Bedeutung auch in der Politik und in der strategischen kriegsführung besessen, die es sich lohnt, in Erinnerung zu rufen. Zudem sind Brücken, wie noch heute existierende Exemplare erkennen lassen, in früheren Zeiten nicht nur als Verkehrswege genutzt worden, sondern als Absperrung, als Kontrollpunkte, als öffentlicher Lebensraum. Man hat auf ihnen gehandelt, gewohnt, gelebt und ist gestorben, ja getötet worden. Dieser dritte Aspekt, der zu diesem Buch geführt hat, betrifft schließlich zwei Bücher zum Thema Brücke, die Begeisterung für ihre Schönheit, aber auch Respekt wegen ihrer großen Bedeutung für unsere Zivilisation. Das eine zeigt uns, wie Brücken die menschliche Seele beflügeln können, der Autor des anderen hat ihre historische und metaphorische Bedeutung genutzt, um Krieg und Frieden im Roman abzubilden.

Dem Autor - als technischem Laien - bietet sich der thematische Einstieg über das eigene Erleben mit und auf Brücken an, über die sinnliche, emotionale Beziehung zu ihnen. Wir haben die ersten Jahrzehnte unseres Berufslebens der Sinnesphysiologie gewidmet auf dem Gebiet der Verarbeitung der Sehleistungen unserer Augen im Gehirn. In diesem Metier lernt man, genau hinzuschauen, zu beschreiben und zu bewerten, was man sieht, zum Teil aus ungewohnten Perspektiven. Unabhängig davon überraschte uns eine befreundete Buchhändlerin vor einigen Monaten mit der Bemerkung, Das Thema unseres Buchs sei zur Zeit aktuell und darüber hinaus "ein typisches Männerthema". Um diesen Aufsatz im Sinne der obigen Einschätzung der Freundin für alle Leser attraktiv zu halten, haben wir eine hoffentlich ausreichende Distanz zu technischen und chronologischen Faktensammlungen eingehalten und Objektivität nicht als einziges Kriterium regieren lassen. Unser persönlicher emotionaler Zugang auf der einen Seite, aber auch das 'naturwissenschaftliche, zur Nüchternheit erzogene Denken' auf der anderen hielten sich hoffentlich die Waage, sodaß wir hoffen können, unser Ziel erreicht zu haben, dieses "Männerthema" gender-neutral abgehandelt zu haben

Stadt, Fluss, Brücke

Unser Interesse an Brücken erwachte und wuchs in den letzten Jahren während und nach meist beruflich bedingter Aufenthalte im In- und Ausland. Dies geschah im Zusammenhang eben auf Grund des dienstlichen Reiseanlasses nicht mit dem Reiseführer in der Hand, sondern ad hoc, also schlicht und einfach unvorbereitet. Viele der besuchten Orte waren große Städte, die - was größere Städte nun einmal oft tun - häufig an einem stattlichen fließenden Gewässer, seltener am Meer oder schlicht im Inland ohne ein auffälliges, die Innennstadt durchströmendes Gewässer. Flüsse wirkten auf uns anziehend, zunächst aus Neugier, später mit einer gewissen Erwartung, Aufschluss über die Entstehung der jeweiligen Stadt zu erhalten, in der man sich gerade aufhielt. Fast ein Mechanismus, den man sich wohl nach vielen Städtereisen automatisch angewöhnt. Zu Städten gehörige Flüsse gelten als aufschlussreiche Indikatioren für die historische und soziologische Entwicklung und Bedeutung des Ortes, womit sie oft sogar als "Geburtshelfer" dieser Siedlungen gelten können. Darauf wird in Stadtportraits immer wieder verwiesen, und es erscheint auch einen Sinn zu ergeben, da in früheren Zeiten Flüsse oft die einzigen Fernverbindungen für Handel und Verkehr dargestellt haben angesichts der Tatsache, daß es damals keine leistungsfähigen und auch keine sicheren Straßen, geschweige denn schnelle motorisierte Landfahrzeuge gegeben hat. Die Rolle von Flussbrücken kam historisch natürlich auch in dezentral gelegenen Städten schon deshalb mit ins Spiel, weil es die Menschen immer dazu gedrängt hat, die Welt am anderen Ufer aufzusuchen, um dort Handel zu treiben, das Gelände kennenzulernen und zu wissen, ob am anderen Ufer Freund oder Feind lebte. Je nach den Verhältnissen im Hinterland der Stadt war man vielleicht darauf angewiesen, Land am anderen Ufer als Siedlungsgebiet zu gewinnen oder auch nur als Ackerfläche.

Entweder entstand eine Siedlung dort, wo ein Fluss als Handelsroute geschätzt wurde und sich eine Uferzone als Hafenanlage anbot. Oder es gab eine Furt, die sich zur, wenn auch Wasserstand - abhängigen Überquerung eignete, was aber eben vom Wasserstand abhing. Gerade aber das Hochwasser stellte eine Gefahr für die Siedler am Flussufer dar, genauso wie für diejenigen, die auf die andere Seite des Gewässers überzusetzen trachteten. Deshalb gab es frühe Anstrengungen, die Flüsse auf sicherem Wege und trockenen Fußes zu überqueren. Man baute zunächst hölzerne Stege, dann später, wenn die Stadt zu einigem Wohlstand gekommen war, leistete man sich steinerne Brücken. Die berühmtesten unter ihnen stehen in Rom, Paris, Avignon, Prag, in Deutschland in Heidelberg, Regensburg oder Trier. Brücken bildeten, ebenso wie der Fluß, den sie überspannten, für die Städte gleichzeitig einen sicheren Verkehrsweg und eine lukrative Einnahmequelle. Brücken ermöglichten den Städtern, Handelswege, nicht nur auf dem Fluß, sondern auch jenseits des anderen Ufers zu nutzen. Und sie verschafften eben auch die oben angenommene interkulturelle Horizonterweiterung für die Bürger der Stadt, nicht nur durch den Schiffsverkehr entlang des Stroms, auch über die Brücke in eine andere Himmelsrichtung. Die Bürger haben sich dafür bedankt, indem sie ihre Brücke(n) aufwendig ausstatteten und pflegten und die Brücke im Namen ihrer Stadt erwähnten wie Ravensbrück, Bruck an der Mur, Cambridge, Brügge usw. Vor oder auf vielen alten steinernen Brücken errichteten die Erbauer aber auch Grenztore und Zollstationen zur Erhebung Wohlstand vermehrender Zölle und zum Schutz vor unerwünschten Besuchern aus dem unbekannten Land jenseits des eigenen Machtbereichs. Namen wie "Innsbruck, Bersenbrück, Quakenbrück, Osnabrück, Brügge, Cambridge, oder einfach Bruck an der Mur" verraten die Schicksalsgemeinschaft von Brücke und Stadt, von Natur und Zivilisation an diesen Orten.

Um zu unserem persönlichen Zugang zum Thema zurückzukehren, sei daran erinnert, daß uns zunächst die Brücken meist nicht um ihrer selbst willen anzogen, sondern wir sie als Aussichtsplattform nutzen wollten, um quasi aus der Distanz einen guten Überblick über die unbekannte Stadt und die Flussufer zu erhalten, wie das in früheren Zeiten Neuankömmlinge taten, noch bevor sie sie betraten. Auf der Brücke fiel unser Augenmerk in erster Linie nicht auf das Gebäude in der Mitte des Flusses, sondern auf das sich unter uns bewegende Gewässer, das oft ruhig und in breiter Front auf den Betrachter zu floss, undurchsichtig, geheimnisvoll, mit Strudeln bei den Pfeilern. Die Bewegung der Strömung erzeugte vor unserem Auge Lichtspiele, flimmerte, täuschte manches Mal meine Wahrnehmung. Lange an einer Stelle aufs Wasser starrend, wurde man irgendwann unsicher, ob es wirklich der Fluss war, der sich auf einen zu bewegte, der Betrachter es war, der auf einem Fahrzeug auf ihn zufuhr, oder ob vielleicht wir und die Brücke uns auf wundersame Weise in dieser Gegenrichtung bewegten! Aus psychophysischen Experimenten, die damals an der Universität Ulm zur Physiologie des menschlichen Sehsystems durchgeführt wurden, wußte man, daß, wenn man den Blick starr auf eine sich von links nach rechts oder von oben nach unten bewegende große Fläche richtete, und nach einiger Zeit dann einen anderen, in Ruhe befindlichen Ort fixierte, sich dieser nun in der Gegenrichtung zu vorher zu bewegen schien. Schaute der Betrachter nun von der Brücke auf die Wasseroberfläche und...

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